Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 24.11.2006
Aktenzeichen: 3 LB 29/05
Rechtsgebiete: Weiterbildungsordnung der Ärztekammer SH


Vorschriften:

Weiterbildungsordnung der Ärztekammer SH
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 3 LB 29/05

verkündet am 24.11.2006

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Gebietsbezeichnung Laboratoriumsmedizin

hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2006 durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., die Richterin am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richterinnen ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer, Einzelrichter - vom 16. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Zulassung zur Prüfung als Fachärztin für Laboratoriumsmedizin.

Der am ... in Manila (Philippinen) geborenen Klägerin wurde dort am 20. Oktober 1973 der Titel "Doktor der Medizin" verliehen. Am 15. November 1974 wurde ihr gleichfalls in Manila die Erlaubnis zur Ausübung des Berufes als Ärztin erteilt. Nachdem die Klägerin im Jahre 1984 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist war, erhielt sie im Jahre 1993 die deutsche Staatangehörigkeit.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 1994 teilte die Beklagte der Klägerin im Zusammenhang mit deren Bemühen um die Weiterbildung zur Fachärztin für Laboratoriumsmedizin mit, dass sie, die Klägerin, folgende Weiterbildungszeiten zum Erwerb der Gebietsbezeichnung "Ärztin für Laboratoriumsmedizin" nachgewiesen habe:

- 9 Monate Weiterbildung medizinische Chemie,

- 9 Monate Weiterbildung Hämatologie, Immunologie und Blutgruppenserologie und

- 9 Monate Weiterbildung medizinische Mikroskopie und Mikrobiologie (jeweils vor 1980 auf den Philippinen); außerdem:

- 12 Monate Weiterbildung Laboratoriumsmedizin, Medizinische Chemie unter Leitung von Prof. ... in ... (01.02.1990 bis 31.01.1991) sowie

- 12 Monate Weiterbildung in der Inneren Medizin unter Leitung von Prof. ... in ... (01.01.1993 bis 31.12.1993).

Es fehlten somit noch 9 Monate Weiterbildung im Gebiet der Laboratoriumsmedizin, die sie, die Klägerin, unter Leitung eines zur "vollen Weiterbildung" ermächtigten Arztes ableisten solle.

Mit Schreiben vom 12. Juli 2000 bat die Klägerin - unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das vorgenannte Schreiben - die Beklagte, sie möge davon absehen, dass sie, die Klägerin, die noch fehlende Weiterbildungszeit unter Leitung eines zur "vollen Weiterbildung" ermächtigten Arztes ableiten müsse. Sie habe die Möglichkeit, die noch fehlende Weiterbildung beim Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in ... unter Leitung des Arztes für Laboratoriumsmedizin ... zu absolvieren. Herr ... besitze nicht die "volle Weiterbildungsbefugnis", sondern lediglich eine Ermächtigung für drei Jahre. Zur Begründung ihrer Bitte führte die Klägerin an, dass es ihr aus persönlichen Gründen auf absehbare Zeit nicht möglich sein werde, ihre Weiterbildung an einem anderen Ort als in ... zu absolvieren. Die kürzlich erfolgte Scheidung von ihrem Ehemann und die Notwendigkeit, sich um ihre 14-jährige Tochter zu kümmern, die seit der Trennung von ihrem Mann schwer erkrankt sei und sich in stationärer Behandlung befinde, lasse ihr keinen Spielraum, außerhalb ihres Wohnortes tätig zu werden.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 09. Juli 2000 mit, dass ihrer Bitte nicht entsprochen werden könne.

In der Zeit vom 04. Oktober 2000 bis zum 03. Oktober 2002 war die Klägerin als angestellte Ärztin im genannten Institut unter Leitung von Herrn ... tätig. Diese Tätigkeit erkannte die Beklagte mit Schreiben vom 05. Dezember 2002 als Weiterbildung auf dem Gebiet der Laboratoriumsmedizin mit zwei Jahren an. Sie wies jedoch mit Schreiben vom 17. März 2003 darauf hin, dass nach wie vor ein Jahr unter Leitung eines "voll zur Weiterbildung befugten Arztes" fehle.

Mit Bescheid vom 14. Juli 2003 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Zulassung zur Prüfung im Gebiet der Laboratoriumsmedizin ab. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06. November 2003 - der Klägerin zugestellt am 08. November 2003 - als unbegründet zurückgewiesen. Zunächst fehle es an dem für die Zulassung zur Prüfung erforderlichen "Eignungsvermerk" des zur Weiterbildung befugten Arztes. Außerdem habe die Klägerin nicht mindestens ein Jahr der Weiterbildung unter Anleitung eines zur "vollen Weiterbildung befugten Arztes" abgeleistet. Ob im Wege einer Ermessensentscheidung - so die Beklagte im Widerspruchsbescheid sinngemäß weiter - auf das Vorliegen der letztgenannten Voraussetzung verzichtet werden könne, bedürfe wegen des fehlenden Eignungsvermerks keiner Entscheidung mehr.

Die Klägerin hat am 08. Dezember 2003 den Verwaltungsrechtsweg beschritten. In ihrem diesbezüglichen als "Klage" bezeichneten Schriftsatz hat sie einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt und in der Begründung ausgeführt, die anschließende, zunächst zur Fristwahrung eingereichte Klage habe hinreichende Aussicht auf Erfolg, solle jedoch nicht durchgeführt werden, wenn Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werde. Die Klägerin hat geltend gemacht, der Ablehnungsbescheid vom 14. Juli 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06. November 2003 sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Sie habe einen Anspruch auf die von ihr begehrte Prüfungszulassung. Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf den fehlenden Eignungsvermerk berufen. Zunächst sei ein Eignungsvermerk - so die Klägerin sinngemäß weiter - keine unabdingbare Voraussetzung für die Prüfungszulassung. Darüber hinaus enthalte das Zeugnis von Prof. ... vom 26. August 2003 den erforderlichen Eignungsvermerk. Schließlich stehe ihrer Zulassung zur Prüfung nicht der Umstand entgegen, dass sie nicht ein Jahr der Weiterbildung unter der Leitung eines "voll zur Weiterbildung befugten Arztes" absolviert habe. Denn von diesem Erfordernis könne der Vorstand der Beklagten im Einzelfall befreien. Ein solcher Ausnahmefall liege hier vor, weil sie, die Klägerin, die Mindestweiterbildungszeit um mehr als ein Jahr überschritten habe. Nachdem das Verwaltungsgericht der Klägerin mit Beschluss vom 04. August 2004 Prozesskostenhilfe bewilligt hatte, hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung beantragt,

unter Aufhebung des Ausgangsbescheides der Beklagten vom 14. Juli 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. November 2003 die Beklagte zu verurteilen, sie, die Klägerin, zur Prüfung als Fachärztin für Laboratoriumsmedizin zuzulassen,

hilfsweise,

den Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06. November 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie, die Klägerin, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie den Inhalt ihres Widerspruchsbescheides konkretisiert.

Mit Urteil vom 16. Dezember 2004 hat das Verwaltungsgericht - unter Abweisung der Klage im Übrigen - die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die zulässige Klage - diese sei unbedingt erhoben worden - sei hinsichtlich des hilfsweise gestellten Bescheidungsantrages auch begründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, weil die Beklagte sie zu Unrecht ausschließlich auf den fehlenden Eignungsvermerk gestützt habe. Die Klägerin habe nachträglich einen Eignungsvermerk von Prof. ... erhalten und diesen der Beklagten auch vorgelegt. Hierauf komme es jedoch nicht entscheidungserheblich an. Denn - so das Verwaltungsgericht sinngemäß weiter - nach der Weiterbildungsordnung der Beklagten sei ein (positiver) Eignungsvermerk keine Prüfungszulassungsvoraussetzung. Dennoch könne der auf die Zulassung der Prüfung gerichtete Hauptantrag der Klägerin keinen Erfolg haben, weil es an der einjährigen Weiterbildungszeit bei einem "voll zur Weiterbildung befugten Arzt" fehle. Die Beklagte habe jedoch nach eigenen Auskünften eine Verwaltungspraxis dahingehend entwickelt, dass über das Fehlen eines Weiterbildungsjahres bei einem "voll befugten Arzt" hinweggesehen werden könne, wenn im Übrigen die Voraussetzungen erfüllt würden und die Weiterbildungszeit um ein Jahr oder mindestens 20 % überschritten werde. Die Beklagte habe von einer Ermessensausübung bislang abgesehen, da sie auf Grund des fehlenden Eignungsvermerks diesen Ermessensspielraum zu Unrecht für nicht eröffnet angesehen habe. Das Vorliegen eines Eignungsvermerks dürfe jedoch nicht zu einer Zulassungsvoraussetzung für eine Prüfung gemacht werden. Vorliegend habe die Klägerin insgesamt eine Weiterbildungszeit von sechs Jahren absolviert. Die geforderte zeitliche Überschreitung liege demnach vor. Die Beklagte habe über den Antrag der Klägerin unter Ausschöpfung ihres Ermessensspielraumes neu zu entscheiden und dabei die Gleichbehandlung aller Prüfungskandidaten, unabhängig von einem Eignungsvermerk, im Hinblick auf die einschlägige Bestimmung der Weiterbildungsordnung zu gewährleisten.

Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten - mit Senatsbeschluss vom 28. November 2005 zugelassenen - Berufung macht die Beklagte geltend, die Klage sei unzulässig, weil sie unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe erhoben worden sei. Darüber hinaus sei die Klage auch hinsichtlich des Hilfsantrages unbegründet. Das Verwaltungsgericht mag zwar zutreffend davon ausgegangen sein, dass sie, die Beklagte, das Vorliegen eines Eignungsvermerks auf der Tatbestandsseite nicht zur Prüfungszulassungsvoraussetzung machen dürfe. Etwas anderes gelte jedoch auf der Rechtsfolgenseite im Rahmen der Ermessensausübung. Wenn den betroffenen Ärztinnen und Ärzten durch den (ausnahmsweisen) Verzicht auf das Kriterium der Weiterbildung bei einem "voll ermächtigten Arzt" entgegengekommen werde, so dürfe zum Schutze des Rechtsgutes "Volksgesundheit" an dem Erfordernis "aktueller Eignungsvermerk" jedenfalls als Voraussetzung für eine Ermessensbetätigung/Ermessenausübung im genannten Sinne festgehalten werden. Da es vorliegend an einem "aktuellen" Eignungsvermerk fehle, habe es ihrerseits - so die Beklagte sinngemäß weiter - einer Ermessensentscheidung nicht bedurft.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer, Einzelrichter - vom 16. Dezember 2004 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht ergänzend geltend, seit Juni 1995 würden die Kandidaten zur Prüfung zugelassen, soweit sie statt des Jahres bei einem "voll zur Weiterbildung befugten Arzt" eine um 20 %, jedoch mindestens um ein Jahr erhöhte Mindestweiterbildungszeit absolviert hätten und daneben die übrigen Kriterien nach der Weiterbildungsordnung erfüllt seien. Da im vorliegenden Falle beide Erfordernisse vorlägen, sei das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert. Aus Gleichheitsgesichtspunkten sei somit auch sie, die Klägerin, wegen der Selbstbindung der Beklagten durch deren mehrjährige Verwaltungspraxis zur Prüfung zuzulassen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten - diese haben dem Senat vorgelegen - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung bleibt in der Sache erfolglos.

Die Klage ist zulässig. Selbst wenn es sich bei dem fristgerecht eingegangenen Schriftsatz vom 08. Dezember 2003 um eine durch den Erfolg des Prozesskostenhilfeantrags bedingte und somit (zunächst) unzulässige Klageerhebung gehandelt haben sollte, wäre der Klägerin nach erfolgter Prozesskostenhilfebewilligung gemäß § 60 Abs. 1 VwGO wegen Versäumung der Klagefrist von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. BGH, Beschl. v. 24.06.1999 - IX ZB 30/99 -, NJW 1999, 2823).

Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch darauf, dass die Beklagte sie zur Prüfung als Fachärztin für Laboratoriumsmedizin zulässt. Dementsprechend hätte das Verwaltungsgericht der Klage bereits im Hauptantrag stattgeben müssen. Der Durchsetzbarkeit des Zulassungsanspruchs der Klägerin steht jedoch nicht entgegen, dass das Verwaltungsgericht die Klage insoweit abgewiesen und die Klägerin Rechtsmittel hiergegen nicht eingelegt hat. Denn die Klägerin erreicht die Prüfungszulassung und somit das von ihr primär angestrebte Klageziel auch mittels des auf ihren Hilfsantrag - hierbei handelt es sich im Verhältnis zum Hauptantrag um ein wesensgleiches Minus - ergangenen Urteilsausspruchs des Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte nämlich verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Da die Klägerin aus den nachfolgend darzulegenden Gründen einen Anspruch auf Prüfungszulassung hat, wird die Beklagte diese Rechtssauffassung des erkennenden Senats bei der anstehenden Neubescheidung mit der Folge zu beachten haben, dass die Klägerin durch den zu erlassenden Bescheid zur Prüfung als Fachärztin für Laboratoriumsmedizin zuzulassen ist.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 der Weiterbildungsordnung (Satzung) der Ärztekammer Schleswig-Holstein - WBO - vom 16. Oktober 1996 (Amtsbl.-AAnz. S. 303 ff) entscheidet die Ärztekammer über die Zulassung zur Prüfung. Die Zulassung wird gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 WBO erteilt, wenn die Weiterbildung ordnungsgemäß abgeschlossen sowie durch Zeugnisse und Nachweise gemäß § 10 WBO belegt ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat die Weiterbildung zur Qualifizierung als Fachärztin für Laboratoriumsmedizin ordnungsgemäß abgeschlossen und durch Zeugnisse und Nachweise gemäß § 10 WBO belegt.

Die Dauer der Weiterbildung zur Qualifizierung als Fachärztin für Laboratoriumsmedizin beträgt gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 WBO i.V.m. Abschnitt I Nr. 18 fünf Jahre, wobei ein Jahr auf dem Gebiet der Inneren Medizin und vier Jahre auf dem Gebiet der Laboratoriumsmedizin, davon mindestens jeweils zwölf Monate in der medizinischen Mikrobiologie, der medizinischen Immunologie sowie der klinischen Chemie, abzuleisten sind. Darüber hinaus wird in der genannten Vorschrift gleichfalls der Inhalt der Weiterbildung zur Qualifizierung als Fachärztin für Laboratoriumsmedizin im Einzelnen festgelegt. Die dort angegebenen Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte sind gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 WBO Mindestzeiten und Mindestinhalte. Die Weiterbildung der Klägerin entspricht hinsichtlich ihrer Dauer und hinsichtlich ihres Inhalts diesen Anforderungen. Das wird auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt und bedarf daher keiner weitergehenden Begründung.

Ferner ist bei der Beantwortung der Frage, ob eine ordnungsgemäße Weiterbildung vorliegt, die Regelung der Vorschrift des § 4 Abs. 8 Satz 2 WBO zu berücksichtigen, wonach innerhalb der vorgeschriebenen Weiterbildungszeit grundsätzlich mindestens ein Jahr unter Leitung von Ärzten abgeleistet werden soll, die in vollem Umfang zur Weiterbildung befugt sind. Für den Fall einer fehlenden Weiterbildung bei einem "voll ermächtigten Arzt" hat der Vorstand der Beklagten am 07. Juni 1995 beschlossen:

"Der Vorstand legt für die Verwaltung einen Handlungsrahmen fest, der angewendet wird in den Fällen, in denen Ärztinnen oder Ärzte in Weiterbildung das vorgeschriebene Jahr bei einem voll ermächtigten Arzt nicht nachweisen können. Hiernach sollte eine um 20 %, jedoch mindestens um ein Jahr erhöhte Mindestweiterbildungszeit absolviert sein, ..., der Eignungsvermerk muss vorliegen...."

Dieser Beschluss des Kammervorstandes bezog sich ursprünglich auf die Vorschrift des § 3 Abs. 9 der Weiterbildungsordnung (Satzung) der Ärztekammer Schleswig-Holstein - WBO a.F. - vom 13. März 1985 (Amtsbl.-AAnz. S. 220), wonach innerhalb der vorgeschriebenen Weiterbildungszeit mindestens ein Jahr unter Leitung eines Arztes abgeleistet werden soll, der in vollem Umfang zur Weiterbildung ermächtigt ist. Dennoch ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von der Fortgeltung des Vorstandsbeschlusses und somit davon auszugehen, dass dieser Beschluss gemäß § 14 Abs. 2 WBO der Entscheidung darüber, ob eine gründliche und eingehende (ordnungsgemäße) Weiterbildung vorliegt, als "allgemeine Verwaltungsvorschrift" zugrunde zu legen ist. Als solche konkretisiert und ergänzt der Vorstandsbeschluss die Satzungsregelung in § 4 Abs. 8 Satz 2 WBO - das ergibt sich aus der Verwendung der Wörter "soll" in dieser Satzungsregelung sowie "sollte" in dem Vorstandsbeschluss - dahingehend, dass eine ordnungsgemäße Weiterbildung regelmäßig auch dann anzunehmen ist, wenn zwar nicht mindestens ein Jahr unter Leitung eines in vollem Umfang zur Weiterbildung befugten Arztes abgeleistet, stattdessen jedoch eine um 20 %, jedoch mindestens um ein Jahr erhöhte Mindestweiterbildungszeit absolviert worden ist und ein Eignungsvermerk vorliegt. Die letztgenannten Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin erfüllt. Sie hat eine mindestens um ein Jahr erhöhte Mindestweiterbildungszeit absolviert. Das wird auch von der Beklagte nicht in Abrede gestellt. Darüber hinaus liegt der erforderliche Eignungsvermerk (mindestens eines Weiterbildungsarztes) vor. Denn Prof. ... hat in dem der Klägerin für den Zeitraum vom 01. Februar 1990 bis zum 31. Januar 1991 - Tätigkeit der Klägerin im klinisch-chemischen und hämatologischen Hauptlabor der I. Medizinischen Universitätsklinik ... - ausgestellten Zeugnis vom 26. August 2003 festgestellt, die Klägerin besitze die fachliche Eignung, die Gebietsbezeichnung Labormedizin zu erwerben und in diesem Gebiet eigenständig tätig zu werden. Es ist unschädlich, dass Prof. ... in seinen beiden an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 15. September 2003 und 01. Oktober 2003 klargestellt hat, dass sich seine Eignungsaussage allein auf das Jahr 1991 beziehe. Denn nach dem in Frage stehenden Beschluss des Kammervorstandes bedarf es keines "aktuellen" Eignungsvermerks. Die Erforderlichkeit eines "aktuellen" Eignungsvermerks ergibt sich auch nicht aus Sinn und Zweck der Regelungen über die Weiterbildung zur Fachärztin oder zum Facharzt. Vielmehr ist insoweit zu berücksichtigen, dass es vorliegend lediglich um die Prüfungszulassung geht und das endgültige Eignungsurteil erst nach Durchführung der Prüfung vom Prüfungsausschuss auf Grund der vorgelegten Zeugnisse und des Prüfungsergebnissees zu treffen ist (vgl. § 15 Abs. 3 Satz 4 WBO). Schließlich sind keine Umstände ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, der Klägerin trotz des Vorliegens der um ein Jahr erhöhten Mindestweiterbildungszeit sowie des Eignungsvermerks abweichend vom Regelfall die Prüfungszulassung zu versagen. Lediglich aus Gründen der Klarstellung sei im vorliegenden Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Beklagten bei der Prüfung der Frage, ob die Weiterbildung ordnungsgemäß abgeschlossen worden ist, zwar eine Einschätzungsprärogative zustehen mag. Aus der Systematik sowie aus Sinn und Zweck der Weiterbildungsordnung ergibt sich jedoch nicht, dass der Beklagten insoweit ein Beurteilungsspielraum oder gar ein Ermessensspielraum - letzteres dürfte bereits aus dogmatischen Gründen bedenklich sein - eingeräumt wäre und somit insoweit lediglich eine eingeschränkte gerichtliche Kontrollbefugnis bestände. Das Verwaltungsgericht hat seine abweichende Meinung, wonach der Beklagten insoweit ein Ermessensspielraum zusteht, nicht weiter begründet.

Darüber hinaus hat die Klägerin die von ihr ordnungsgemäß abgeschlossene Weiterbildung durch Zeugnisse und Nachweise gemäß § 10 WB? belegt. Da dieses auch von der Beklagten nicht substantiiert in Frage gestellt wird, bedarf es insoweit keiner weitergehenden Ausführungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Ende der Entscheidung

Zurück