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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 25.11.2002
Aktenzeichen: 3 M 44/02
Rechtsgebiete: GG, VwGO, LRiG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 123 Abs. 1
LRiG § 10 Abs. 1
LRiG § 21 Abs. 1
LRiG § 21 Abs. 2
LRiG § 21 Abs. 3
LRiG § 22 Abs. 1
1. Beschränkung der gerichtlichen Kontrollbefugnis sowie der gerichtlichen Erkenntnismöglichkeiten bei der Überprüfung der Entscheidungen des Richterwahlausschusses (vgl. auch OVG Schleswig, Beschl. v. 01.02.1996 - 3 M 89/95 -, SchlHAnz 1996, 75 ff.).

2. Bedeutung der nach Abschnitt V 2 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Richter und Staatsanwälte vom 02. September 1976 - Amtsbl. S. 153 f. - erteilten Eignungsprognosen (vgl. auch OVG Schleswig, Beschl. v. 17.08.2001 - 3 M 22/01 -, SchlHAnz 2001, 263 ff.).

3. Anhörung der Stellenbewerberinnen und Stellenbewerber nach § 21 Abs. 2 Satz 1 LRiG als weiteres eignungsbezogenes Auswahlkriterium.

4. Beachtlichkeit etwaiger Verfahrensfehler im Zusammenhang mit den Auswahlentscheidungen des Richterwahlausschusses und des Justizministeriums (vgl. auch OVG Schleswig, Beschl. v. 13.09.2000 - 3 M 17/00 -, SchlHAnz 2000, 259 ff.).


3 M 44/02

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Stellenbesetzung

hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 25. November 2002 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 24. September 2002 geändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren; die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren sind nicht erstattungsfähig.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner schrieb in den Schleswig-Holsteinischen Anzeigen 2001, Seite 206, die Stelle für eine Vizepräsidentin oder einen Vizepräsidenten des Landgerichts (BesGr R 3 BBesO) bei dem Landgericht .... unter Angabe des entsprechenden Anforderungsprofils aus. Um diese Stelle bewarben sich unter anderem die Antragstellerin und der Beigeladene.

Die im Jahre 1942 geborene Antragstellerin ist Vizepräsidentin des Landgerichts .... (BesGr. R 2 BBesO mit Amtszulage). In der ihr am 27. November 2001 anlässlich ihrer Bewerbung erteilten dienstlichen Beurteilung stellte der Präsident des Landgerichts .... mit Blick auf das in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderungsprofil abschließend fest, die Antragstellerin sei für das angestrebte Amt fachlich wie menschlich und ohne jede Einschränkung "sehr gut geeignet". Klarstellend fügte er hinzu, dieses Eignungsurteil stelle für ihn die bestmögliche Beurteilung dar. Von einer verbalen Begleitung durch Superlative sehe er ab.

Der im Jahre 1942 geborene Beigeladene ist Vorsitzender Richter am Landgericht .... (BesGr. R 2 BBesO). In der ihm am 20. November 2001 anlässlich seiner Bewerbung erteilten dienstlichen Beurteilung stellte der Präsident des Landgerichts .... mit Blick auf das in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderungsprofil abschließend fest, der Beigeladene sei für das angestrebte Amt in ganz besonderer Weise "sehr gut geeignet".

In seiner Sitzung am 07. Juni 2002 hörte der Richterwahlausschuss unter anderem die Antragstellerin und den Beigeladenen unter Zulassung der Öffentlichkeit an. Nach anschließender Berichterstattung und Aussprache stimmte der Richterwahlausschuss geheim ab. Bei dieser Abstimmung entfielen neun Stimmen auf den Beigeladenen und drei Stimmen auf die Antragstellerin. In der Sitzungsniederschrift sind Angaben über Verlauf und Inhalt der erfolgten Anhörung nicht enthalten.

Am 25. Juni 2002 entschied sich auch der Antragsgegner dafür, die ausgeschriebene Stelle dem Beigeladenen zu übertragen. Aus den aktuellen dienstlichen Beurteilungen lasse sich ein wesentlicher Eignungsvorsprung zugunsten der Antragstellerin oder des Beigeladenen nicht ableiten. Aufgrund der in der Sitzung des Richterwahlausschusses am 07. Juni 2002 erfolgten Anhörung der Antragstellerin und des Beigeladenen stehe jedoch eine weitere Erkenntnisquelle zur Verfügung. Danach müsse der Beigeladene als der wesentlich geeignetere Kandidat angesehen werden. Ihm sei es im Gegensatz zur Antragstellerin hervorragend gelungen, sich als für Führungsaufgaben in der Justiz besonders geeignete Richterpersönlichkeit zu präsentieren. Durch sein gleichermaßen bescheidenes und selbstbewusstes sowie in jeder Hinsicht souveränes Auftreten habe er die ihm erteilte Beurteilung uneingeschränkt plausibel erscheinen lassen. Demgegenüber habe die Antragstellerin das von ihr gezeichnete positive Bild nicht zu bestätigen vermocht. Während der Beigeladene freisprechend auf sprachlich hohem Niveau und inhaltlich wohltuend strukturiert und in der Sache überzeugend seine Vorstellungen den Ausschussmitgliedern vorgetragen habe, habe die Antragstellerin einem offenbar ausformulierten Manuskript folgend einen äußerst angespannten, von wenig Selbstbewusstsein getragenen Eindruck hinterlassen. Die ihr in der Beurteilung aufgrund von vielfältigen Erfahrungen attestierte umfassende Kompetenz habe sie ihren Zuhörern nicht oder nur sehr eingeschränkt vermitteln können. (vgl. Vermerk des Antragsgegners vom 15./16. Juli 2002).

Der Antragsgegner teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 27. Juni 2002 mit, er könne ihrer Bewerbung leider nicht entsprechen. Wie der Richterwahlausschuss habe auch er, der Antragsgegner, seine Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen getroffen. Es sei daher beabsichtigt, diesem die ausgeschriebene Stelle zu übertragen.

Mit Beschluss vom 24. September 2002 hat das Verwaltungsgericht dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die ausgeschriebene Stelle bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch der Antragstellerin gegen die Auswahlentscheidungen mit dem Beigeladenen zu besetzen. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §§ 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 VwGO, 920 ZPO, seien erfüllt. Der Antragstellerin stehe ein Anordnungsgrund zur Seite. Sie habe auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sowohl der Richterwahlausschuss als auch der Antragsgegner hätten rechtsfehlerhaft über ihre Bewerbung entschieden. Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners leide unter einem Verfahrensfehler. Unter Berücksichtigung der gleichlautenden Gesamturteile in den aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen habe der Antragsgegner diese Beurteilungen zwar als inhaltlich im Wesentlichen gleich ansehen dürfen. Er habe jedoch (beurteilungsfehlerhaft) nicht berücksichtigt, dass die Antragstellerin sich zum Zeitpunkt der Erstellung der dienstlichen Beurteilungen in einem höheren statusrechtlichen Amt befunden habe als der Beigeladene und deren Beurteilung somit höheres Gewicht zukomme (vgl. im Einzelnen die Ausführungen auf den Seiten 8 bis 10 des Entscheidungsabdrucks). Die weiteren rechtlichen Erwägungen hat das Verwaltungsgericht außerhalb des aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Argumentationszusammenhanges angestellt (vgl. die Ausführungen auf den Seiten 10 bis 13 des Entscheidungsabdrucks: "In diesem Zusammenhang sei der Vollständigkeit halber erwähnt, ....", "... sei im Hinblick auf die vor dem Richterwahlausschuss durchgeführte Anhörung der Antragstellerin und des Beigeladenen noch folgendes ausgeführt: ...", "Abschließend weist die Kammer noch auf folgendes hin: ...").

Der Antragsgegner und der Beigeladene haben gegen diesen Beschluss Beschwerden eingelegt. Zur Begründung weisen sie insbesondere darauf hin, dem höheren Statusamt der Antragstellerin komme wegen der Besonderheiten des vorliegenden Falles entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu.

Die Antragstellerin verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss.

II.

Die Beschwerden haben Erfolg.

Es bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen deren Zulässigkeit. Insbesondere haben der Antragsgegner und der Beigeladene den Vorgaben der Vorschrift des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO hinreichend Rechnung getragen. Danach muss die Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Diese Voraussetzungen sind jedenfalls dann erfüllt, wenn die Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführer sich mit den entscheidungstragenden Rechtssätzen und Annahmen des Verwaltungsgerichts in sachlich substantiierter Weise auseinandergesetzt und sie mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat. Sie oder er muss plausibel erläutern, aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung in den angegebenen Punkten für unrichtig gehalten wird (OVG Schleswig, Beschl. v. 31.07.2002 - 3 M 34/02 -, SchlHAnz 2002, 188 ff., m.w.N.). Diesen prozessualen Erfordernissen haben der Antragsgegner und der Beigeladene entsprochen. Sie haben sich mit dem vom Verwaltungsgericht als entscheidungserheblich angesehenen Gesichtspunkt - höheres statusrechtliches Amt der Antragstellerin - in sachlich substantiierter Weise auseinandergesetzt und dessen Richtigkeit mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.

Die Beschwerden sind auch begründet. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Erlass der von ihr begehrten einstweiligen Anordnung. Nach §§ 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 VwGO, 920 ZPO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann eine Richterin oder ein Richter anlässlich der Bewerbung um ein richterliches Beförderungsamt in Schleswig-Holstein beanspruchen, dass sowohl der Richterwahlausschuss als auch der Antragsgegner ohne Rechtsfehler über die Bewerbung entscheiden. Bei der Bewerberauswahl haben der Richterwahlausschuss und der Antragsgegner das in Art. 33 Abs. 2 GG normierte Prinzip der Bestenauslese zu beachten und insoweit in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zurückzugreifen. Die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen sind auf der Grundlage der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Richter und Staatsanwälte - BRL - vom 02. September 1976 (Amtsbl. S. 153 f.) erstellt worden. Nach Abschnitt V 1 BRL ist die (auf das jeweils bekleidete Statusamt bezogene) dienstliche Beurteilung mit einer Gesamtwürdigung abzuschließen; von der Erteilung einer Bewertungsnote ist (insoweit) abzusehen. Bei der dienstlichen Beurteilung anlässlich der Bewerbung um ein Richteramt ist gemäß Abschnitt V 2 BRL ferner zur Eignung für das angestrebte Amt Stellung zu nehmen; Bewertungsnoten sind nach den Beurteilungsrichtlinien insoweit nicht vorgesehen. Nach der - soweit ersichtlich - jedenfalls für den Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit noch einschlägigen Beurteilungspraxis werden die Eignungsprognosen nach Abschnitt V 2 BRL den Bewertungsstufen "sehr gut geeignet", "gut geeignet", "geeignet", "noch nicht geeignet" und "nicht geeignet" zugeordnet (in Ziffern 4.4 Satz 2 i.V.m. 4.3 Satz 2, zweiter Halbsatz, des Entwurfs der Beurteilungsrichtlinien der Justiz - BURL-JU- ist für die positive Eignungsfeststellung insoweit zusätzlich die Bewertungsstufe "hervorragend geeignet" vorgesehen). Die Eignungsprognosen nach Abschnitt V 2 BRL sind - wenn nicht evident rechtsfehlerhaft - regelmäßig maßgebliche Grundlage des vom Richterwahlausschuss und vom Antragsgegner anzustellenden Eignungsvergleichs. Gelangen der Richterwahlausschuss und der Antragsgegner danach rechtsfehlerfrei zu der Einschätzung, mehrere Bewerberinnen oder Bewerber seien für das angestrebte Amt im Wesentlichen gleich geeignet, dürfen weitere sachbezogene - vorrangig eignungsbezogene - Auswahlkriterien herangezogen werden (vgl. im einzelnen OVG Schleswig, Beschl. v. 17.08.2001 - 3 M 22/01 -, NJW 2001, 3210 ff., mit Hinweis auf Beschl. v. 01.02.1996 - 3 M 89/95 -, NVwZ 1996, 806 ff.). Als weiteres eignungsbezogenes Auswahlkriterium kommt das Ergebnis einer nach § 21 Abs. 2 Satz 1 LRiG durchgeführten Anhörung der Bewerberinnen und Bewerber in Betracht (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 28.10.1996 - 3 M 89/96 -, SchlHAnz 1997, 187, und 13.05.1998 - 3 M 15/98 -, SchlHAnz 1998, 189; VGH Ba.-Wü., Beschl. v. 02.12.1994 - 4 S 2152/94 -, IÖD 1995, 134 ff.; Hess. VGH, Beschl. v. 26.10.1993 - 1 T 1585/93 -, DVBl. 1994, 593 ff.).

Als Akte wertender Erkenntnis obliegen die Auswahlentscheidungen lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob der Richterwahlausschuss und/oder der Antragsgegner den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen können, verkannt haben oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sind, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen haben (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 01.02.1996 , aaO.)

Es ist gerichtlich nicht feststellbar, dass der Richterwahlausschuss - dessen Entscheidung dem Antragsgegner im Rechtsschutzverfahren als "Verwaltungsinternum" zuzurechnen ist - diese Rechtsgrundsätze nicht beachtet hätte (1). Darüber hinaus ist die Auswahlentscheidung des Antragsgegners zugunsten des Beigeladenen bei summarischer Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden (2).

1. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass der Richterwahlausschuss bei seiner Entscheidung zugunsten des Beigeladenen die Begriffe der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hätte, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wäre, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hätte. Die gerichtlichen Erkenntnismöglichkeiten hinsichtlich des Bestehens derartiger Rechtsfehler sind stark eingeschränkt. Die diesbezügliche gerichtliche Überprüfung der Entscheidungen des Richterwahlausschusses kann - anders als bei behördlichen Entscheidungen - nicht anhand einer Entscheidungsbegründung durchgeführt werden. Denn die Entscheidungen des Richterwahlausschusses werden nicht begründet (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 18.11.1993 - 3 M 59/93 -, SchlHAnz 1994, 76). Vielmehr wird gemäß § 21 Abs. 3 Satz 1 LRiG lediglich eine Niederschrift über den Verlauf der Sitzungen und das Ergebnis der Abstimmungen angefertigt. Darüber hinaus wählt der Richterwahlausschuss nach § 22 Abs. 2 Satz 1 LRiG in geheimer Abstimmung. Auch die einzelnen Mitglieder des Richterwahlausschusses sind nicht verpflichtet, die jeweiligen Gründe für ihr Abstimmungsverhalten offen zu legen oder letzteres auf sonstige Weise zu rechtfertigen. Das Abstimmungsverhalten der einzelnen Mitglieder des Richterwahlausschusses kann auf unterschiedlichen sachlichen Erwägungen und persönlichen Motivationslagen beruhen. Selbst wenn ein Mitglied des Richterwahlausschusses in der der Abstimmung regelmäßig vorausgehenden Aussprache einen bestimmten Standpunkt vertreten haben sollte, wäre dieses Mitglied nicht daran gehindert, letztlich doch in einem anderem Sinne abzustimmen. Nach alledem ist eine Auswahlentscheidung des Richterwahlausschusses zugunsten einer bestimmten Bewerberin oder eines bestimmten Bewerbers in materiell-rechtlicher Hinsicht verwaltungsgerichtlich nur zu beanstanden, wenn es nach den (sonstigen) Umständen des jeweiligen Einzelfalles ausgeschlossen wäre, dass die Entscheidung materiell-rechtlich fehlerfrei ergangen sein könnte. Dieses lässt sich hinsichtlich der am 07. Juni 2002 vom Richterwahlausschuss zugunsten des Beigeladenen getroffenen Entscheidung unter Berücksichtigung der (sonstigen) Umstände des vorliegenden Falles bei summarischer Prüfung nicht ausschließen.

Aus den dargestellten Gründen steht trotz der gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 LRiG durchgeführten Anhörung der Antragstellerin und des Beigeladenen nicht fest, ob und gegebenenfalls inwieweit gerade der Inhalt dieser Anhörung das Abstimmungsverhalten der Mitglieder des Richterwahlausschusses beeinflusst hat. Es kann jedenfalls nicht mit hinreichender Verlässlichkeit ausgeschlossen werden, dass die Mitglieder des Richterwahlausschusses ihre Entscheidung zugunsten des Beigeladenen entgegen dem prozessualen Vorbringen des Antragsgegners letztlich doch (allein) auf die Beurteilungslage gestützt und der Anhörung keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen haben. Die Antragstellerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass und gegebenenfalls warum der Richterwahlausschuss in Ausnutzung des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes rechtlich - insbesondere durch das Prinzip der Bestenauslese - daran gehindert gewesen sein könnte, einen Eignungsvorsprung des Beigeladenen allein aus einem Vergleich der in Frage stehenden aktuellen dienstlichen Beurteilungen herzuleiten. Das ist bei kursorischer Betrachtungsweise auch aufgrund des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes im Übrigen nicht ersichtlich. Es ist rechtlich in der Regel unbedenklich, Eignungsprognosen im Sinne von Abschnitt V 2 BRL als im Wesentlichen gleich anzusehen, wenn sie derselben Bewertungsstufe (hier: "sehr gut geeignet") angehören. Es ist jedoch grundsätzlich gleichfalls rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die für die Personalentscheidung zuständigen Stellen ihre Auswahlentscheidungen in derartigen Fällen auf Unterschiede in den textlichen Fassungen der Stellungnahmen nach Abschnitt V 2 BRL stützen, soweit diese Unterschiede unter Eignungsgesichtspunkten hinreichend fassbar und aussagekräftig sind (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 01.02.1996, aaO, u. 17.08.2001, aaO), und dabei ergänzend die das jeweils bekleidete Statusamt betreffenden Leistungs- und Befähigungsbeurteilungen berücksichtigen. Bei der ihm obliegenden lediglich summarischen Prüfung vermag der Senat nicht zu erkennen, dass der Richterwahlausschuss vor diesem Hintergrund daran gehindert gewesen wäre, in Ausnutzung seines Beurteilungsspielraumes seine Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen rechtsfehlerfrei allein aus der Beurteilungslage herzuleiten. Etwas anderes ist jedenfalls mit Blick auf den Inhalt der dienstlichen Beurteilungen auch von der Antragstellerin nicht (substantiiert) geltend gemacht worden.

Die Antragstellerin kann sich im vorliegenden Zusammenhang nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe ein höheres statusrechtliches Amt inne als der Beigeladene. Der in einem höheren Statusamt erteilten dienstlichen Beurteilung kommt wegen der damit verbundenen Anforderungen regelmäßig zwar ein höheres Gewicht zu als der in einem niedrigeren Statusamt erteilten Beurteilung (OVG Schleswig, Beschl. v. 02.12.1996 - 3 M 94/96 -, SchlHAnz 1997, 218 f.). Diesen Grundsatz durfte der Richterwahlausschuss jedoch unbeachtet lassen, weil er (jedenfalls primär) keine auf die jeweils bekleideten Statusämter bezogenen dienstlichen Beurteilungen zu vergleichen brauchte, sondern seinen Eignungsvergleich (primär) in zulässiger Weise auf die in Beurteilungsform erstellten Eignungsprognosen nach Abschnitt V 2 BRL stützen durfte (demgegenüber betrifft die von der Antragstellerin angeführte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Juni 2000 - 11 B 11025/00 - den Vergleich statusamtsbezogener Gesamturteile im Sinne von Ziffer 6.1 der Verwaltungsvorschrift des dortigen Ministeriums der Justiz zur dienstlichen Beurteilung der Richter vom 25. Juni 1990, JBl. Rh.-Pf. S. 122; vgl. auch Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Rdnr. 259). Eine sachliche Rechtfertigung dafür, den genannten Grundsatz bei dem Vergleich derartiger Eignungsprognosen entsprechend anzuwenden, ist von der Antragstellerin nicht dargetan worden und auch im Übrigen nicht erkennbar. Die von der Antragstellerin und dem Beigeladenen bekleideten Statusämter und die damit verbundenen Anforderungen waren hingegen von den Präsidenten der Landgerichte .... und .... bei der Erstellung der gemäß Abschnitt IV BRL auf diese Ämter bezogenen Teile der dienstlichen Beurteilungen sowie den hieraus nach Abschnitt V 2 BLR abzuleitenden Eignungsprognosen zu berücksichtigen. Dass die Präsidenten dem nicht hinreichend entsprochen hätten und deren Eignungsprognosen unter diesem oder sonstigen Aspekten "evident" rechtsfehlerhaft wären, wird von der Antragstellerin nicht substantiiert geltend gemacht und ist bei summarischer Prüfung auch im Übrigen nicht ersichtlich. Darüber hinaus - hierauf sei klarstellend hingewiesen - ergibt sich aus einem höheren Statusamt nicht "automatisch" ein Eignungsvorsprung gegenüber Konkurrentinnen und Konkurrenten (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 05.04.1995 - 2 M 924/95 -, ZBR 1996, 278 f.). Vielmehr können statusrechtliche Unterschiede durch andere eignungsrelevante Gesichtspunkte in den Hintergrund gedrängt werden (vgl. OVG Schleswig, aaO).

Die Auswahlentscheidung des Richterwahlausschusses zugunsten des Beigeladenen ist in materiell-rechtlicher Hinsicht nach alledem bereits deshalb gerichtlich nicht zu beanstanden, weil es (mangels gegenteiligen Vorbringens der Antragstellerin) bei summarischer Prüfung nicht ausgeschlossen erscheint, dass diese Entscheidung in rechtlich einwandfreier Weise allein aus der Beurteilungslage hätte hergeleitet werden können. Dass eine derartige Entscheidung des Richterwahlausschusses auf Verfahrensfehlern beruhen könnte, ist von der Antragstellerin nicht geltend gemacht worden und drängt sich auch sonst nicht auf.

2. Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners zugunsten des Beigeladenen begegnet bei summarischer Prüfung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Antragsgegner durfte die Antragstellerin und den Beigeladenen nach der Beurteilungslage unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Ausführungen zu Ziffer 1. auch mit Blick auf deren unterschiedliche Statusämter als im Wesentlichen gleich geeignet für das angestrebte Amt ansehen und seine Auswahlentscheidung daher auf das Ergebnis der am 07. Juni 2002 durchgeführten Anhörung stützen.

Aufgrund des Anhörungsergebnisses ist der Antragsgegner - dessen Staatssekretär und Personalreferent waren in der Anhörung anwesend - zu der Einschätzung gelangt, der Beigeladene sei für das ausgeschriebene Amt (persönlich) wesentlich geeigneter als die Antragstellerin. Diese macht nicht substantiiert geltend, dass der Antragsgegner hierbei den Begriff der Eignung oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen könne, verkannt hätte, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wäre, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hätte. Derartige materiell-rechtliche Bewertungsfehler drängen sich bei summarischer Prüfung auch im Übrigen nicht auf. Bei der Anhörung ging es nach dem unbestrittenen prozessualen Vorbringen des Antragsgegners (primär) nicht um fachspezifische Fragen und Antworten oder bestimmte vorgegebene Sachthemen. Vielmehr war die Gestaltung der Anhörung im Wesentlichen den Bewerberinnen und Bewerbern zur Selbstdarstellung überlassen. Ausschlaggebend sollte sein, welche/welcher der (grundsätzlich) gleichermaßen (fachlich) geeigneten Bewerberinnen und Bewerber von ihrer/seiner Persönlichkeit her am ehesten (am besten) in der Lage wäre, die Funktion einer Vizepräsidentin oder eines Vizepräsidenten beim Landgericht .... auszuüben. Maßgeblich sollte somit der bei der Anhörung von den Bewerberinnen und Bewerbern jeweils hinterlassene persönliche Eindruck sein. Diese Ausrichtung der Anhörung ist - obwohl in der Vorschrift des § 21 Abs. 2 Satz 1 LRiG nicht zwingend vorgeschrieben - rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. VGH Ba.-Wü., aaO; Hess. VGH, aaO). Das gilt nach dem zutreffenden Vorbringen des Antragsgegners umso mehr, als die Ausübung der besonderen Funktion eines Vizepräsidenten beim Landgericht gerade aufgrund der vorgegebenen Strukturen, Besonderheiten und auch speziellen Probleme beim Landgericht .... eng an die Persönlichkeit des Amtsinhabers geknüpft ist und die Akzeptanz seiner Aufgabenerfüllung wesentlich von seinem persönlichen Auftreten und seiner persönlichen Überzeugungskraft abhängt. Hinsichtlich der übrigen Bedingungen der Anhörung ist insbesondere ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu Lasten der Antragstellerin nicht erkennbar. Schließlich vermag der Senat weder aus dem Auswahlvermerk des Antragsgegners vom 15./16. Juli 2002 noch aus dem Akteninhalt im Übrigen herzuleiten, dass der Antragsgegner bei seiner auf das Anhörungsergebnis gestützten Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wäre, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hätte (die in den Gründen zu I. nicht wiedergegebenen Teile des Auswahlvermerks des Antragsgegners vom 15./16. Juli 2002 sind nicht entscheidungserheblich und somit auch nicht Gegenstand der gerichtlichen Bewertung).

Der von der Antragstellerin sinngemäß erhobene Einwand, die Auswahlentscheidung des Antragsgegners sei in formeller Hinsicht rechtsfehlerhaft ergangen, weil über Verlauf und Inhalt der Anhörung vom 07. Juni 2002 kein Protokoll erstellt worden sei, führt zu keinem für sie günstigeren Ergebnis. Denn selbst wenn das Fehlen eines derartigen Protokolls als Verfahrensfehler anzusehen wäre (vgl. insoweit jedoch BVerwG, Beschl. v. 31.03.1994 - 6 B 65.93 -, DVBl. 1994, 641 ff.), wäre dieser Fehler im Hinblick auf die vom Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung unbeachtlich. Verfahrensfehler sind beachtlich, wenn sie sich auf die Auswahlentscheidung der für die Personalentscheidung zuständigen Stelle ausgewirkt haben können (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 13.09.2000 - 3 M 17/00 -, SchlHAnz 2000, 259, 261, mit Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 15.11.1984 - 2 C 29.83 -, E 70, 270, 275). Es kann dahinstehen, ob das Fehlen eines der Beweissicherung dienenden Anhörungsprotokolls sich überhaupt auf die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung auswirken kann (vgl. Foerster/Friedersen/Rohde, LVwG, Kom., § 105 Anm. 5; Uhle/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, 4. Aufl., § 14 Rdnr. 20). Derartige Auswirkungen kommen wegen der Beweisfunktion des Protokolls bei summarischer Prüfung jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die entscheidungserheblichen Umstände unstreitig sind. Letzteres ist hier der Fall. Die Antragstellerin hat die insoweit für die Auswahlentscheidung des Antragsgegners maßgeblichen Umstände nicht (substantiiert) in Frage gestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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