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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.07.2007
Aktenzeichen: 3 MB 20/07
Rechtsgebiete: LRiG SH, MBG SH


Vorschriften:

LRiG SH § 40
LRiG SH § 54
LRiG SH § 55
MBG SH § 51
Die Beschränkung des Bewerberkreises bei der Vergabe einer Richterstelle als mitbestimmunsbedürftige Maßnahme.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 3 MB 20/07

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Stellenbesetzung

hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 30. Juli 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 23. April 2007 geändert.

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die in den Schleswig-Holsteinischen Anzeigen 2006, Seite 160, ausgeschriebene Stelle der Besoldungsgruppe R 1 für Richterinnen oder Richter am Amtsgericht bei dem Amtsgericht ... mit der Beigeladenen oder anderweitig endgültig zu besetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe:

Der Antragsteller, Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht ..., und die Beigeladene, Richterin auf Probe bei dem Amtsgericht ..., bewarben sich - neben weiteren Interessenten - um die im Tenor genannte Richterstelle. In dem entsprechenden Ausschreibungstext heißt es, die Ausschreibung der planmäßig zu besetzenden Stellen der Besoldungsgruppe R 1 in der ordentlichen Gerichtsbarkeit richte sich ausschließlich an schleswig-holsteinische Richterinnen und Richter auf Probe. In seiner Sitzung am 10. November 2006 wählte der Richterwahlausschuss die Beigeladene. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2006 wurde dem Antragsteller vom Antragsgegner mitgeteilt, auch er habe seine Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen getroffen. Da der Text der Stellenausschreibung sich ausschließlich an schleswig-holsteinische Richterinnen und Richter auf Probe gerichtet habe, habe er, der Antragsgegner, davon abgesehen, die Bewerbung des Antragstellers dem Richterwahlausschuss vorzulegen.

Der Antragsteller widersprach der Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen und hat beim Verwaltungsgericht um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht.

Mit Beschluss vom 23. April 2007 hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers abgelehnt, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die ausgeschriebene Stelle mit der Beigeladenen oder anderweitig endgütig zu besetzen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet.

Die Voraussetzungen für den Erlass der aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Sicherungsanordnung liegen vor (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat - dieses wird auch vom Antragsgegner nicht in Zweifel gezogen - das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu Recht festgestellt. Darüber hinaus spricht bei summarischer Prüfung nach dem von den Parteien bislang unterbreiteten Sach- und Streitstand eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs des Antragstellers (1). Doch auch eine vom voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens unabhängige Folgenabwägung würde den Erlass der Sicherungsanordnung rechtfertigen (2).

1. Der Antragsteller kann beanspruchen, dass über seine Bewerbung rechtsfehlerfrei entschieden wird. Unter Berücksichtung des gegenwärtigen Aktenstandes ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Ausschluss des Antragstellers vom Auswahlverfahren im Rahmen des Hauptsacheverfahrens als rechtsfehlerhaft erweisen wird, größer als die für eine Rechtmäßigkeit des Ausschlusses sprechende Wahrscheinlichkeit. Der Antragsgegner hat seine Entscheidung über den Ausschluss des Antragstellers (Staatsanwalt) vom Auswahlverfahren allein darauf gestützt, dass der Kreis der Bewerberinnen und Bewerber für die ausgeschriebene Stelle auf schleswig-holsteinische Proberichterinnen und Proberichter beschränkt sei. Diese Beschränkung des Bewerberkreises dürfte rechtswidrig sein und den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzen, weil sie ohne die erforderliche (ordnungsgemäße) Beteiligung der zuständigen Mitbestimmungsgremien erfolgt ist (a). Mit seinem weitergehenden Beschwerdevorbringen wäre der Antragsteller wahrscheinlich erfolglos geblieben (b).

a) Bei der Beschränkung des Bewerberkreises auf schleswig-holsteinische Proberichterinnen und Proberichter dürfte es sich um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme handeln (aa). Der Hauptrichterrat und der Hauptstaatsanwaltsrat dürften insoweit zuständige Mitbestimmungsgremien sein (bb). Es dürfte an einer ordnungsgemäßen Mitbestimmung dieser Gremien fehlen (cc).

aa) Der Antragsgegner hat zutreffend darauf hingewiesen, dass das Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein (MBG) für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte keine unmittelbare Anwendung findet (§ 92 Satz 1 MBG). Soweit das Landesrichtergesetz (LRiG) keine Bestimmungen enthält, gelten für die Richterräte und die Staatsanwaltsräte, insbesondere ihre Wahl, für den Umfang und das Verfahren ihrer Beteiligung sowie für die Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder, die Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes und die dazu erlassenen Durchführungsvorschriften jedoch entsprechend (§§ 40, 54, 55 LRiG). Das Landesrichtergesetz enthält keine Bestimmung darüber, ob es sich bei der Beschränkung des Bewerberkreises um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme handelt. Daher ist diese Frage aufgrund einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift des § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG zu beantworten. Hiernach bestimmt der Personalrat bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen mit, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken. Diese Vorschrift soll eine "umfassende" Mitbestimmung der Beschäftigten sowie eine "lückenlose" partnerschaftliche Beteiligung der Personalvertretung garantieren (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 09.09.1994 - 14 L 5/94 -, SchlHA 1995, 21 f, unter Bezugnahme auf die Amtl. Begr., LT-Drs 12/996 v. 24.08.1990, S. 68, 69, wo dem Personalrat die "Allzuständigkeit" zuerkannt wird). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze dürfte es sich bei der Beschränkung des Bewerberkreises auf schleswig-holsteinische Proberichterinnen und Proberichter um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme im Sinne der genannten Vorschrift handeln. Denn die Beschränkung des Bewerberkreises betrifft sämtliche Stellenbewerberinnen und Stellenbewerber, die nicht schleswig-holsteinische Proberichterinnen und Proberichter sind, und wirkt sich auf deren berufliche Belange aus (vgl. Fuhrmann/Neumann, Personalvertretungsrecht Schleswig-Holstein, 5. Aufl., § 51 MBG, Rdnr. 14; vgl. auch Mackenroth/Wilke, Richterliche Mitbestimmung in der Justiz, DRiZ 2001, 148, 149, 151). Dass begrifflich keine "innerdienstliche Maßnahme" vorläge, wird auch vom Antragsgegner nicht geltend gemacht.

Dem gegenüber kann sich der Antragsgegner nicht mit Erfolg auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - (E 93, 37 ff) berufen. Denn der Landesgesetzgeber hat durch das Gesetz zur Änderung des Mitbestimmungsgesetzes Schleswig-Holstein vom 29. Dezember 1999 (GVOBl 2000, S. 3) gerade den vom Bundesverfassungsgericht in diesem Beschluss geäußerten Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Mitbestimmungsgesetzes Rechnung getragen. Der Landesgesetzgeber hat sich allerdings darauf beschränkt, die nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts "unabweisbaren Änderungen" des Mitbestimmungsgesetzes vorzunehmen. Das hat dazu geführt, dass lediglich die "Entscheidungskompetenz der Einigungsstelle" strukturelle Änderungen erfahren hat (vgl. Amtl. Begr., LT-Drs. 14/1353 v. 10.03.1998, S. 10). Hingegen ist die hier maßgebliche Vorschrift des § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG unverändert geblieben. Der Landesgesetzgeber hat sich im Rahmen des ihm insoweit zustehenden Entscheidungsspielraumes dafür entschieden, auch mit Blick auf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts das bisherige Mitbestimmungsmodell auf der Ebene der Beteiligung der Personalräte aufrecht zu erhalten und somit die Allzuständigkeit der Personalräte - diese sei vom Bundesverfassungsgericht nicht generell verworfen worden - unangetastet zu lassen (vgl. Amtl. Begr., aaO, S. 10,11; vgl. auch Battis, "Modifizierte Allzuständigkeit'" des Personalrats?, Die Personalvertretung 1998, 21 ff).

bb) Da durch die Beschränkung des Bewerberkreises die Belange der Richterinnen und Richter auf Lebenszeit sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte berührt werden, sind der Hauptrichterrat und der Hauptstaatsanwaltsrat die zuständigen Mitbestimmungsgremien (vgl. §§ 36, 38 Abs. 2, 54, 55 LRiG). Die Zuständigkeit des Hauptrichterrates und des Hauptstaatsanwaltsrates wäre nur dann nicht gegeben, wenn die Mitbestimmung dem Präsidialrat vorbehalten wäre (§ 36 LRiG). Das ist nicht der Fall. In dem maßgeblichen Zuständigkeitskatalog der Vorschrift des § 43 LRiG ist eine Beteiligung des Präsidialrates an der Entscheidung über die Beschränkung des Bewerberkreises nicht vorgesehen. Schließlich ist bei summarischer Prüfung nicht erkennbar, dass die Besonderheiten des in §§ 10 ff LRiG geregelten Richterwahlverfahrens der Zuständigkeit des Hauptrichterrates sowie des Hauptstaatsanwaltsrates im vorliegenden Zusammenhang entgegenständen. Ob neben den genannten Gremien auch der Hauptpersonalrat zu beteiligen gewesen wäre (vgl. § 42 LRiG), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn im Beschwerdeverfahren prüft das Oberverwaltungsgericht nur die dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Der letztgenannte Gesichtspunkt ist von den Parteien nicht geltend gemacht worden.

cc) Es dürfte an einer ordnungsgemäßen Mitbestimmung der genannten beiden Mitbestimmungsgremien fehlen. Dies gilt ohne weiteres für den Hauptstaatsanwaltsrat, der der infrage stehenden Maßnahme nicht zugestimmt hat. Der Hauptrichterrat hat unter dem 05. Juli 2007 gegenüber dem Antragsgegner zwar erklärt, er habe gegen die Beschränkung der Stellenausschreibungen keine Einwände, soweit es um die vergangenen Ausschreibungen von R 1-Stellen beim Amtsgericht ... gehe. Auch bei dieser " nachträglichen" Erklärung des Hauptrichterrates dürfte es sich um keine ordnungsgemäße Zustimmung handeln, weil eine solche grundsätzlich nur vor Durchführung der Maßnahme erfolgen kann (vgl. Fuhrmann/Neumann, aaO, § 52 MBG, Rdnr. 1). Darüber hinaus ist nach dem gegenwärtigen Aktenstand nicht erkennbar, dass der Hauptrichterrat von der "beabsichtigten Maßnahme" ordnungsgemäß unterrichtet worden wäre (vgl. § 52 Abs. 2 Satz 1 MBG). Ferner ist die Erklärung zu unbestimmt. Schließlich wären die verfahrensrechtlichen Vorgaben der Vorschrift des § 42 Abs. 5 LRiG nicht beachtet worden, wonach bei gleichzeitiger Betroffenheit von Hauptrichterrat und Hauptstaatsanwaltsrat der Hauptstaatsanwaltsrat zwei Mitglieder in den Hauptrichterrat entsendet (bei zusätzlicher Betroffenheit des Hauptpersonalrates wären die Vorschriften der §§ 42 Abs. 1 bis 4 iVm 55 LRiG zu beachten).

b) Mit seinem weitergehenden Beschwerdevorbringen wäre der Antragsteller wahrscheinlich erfolglos geblieben.

Der Antragsteller macht zunächst sinngemäß geltend, die Beschränkung des Bewerberkreises auf Richterinnen und Richter auf Probe lasse sich nicht durch deren in § 12 Abs. 2 DRiG einfach gesetzlich geregelte Ansprüche auf zeitnahe Ernennung zu Richterinnen und Richtern auf Lebenszeit rechtfertigen. Vielmehr dürfe die genannte Beschränkung des Bewerberkreises - so der Antragsteller sinngemäß weiter - nur auf "Belange" mit "Verfassungsrang" gestützt werden. Letzteres hat der Antragsgegner getan. In seinem an den Antragsteller gerichteten Schreiben vom 21. Dezember 2006 hat der Antragsgegner sich in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die "Erfordernisse der verfassungsrechtlich verankerten Unabhängigkeit der Rechtsprechung berufen" (vgl. hierzu im Einzelnen: BVerfG, Beschl. v. 28.02.2007 - 2 BvR 2494/06 -). Entgegen der Ansicht des Antragstellers liegt dem vorangehend zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in entscheidungserheblicher Hinsicht nicht deshalb eine "andere Fallkonstellation" zugrunde, weil dieser Beschluss die Bewerbung eines Richters aus einem anderen Bundesland und von einem anderen Dienstherrn betrifft. Denn auf die letztgenannten Gesichtspunkte hat das Bundesverfassungsgericht gerade nicht in entscheidungserheblicher Weise abgestellt, sondern insoweit lediglich ergänzend und nicht entscheidungstragend ausgeführt: "Im Falle des Beschwerdeführers kommt hinzu, dass eine Auswahl zu seinen Gunsten in der Sache zu einer Versetzung von einem anderen Dienstherrn führen würde, die von anderen Rechtsnormen bestimmt wird und grundsätzlich im Ermessen der aufnehmenden Behörde steht." Schließlich ergeben sich auch aus dem genannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts keine Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall eine abweichende verfassungsrechtliche Beurteilung allein deshalb in Betracht käme, weil im Falle der Übertragung der ausgeschriebenen Richterstelle an den Antragsteller dessen Planstelle (R 1) bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht ... frei würde.

Darüber hinaus macht der Antragsteller geltend, der Antragsgegner habe es versäumt, bei seiner Auswahlentscheidung der Zahl der ernennungsreifen Proberichterinnen und Proberichter im Landgerichtsbezirk ... (18) die Zahl der landesweit offenen Stellen gegenüber zu stellen. Die Entscheidungserheblichkeit dieses Einwandes hat der Antragsteller jedoch nicht schlüssig dargelegt. Das Bundesverfassungsgericht (a.a.O.) hat insoweit jedenfalls allein auf das zahlenmäßige Verhältnis zwischen den ausgeschriebenen Stellen einerseits sowie den sich hierauf bewerbenden ernennungsreifen Richtern auf Probe andererseits abgestellt.

Ferner ist bei summarischer Prüfung entgegen der Ansicht des Antragstellers für den Senat nicht erkennbar, dass die (generelle) Beschränkung des Bewerberkreises auf schleswig-holsteinische Richterinnen und Richter auf Probe mit Blick auf den (individuellen) dienstlichen Werdegang des Antragstellers ermessensfehlerhaft wäre. Vielmehr ist insoweit gerade zugunsten des Antragsgegners zu berücksichtigen, dass dieser dem Antragsteller für die Zeit vom 01. November 2002 bis zum 31. Oktober 2005 eine Tätigkeit als Richter Kraft Auftrages ermöglicht, aber der Richterwahlausschuss am 03. Dezember 2004 dessen Übernahme in das Richterverhältnis auf Lebenszeit nach § 23 Abs. 1 LRiG nicht zugestimmt hat. Vor diesem Hintergrund kann der Antragsteller sich auch nicht mit Erfolg auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes berufen. Darüber hinaus ergibt sich im vorliegenden Zusammenhang auch mit Blick auf den Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung keine für den Antragsteller günstigere Beurteilung. Jedenfalls waren allein die Beurteilungsrichtlinien, das Personalentwicklungskonzept sowie die Ergebnisse der verschiedenen Arbeitsgruppen der Zukunftswerkstatt nicht geeignet, das Organisationsgrundermessen des Antragsgegners im Sinne eines Verzichts auf die Beschränkung des Bewerberkreises zu binden. Der weitere Einwand des Antragstellers, im vorliegenden Falle sei entgegen der Feststellung in dem erstinstanzlichen Beschluss keine "Neuausschreibung" der Richterstelle gegeben, trifft zu. Vielmehr liegt eine "erstmalige Ausschreibung" vor. Aus diesem Irrtum des Verwaltungsgerichts lässt sich ein Anordnungsanspruch des Antragstellers jedoch nicht herleiten.

Schließlich dürfte der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers entgegen dessen Beschwerdevorbringen nicht allein dadurch verletzt sein, dass der Antragsgegner das Bewerberfeld ohne Zustimmung des Richterwahlausschusses begrenzt hat. Grundsätzlich hat zwar jeder Bewerber um eine Richterstelle Anspruch darauf, dass ihm gegenüber sowohl vom Antragsgegner als auch vom Richterwahlausschuss eine am Grundsatz der Bestenauslese orientierte Auswahlentscheidung getroffen wird. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz dürfte jedoch dann gerechtfertigt sein, wenn der Antragsgegner im Rahmen der ihm obliegenden Personalhoheit für Richterinnen und Richter den Bewerberkreis in verfassungsrechtlich zulässiger Weise beschränkt. Dem dürfte die Vorschrift des Art. 43 Abs. 2 Satz 1 der Schleswig-Holsteinischen Landesverfassung nicht entgegenstehen, wonach über die Anstellung einer Richterin oder eines Richters die oder der für den jeweiligen Gerichtszweig zuständige Landesministerin oder Landesminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuss entscheidet. Entsprechendes dürfte für die denselben Regelungsgegenstand betreffende Vorschrift des § 10 Abs. 1 LRiG gelten.

Auch wenn der Senat sich nur mit den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gesichtspunkten auseinanderzusetzen hatte (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), sei fallübergreifend angemerkt: Da durch die in Frage stehende Beschränkung des Bewerberkreises auch Beamtinnen und Beamte, die früher im richterlichen Dienst tätig waren, erfasst werden (vgl. § 10 DRiG), könnte zusätzlich der Hauptpersonalrat beim Antragsgegner betroffen sein, so dass die Vorschriften der §§ 42 Abs. 1 bis 4 i.V.m. 55 LRiG zu beachten wären. Darüber hinaus dürfte die Gleichstellungsbeauftragte gemäß § 20 GstG zu beteiligen sein. Schließlich wird der Antragsgegner zu erwägen haben, ob er die mit der Beschränkung des Bewerberkreises verfolgten Ziele auch dadurch erreichen könnte, dass er den Bewerberkreis auf "schleswig-holsteinische Richterinnen und Richter" beschränkt (im Falle der Vergabe einer ausgeschriebenen Stelle an eine Richterin oder einen Richter auf Lebenszeit könnte die sodann frei werdende Richterstelle an eine Richterin auf Probe oder einen Richter auf Probe vergeben werden).

2. Doch auch wenn man den Ausgang des Hauptsacheverfahrens bei summarischer Prüfung als offen ansähe - bei Anlegung dieses Prüfungsmaßstabes spricht jedenfalls keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Rechtmäßigkeit der Ausschlussentscheidung des Antragsgegners -, wäre dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers zu entsprechen. Die dann durchzuführende Folgenabwägung rechtfertigt den Erlass der vom Antragsteller beantragten Sicherungsanordnung (vgl. zur Folgenabwägung: BVerfG, Beschl. v. 25.07.1996 - 1 BvR 638/96 -, NVwZ 1997, 479 ff). Falls dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers der Erfolg versagt bliebe, würde der Antragsgegner der Beigeladenen voraussichtlich alsbald die ausgeschriebene Stelle übertragen. Da diese Stellenübertragung nicht mehr (ohne weiteres) rückgängig gemacht und dem Antragsteller die Stelle somit nicht mehr übertragen werden könnte, wäre dieser bei einem Obsiegen in der Hauptsache in grundrechtsrelevanter Weise nachteilig betroffen. Dieses wiegt schwerer als eine etwaige Beeinträchtigung der Beigeladenen, die darin bestände, dass ihr die ausgeschriebene Stelle im Falle des Unterliegens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren "lediglich" mit zeitlicher Verzögerung übertragen würde. Beachtliche Interessen des Antragsgegners, die eine abweichende Betrachtungsweise rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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