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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 12.02.2008
Aktenzeichen: 4 KS 5/07
Rechtsgebiete: EuWG, LVwG SH


Vorschriften:

EuWG § 21 a Abs 4 S 3
EuWG § 43 S 3
LVwG SH § 141 Abs 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Az.: 4 KS 5/07

verkündet am 12. Februar 2008

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Energierecht

hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht den Richter am Oberverwaltungsgericht den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist ein Dienstleistungsbetrieb im Bereich der Planung und der technischen Betriebsführung von Projekten betreffend erneuerbarer Energien, wozu auch die Geschäftsführung von Windparks gehört. Darüber hinaus betreibt sie auch eigene Windenergieanlagen. Sie hat ein dringendes Interesse an der Umsetzung von Netzverstärkungsmaßnahmen, damit der in ihren bzw. in den von ihr verwalteten Windenergieanlagen erzeugte Strom (insbesondere auch bei Starkwinden) abgenommen und vergütet werden kann.

Die E.ON Netz hat beim Beklagten die Planfeststellung einer 110 kV-Freileitung zwischen den Umspannwerken Breklum und Haurup zur Netzverstärkung beantragt. Die Klägerin fürchtet, dass wegen der erkennbaren Widerstände gegen die Verlegung einer Freileitung die Verwirklichung des Vorhabens erheblich verzögert wird und damit Einspeisevergütungsverluste entstehen. Sie hat deshalb im Frühjahr 2004 mit der Planung der Verlegung eines Erdkabels zwischen den genannten Umspannwerken als Alternative begonnen. Die für die Verlegung erforderlichen Genehmigungen sowie die Gestattungen der Grundstückseigentümer und -nutzer der betreffenden Grundstücke liegen zwischenzeitlich vor.

Mit Schreiben vom 22.02.2007 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Planfreistellung nach § 141 Abs. 7 LVwG für die Hochspannungserdkabelverbindung (110 kV) zwischen den Umspannwerken Breklum und Haurup. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 07.03.2007 ab und wies den Widerspruch der Klägerin vom 03.04.2007 durch Widerspruchsbescheid vom 05.04.2007 - zugestellt am 11.04.2007 - mit der Begründung zurück, dass eine Planfreistellung nur dann in Betracht komme, wenn das in Rede stehende Vorhaben überhaupt einem Planfeststellungsverfahren zugänglich sei. Dies sei nicht der Fall, da das Vorhaben der Klägerin nicht der Netzanbindung eines Offshore-Windparks diene. Nur diese Netzanbindung im Wege eines Erdkabels sei nach § 43 Satz 3 EnWG planfeststellungsfähig.

Die Klägerin hat am 10.05.2007 Klage erhoben.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus:

Die Rechtsauffassung des Beklagten treffe nicht zu. § 43 Satz 3 EnWG sei auch dann einschlägig, wenn es sich - vorbehaltlich der Erfüllung der Voraussetzungen im Übrigen -um Netzausbaumaßnahmen im vermachten Stromnetz handele. Da es sich hier um einen Fall unwesentlicher Bedeutung i.S.v. § 141 Abs. 7 LVwG handele, sei der begehrte Verwaltungsakt zu erlassen.

Das geplante Kabel liege bis auf ein Mittelstück von ca. 3,7 km Länge in den in § 43 Satz 3 EnWG genannten 20 km-Streifen ab der Küstenlinie der Nord- und der Ostsee. Aus ihrer Sicht bestehe die Möglichkeit, dass die Mehrkosten dieses Erdkabels nach § 21 a Abs. 4 Satz 3 EnWG auf die Nutzungsentgelte umlagefähig seien. Nach dieser Vorschrift sei die Umlagefähigkeit erdkabelbedingter Mehrkosten vorgesehen, wenn ein Erdkabel nach § 43 Satz 3 EnWG planfestgestellt wurde. Für ihr Erdkabelvorhaben existiere schon deshalb weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung, weil zur Zeit des Abschlusses der Planung und der Genehmigung diese Möglichkeit nicht gesetzlich vorgesehen gewesen sei. Es stelle sich aber die Frage, ob ein Planfeststellungsbeschluss eine zwingende Voraussetzung der Umlagefähigkeit sei, oder ob nicht eine "Planfeststellung in Form einer Planfreistellung" als ausreichend zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals anzusehen sei. Im Begriff der Planfeststellung in § 21 a Abs. 4 Satz 3 EnWG sei auch - als erste Abschichtung - die Plangenehmigung enthalten, demzufolge müsse auch - als zweite Abschichtung - die Planfreistellung enthalten sein. Um bezüglich dieses Tatbestandsmerkmals von § 21 a Abs. 4 EnWG Sicherheit zu haben, sei der hier verfahrensgegenständliche Antrag gestellt worden. Alle weiteren Schritte der Klägerin, wie beispielsweise das Bemühen um eine Zulassung als Netzbetreiberin nach dem EnWG, lohne sich für die Klägerin erst, wenn bezüglich der Umlagefähigkeit der erdkabelbedingten Mehrkosten Klarheit bestehe.

Die Auslegung des Beklagten von § 43 Satz 3 EnWG sei zwar vom Wortlaut der Vorschrift gedeckt, aber nicht geboten. Die Formulierung, dass für die Errichtung usw. bestimmter Erdkabel im Küstenbereich ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden könne, die zwischen der Küstenlinie und dem nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt, höchstens jedoch in einer Entfernung von nicht mehr als 20 km von der Küstenlinie landeinwärts verlegt werden sollen, impliziere nicht, dass das Erdkabel an der Küstenlinie beginnen müsse. Ein solches Verständnis würde naheliegen, wenn die Formulierung lauten würde, "Hochspannungsleitungen, die von der Küstenlinie bis zum nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt verlegt werden sollen, Im Weiteren finde sich zwar die Formulierung "von der Küstenlinie", diese beziehe sich jedoch ausschließlich auf die Bemessung der Entfernung und nicht auf den Startpunkt einer Verbindungsleitung. Näher liege daher das Verständnis, dass diese Vorschrift einen geografischen Raum beschreibe, nämlich einen 20 km breiten Streifen entlang der Nord- und Ostseeküsten. Alle 110 kV-Verbindungen, die innerhalb dieses Streifens errichtet werden sollen, fielen in den Anwendungsbereich der Vorschrift, unabhängig davon, wo sie begännen und welchem Zweck sie dienten.

Der Gesetzgeber habe wegen der Mehrkosten, die mit Erdkabeln einhergehen, mit der Formulierung, dass die Option einer Planfeststellung in Verbindung mit der Kostenumlagefähigkeit aus § 21 a Abs. 4 Satz 3 EnWG nur bis zum "nächstgelegenen" Netzverknüpfungspunkt reichen solle, der erdkabelbedingten Kostensteigerung einen Riegel vorgeschoben. Dann, wenn ein technisch geeigneter Verknüpfungspunkt auf dem Weg liege, solle die Möglichkeit genutzt werden, den Strom dort zu "übergeben", ohne dass die Notwendigkeit einer neuen Freileitung entstehe. Es wäre eine betriebs- und/oder volkswirtschaftlich unsinnige Verschwendung von Ressourcen, "aus Prinzip" ein Erdkabel bis zur 20 km-Grenze zu legen, obwohl bereits vorher ein Punkt existiere, von dem an eine neue Leitung überflüssig sei. In der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion werde dieses Verständnis der Vorschrift bestätigt.

Auch aus der Verwendung des Wortes "landeinwärts" lasse sich Gegenteiliges nicht herleiten. Bezugspunkt des Wortes "landeinwärts" sei nicht die Handlungsrichtung des Verlegens, vielmehr sei darunter (wie in anderen Vorschriften) die Blickrichtung bei der Begrenzung einer Entfernung von der Küstenlinie zu verstehen. Damit entstehe ein geografischer Raum, innerhalb dessen die Anwendbarkeit von § 43 Satz 3 EnWG gegeben sei.

Der Entwurf des IPBG, durch das unter anderem die optionale Planfeststellung bestimmter Erdkabel im Küstenbereich in § 43 Satz 3 EnWG eingeführt worden sei, habe ohne Bezug zu Offshore-Windparks (oder zur Küstenlinie) im damals vorgeschlagenen § 11 a EnWG-E die Möglichkeit eines Planfeststellungsverfahrens vorgesehen, wobei gleichzeitig - in § 12 b EnWG-E - die Umlagefähigkeit der Mehrkosten eines planfestgestellten Erdkabels erklärt worden sei, wenn seine Errichtung zur Vermeidung erheblicher Einwirkungen auf Wohngebiete oder zur Vermeidung von Beeinträchtigungen von Naturschutzgebieten führe. Zweck sei also ein Schutz bestimmter Gebiete "vor Freileitungen" gewesen. In der Begründung des Entwurfs heiße es, dass die Umlagefähigkeit dann bestehen solle, wenn aufgrund der genannten besonders schutzwürdigen Umstände des Einzelfalls Erdkabel verlegt würden. Da dieser Tatbestand als zu eng angesehen worden sei, sei von den Regierungsfraktionen unter dem 05. April 2006 ein Kabinettsbeschluss als Formulierungshilfe in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden. In § 45 b EnWG-E sei dort ein "Erdkabel-Tatbestand" formuliert worden, der sich nur auf Erdkabel auf der 380 kV-Ebene bezogen habe. Auch insoweit sei es aber die erkennbare Absicht gewesen, bestimmte Regionen vor Beeinträchtigungen durch Freileitungen zu schützen. Ein Bezug zur Anbindung von Offshore-Windparks habe auch dort nicht bestanden. Die derzeitige Gesetzesfassung könne nicht losgelöst von der Entstehung einer Erdkabelregelung überhaupt gesehen werden. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift mache deutlich, dass die nunmehr gefundene Gesetzesfassung mit Offshore-Windkraft nicht das Geringste zu tun habe. Vielmehr sei beabsichtigt gewesen, die Erdkabelregelung vor allem für den 110 kV-Ausbau zugunsten der Onshore-Windkraft zu schaffen. Der Offshore-Strom werde auch gar nicht mit dieser Spannung übertragen, sondern mit 140 bis 150 kV. Diese Auffassung werde durch Äußerungen von Bundestagsabgeordneten bestätigt, die mit der Materie im Gesetzgebungsverfahren eng befasst gewesen seien.

Einen systematischen Zusammenhang zwischen § 43 Satz 3 EnWG und der ebenfalls neuen Regelung in § 17 Abs. 2 a EnWG, mit der die Pflicht zur Herstellung der Netzanbindung von Offshore-Windparks auf die Übertragungsnetzbetreiber verschoben worden sei, gäbe es nicht. § 17 EnWG finde sich in Teil 3 - Abschnitt 2 des EnWG -; § 43 EnWG dagegen stehe in Teil 5. Die Systematik erlaube keine Rückschlüsse.

Der sich bereits aus dem Titel des IPBG ergebende angestrebte Zweck von § 43 Satz 3 EnWG sei eine Beschleunigung des Netzausbaus, damit die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern nicht länger von zur Sicherung der Stromversorgung notwendigen Erzeugungsmanagement-Maßnahmen behindert werde. Denn wenn anstelle einer Freileitung ein Erdkabel verlegt werde, seien die Planungsarbeiten geringer, die Verfahren kürzer und die Akzeptanz der Bevölkerung deutlich größer. Mit langwierigen Rechtsmittelverfahren müsse nicht gerechnet werden und die erforderliche Übertragungskapazität stünde deshalb zügiger zur Verfügung.

Die Vorschrift diene dem Schutz der Küstenregion, die wegen ihres Landschaftsbildes, aber auch zum Beispiel wegen der Bedeutung für die Vogelwelt besonders schützenswert sei. Diese Zielsetzung der Vorschrift, die sich konsequent durch die ganze Gesetzgebungsgeschichte ziehe, werde in der Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der FDP-Fraktion bestätigt. Zwar habe der Schutz der Küstenregion im Gesetz keinen ausdrücklichen Niederschlag als Ziel gefunden, es stelle sich aber die Frage, was denn mit einer Beschränkung auf 20 km querab der Küsten sonst hätte erreicht werden sollen. Für diesen Schutzzweck spiele es ersichtlich keine Rolle, ob eine Stromleitung der Anbindung von Offshore-Windparks oder einer Verstärkung des vermaschten Stromnetzes diene.

Ein Fall unwesentlicher Bedeutung i.S.v. § 141 Abs. 7 LVwG liege vor, weil für die in Rede stehende Erdkabelverbindung zwischen den Umspannwerken Breklum und Haurup sämtliche notwendigen öffentlich-rechtlichen, bestandskräftigen Gestattungen vorlägen und weil mit sämtlichen betroffenen Privaten entsprechende Gestattungs- und Nutzungsverträge abgeschlossen worden seien.

Im Übrigen verweist die Klägerin auf ein von ihrer Prozessbevollmächtigten erstelltes Rechtsgutachten.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 07.03.2007 in der Form seines Widerspruchsbescheides vom 05.04.2007 den Beklagten zu verpflichten, unter Anwendung von § 141 Abs. 7 LVwG deklaratorisch festzustellen, dass es für die Hochspannungserdkabelverbindung (110 kV) zwischen den Umspannwerken Breklum und Haurup - Genehmigung des Kreises Nordfriesland vom 06. Juli 2005, geändert durch Bescheid vom 12. Februar 2007, sowie Genehmigungsbescheid des Kreises Schleswig-Flensburg vom 06. Juli 2005, geändert durch Bescheid vom 05. Februar 2007 - weder eines Planfeststellungsverfahrens noch einer Plangenehmigung bedarf, soweit die Kabelverbindung innerhalb der beiden 20 km breiten Küstenstreifen von Nord- und Ostsee verläuft.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung:

Die Klage sei bereits unzulässig, da die Klägerin durch die Versagung der begehrten Entscheidung nicht beschwert sei. Es handele sich bei § 43 Satz 3 EnWG um eine Kann-Bestimmung. Während Hochspannungsfreileitungen der Planfeststellung "bedürfen", sei die ergänzende Planfeststellung für ein Kabel zwar möglich, aber nicht zwingend. Damit gelte für jegliche Erdkabel, dass es für ihre Verlegung keiner Planfeststellung bedürfe. Ein Bedürfnis, die Unwesentlichkeit der Maßnahme nach § 141 Abs. 7 LVwG festzustellen, bestehe nicht. Dieses Negativattest brächte lediglich zum Ausdruck, dass die Planfeststellungsbehörde dem Vorhabensträger das Vorhaben nicht wegen fehlenden Planrechts untersage. Bei einem gar nicht der Planfeststellungspflicht unterfallenen Vorhaben könne dies aber ohnehin nicht der Fall sein.

Die Ausgestaltung des § 43 Satz 3 EnWG als Kann-Bestimmung stelle es zunächst in das planerische Ermessen, ob der Vorhabenträger ergänzend zu einer Freistellung ein Erdkabel zur Planfeststellung beantrage. In diesem Zusammenhang werde relevant, dass der Planfeststellungsbehörde lediglich ein Antrag der E.ON-Netz GmbH für die Planfeststellung - nur - einer Freileitung vorliege. Dieser Netzbetreiber sei aus § 4 EEG zur Abnahme und Übertragung von Strom aus erneuerbaren Energien verpflichtet, nicht jedoch die Klägerin. Der verantwortliche Netzbetreiber würde durch ein Negativattest zugunsten der Klägerin noch nicht von seiner Verantwortung frei.

Die Klage sei auch unbegründet.

§ 141 Abs. 7 LVwG könne nicht auf jegliche Erdkabelvorhaben Anwendung finden, sondern nur auf solche Vorhaben, die die Voraussetzungen des § 43 EnWG erfüllten und dessen Anwendungsbereich unterfielen. Bei dem von der Klägerin projektierten Erdkabel handele es sich um keine Hochspannungsleitung i.S.d. § 43 Satz 3 EnWG. Dem Wortlaut nach dürfte die Leitung eine Entfernung von 20 km von der Küstenlinie nicht überschreiten. Dies sei jedoch bei dem Erdkabel der Fall, da der Endpunkt am Umspannwerk Flensburg außerhalb des gesetzlich definierten Küstenbereichs der Nordsee liege. Eine 3,7 km lange Teilstrecke liege zwischen den Küstenbereichen von Nord- und Ostsee. Auch der östlich anschließende Abschnitt des Erdkabels, der bis zum Umspannwerk Haurup bei Flensburg führe, falle nicht in den Anwendungsbereich des § 43 EnWG, denn er führe nicht von der Küstenlinie zum nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt im Landesinnern, sondern umgekehrt aus dem Landesinnern zu einem im Küstenbereich (der Ostsee) gelegenen Netzverknüpfungspunkt. Der Wortlaut der Vorschrift kennzeichne nicht nur den Anfang, sondern auch das Ende der Verlegung. Die Formulierung des Gesetzgebers "nicht mehr als 20 km von der Küstenlinie landeinwärts" könne eine Auslegung, die ein Erdkabel jenseits der 20 km-Linie für planfeststellbar halte, nicht mehr decken.

Weiterhin erlaube § 43 Satz 3 EnWG die Planfeststellung für Erdkabel zwischen der Küstenlinie und "dem nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt". Nur nachrangig werde die 20 km-Begrenzung eingeführt. Dies bestätige den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, die 20 km-Linie als absolute Obergrenze anzusehen, die regelmäßig unterschritten werden solle. Keinesfalls sei damit eine Verbindung zwischen zwei Netzverknüpfungspunkten gemeint, von denen einer im Küstenbereich der Nordsee und der andere im Küstenbereich der Ostsee liege. Zudem könne nach dem Gesetzeswortlaut die Planfeststellung für Erdkabel "ergänzend zu" Freileitungen i.S.v. § 43 Satz 1 Nr. 1 EnWG durchgeführt werden. Der Gesetzgeber sehe Erdkabel demnach nicht als im Rechtssinne gleichwertige, überall in Betracht kommende Alternative zu Hochspannungsfreileitungen, sondern als lediglich ergänzendes Instrument an. Dies werfe die Frage auf, ob ein Kabel überhaupt allein oder nur im Zusammenhang mit einer Freileitung planfestgestellt werden könne.

Der Anwendungsbereich des § 43 Satz 3 EnWG begrenze sich auf Offshore-Windanlagen, deren Strom bereits per Unterwasserkabel Richtung Festland transportiert werde, so dass es nahe liege, die Weiterleitung im Küstenbereich ebenfalls durch Kabel zu bewirken. Daneben verbleibe kein sinnvoller Anwendungsbereich. Der Wortlaut sei insoweit noch mehrdeutig. "Zwischen der Küstenlinie und dem nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt" müsse nicht zwingend die Küstenlinie als Ausgangspunkt bezeichnen. Eindeutig wäre dies etwa bei der Formulierung "ab der Küstenlinie bis zum nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt". Vom Gesetzeswortlaut gedeckt wäre jedoch auch das Verständnis eines maximalen räumlichen Umgriffs, der die äußeren Grenzen kennzeichne, innerhalb welcher die fragliche Leitung liegen müsse. Zwischen diesen Grenzlinien lägen auch dann solche Leitungen, die diese Grenzen selbst nicht erreichten. Der Kontext mit anderen Regelungen des Gesetzes zur Beschleunigung von Planfeststellungsverfahren für Infrastrukturvorhaben spreche jedoch für die von ihm vertretene Rechtsauffassung. Im Unterschied zu den anderen Fachplanungsgesetzen, die durch das Gesetz vom 09. Dezember 2006 geändert worden seien, beschränke sich die Novellierung des EnWG nicht auf die durchgängig eingeführten Instrumente der Verfahrensbeschleunigung. In § 17 EnWG sei vielmehr ein Absatz 2 a eingefügt worden, der materiell-rechtlich Pflichten der Betreiber von Übertragungsnetzen begründe. Diese Pflichten beträfen die Netzanbindung von Offshore-Anlagen. Der Regelungszusammenhang spreche gegen die Annahme, die besonderen Bestimmungen für Kabel im Küstenbereich seien auch auf andere Fälle als gerade die Netzanbindungen der Offshore-Anlagen anwendbar.

Eine für das Verständnis der Norm heranzuziehende Gesetzeshistorie gäbe es insofern nicht, als die Planfeststellung vor Hochspannungskabel erstmalig normiert worden sei. Es lasse sich jedoch feststellen, dass in der Vergangenheit ca. 5.000 km 110 kV-Stromkreise verkabelt wurden, ohne dass hierfür Planfeststellungsverfahren durchgeführt worden seien, und dass weiterhin Kabelleitungen ohne Erfordernis einer Planfeststellung genehmigt werden könnten. Damit stelle sich die Planfeststellung von Kabeln als Ausnahme dar, der auch für die Küstenbereiche von Nord- und Ostsee kein Regelungscharakter zukomme.

Dem könne die Klägerin nicht mit Äußerungen einzelner am Gesetzgebungsverfahren Beteiligter entgegentreten. Nach der objektiven Auslegungstheorie sei allein der dem Gesetz immanente Gedanken- und Willensgehalt maßgeblich, während die um ihn kreisenden Vorstellungen und Erwartungen der Gesetzesschöpfer keinerlei Verbindlichkeit erlangt hätten.

Schließlich führe auch die Frage nach Sinn und Zweck der Norm zu dem von ihm vertretenen Verständnis. Dies folge allerdings noch nicht aus den üblicherweise mit einer Planfeststellung verfolgten Zwecken. Anders als die Einführung der Planfeststellungspflicht für Hochspannungsfreileitungen bezwecke die Planfeststellbarkeit bestimmter Kabelleitungen nicht, ein Trägerverfahren für Umweltverträglichkeitsprüfungen zu schaffen. Sinnvoll wäre es gewesen, das Instrument der Planfeststellung für diejenigen Fälle zur Verfügung zu stellen, in denen etwa eine enteignungsrechtliche Vorwirkung angestrebt werde oder eine umfassende Konfliktbewältigung zu leisten sei. Derartige Motive seien ihm aber nicht bekannt. Es würde auch nicht erklären, warum sich die Regelung auf den Küstenbereich beschränke und schon gar nicht klären, ob sie nur auf Offshore-Windparks anwendbar sei. Jedoch ergebe sich als aus dem Gesetz ableitbarer Sinn und Zweck der Regelung, über § 21 a EnWG die Mehrkosten des Kabels als "nicht beeinflussbare Kostenanteile" in die Netzentgelte einfließen zu lassen. Damit komme dem § 21 a EnWG ein Charakter als Ausnahmebestimmung zu, was dafür spreche, den Anwendungsbereich dieser Ausnahme eng zu fassen und die Anwendung des § 43 Satz 3 EnWG auf die Anbindung von Offshore-Anlagen zu beschränken.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und das von der Klägerin eingereichte Rechtsgutachten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits im ersten Rechtszug ist gegeben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für die Errichtung von Erdkabeln mit einer Nennspannung von 110 kV betreffen. Die Klägerin begehrt zwar nicht den Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung (s. § 48 Abs. 2 Satz 2 VwGO), sondern gerade die sogenannte "Planfreistellung" nach § 141 Abs. 7 LVwG (auch "Unterbleibensbescheid" oder "Negativattest" genannt), damit "betrifft" die Streitigkeit jedoch ebenfalls ein Planfeststellungsverfahren i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VwGO, wenn auch nur im Hinblick auf die Frage, ob es gemäß § 141 Abs. 7 LVwG entfällt (so im Ergebnis auch Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 48 Rdnr. 13; a.A. Dürr, in Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 74 Rdnr. 176).

Die Klage ist jedoch unzulässig (1.), könnte aber auch in der Sache keinen Erfolg haben (2.).

(1.) Die Klage ist unzulässig.

Für die von der Klägerin unter Anwendung von § 141 Abs. 7 LVwG begehrte Feststellung, dass das von ihr projektierte Vorhaben der Erdverkabelung einer Hochspannungsleitung zwischen den Umspannwerken Breklum und Haurup weder eines Planfeststellungsverfahrens noch einer Plangenehmigung bedarf, besteht kein Rechtsschutzinteresse.

Nach § 141 Abs. 7 LVwG "entfallen" Planfeststellung und Plangenehmigung, wenn die Voraussetzungen des § 141 Abs. 7 LVwG vorliegen. Eine Entscheidung durch Verwaltungsakt darüber, ob die Voraussetzungen für das Entfallen gegeben sind, sieht das Gesetz nicht vor. Vielmehr folgt die Zulässigkeit des Vorhabens ohne Planfeststellung oder Plangenehmigung unmittelbar aus dem Gesetz (Kühling/Herrmann, Fachplanungsrecht, 2. Aufl., Rdnr. 734; Dürr, a.a.O., Rdnr. 173; Bonk/Neumann, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 74 Rdnr. 161; Allesch/Häußler, in Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 74 Rdnr. 184). Die Klägerin beantragt deshalb auch nur die "deklaratorische" Feststellung der Planfreistellung. Planfeststellung und Plangenehmigung können nur kraft Gesetzes entfallen, wenn sie gesetzlich angeordnet sind, d.h. wenn es sich um ein (grundsätzlich) plan-feststellungsbedürftiges Vorhaben handelt und ein "Plan" i.S.d. § 140 Abs. 1 LVwG eingereicht wird (Dürr, a.a.O., Rdnr. 171). Das Vorhaben der Klägerin ist nicht planfeststellungsbedürftig, sondern allenfalls planfeststellungsfähig. Nach § 43 Satz 3 EnWG kann unter bestimmten Voraussetzungen (ergänzend) unter anderem für die Errichtung eines Erdkabels ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden. Ob für ein solches nur planfeststellungsfähiges Vorhaben ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist, hängt allein von der Entscheidung des Vorhabenträgers ab, einen Plan einzureichen. Deshalb kann jedenfalls im Falle eines nur optionalen Planfeststellungsverfahrens ein Planfeststellungsverfahren schon begrifflich erst kraft Gesetzes entfallen, wenn es eingeleitet ist, nicht dagegen ein von vornherein nicht erforderliches, dessen Durchführung zudem - wie im vorliegenden Fall - nach eigener Einschätzung der Klägerin gar nicht anstehen kann.

Weiterhin wird mit dem Unterbleibensbescheid lediglich verbindlich festgestellt, dass es zur Verwirklichung des Vorhabens eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung nicht bedarf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 74 Rdnr. 182; Allesch/Häußler, a.a.O., Rdnr. 185). Ein Anspruch auf Erlass auf den vom Gesetz nicht vorgesehenen Unterbleibensbescheid kann daher nur in Zweifelsfällen bestehen (siehe Bonk/Neumann, a.a.O., Rdnr. 160). Sieht das Gesetz, wie in § 43 Satz 3 EnWG, nur die Möglichkeit der Planfeststellung vor, ist ein Zweifelsfall von vornherein ausgeschlossen.

Die Klägerin begehrt auch nicht die verbindliche Feststellung der Planfreiheit mit Bindungswirkung für die Planfeststellungsbehörde oder die von ihrem Vorhaben betroffenen Dritten, sondern weil sie der Auffassung ist, dass im Falle des Erlasses eines Unterbleibensbescheides nach § 141 Abs. 7 LVwG die Mehrkosten der Verlegung eines Erdkabels gegenüber einer Freileitung gemäß § 21 a Abs. 4 Satz 3 EnWG als nicht beeinflussbare Kostenanteile gelten würden, mit der Folge, dass die Regulierungsbehörde bei der Ermittlung von Obergrenzen, die für die Höhe der Nutzungsentgelte oder die Gesamterlöse aus Nutzungsentgelten gebildet werden (§ 21 a Abs. 2 Satz 1 EnWG), daran gebunden sei und die Mehrkosten auf die Stromabnehmer abwälzbar seien. Sie begehrt mithin nicht die Planfreistellung als solche, sondern die Klärung der Rechtsfrage, ob ihr Vorhaben planfeststellungsfähig ist. Diese Feststellung trifft der Unterbleibensbescheid jedoch nicht. Er ist keine Planfeststellung i.S.d. § 21 a Abs. 4 Satz 3 EnWG.

Schon nach dem Wortlaut des § 21 a Abs. 4 Satz 3 EnWG gelten die Mehrkosten der Verlegung eines Erdkabels nur dann als nicht beeinflussbare Kostenanteile, wenn die Errichtung des Erdkabels nach § 43 Satz 3 EnWG planfestgestellt worden ist. Die Planfreistellung ist keine Planfeststellung im Sinne dieser Vorschrift. Die Unterbleibensentscheidung besagt - wie bereits ausgeführt - lediglich deklaratorisch, dass das ansonsten grundsätzlich erforderliche Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren nicht durchzuführen ist, weil keinerlei öffentliche oder private Interessen berührt werden. Es treten weder die Wirkungen von Planfeststellung oder Plangenehmigung ein noch ersetzt diese Entscheidung sonst erforderliche Genehmigungen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rdnr. 175, 181; Bonk/Neumann, a.a.O., Rdnr. 161). Anders als nach § 17 Abs. 2 Satz 3 Fernstraßengesetz (i.d.F. vom 18.08.1976, siehe hierzu BVerwG, Urt. v. 15.01.1982 - 4 C 26/78 -, BVerwGE 64, 325) kann in den Fällen unwesentlicher Bedeutung einer Planfeststellung nach § 141 Abs. 7 LVwG diese auch nicht unterbleiben, sondern sie entfällt kraft Gesetzes. Es ist deshalb zumindest fragwürdig im Zusammenhang mit § 141 Abs. 7 LVwG auch nur von einer Zulassungsfreistellung zu sprechen (Allesch/Häusler, a.a.O., Rdnr. 177). Die Zulassungsfunktion einer Entscheidung nach § 141 Abs. 7 LVwG erschöpft sich in der (deklaratorischen) Planfreistellung und die Bindungswirkung in der Feststellung des Vorliegens eines Falls von unwesentlicher Bedeutung nach § 141 Abs. 7 Nr. 1 und 2 LVwG, der das Entfallen von Planfeststellung und Plangenehmigung kraft Gesetzes zur Folge hat.

Der Unterbleibensentscheidung nach § 141 Abs. 7 LVwG kann deshalb nur inzidenter entnommen werden, dass die Planfeststellungsbehörde von der grundsätzlichen Planfeststellungsbedürftigkeit des Vorhabens ausgeht oder - wenn man § 141 Abs. 7 LVwG auch im Falle der optionalen Planfeststellung für anwendbar hält - das Vorhaben für im Grundsatz planfeststellungsfähig hält, weil ansonsten eine "Unterbleibensentscheidung" keinen Sinn macht.

Abgesehen davon, dass im Falle der optionalen Planfeststellung ein Anlass zu einer Entscheidung über die Planfreiheit erst dann besteht, wenn ein Plan eingereicht wird oder zumindest die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens beabsichtigt ist, kann § 21 a Abs. 4 Satz 3 EnWG nicht über den eindeutigen Wortlaut hinaus dahingehend erweitert ausgelegt werden, dass die Fiktion (Mehrkosten gelten als nicht beeinflussbare Kostenanteile) schon dann eintritt, wenn das Vorhaben der Erdverkabelung planfeststellungsfähig ist. Aber selbst wenn man die Regelung so auslegen würde, bedürfte es für diese Feststellung nicht der Einschaltung der Planfeststellungsbehörde, denn auch die Regulierungsbehörde kann diese Frage entscheiden. Den Netzbetreibern bleibt es dann überlassen, diese Entscheidung gegebenenfalls gerichtlich überprüfen zu lassen. Eine Vorabprüfung der Planfeststellungsfähigkeit im Wege der Verpflichtungsklage auf Erlass eines Unterbleibensbescheides, der zu dieser Frage keine Feststellung trifft, sondern die Planfeststellungsfähigkeit voraussetzt, weil ansonsten kein Bescheidungsinteresse besteht, kommt der Erstellung eines Rechtsgutachtens gleich. Dies ist nicht Aufgabe des Gerichts.

(2.) Die Klage wäre auch nicht begründet.

Das von der Klägerin projektierte Vorhaben ist nicht planfeststellungsfähig, so dass dem geltend gemachten Anspruch auf Erlass eines Unterbleibensbescheides nach § 141 Abs. 7 LVwG auch diese rechtliche Grundlage fehlt.

Nach § 43 Satz 3 EnWG kann für die Errichtung von Erdkabeln (Nennspannung von 110 kV) im Küstenbereich von Nord- und Ostsee, "die zwischen der Küstenlinie und dem nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt ... verlegt werden sollen", ein (ergänzendes) Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden. Die Verwendung des Wortes "zwischen" lässt offen, ob damit (nur) Erdkabel angesprochen sind, die "von" der Küstenlinie "bis" zur nächsten Netzverknüpfungspunkt verlaufen sollen, oder (auch) Erdkabel, die in einem "Zwischenraum", gebildet von der Küstenlinie und dem nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt, verlegt werden sollen. Die letzte Wortinterpretation scheidet jedoch bei näherer Betrachtung aus.

Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des § 43 Satz 3 EnWG eindeutig die Möglichkeit der Durchführung von Planfeststellungsverfahren für die Errichtung bestimmter Erdkabel nur im Küstenbereich von Nord- und Ostsee eröffnen. Wäre es seine Absicht gewesen, mit der Regelung sämtliche Kabel (dieser Art), unabhängig von ihrem Verlauf, im Küstenbereich zu erfassen, wäre es ausreichend gewesen, einen Küstenstreifen näher zu bestimmen, in dessen Grenzen generell die Planfeststellung möglich ist. Davon geht die Klägerin aus. Der Gesetzeswortlaut steht dem jedoch entgegen.

Ein Küstenstreifen wird nicht durch die Angabe der Küstenlinie - einerseits - und eines Punktes - andererseits - gebildet. Insoweit wäre es erforderlich gewesen, landseitig mehrere Punkte im Abstand von der Küstenlinie zu benennen, die - miteinander verbunden -eine zweite Linie ergeben, die den Küstenstreifen begrenzt. Dies hätten die zur Küstenlinie nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkte sein können. Die Verwendung des Singulars schließt eine solche Betrachtungsweise jedoch aus. Das Wort "nächstgelegenen" bezieht sich eindeutig auf die Küstenlinie. Da es mehrere zur Küstenlinie nächstgelegene Netzverknüpfungspunkte gibt, kann aus der Verwendung des Singulars nur geschlossen werden, dass damit nur der jeweils nächstgelegene Netzverknüpfungspunkt gemeint ist. Dieser eine nächstgelegene Netzverknüpfungspunkt lässt sich nur bestimmen, wenn auch ein Punkt auf der Küstenlinie ausgewählt wird. Dadurch wird deutlich, dass mit Leitungen, die zwischen der Küstenlinie und dem nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt verlegt werden sollen, nur Leitungen gemeint sein können, die von einem bestimmten Punkt der Küstenlinie bis zum nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt verlegt werden sollen.

Diese Auslegung wird auch durch den Einschub, (die) "höchstens jedoch in einer Entfernung von nicht mehr als 20 km von der Küstenlinie landeinwärts" verlegt werden sollen, bestätigt. Das Wort "landeinwärts" lässt sich zwar sowohl auf Küstenlinie als auch auf "verlegt werden" beziehen, weil Küstenlinie und "landeinwärts" nicht durch ein Komma getrennt sind, dies führt aber nicht zu einer anderen Wortlautinterpretation. Versteht man "landeinwärts" als Angabe der Verlegungsrichtung, kann nur eine Leitung angesprochen sein, die von der Küstenlinie bis zum nächsten Netzverknüpfungspunkt landeinwärts verlegt wird (sogenannte Offshore-Leitung). Aber auch dann, wenn "landeinwärts" auf Küstenlinie bezogen wird, ergibt sich insoweit nichts Abweichendes. Dann wird mit der einschränkenden Formulierung, "höchstens jedoch in einer Entfernung von nicht mehr als 20 km von der Küstenlinie landeinwärts" ein Raum (d.h. ein 20 km breiter Küstenstreifen) benannt, der die Möglichkeit der Planfeststellung begrenzt, wenn der nächste Netzverknüpfungspunkt außerhalb dieses Raumes liegt, mithin die zu verlegende Leitung diesen Raum überschreitet. Für die letztere Auffassung spricht, dass es heißt: "in" und nicht "bis zu" einer Entfernung von nicht mehr als 20 km von der Küstenlinie landeinwärts verlegt werden sollen. Gleichwohl lässt sich aus der Einschränkung "höchstens" im Zusammenhang mit der Angabe eines 20 km breiten Küstenstreifens schlechterdings nicht entnehmen, dass für Leitungen innerhalb dieses Küstenstreifens, unabhängig von ihrer Verlaufsrichtung, die Möglichkeit der Planfeststellung besteht. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, hätte er (umgekehrt) formulieren müssen, dass für die Errichtung von bestimmten Erdkabeln innerhalb eines Küstenstreifens von 20 km Breite, höchstens bis zum nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt, ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden kann.

Die Gesetzesbegründung rechtfertigt keine andere Auslegung.

In der Beschlussfassung des federführenden Ausschusses für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (BT-Drs. 16/3158) heißt es unter der Überschrift "Begründung zu den Änderungen gegenüber dem Gesetzentwurf" (S. 37) schlicht: "§ 43 Satz 3 und 4 ermöglicht die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für Erdkabel auf der 110 kV-Ebene im küstennahen Bereich von Nord- und Ostsee" (S. 44). Damit wird - im Umkehrschluss - lediglich hervorgehoben, dass in anderen Bereichen die Möglichkeit der Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für die Errichtung eines Erdkabels nach dieser Vorschrift nicht besteht. Es wird weder der Küstenbereich eingegrenzt noch lässt sich der Begründung entnehmen, dass die Planfeststellung sowohl für Offshore- als auch für Onshore-Leitungen in diesem Bereich eröffnet wird.

Auch mit der Gesetzeshistorie lässt sich dies nicht begründen.

Nach § 11 a Satz 2 des ursprünglichen Entwurfs sollte auf besonderen Antrag eines Energieversorgungsunternehmens auch die Errichtung eines Erdkabels, mit einer Netzspannung von 110 kV oder mehr, der Planfeststellung bedürfen. Der Entwurf sah mithin weder eine Gebietsbegrenzung noch die Einschränkung auf 110 kV-Leitungen oder Offshore-Leitungen vor. Die Mehrkosten der Erdverkabelung sollten nach § 12 b im Falle des § 11 a Satz 2 aber nur umlagefähig sein, wenn erhebliche Einwirkungen auf Wohngebiete oder Beeinträchtigungen für im Rahmen des § 23 BNatSchG ausgewiesene Naturschutzgebiete vermieden werden. Der Gesetzentwurf hat dann eine wesentliche Änderung durch die sogenannte Formulierungshilfe des Bundeskabinetts vom 15. April 2006 erfahren. In § 45 b war nunmehr nur noch die Möglichkeit der Planfeststellung für Erdkabel auf der 380 kV-Ebene für bestimmte Strecken, begrenzt auf 10 % der Gesamtstrecke (insgesamt für 85 km) in sensiblen Gebieten (Siedlungsflächen, Europäisches Vogelschutzgebiet) vorgesehen. Vor diesem Hintergrund hat der federführende Ausschuss eine Expertenanhörung am 17.05.2006 durchgeführt, in der auch die Berücksichtigung der 110 kV-Ebene im Gesetz mit einer Abwägungsklausel zugunsten der Erdverkabelung befürwortet wurde. Weiterhin spielte die Strompreiserhöhung infolge Erdkabelverlegungen eine Rolle. Die Abgeordnete Hagedorn hat in Norddeutschland geplante 110 kV-Trassen und Bereiche angesprochen, "wo wir es mit Offshore und Repowering zu tun haben".

Der Gesetz gewordene Gesetzentwurf sieht dann in § 43 Satz 3 EnWG nur noch die Möglichkeit der Planfeststellung für Erdkabel auf der 110 kV-Ebene im Küstenbereich ohne Vorrang vor der Freileitung vor. Von einer Kontinuität der Entwürfe kann nach alledem nicht gesprochen werden. Insbesondere lässt sich aus dieser Historie nicht herleiten, dass entgegen dem Wortlaut des Gesetzes auch die Möglichkeit der Planfeststellung für Erdkabelverbindungen im Onshore-Bereich gewollt war. Insoweit sei ergänzend auf den Bericht der Abgeordneten Hacker, Mücke und Heilmann zum Beratungsverlauf im federführenden Ausschuss (BT-Drs. 16/3158, S. 30) hingewiesen, der die Auffassung der SPD-Fraktion wiedergibt (S. 36). Danach ist die Diskussion über die Gesetzentwurf vor allem im Hinblick auf die Diskussion über die Rahmenbedingungen für die Verlegung von Erdkabeln intensiv gewesen. Hierbei handele es sich auch um eine wichtige Frage, denn Offshore-Windkraftanlagen müssten effektiv angeschlossen werden. Dies macht deutlich, dass jedenfalls die SPD-Fraktion die Erdverkabelung mit der Netzanbindung der Offshore-Windkraft-Anlagen in Verbindung gebracht hat.

Soweit die Klägerin meint, aus Presseerklärungen der Abgeordneten Liebig und Hagedorn, die diese im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Gesetzes herausgegeben haben, den Willen des Gesetzgebers herleiten zu können, ist zunächst zu bemerken, dass die Stimmen einzelner Abgeordnete keine Aussagekraft im Hinblick auf den Willen des Gesetzgebers haben. Einzelne Abgeordnete können nur wiedergeben, was ihnen bei der Gesetzesbeschlussfassung vorgeschwebt hat. Insoweit sei angemerkt, dass in der Presseerklärung des Abgeordneten Liebig vom 25.10.2006 schon der Gesetzestext nicht korrekt wiedergegeben wird. Dort heißt es: "Diese Regelung soll für die Küstenländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern auf der 110 kV-Ebene in einem Bereich von 20 km ab Küstenlinie landeinwärts, maximal bis zum nächstgelegenen Übertragungsnetz, gelten". Wie bereits oben näher dargelegt, hat der Gesetzgeber gerade dies nicht beschlossen. Die Abgeordnete Hagedorn gibt zwar den Gesetzestext inhaltlich weitgehend zutreffend wieder ("gilt für den Bereich zwischen der Küstenlinie und dem nächstgelegenen Übertragungsnetz, maximal jedoch für eine Strecke von 20 km"), zieht jedoch daraus Schlussfolgerungen, die weder mit der Angabe des Bereichs noch mit der Länge der Strecke in Einklang zu bringen sind.

Äußerungen aus dem Bundesumweltministerium und die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage (BT-Drs. 16/3384) geben nur Vorstellungen und Rechtsauffassungen wieder. Diese sind für die Gesetzesauslegung nicht maßgeblich sind.

Als Sinn und Zweck der Regelung kann nicht der Schutz der Küstenregion angenommen werden. Richtig ist, dass nach früheren Entwurfsfassungen sensible Gebiete geschützt werden sollten. Derartige Gebiete befinden sich aber nicht ausschließlich im Küstenbereich. Von daher wäre es nicht nachvollziehbar, dass nunmehr nur noch die (schützenswerte) Küstenregion von Freileitungen freigehalten werden soll. Unmittelbar im Zusammenhang mit der Küste stehen dagegen die geplanten Offshore-Anlagen, deren Netzanbindung ohne Zweifel beschleunigt und verwirklicht werden sollte. Die Gewinnung von Energie aus Windkraftanlagen allgemein spielt auch außerhalb der 20 km breiten Küstenstreifen eine Rolle.

Eine Erörterung der weiteren Ausführungen der Klägerin, insbesondere unter Bezugnahme auf das vorgelegte Rechtsgutachten der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, ist nicht erforderlich, zumal auch dann, wenn der Auffassung der Klägerin vom Ansatz her gefolgt wird, dass mit der Angabe der Küstenlinie einerseits und dem nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt andererseits in § 43 Satz 3 EnWG, ein Raum bezeichnet wird, in dem die Verlegung von Erdkabeln planfeststellungsfähig sei, das Vorhaben der Klägerin nicht planfeststellungsfähig ist, weil das von der Klägerin projektierte Erdkabel in diesem Bereich nicht verläuft. Das Erdkabel soll zwei Umspannwerke miteinander verbinden, die möglicherweise zur Küstenlinie "nächstgelegene" Netzverknüpfungspunkte im Sinne der gesetzlichen Regelung sind, es soll auch weitgehend in den beiden 20 km breiten Küstenstreifen, jedoch nicht im Bereich zwischen der Küstenlinie und den genannten Netzverknüpfungspunkten, sondern im Landesinneren, d.h. von der jeweiligen Küstenlinie in Blickrichtung landeinwärts gesehen, jenseits der nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkte und damit außerhalb des genannten Bereichs verlaufen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht, Brockdorff-Rantzau-Straße 13, 24837 Schleswig, durch Beschwerde schriftlich angefochten werden. Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht einzureichen. In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Im Beschwerdeverfahren muss sich der Beschwerdeführer durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt oder Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.



Ende der Entscheidung

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