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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 25.05.2004
Aktenzeichen: 4 LB 27/03
Rechtsgebiete: LVwG SH, VwVfG


Vorschriften:

LVwG SH § 143 Abs. 1
LVwG SH § 144
LVwG SH § 145 Abs. 1
VwVfG § 76 Abs. 1
VwVfG § 77
VwVfG § 78
Werden selbstständige Vorhaben in einem Planfeststellungsverfahren entschieden, so ist bei Aufgabe eines der Vorhaben ein neues Planfeststellungsverfahren für den (die) verbleibenden Teil(e) erforderlich.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 4 LB 27/03

verkündet am 25.05.2004

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Planfeststellungsbeschluss ( K 22 / L 107)

hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Mai 2004 durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Frau ... und Frau ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 21. Kammer - vom 24.01.2003 geändert. Der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 14.03.2001 für den Ausbau der Kreisstraße 22 und Verlegung der Landesstraße 107 auf dem Gebiet der Gemeinde Tornesch und der Stadt Uetersen, Kreis Pinneberg, in der Fassung des Aufhebungs- und Änderungsbeschlusses vom 04.06.2003 für die Aufhebung der Eisenbahnkreuzungsmaßnahme Verlegung der Landesstraße 107 und für die Änderungen an dem Projekt K 22 infolge der aufgegebenen Landesstraßenbaumaßnahme wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss betreffend den Ausbau der Kreisstraße 22 von Uetersen nach Tornesch-Ahrenlohe.

Er ist Eigentümer des Flurstücks ... der Flur ... sowie des Flurstücks ... der Flur ... in ..., einem Ortsteil von .... Das Flurstück ... ist mit einer ehemaligen Hofstelle bebaut, die heute nur noch zu Wohnzwecken genutzt wird. Eine nordöstlich gelegene Teilfläche der Grundstücke liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 22 in der Fassung der 2. Änderung der Beigeladenen zu 2) vom 28.09.1998. Der Bebauungsplan setzt für diese Teilfläche eine öffentliche Grünfläche mit den Zweckbestimmungen Kinderspiel, Regenwasserrückhaltung sowie Ausgleichsmaßnahmen fest (vgl. S. 5 der Planbegründung).

Am 22.03.1993 wurde die Auslegung von Plänen für den Ausbau der Kreisstraße 22 ("Südtangente Uetersen - Tornesch") und die Verlegung der Landesstraße 107 auf die Ostseite der Bahnstrecke B-Stadt - Kiel bekannt gemacht. Der Ausbau der Kreisstraße 22 soll danach auf ca. 5,7 km Länge auf überwiegend vorhandener Trasse erfolgen; in Tornesch-Esingen ist eine ca. 800 m lange Neubaustrecke (u.a. über die Flurstücke des Klägers) vorgesehen, um die Verkehrsführung, die bislang im "Versatz" im Verlauf der Kreisstraße 22 zwischen Wischmöhlenweg und Großer Moorweg verläuft, zu begradigen. Die Kreisstraße sollte verbreitert und durchgehend mit Geh- und Radwegen versehen werden.

Nach Auslegung und Erörterung der am 26.05.1993, 09.06.1993, 02.11.1995 und 20.11.1995 erhobenen Einwendungen des Klägers (wegen der Einzelheiten wird auf die Einwendungsschreiben und den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen) und weiterer - den vorliegenden Bereich nicht berührender - Planänderungen erging am 14.03.2001 ein Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Ausbau der Kreisstraße 22 ("Südtangente Uetersen - Tornesch") und die Verlegung der Landesstraße 107 (L 107). Dieser wurde dem Kläger am 15.03.2001 zugestellt. Die Inanspruchnahme des Grundstücks des Klägers war darin unverändert in einem Umfang von insgesamt 12.325 qm (aus Flurstück 28/19 4.925 qm und 5.550 qm; aus Flurstück 73 eine Teilfläche von 1.850 qm) vorgesehen. Der Kreuzungsbereich zwischen K 22 und der vorhandenen L 107 wurde bereits auf der Grundlage eines am 02.10.2001 diesbezüglich angeordneten Sofortvollzugs ausgebaut.

In der Folgezeit gab das Straßenbauamt Itzehoe die Planungen zur Verlegung der L 107 auf. Eine Information der Öffentlichkeit oder gegenüber dem Kläger erfolgte zunächst nicht. Der Beklagte wies mit Schriftsatz vom 21.01.2003 nachrichtlich auf diesen Umstand hin und kündigte für Februar 2003 einen Planfeststellungsbeschluss zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 14.03.2001 an, der eine Aufhebung der Teilbaumaßnahme "Verlegung der L 107" beinhalten sollte. Nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens erließ der Beklagte am 04.06.2003 unter dem Az. LS 146-553.32-L 107-Aufhebung einen entsprechenden Aufhebungs- und Änderungsbeschluss zum Planfeststellungsbeschluss vom 14.03.2001. Dieser enthält neben der Beschreibung der aufzuhebenden Straßenbaumaßnahme und der sich hieraus ergebenden Änderungen für den verbleibenden Rest eine Beschreibung der Verkehrsverlagerung durch den Fortfall der Verlegung der L 107. Wegen der Einzelheiten wird auf S. 10 ff. des Änderungsbeschlusses verwiesen.

Mit am 12.04.2001 beim Verwaltungsgericht eingegangener Klage hat der Kläger geltend gemacht, sein Grundstück sei nicht nur enteignungsbetroffen und werde wertgemindert, sondern werde auch - ohne Anordnung aktiven Schallschutzes - massiv von Lärmauswirkungen der K 22 (neu) betroffen werden. Er ist der Ansicht, die Planung sei durch eine nicht zuständige Behörde erfolgt, da die "Südtangente" keine Kreis-, sondern eine Bundesstraße, jedenfalls aber eine Landesstraße sei. Hinsichtlich der Verkehrs- und Lärmuntersuchung aus dem Jahr 1999 sei die Auslegung des zweiten Nachtrags irreführend bekannt gemacht worden, was zu einem Verfahrensfehler führe. Die Planung verfehle zudem ihren Zweck, die Varianten-Untersuchung sei unzureichend. Das überregionale Verkehrsproblem der Verbindung der Autobahn A 23 mit der Bundesstraße B 431 sei in nicht geeigneter Weise gelöst worden. Die Lärmschutzuntersuchungen seien unzureichend. Der Eingriff in Natur und Landschaft werde nicht hinreichend ausgeglichen und mit Ersatzmaßnahmen kompensiert. Die Anlieger- und Erschließungssituation werde durch Emissions-Mehrbelastungen verschlechtert.

Hinsichtlich der teilweisen Aufhebung des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses infolge des Verzichts des Trägers der Straßenbaulast und entsprechender Antragstellung hat der Kläger vorgetragen, dass § 143 Abs. 1 LVwG für einen solchen Fall der Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens eine klare Regelung aufstelle. Sofern der Träger des Vorhabens an einer Teilmaßnahme festhalten wolle, bedürfe es eines neuen Planfeststellungsverfahrens. Nur ausnahmsweise erlaube § 143 Abs. 2 LVwG, dass die Planfeststellungsbehörde bei Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung von einem neuen Planfeststellungsverfahren absehen könne. Eine unwesentliche Änderung liege vor, wenn nicht die Gesamtkonzeption des Vorhabens oder wesentliche Teile davon in Frage gestellt würden. Gerade dies sei aber nicht der Fall. Wesentliche Teile der Planung würden nicht nur in Frage gestellt, sondern entfielen. Die Frage nach der Berechtigung der Maßnahme stelle sich somit völlig neu, da alle Annahmen über ihren verkehrlichen und volkswirtschaftlichen Nutzen Makulatur seien. Das streitgegenständliche Planfeststellungsverfahren sehe auf weiten Strecken den Ausbau der K 22 auf vorhandener Trasse vor. Daneben sei hinsichtlich der L 107 eine vollständige Neutrassierung auf einer Länge von ca. 1,5 km vorgesehen. Auf einer Länge von ca. 500 m sollten K 22 und L 107 auf gemeinsamer Neubautrasse durch die Eisenbahnunterführung verlaufen. Von einer geplanten Neubaustrecke von insgesamt rund 2,2 km entfielen so 1,5 km. Die geplante Eisenbahnunterführung diene nicht mehr dem Gesamtverkehr auf der K 22 und der L 107, sondern nur noch dem Verkehr auf der K 22. Zudem entfalle in dem einzigen Bereich, in dem im Trassenverlauf der K 22 eine Neutrassierung vorgesehen sei, ein wesentlicher Teil der das Vorhaben rechtfertigenden Verkehrsmenge. Bei Entfall der Verlegung der L 107 verblieben auf dem Neubauabschnitt der K 22 nur 55,9 % der der Planung zu Grunde liegenden Verkehrsmenge. In der Gegenrichtung sei eine Reduktion auf 55,3 % zu erwarten.

Einen zunächst gestellten Hilfsantrag, darauf gerichtet, festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 14.03.2001 hinsichtlich der lärmschutzrelevanten Teile rechtswidrig ist, hat der Kläger zurückgenommen.

Der Kläger hat beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 14.03.2001 hinsichtlich des Ausbaus der Kreisstraße 22 (K 22) aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen hatten keine Anträge gestellt.

Der Beklagte hat erwidert, die überwiegend auf vorhandener Trasse vorgesehene Straßenausbaumaßnahme betreffe eine Kreisstraße. In der Bekanntmachung vom 18.05.1999 sei ordnungsgemäß auf die aktualisierten lärmtechnischen Berechnungen im Ausbaubereich der K 22 hingewiesen worden. Der Straßenausbau sei vernünftigerweise geboten. Die vorgesehene Linienführung zur K 22 erfordere die geringstmögliche Flächeninanspruchnahme gegenüber einer Ortsumgehung. Varianten seien deshalb nicht untersucht worden. Die Verkehrsmengen seien zutreffend ermittelt worden. Die Lärmuntersuchung sei auf der Grundlage der bauplanungsrechtlich einzuordnenden Gebietsarten erfolgt. Naturschutzrechtlicher Ausgleich sei ausreichend festgesetzt worden. Die Umweltauswirkungen seien auf der Grundlage einer Umweltverträglichkeitsstudie, die ausgelegt worden sei, geprüft und bewertet worden.

Nach der Durchführung eines Erörterungstermins mit Ortsbesichtigung am 17.01.2003 hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 24.01.2003 - 21 A 433/02 - die Klage abgewiesen.

Es hat zunächst ausgeführt, Streitgegenstand des Verfahrens sei allein der die K 22 betreffende Teil des Planfeststellungsbeschlusses vom 14. März 2001, nachdem die Verlegung der L 107 nicht mehr beabsichtigt werde und insoweit eine Aufhebung dieses Teils des Planfeststellungsbeschlusses angekündigt worden sei. Die Klage sei unbegründet, da der Planfeststellungsbeschluss vom 14.03.2001 rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Das auf Grundlage des § 41 des Straßen- und Wegegesetzes Schleswig-Holstein (StrWG) ordnungsgemäß durchgeführte Planfeststellungsverfahren sei ohne Verfahrensfehler durchgeführt worden. Der Beanstandung des Klägers, die Auslegungsbekanntmachung vom 18.05.1999 erfülle insbesondere angesichts aktualisierter Lärmuntersuchungen nicht ihre Informations- und Anstoßfunktion ist, könne nicht gefolgt werden. Der Auslegungsbekanntmachung sei klar zu entnehmen, dass die aktualisierte lärmtechnische Berechnung im Ausbaubereich der K 22 mit ausgelegen hat.

Die erstmals in der mündlichen Verhandlung angesprochene neue Frage, ob im Hinblick auf den Entfall der Verlegung der L 107 auf die Ostseite der Bahn eine Planänderung vorliege, die nach § 143 Abs. 1 LVwG ein neues Planfeststellungsverfahren erforderlich mache, sei zu verneinen. Zwar sei nicht zu übersehen, dass der Entfall der Verlegung der L 107 eine Änderung der ursprünglichen Gesamtkonzeption darstelle, die auch auf eine Beruhigung der Pinneberger Straße im bebauten Bereich von Esingen und die Schließung von Bahnübergängen ausgerichtet gewesen sei. Unbeschadet dieser Gesamtkonzeption sei rechtlich aber maßgeblich, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 14.03.2001 zwei selbständig voneinander zu erfassende Vorhaben betreffe, die lediglich in einer verwaltungsverfahrensrechtlichen Verbindung in einem gemeinsamen Planfeststellungsbeschluss zusammengefasst worden seien. Die Straßen K 22 und L 107 seien unterschiedlichen Straßenbaulastträgern zuzuordnen und die Maßnahmen an beiden Straßen überdies einer jeweils eigenständigen planerischen Abwägung zugänglich. Daraus folge, dass der Entfall des einen Vorhabens (L 107) keinen Bedarf für ein erneutes Planfeststellungsverfahren für das andere Vorhaben (K 22) auslöse, welches unverändert weiterverfolgt werde.

Der festgestellte Plan sei auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Abwägungsmängel enthalte der Plan nicht. Eine Rechtsverletzung des enteignungsbetroffenen Klägers sei nicht festzustellen.

Die planfestgestellte Maßnahme bezüglich der K 22 sei auch vom richtigen Vorhabenträger beantragt worden. Die K 22 sei als Kreisstraße i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 StrWG einzustufen, denn sie diene überwiegend dem überörtlichen Verkehr innerhalb eines Kreises bzw. dem Anschluss von Gemeinden an Bundesfernstraßen und Landesstraßen. Hieran ändere auch eine weitere Zubringerfunktion zur "Westküstenautobahn" A 23 insbesondere für den Bereich Haseldorfer Marsch und Südteil der Seestermüher Marsch nichts. Bereits aus § 5a S. 1 FStrG sei abzulesen, dass auch ein "Autobahnzubringer" als Kreisstraße eingeordnet werden könne. Die K 22 nehme auch nicht überwiegend "weiträumigen Verkehr innerhalb des Landes" gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 StrWG auf und sei folglich weder als Landes- noch gar als Bundesstraße einzustufen. Sie beginne im Westen an einer Bundesstraße (B 431) und ende im Osten an einer Landesstraße (L 110), woran sich auch durch die planfestgestellte Maßnahme nichts ändere.

Problematisch sei, dass die K 22 ursprünglich auf einer Teilstrecke zwischen der Kreuzung Pinneberger/Esinger Straße und der zunächst vorgesehenen, nach Osten verschwenkten L 107 den Verkehr einer Landesstraße habe aufnehmen sollen. Allerdings komme auch insoweit eine Zuständigkeit des Landes nicht in Betracht, da sich beim Zusammentreffen mehrerer planfeststellungsbedürftiger Vorhaben die Zuständigkeiten und das Verfahren danach richteten, welche Maßnahme einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berühre. Dies sei die K 22 schon im Hinblick auf die Länge der Ausbaustrecke.

Die planfestgestellte Maßnahme verfehle auch nicht ihren Zweck. Die im Planfeststellungsbeschluss angegebenen Planungsziele unmittelbar bezüglich des Ausbaus der K 22 seien die Entlastung der K 20 im Ortskern Tornesch, eine Verbesserung der Verbindung der beiderseits der Eisenbahnstrecke gelegenen Ortsteile Esingen und Ahrenlohe und die Aufnahme des überörtlichen Verkehrs aus dem Raum Uetersen und der Haseldorfer bzw. Seestermüher Marsch mit Anschluss an die A 23 (vgl. S. 95 des Planfeststellungsbeschlusses, zu 6.01). Bereits diese allein auf die K 22 bezogenen Gründe rechtfertigten den Ausbau. Insoweit sei die Nichterreichbarkeit der darüber hinausgehenden Planungsziele, die sich nur im Zusammenhang mit der Verlegung der L 107 erreichen ließen, für die Planrechtfertigung für den Ausbau der K 22 unerheblich. Es bestehe auch kein erhöhter Rechtfertigungsbedarf, da der vorgesehene Ausbau der K 22 überwiegend auf vorhandener Trasse erfolge. Soweit auf 800 m Länge eine Neutrassierung erfolge, vollziehe die planfestgestellte Trasse nur die Vorgaben der örtlichen Bauleitplanung der Gemeinde Tornesch. Auch der Flächennutzungsplan und die Bebauungspläne Nr. 15 und 22 (2. Änderung vom 28.09.1998) berücksichtigten die Trasse bereits so, wie sie planfestgestellt worden sei.

Bei der Feststellung des Verkehrsbedarfs für die Ausbaumaßnahme seien Fehler nicht festzustellen. Der Ausbau diene auch dem weiterhin verfolgten Ziel der Aufhebung von Bahnübergängen in Denkmalstraße und Gärtnerweg. Bedenken ergäben sich ferner auch nicht gegen den vorgesehenen Ausbaustandard. Die vorgesehene Verbreiterung der derzeit 4,5 bis 4,7 m breiten Fahrbahn auf 6,5 m Breite entspreche dem Rahmen üblichen Kreisstraßenbaus, auch die Neuanlegung von Geh- und Radwegen sei sachgerecht.

Gegen das Vorhaben könne auch nicht eingewandt werden, dass es im Rahmen des Planungsverfahrens einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft hätte. Einen selbstständigen Anspruch auf Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung habe der Kläger nicht. Nach § 40 Abs. 7 StrWG i.V.m. Anhang I Ziff. 7 der UVP-Richtlinie 85/337/EWG (UVP-RL) des Europäischen Rates vom 25.06.1985 (ABI. Nr. 175 vom 05.07.1985, S. 40) sei für die K 22 keine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben, da sie nicht als "Schnellstraße" i.S. dieser Bestimmungen anzusehen sei.

Auch bei einer insoweit unterstellten Unvereinbarkeit des Landesrechts mit europarechtlichen Vorgaben sei das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht aus einer Direktwirkung der UVP-RL 85/337/EWG abzuleiten. Die K 22 sei den Projekten nach Art. 4 Abs. 2 UVP-RL i.V.m. Anhang II zuzuordnen. Für diese so genannten "Anhang-II"-Projekte belasse das europäische Recht dem Gesetzgeber einen Spielraum, was bereits einer Direktwirkung entgegenstehe. Die UVP-RL gelte auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer "Europarechtstreue" direkt, da sie keinen materiellen Schutzstatus vermittle, sondern lediglich Verfahrensregeln. Unabhängig davon seien alle Belange in die Abwägung eingestellt worden, die im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätten berücksichtigt werden können.

Die planerische Abwägung sei auch nicht wegen einer unzureichenden Variantenuntersuchung fehlerhaft. Im Hinblick auf die nur 800 m neue Trasse, die sich im Einklang mit der Bauleitplanung befinde, habe es keiner eingehenden Varianten-Untersuchung z.B. hinsichtlich einer Linienführung durch die freie Landschaft mehr bedurft.

Den naturschutzrechtlichen Vorgaben nach §§ 7a, 8 LNatSchG sei durch die im Planfeststellungsbeschluss dem Beigeladenen zu 1) aufgegebene Beschaffung von 8,4 ha Ausgleichsflächen bzw. deren grundbuchliche Absicherung (S. 11 des Planfeststellungsbeschlusses, zu 2.3.2.3) Genüge getan. Der Inanspruchnahme des Grundstücks des Klägers für die vorgesehene Straßenbaumaßnahme würden auch keine Abwägungsfehler entgegenstehen, die sich aus speziell das Grundstück der Kläger betreffenden Belangen ergeben. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte insoweit auf S. 138 eine ausreichende Abwägung. Hinsichtlich der im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Entschädigung in Geld sei allerdings zu beachten, dass die bebauten Teile des Grundstücks des Klägers aus dem Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 22 der Gemeinde i.d.F. Der 2. Änderung vom 28.09.1998 herausgefallen seien. Fragen des Lärmschutzes befänden sich angesichts des diesbezüglich angekündigten ergänzenden Verfahrens außerhalb des Streitgegenstandes des Verfahrens.

Auf einen entsprechenden Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 18. Juli 2003 - 4 LA 46/03 - die Berufung zugelassen wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Der Kläger hält sein erstinstanzliches Vorbringen in vollem Umfang aufrecht. Seine Beschwer werde durch den Aufhebungs- und Änderungsbeschluss der Beklagten vom 04.06.2003 nicht behoben. Dieser hebe den Planfeststellungsbeschluss vom 14.03.2001 nur insoweit auf, wie die Verlegung der L 107 betroffen sei. Die Beeinträchtigung der Rechte des Klägers ergebe sich aber aus den zur Verwirklichung der K 22 vorgesehenen Baumaßnahmen. Die Rechtmäßigkeit des Planes müsse dabei als Ganzes bewertet werden. Insbesondere seien die rechtlichen Anforderungen eines Planänderungsverfahrens vor Durchführung des Vorhabens entsprechend §§ 143, 144 LVwG nicht gegeben. Eine Änderung von nur unwesentlicher Bedeutung i.S.d. § 143 Abs. 2 LVwG liege nicht vor, zudem könne der verbleibende Plan nicht mehr selbständig bestehen, da er abwägungsfehlerhaft sei. Nach Aufgabe der Planungen zur L 107 sei nach § 143 Abs. 1 LVwG ein neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen. Der Meinung des Verwaltungsgerichts, der Planfeststellungsbeschluss fasse lediglich zwei selbständige Vorhaben zusammen, könne nicht gefolgt werden. Sinn des § 145 Abs. 1 LVwG sei es, eine Abwägungsentscheidung unter Einbeziehung aller Faktoren zu ermöglichen, was in getrennten Verfahren nicht möglich sei. Damit sei die Annahme einer "Planänderung von unwesentlicher Bedeutung" i.S.d. § 143 Abs. 2 LVwG schon begrifflich ausgeschlossen, wenn auf eines der Vorhaben vollständig verzichtet werde. Auch könne nicht von zwei derart selbständigen Vorhaben gesprochen werden, dass die vollständige Aufgabe des einen nicht eine wesentliche Änderung der Gesamtplanung bedeuten würde. Dies ergebe sich aus der tatsächlichen engen Verknüpfung der beiden Straßen. Insbesondere die Zusammenführung beider Straßen im Bereich der neuen Bahnunterquerung sei ein ganz wesentlicher Aspekt der Gesamtplanung, da weder die verlegte L 107 noch die ausgebaute K 22 ohne diese denkbar seien. Wenn dies zu einer zwangsweisen Verknüpfung der Planung der Vorhaben nach § 145 LVwG führe, könne über den Verzicht auf die Vorhaben auch nur einheitlich entschieden werden. Da die Neubaustrecke einen wesentlichen Teil ihrer Funktion verliere - die Aufnahme des Verkehrs auf der L 107 - sei in einem neuen Planfeststellungsverfahren zu prüfen, ob damit noch eine Berechtigung für die Inanspruchnahme des Grundstücks des Klägers im Wege der Enteignung bestehen würde. Die für diese Inanspruchnahme angeführten Argumente entfielen oder verlören zumindest bedeutend an Gewicht. Zudem habe eine neue Abwägung zu erfolgen, da die Abwägung nur Verkehrsuntersuchungen habe berücksichtigen können, die auf der Umlegung der L 107 beruhten. Die im Änderungsbeschluss herangezogene neue Untersuchung vom Januar 2003, die erstmals eine Variante unter Verzicht auf die Verlegung der L 107 berücksichtige, habe so bei der Gesamtabwägung nicht berücksichtigt werden können. Auch sei ein vorrangiges Ziel der Gesamtplanung, die Verkehrsentlastung des Ortsteils Esingen, aufgegeben worden, was ebenfalls eine neue Abwägung hinsichtlich der Inanspruchnahme der Grundstücke des Klägers erforderlich mache.

Der Kläger ist weiter der Ansicht, die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zum Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung seien rechtsfehlerhaft. Auch sei er mit diesem Vorbringen nicht gemäß § 41 Abs. 5 StrWG präkludiert. Er habe seit 1993 mehrfach gerügt, dass Belange des Natur- und Umweltschutzes nicht genügend berücksichtigt werden. Dass er dabei die Notwendigkeit einer UVP nicht im Rechtssinne erwähnt habe, sei unschädlich, da er deutlich gemacht habe, dass er die Bewertung der Auswirkungen der Planfeststellung auf die Umwelt für notwendig und bislang unzureichend halte. Immerhin sei die UVP ein spezielles Verwaltungsverfahren, welches selbst vielen Juristen unbekannt sei.

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 14.03.2001 für den Ausbau der Kreisstraße 22 und Verlegung der Landesstraße 107 auf dem Gebiet der Gemeinde Tornesch und der Stadt Uetersen, Kreis Pinneberg in der Fassung des Aufhebungs- und Änderungsbeschlusses vom 04.06.2003 für die Aufhebung der Eisenbahnkreuzungsmaßnahme Verlegung der Landesstraße 107 und für die Änderungen an dem Projekt K 22 infolge der aufgegebenen Landesstraßenbaumaßnahme aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass vorliegend § 144 LVwG zur Anwendung habe kommen müssen. Es spreche nichts dagegen, den § 144 LVwG auch für die Teilaufhebung des Planfeststellungsbeschlusses anzuwenden. § 144 sei eine selbständige Regelung neben der Regelung des § 143 über die Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens. Eine Teilaufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, deren Zulässigkeit sich ausschließlich nach § 144 LVwG bestimme, könne daher auch mit der Planänderung im verbleibenden Teil des Planfeststellungsbeschlusses zusammentreffen, deren Zulässigkeit sich nach § 143 LVwG beurteile. Für die materielle Zulässigkeit der Teilaufhebung von Planfeststellungsbeschlüssen komme es nur auf die Teilbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses an. Hierfür dürfe der in Frage stehende Teil nicht mit den übrigen Teilen des Verwaltungsakts in einem untrennbaren inneren Zusammenhang stehen und die übrigen Teile müssten auch selbständig bestehen können. Dies schließe auch das im Planfeststellungsrecht geltende Gebot der umfassenden Sachverhaltsermittlung, Abwägung und Konfliktbewältigung als "Wesen" der Planfeststellung nicht aus. Man müsse jedoch fordern, dass durch den Wegfall eines Teils des Planfeststellungsbeschlusses weder das Planungsziel noch die Planrechtfertigung für den verbleibenden Teil des Planfeststellungsbeschlusses in Frage gestellt werde.

Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss enthalte in Wirklichkeit zwei selbständige Vorhaben, die zwar nach § 145 LVwG ein gemeinsames Planfeststellungsverfahren erforderten, aber jeweils ein selbständig zu verfolgendes planerisches Ziel, eine selbständige planerische Rechtfertigung und Interessenabwägung aufwiesen. Der Fortfall eines der beiden in der einheitlichen Entscheidung zusammengefassten Vorhaben bringe damit nicht notwendig das andere Vorhaben zu Fall. Der Gesetzgeber habe in § 145 LVwG nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den beiden selbständigen Projekten insgesamt bestehen müsse. Vorliegend beschränke sich die Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung mit der Verknüpfung der beiden Straßen im Einmündungsbereich der L 107 in die K 22 auf einen Teilbereich beider Projekte. Der Fortfall der L 107 berühre die planerische Konzeption für die K 22, die mit der Realisierung verbundenen Planungsziele und die Gesamtabwägung nur marginal. Hingegen sei die Abhängigkeit der L 107 von der Realisierung der K 22 wesentlich größer. Dass beide Vorhaben zwar naturgemäß infolge der verfahrensmäßigen Verbundenheit in der Darstellung im angegriffenen Beschluss verknüpft seien, ändere nichts an der auch im Verfahren vorhandenen Trennung der Abwägungen der jeweiligen Einzelvorhaben. Dies werde schon an der klaren Trennung der planfestgestellten Unterlagen für beide Vorhaben, insbesondere an den separaten Erläuterungsberichten deutlich. Die Planrechtfertigung für die K 22 ergebe sich schon allein aus dem mit diesem Projekt nach dem Erläuterungsbericht angestrebten Zweck. Mit den Lärmauswirkungen im Falle der alleinigen Weiterverfolgung der K 22 befasse sich der Änderungsbeschluss vom 04.06.2003 eingehend. Diesem sei zu entnehmen, dass durch den Fortfall der Planungen für die L 107 auf Teilstrecken der K 22 vom Bauanfang in Uetersen über die Neubaustrecke bis zum Lindenweg ein geringeres Verkehrsaufkommen als mit der Verlegung der L 107 eintrete, während sich im Bereich der schon vorhandenen, aber auszubauenden K 22 ab Einmündung des Lindenwegs bis zur Verknüpfung mit der L 110 das Verkehrsaufkommen ohne gleichzeitige Verlegung der L 107 erhöhen werde (Spalte "3-2 A" der Tabelle 11). Die sich aus dem Fortfall der Planungen für die L 107 ergebende Mehrbelastung sei eher gering und berühre damit weder die bisherigen Planungsziele noch die Planrechtfertigung oder die maßgeblichen Abwägungsgesichtspunkte. Die eigentliche Verkehrsmehrbelastung ergebe sich aus dem Ausbau und der Verlegung der K 22, verbunden mit der Schaffung einer höhenfreien Kreuzung mit der Bahnlinie. Diese Verkehrsverlagerung auf die K 22 sei jedoch unabhängig von den Planungen zur Verlegung der L 107 immer ein vorrangiges Planungsziel in der Abwägung gewesen.

Zur Frage des Fehlens einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung ist der Beklagte der Ansicht, dass der Kläger mit diesem Einwand nach § 41 Abs. 5 StrWG präkludiert sei. Ein Hinweis auf das Fehlen einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung ergebe sich in den Einwendungen des Klägers weder ausdrücklich noch nach dem Sinnzusammenhang. Soweit materielle Umweltgesichtspunkte vorgebracht wurden, erfülle die im Verfahren ausgelegte Umweltverträglichkeitsstudie in Verbindung mit dem landschaftspflegerischen Begleitplan und der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen (Anlagen 12 a bis c und Anhang I zur Umweltverträglichkeitsstudie) alle inhaltlichen Ansprüche einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Sie sei deshalb als sog. "faktische" Umweltverträglichkeitsprüfung zu bewerten.

Hinsichtlich der vom Kläger auch weiterhin gerügten unrichtigen Antragstellung durch den "falschen" Baulastträger, gelte die Klassifikation als Kreisstraße erst recht nach Fortfall der Verlegung der L 107. Nunmehr ändere sich am vorhandenen Straßennetz überhaupt nichts mehr. Die bloße Verbesserung der Leistungsfähigkeit einer schon vorhandenen Straße könne deren Funktion im Netz der vorhandenen Straßen nicht ändern.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts in seinen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Berufungsverhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Auf die Berufung des Klägers war das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und der angegriffene Planfeststellungsbeschluss aufzuheben. Dieser ist rechtswidrig und verletzt den enteignungsbetroffenen Kläger in seinen Rechten.

Maßgebender Prüfungsgegenstand ist der Planfeststellungsbeschluss in der Form, die er während des Berufungsverfahrens durch den Aufhebungs- und Änderungsbeschluss vom 04.06.2003 erhalten hat. Zwar war zunächst der Planfeststellungsbeschluss in seiner Urfassung verfahrensgegenständlich. Der Änderungsbeschluss ist aus einem gesonderten Verfahren hervorgegangen, geht aber in den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss ein. Er entfaltet neben dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss keine eigene Zulassungs- und Gestaltungswirkung. Beide Beschlüsse bilden zusammen eine einheitliche Planfeststellung (BVerwG, Urteil vom 23.01.1981 - 4 C 68/78 -, NJW 1982, S. 950).

Der Planfeststellungsbeschluss ist nach Aufgabe der Planungen zur Verlegung der L 107 in seiner jetzigen Form rechtswidrig. Das Festhalten an dem Ausbau der K 22 kann nicht in der von der Beklagten gewählten Verfahrensweise durch schlichte Teilaufhebung verfolgt werden. Nach dem Wortlaut von § 143 Abs. 1 LVwG bedarf es eines neuen Planfeststellungsverfahrens, wenn vor Fertigstellung des Vorhabens der festgestellte Plan geändert werden soll. Da diese Vorschrift das Verwaltungsverfahren bei der Änderung einer noch nicht abschließend ausgeführten Planfeststellung regelt, setzt sie notwendigerweise voraus, dass eine solche Änderung rechtlich nicht ausgeschlossen ist, sondern der Planfeststellungsbehörde als reguläres Mittel einer nachträglichen Korrektur an der Planungsentscheidung zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.01.1981 - 4 C 68/78 -, NJW 1982, S. 950 zur vergleichbaren Regelung des früheren § 18c FStrG). Das BVerwG (a.a.O.) hat allerdings festgestellt, dass sich hieraus nicht unmittelbar entnehmen lässt, unter welchen Voraussetzungen eine Änderung der Planungsentscheidung im Einzelfall ohne Rechtsverstoß vorgenommen werden darf. Diese Frage entziehe sich einer abstrakten Regelung und sei nach den Maßstäben zu beurteilen, nach denen sich die rechtliche Bindung der Planfeststellungsbehörde bei der Wahrnehmung ihrer grundsätzlich umfassenden planerischen Gestaltungsfreiheit und dementsprechend der Umfang der verwaltungsgerichtlichen Planungskontrolle auch sonst bestimmten (BVerwG a.a.O. S. 951).

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 143 Abs. 1 LVwG sind erfüllt. Der Planfeststellungsbeschluss in seiner ursprünglichen Form erfasste die Straßenbaumaßnahme "Ausbau der Kreisstraße 22 und Verlegung der Landesstraße 107" (Bezeichnung auf S. 1 des Planfeststellungsbeschlusses vom 14.01.2001). Diese Straßenbaumaßnahme ist damit das Vorhaben, von welchem für die Anwendung der Vorschriften der §§ 143, 144 LVwG auszugehen ist. Es steht außer Frage, dass dieses ursprünglich geplante Vorhaben auch nicht fertiggestellt worden ist. Keiner weiteren Erörterung bedarf zudem die Feststellung, dass die Teilaufhebung in Folge der Aufgabe der Verlegung der L 107 eine Änderung des festgestellten Planes in seiner ursprünglichen Fassung darstellt.

Es kommt auch hinsichtlich der Aufgabe der Verlegung der L 107 eine Anwendung der Vorschrift des § 143 Abs. 2 LVwG nicht in Betracht, da ungeachtet der weiteren Voraussetzungen hierin keine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung gesehen werden kann. Dies ist bereits vom Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Auswirkungen auf die Gesamtkonzeption zutreffend festgestellt worden. Schon ein Blick auf die bei den Planungsunterlagen befindliche Übersichtskarte zeigt, dass sowohl streckenanteilig als auch infolge des durch die Verlegung der Bahnübergänge erforderlichen Umfangs der Baumaßnahmen die Verlegung der L 107 einen erheblichen Teil des Gesamtvorhabens ausgemacht hat. Eine Anwendbarkeit von § 143 Abs. 2 LVwG wird insoweit auch vom Beklagten nicht geltend gemacht, sondern nur hinsichtlich der in dem Aufhebungs- und Änderungsbeschluss vom 04.06.2003 unter Ziff. 3.2, S. 3 ff. enthaltenen Änderungen.

Den Anforderungen an ein neues Planfeststellungsverfahren i.S.d. § 143 Abs. 1 LVwG genügt die vom Beklagten vorgenommene Teilaufhebung jedoch nicht. Dabei kann die Anwendbarkeit des § 144 LVwG für die Beurteilung der Anforderungen an das "neue" Planfeststellungsverfahren dahinstehen. § 144 LVwG stellt keine materiellen Regelungen für die Rechtmäßigkeit von Planänderungen auf. Dies gilt selbst dann, wenn die Planänderung in der Aufgabe eines (Teil-)Vorhabens besteht. Die Vorschrift dient dazu, im öffentlichen Interesse "klare Verhältnisse zu schaffen" (BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 4 C 53/82 -, NVwZ 1986, S. 835 zur entsprechenden Vorschrift des ehemaligen § 18d FStrG) und gewährt dem betroffenen Eigentümer einen Anspruch auf rechtsverbindliche Klarstellung, dass die sein Eigentum belastenden Rechtswirkungen des Planfeststellungsbeschlusses infolge der Aufgabe des Vorhabens nicht mehr gegeben sind (BVerwG a.a.O. S. 836).

§ 144 LVwG ist demnach nicht eine Art Ermächtigungsgrundlage zur Aufhebung von Planfeststellungsbeschlüssen, wie die Begründung des Änderungsbeschlusses (Punkt 2, Rechtsgrundlagen für die Aufhebung der geplanten Eisenbahnkreuzungsmaßnahme "Verlegung der L 107", S. 8) und die Ausführungen des Beklagten im Gerichtsverfahren nahe legen, sondern eine formale Schutzvorschrift im Interesse der Planbetroffenen. Dies wird schon an der sprachlichen Fassung der Vorschrift deutlich. Es ist dort nicht geregelt, wann aufgehoben werden kann, sondern wann aufzuheben ist. Es heißt in der Vorschrift "so hat die Planfeststellungsbehörde [...] aufzuheben". Die Schutzrichtung der Norm wird insbesondere aber auch an der weiteren Verpflichtung in § 144 S. 2 LVwG deutlich, dem Träger des Vorhabens Wiederherstellungsmaßnahmen aufzuerlegen.

Die vom Beklagten aufgeworfene Frage, ob es im Rahmen des § 144 LVwG auf die Teilbarkeit von Planfeststellungsbeschlüssen ankommt, stellt sich somit erst dann, wenn eine entsprechende Planänderung nach anderen Vorschriften zulässig ist. Insofern ist die Auffassung des Beklagten zutreffend, § 144 LVwG sei als eine selbständige Regelung neben der Regelung in § 143 LVwG über die Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens zu werten. Sein Schluss hieraus, eine Teilaufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses bestimme sich damit ausschließlich nach § 144 LVwG, geht indes fehl. Es versteht sich von selbst, dass eine Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens die Folge einer teilweisen endgültigen Aufgabe des Vorhabens sein kann. Dies ändert jedoch nichts an der Qualifikation als Planänderung im Sinne des § 143 Abs. 1 LVwG. Anders formuliert muss auch die Teilaufgabe eines Vorhabens in planerischer Hinsicht den Anforderungen des § 143 Abs. 1 LVwG genügen.

Einer Teilaufhebung steht vorliegend zudem § 145 Abs. 1 LVwG entgegen. Die Vorschrift bietet entgegen der Auffassung des Beklagten keinen Anhaltspunkt dafür, dass von der Verfahrensregel des § 143 Abs. 1 LVwG abzuweichen wäre. Schon grundsätzlich würde im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung einer Planänderung nach § 143 Abs. 1 LVwG aus der bloßen Teilbarkeit eines einmal getroffenen Planfeststellungsbeschlusses selbst bei unterstellter Rechtmäßigkeit des Ursprungsbeschlusses nicht automatisch folgen, dass bei Aufgabe eines - ebenfalls unterstellt - abteilbaren Teilvorhabens ein rechtmäßiger Teil übrig bliebe. Eine Teilbarkeit ist jedoch zumindest dann nicht gegeben, wenn wie vorliegend die Voraussetzungen des § 145 Abs. 1 LVwG gegeben sind. Nach dieser Vorschrift findet bei Zusammentreffen mehrerer selbständiger planfeststellungsbedürftiger Vorhaben dann nur ein Planfeststellungsverfahren statt, wenn für diese Vorhaben nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist. Ist eine einheitliche Entscheidung nur für Teile der Vorhaben erforderlich, gilt die Anordnung des einheitlichen Planfeststellungsverfahrens nur für diese Teile.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend zumindest bezüglich der Zusammenführung von K 22 und L 107 auf einer Trasse in Verbindung mit dem Bau der geplanten Eisenbahnunterführung erfüllt. Dieser Teil der Gesamtplanung war insbesondere für die Eisenbahnkreuzungsmaßnahme "Verlegung der Landesstraße 107" und damit einen zentralen Aspekt der Gesamtplanung unverzichtbar. Das Ziel, die L 107 im Planungsgebiet vollständig von höhengleichen Bahnübergängen zu befreien, wäre auf andere Weise nicht zu realisieren gewesen, da dann an dieser Stelle ein höhengleicher Kreuzungspunkt verblieben wäre. In konzeptioneller Hinsicht stand der Bau der Eisenbahnunterführung daher zu keinem Zeitpunkt im Zweifel. Auch in allen Erwägungen bezüglich der K 22 musste aufgrund der gemeinsamen Streckenführung von K 22 und L 107 in diesem Bereich deshalb von dem Bau der Eisenbahnunterführung ausgegangen werden. Ein isolierter Ausbau der K 22 wäre hingegen womöglich auch ohne Bahnunterführung denkbar, da eine Kreisstraße Unterbrechungen des Verkehrsflusses durch höhengleiche Bahnkreuzungen angesichts ihrer Funktion im Straßennetz besser verkraftet als eine Landstraße. Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass ein Planfeststellungsverfahren, welches ausschließlich den Ausbau der K 22 betroffen hätte, zumindest aus Kostengründen einer Variante ohne Eisenbahnunterführung den Vorzug gegeben hätte. Dies hätte auch zu einem geringeren Enteignungsbedarf geführt. Derartige Erwägungen waren angesichts der Verbindung mit der Eisenbahnkreuzungsmaßnahme Verlegung der L 107 überhaupt nicht erforderlich, da hierfür die Schaffung der Unterführung unabdingbar war. Dass die Planungen zur K 22 insoweit zwingend auf den Planungen hinsichtlich der L 107 aufbauten, wird weiter daran deutlich, dass sich erst die Verkehrsuntersuchung vom Januar 2003 überhaupt mit einem "Planungsfall 3 Ausbau der K 22 [...] ohne Verlegung der L 107" befasst. Hinsichtlich dieser erst nachträglich erstellten Verkehrsuntersuchung ist zudem anzumerken, dass auch diese mit dem Planungsfall 3 nur eine Variante berücksichtigt, die den Bau der Eisenbahnunterführung voraussetzt.

War insoweit in materieller Hinsicht eine einheitliche Entscheidung erforderlich, spricht die verfahrensmäßige Verbindung über § 145 Abs. 1 LVwG wegen des hiermit erfüllten Merkmals "nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist" gerade dafür, dass auch im Verfahren nur eine einheitliche Entscheidung erfolgt ist. Dies ist auch folgerichtig, da § 145 Abs. 1 LVwG die Anordnung eines einheitlichen Verfahrens gerade wegen der Verbundenheit der Verfahren in materieller Hinsicht trifft. Das Verfahren einschließlich der Abwägungsentscheidung wird gebündelt, um lückenhafte oder widersprüchliche Entscheidungen in Einzelverfahren zu vermeiden. Der Ansicht des Verwaltungsgerichts und des Beklagten, der angefochtene Planfeststellungsbeschluss habe in seiner ursprünglichen Fassung zwei selbständige Vorhaben enthalten, die lediglich aus dem formalen Grund des § 145 Abs. 1 LVwG in einem einheitlichen Beschluss beschieden worden seien, kann daher nicht gefolgt werden. Wenn es zutreffend wäre, dass jedes der Vorhaben ein selbständig zu verfolgendes planerisches Ziel und eine selbständige planerische Rechtfertigung aufwiese und insbesondere einer eigenständigen Abwägung zugänglich wäre, hätte von vornherein überhaupt kein Anlass zur gemeinsamen Planung mit der Folge der in § 145 Abs. 2 LVwG angeordneten Zuständigkeits- und Verfahrenskonzentration bestanden. In Wirklichkeit ist jedoch das durch § 145 Abs. 1 LVwG angeordnete einheitliche Verfahrensschicksal im Ursprungsbeschluss auch durch den Erlass einer einheitlichen Entscheidung praktiziert worden.

Es erscheint zudem nicht möglich, dass die erheblichen Mängel im Verfahren und damit auch in der Abwägung gemäß § 41 Abs. 8 LStrWG im Wege einer Planergänzung, bzw. eines ergänzenden Verfahrens behoben werden können. Da ein Fall des § 145 Abs. 1 LVwG vorliegt und somit nur einheitlich über die Aufgabe des Vorhabens entschieden werden konnte, kommt schon wegen dieses Verfahrensmangels nur eine Aufhebung des verbliebenen Planungstorso in Betracht. Daneben erschiene aber auch eine ordnungsgemäße Abwägung hinsichtlich des "Restes" ausgeschlossen. Die Verlegung der L 107 und ihre Auswirkungen auf das Verkehrskonzept der Region hatten im Verfahren auf der Seite der öffentlichen Belange ein so erhebliches Gewicht, dass dies sowohl die Bestimmung der tatsächlichen Planungsvarianten als auch die Abwägung mit den privaten Belangen vor allem auch des Klägers in erheblichem Maß beeinflusst hat. Vor allem die Doppelfunktion der Eisenbahnunterführung in der Gesamtplanung hatte für diese eine überragende Rechtfertigungslage geschaffen. Gerade diese ist jedoch mit der Aufgabe der Verlegung der L 107 in großen Teilen entfallen. So ist neben der Verbesserung des Verkehrsflusses auf der L 107 durch die Beseitigung von höhengleichen Bahnübergängen mit der Verkehrsentlastung des Ortsteils Esingen ein weiteres vorrangiges Ziel der Gesamtplanung wegen Unerreichbarkeit seitens der Gemeinde Tornesch aufgegeben worden. Eine ordnungsgemäße Abwägung für den alleinigen Ausbau der K 22 kann daher nur in einem gänzlich neuen Planfeststellungsverfahren erfolgen, welches nicht allein vom Restplanerhalt motiviert ist und auch K 22-Ausbauvarianten berücksichtigt, die nicht von den aufgegebenen Plänen zur Verlegung der L 107 beeinflusst sind.

Es kann damit dahinstehen, ob die vom Kläger auch in der ersten Instanz vorgebrachten weiteren Verfahrensmängel vorliegen. Insbesondere ist es auch nicht mehr entscheidungserheblich, ob der Kläger mit seinem Einwand des Fehlens einer formellen Umweltverträglichkeitsprüfung präkludiert war, weil er sich mit seinen Einwendungen nur auf materielle Umweltgesichtspunkte berufen hat, bzw. ob es ausreichen kann, dass im Verfahren faktisch die Anforderungen der UVP-Richtlinie eingehalten wurden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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