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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 30.07.2003
Aktenzeichen: 2 Sa 4/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 580 Nr. 7 b
Eine Arbeitgeberbescheinigung des Inhaltes, wonach ein Arbeitsverhältnis ruhe, stellt keine "Urkunde" i. S. d. § 580 Nr. 7 b ZPO dar.
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

2 Sa 4/03

Verkündet am 30. Juli 2003

In dem Rechtsstreit

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 2 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 30.07.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 21. Oktober 1998 - 2 Sa 314/98 - wird aufrechterhalten.

2. Die Kosten der Wiederaufnahme trägt die Klägerin.

3. Revisionszulassung: keine.

Tatbestand:

Die Klägerin verfolgt im Wege der Restitutionsklage die Aufhebung des Berufungsurteils vom 21.10.1998 - 2 Sa 314/98 -. Dieses hat eine Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 21.01.1998 - 1 Ca 1781/97 - zurückgewiesen. Sowohl bei dem Arbeitsgericht wie bei dem Landesarbeitsgericht hatte die Klägerin die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien seit dem 01.11.1997 ein Arbeitsverhältnis besteht, wonach sie als vollbeschäftigte Angestellte mit einer Tätigkeit zu betrauen ist, die mit der Vergütungsgruppe I b BAT-O vergütet wird (beim Arbeitsgericht noch als "Verpflichtungsantrag" ausgeführt).

Mit diesem Rechtsstreit hat es folgende Bewandtnis:

Aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 11.07.1990 war die Klägerin - beginnend ab 20.08.1990 - amtierende Leiterin des Rechtsamtes der Beklagten. Danach erhielt sie Lohn/Gehalt nach der Gruppe 9 des Rahmenkollektiwertrages für die örtlichen Staatsorgane (1.400,00 DM brutto + 100,00 DAE).

Mit Schreiben der Beklagten vom 01.07.1991 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass mit Wirkung ab dem nämlichen Tag Grundlage für ihre Vergütung die Tätigkeitsbezeichnung "Amtsleiter" sowie die Vergütungsgruppe "I b" sei.

Die Klägerin entschloss sich, obzwar bereits die Diplomjuristin, die Befähigung zum Richteramt i. S. der Regelungen des Deutschen Richtergesetzes (häufig - wenn auch falsch - "Volljurist") zu erwerben.

Unter dem 12.10.1994 unterzeichneten die Klägerin und der Oberbürgermeister der Beklagten - jeweils eigenhändig durch Namensunterschrift - eine mit "Ausbildungsvertrag" überschriebene Urkunde folgenden Inhalts:

"...

1. Frau ... wird ab 17.10.94 durch den Freistaat Sachsen als Rechtsreferendar in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen. Dieses Dienstverhältnis dauert 2 Jahre und endet mit erfolgreichem Ablegen der 2. Juristischen Staatsprüfung bzw. mit Mitteilung über das Nichtbestehen der ersten Wiederholungsprüfung. Damit erlischt für diese Zeit das Angestelltenverhältnis mit der Stadt Bautzen mit allen Rechten und Pflichten.

2. Die im Punkt 1 genannte Zeit wird als Beschäftigungszeit, nach § 19 BAT-O anerkannt.

3. Bei erfolgreichem Abschluß der Ausbildung wird Frau ... die Aufgabe des Leiters des Rechtsamtes übertragen. Die Anstellung erfolgt in Besoldungsgruppe A 13 des höheren Dienstes.

4. Bei Nichterreichen des Ausbildungszieles wird Frau ... wieder innerhalb der Stadt Bautzen beschäftigt.

5. Frau ... teilt der Stadt ... unverzüglich den Wegfall der Voraussetzungen für diesen Ausbildungsvertrag mit. Eine vorzeitige Rückkehr in ein Arbeitsverhältnis mit der Stadt ... ist nur unter vorheriger Absprache möglich.

6. Dieser Ausbildungsvertrag erlischt mit Aufnahme einer Tätigkeit bei der Stadt ... durch Frau ... bzw. mit Beendigung des Dienstverhältnisses gemäß Punkt 1.

..."

Zur Erreichung ihres Zieles musste die Klägerin nunmehr den richtergesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungsdienst absolvieren und mit der Zweiten Staatsprüfung abschließen. Sie wurde auch zum Vorbereitungsdienst zugelassen und unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Rechtsreferendarin ernannt. Dieses Beamtenverhältnis endete jedoch vor November 1997 an dem Tag, an welchem der Klägerin eröffnet wurde, dass sie die Zweite Juristische Staatsprüfung bei der ersten Wiederholung nicht bestanden habe, wogegen die Klägerin Rechtsmittel ergriffen hat.

Ab 01.11.1997 beschäftigte die Beklagte die Klägerin in der Stabsstelle Stadtentwicklung/Statistik mit einer nach Vergütungsgruppe IV b BAT-O vergüteten Tätigkeit.

Damit war und ist die Klägerin nicht einverstanden. Sie hat bei dem Arbeitsgericht Bautzen die Auffassung vertreten, dass sie seit dem 01.11.1997 zu unveränderten Vertragsbedingungen als vollbeschäftigte Angestellte mit einer nach der Vergütungsgruppe 1 b BAT-O vergüteten Tätigkeit zu betrauen sei. Dazu stützt sich die Klägerin auf den Arbeitsvertrag der Parteien, wie er vor Aufnahme des Vorbereitungsdienstes und vor dem "Ausbildungsvertrag" vom 12.10.1994 bestanden hat.

Bei dem Arbeitsgericht Bautzen hatte die Klägerin mit ihrem Antrag, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 01.11.1997 zu unveränderten Vertragsbedingungen als vollbeschäftigte Angestellte mit einer Tätigkeit zu betrauen, die mit der Vergütungsgruppe I b BAT-O vergütet ist, keinen Erfolg.

Das der Restitutionsklage unterzogene Urteil der Kammer hat den geringfügig modifizierten Berufungsantrag der Klägerin dahin, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bautzen vom 21.01.1998 - 1 Ca 1781/97 - festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 01.11.1997 ein Arbeitsverhältnis besteht, wonach sie als vollbeschäftigte Angestellte mit einer Tätigkeit zu betrauen ist, die mit der Vergütungsgruppe I b BAT-O vergütet wird, auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Auslegung des "Ausbildungsvertrages" hat für die Kammer ergeben, dass die Parteien eine Beendigung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses herbeiführen wollten. Zur Frage eines Fortbeschäftigungs- oder Wiedereinstellungsanspruchs schweigt das Urteil. Es führt jedoch aus, dass sich aus der Zusammenschau der Nummern 3 und 4 des "Ausbildungsvertrages" ergebe, dass nunmehr keineswegs eine der Aufgabe des Leiters des Rechtsamtes der Beklagten gleichwertige Tätigkeit angeboten werden musste. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin von der Beklagten die Beschäftigung mit Tätigkeiten verlangen könnte, die wertmäßig zwischen der jetzt ausgeübten Tätigkeit und der früheren Beschäftigung liegen. Denn das Gericht sei aufgrund der Regelung in § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Hilfsanträge habe die Klägerin (und hat sie auch nicht) formuliert.

Mittlerweile hat die Beklagte der Klägerin zum 31.12.1999 gekündigt, wogegen keine Kündigungsschutzklage erhoben wurde.

Mit ihrer am 03.01.2003 eingegangenen Restitutionsklage macht die Klägerin geltend, am 03.12.2002 Kenntnis von einer Urkunde erhalten zu haben, aus der sich ergebe, dass ihre Behauptungen aus dem Vorprozess korrekt und bewiesen seien, nämlich dass zwischen den Parteien ab 17.10.1994 das bis dahin bestehende Arbeitsverhältnis durch Vereinbarung ruhend gestellt worden sei. Bei der Urkunde handele es sich um eine Bescheinigung bzw. Bestätigung, die die Beklagte im Rahmen der Beantragung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz durch die Tochter der Klägerin ausgestellt habe. Am 03.12.2002 habe die Tochter Einsicht in Akten eines von ihr bei dem Verwaltungsgericht Leipzig zum Az. ... gegen das Studentenwerk ..., Amt für Ausbildungsförderung, geführten Rechtsstreits genommen, sich davon eine Kopie anfertigen lassen und ihrer Mutter, der Klägerin, zur Kenntnis gegeben. Dort sei seitens der Beklagten unter dem 15.09.1995 u. a. bestätigt worden:

"Ab 17.10.94 ruhendes Arbeitsverhältnis."

Mit einem beim Landesarbeitsgericht am 15.07.2003 eingegangenen Schriftsatz vom 11.07.2003 bezieht sich die Klägerin auf eine in ihrer Personalakte abgeheftete Hausmitteilung "Lohn und Gehalt", wo es u. a. heißt:

"17.10.1994 bis voraussichtlich 2 Jahre ruht das Arbeitsverhältnis."

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 21.10.1998 - 2 Sa 314/98 - aufzuheben und unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bautzen vom 21.01.1998 - 1 Ca 1781/97 - festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 01.11.1997 ein Arbeitsverhältnis besteht, nachdem die Klägerin als vollbeschäftigte Angestellte mit einer Tätigkeit zu betrauen ist, die mit der Vergütungsgruppe I b BATO vergütet wird.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 21.10.1998 - 2 Sa 314/98 - aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte erkennt keine Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Hinsichtlich der von ihr angesprochenen Hausmitteilung weist sie darauf hin, dass die Klägerin am 23.12.1999 den Erhalt einer Kopie dieser Hausmitteilung bestätigt habe.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens beider Parteien im Restitutionsverfahren wird Bezug genommen auf die Wiederaufnahmeklage vom 03.01.2003 nebst Anlagen, die Klageerwiderung vom 27.02.2003, den Schriftsatz der Klägerin vom 11.07.2003 sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 23.07.2003 nebst Anlage.

In der Restitutionsverhandlung hat die Kammer Einsicht genommen in Bl. 7 der von dem Verwaltungsgericht Leipzig beigezogenen Verwaltungsakten des Studentenwerkes .../Amt für Ausbildungsförderung "Teil III", nach dortiger Paginierung im Teil vor der Trennkarte "Aktualisierung". Dabei handelt es sich um ein "Zusatzblatt zum Formblatt 3 (Einkommenserklärung)", unterteilt in ein Feld "I. Bestätigung" und ein Feld "II. Bescheinigung des Arbeitgebers". In dem zweiten Feld wird die Höhe des Arbeitgeberanteils (ohne Arbeitnehmer-Sparzulage) zu den vermögenswirksamen Leistungen im Jahre 1994 mit 130,00 DM und der Arbeitnehmeranteil mit 650,00 DM angegeben. Gleichzeitig wird bestätigt, dass die Klägerin vom 01.01.1994 bis 16.10.1994 beschäftigt war, sie über die Zeit der Lohnfortzahlung hinaus nicht krank gewesen sei und Kirchensteuerpflicht bestanden habe. Unter "Bemerkungen" folgt dann der Satz:

"Ab 17.10. 94 ruhendes Arbeitsverhältnis".

Die Bescheinigung im zweiten Feld rührt von der Beklagten her.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Restitutionsklage ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

1.

Unzulässig ist die Restitutionsklage insofern, als sich die Klägerin auf die Hausmitteilung vom 26.10.1994 stützt. Denn eine Restitutionsklage ist vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat (vgl. § 586 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO). Diese Frist ist verstrichen. Denn die Hausmitteilung war der Klägerin mindestens seit Dezember 1999 bekannt. Mit Schreiben vom 13.03.2000 bestätigte sie der Beklagten den Erhalt einer Kopie dieser Hausmitteilung wie folgt:

"Am 23.12.1999 sandten Sie mir eine Kopie o. g. Hausmitteilung."

In der Betreffzeile des Schreibens vom 13.03.2000 bezieht sich die Klägerin auf die Hausmitteilung vom 26.10.1994. Gerechnet ab Dezember 1999 ist die erst 2003 eingegangene Restitutionsklage mithin verfristet.

2.

Soweit sich die Klägerin auf die Bescheinigung der Beklagten vom 15.09.1995 stützt, ist die Restitutionsklage unbegründet.

Die Restitutionsklage findet nach § 580 Nr. 7 b ZPO u. a. statt, wenn die Partei eine "andere" "Urkunde" auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die "eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde".

Keine der genannten Voraussetzungen liegen vor.

a) Bei der Bescheinigung vom 15.09.1995 handelt es sich nicht um eine "andere" Urkunde. In dem Urteil, dessen Aufhebung die Klägerin erstrebt, ist schon keine Urkunde zum Beweis des von der Beklagten in Anspruch genommenen Inhalts des "Ausbildungsvertrages" verwertet worden. Vielmehr ist das Gericht ausschließlich aufgrund der Auslegung des "Ausbildungsvertrages" selbst zu dem gefundenen Ergebnis gelangt.

b) Die Bescheinigung vom 15.09.1995 stellt auch keine "Urkunde" i. S. der Regelung des § 580 Nr. 7 b ZPO dar.

(1) Urkundenbeweis dient nach den Regelungen des Zivilprozessrechts dem Beweis von Tatsachen. Dazu verhält sich die Bescheinigung nicht. Sie enthält eine rechtliche Wertung des Vertragszustandes der Parteien, die überdies mit dem Geschäftssinn des "Ausbildungsvertrages" nicht im Einklang steht. "Ruhen" ist ein Rechtsbegriff und auslegungsfähig. In der Regel bedeutet er eine Suspendierung der wechselseitigen Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis. Davon zu unterscheiden ist die hier von den Parteien der Sache gewählte bloße Wiedereinstellungszusage hinsichtlich der früheren Stelle (bei Bestehen der Prüfung) bzw. hinsichtlich einer anderen Stelle. Die Auslegung des Geschäftssinnes des "Ausbildungsvertrages" der Parteien dahin, dass mehr als ein bloßes "Ruhen" beabsichtigt war, ist keine Tatsache, die urkundenbeweislich entkräftet werden könnte. Denn sie stellt das Ergebnis einer an Tatsachen anknüpfenden rechtlichen Würdigung dar.

(2) Auch stellt die Bescheinigung vom 15.09.1995 keine Urkunde i. S. der Vorschrift des § 580 Nr. 7 b ZPO dar. Bei ihr handelt es sich um eine Bescheinigung der früheren Arbeitgeberin der Klägerin, die insoweit nicht als Behörde gehandelt hat. Mithin liegt eine Privaturkunde vor. Allerdings kann eine Restitutionsklage nicht auf eine Privaturkunde gestützt werden, mit der durch die schriftliche Erklärung eines Zeugen der Beweis für die Richtigkeit der in der Erklärung bekundeten Tatsachen geführt werden soll. Dies hat der Bundesgerichtshof in Sonderheit für Arbeitgeberbescheinigungen bereits entschieden (BGH vom 27.05.1981 - IV b ZR 589/80 -, BGHZ 80, 389, 395). Begründet hat das Gericht dies wie folgt:

"Unter den Restitutionsgründen des § 580 ZPO nimmt die Nr. 7 insofern eine Sonderstellung ein, als die dort angeführten Tatbestände in die Sphäre des Restitutionsklägers fallen. Daß das Gesetz ihm im Falle des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO nicht ansinnt, das rechtskräftige Urteil ohne erneute Überprüfung anzunehmen, beruht auf dem besonderen Beweiswert, der Urkunden typischerweise zukommt und der daher den Mangel der Urteilsgrundlage besonders augenfällig macht ... Diese besondere, für Urkunden typische Beweiskraft kommt der Privaturkunde, in der eine als Zeuge in Betracht kommende Person eine Erklärung über Tatsachen abgegeben hat, hinsichtlich der Richtigkeit dieser Tatsachen nicht zu. Die eingeschränkte formelle Beweiskraft einer Privaturkunde (§ 416 ZPO) schließt es zwar nicht aus, im Wege der freien Beweiswürdigung der Urkunde einen Beweiswert für die Richtigkeit des Erklärten zuzumessen ... Für den Zivilprozeß besteht jedoch auch kein dem § 250 StPO entsprechendes Verbot, eine Zeugenvernehmung durch einen Urkundenbeweis zu ersetzen.

Der Beweiswert der Privaturkunde für die Richtigkeit des Erklärten ist jedoch in einem solchen Fall geringer als derjenige einer Aussage des Zeugen. Da die Restitutionsklage nicht auf eine neue Zeugenaussage gestützt werden darf, kann hierzu auch eine schriftliche Beantwortung der Beweisfrage durch den Zeugen, der ein geringerer Beweiswert als der Aussage des Zeugen zukommt, nicht ausreichen ... Die Zulassung derartiger Urkunden als Wiederaufnahmegrund würde beinhalten, daß auch die Vernehmung des Zeugen zugelassen werden müßte, da der Gegenpartei ein solcher Beweisantrag nicht verwehrt werden könnte. Damit würde die Restitutionsklage letztlich unter Umgehung des § 580 ZPO auf eine neue Zeugenaussage gestützt. Die Vorschrift des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO muß daher nach ihrem Sinn einengend dahin ausgelegt werden, daß die Restitutionsklage nicht auf eine Privaturkunde gestützt werden kann, mit der durch die schriftliche Erklärung einer als Zeuge in Betracht kommenden Person der Beweis für die Richtigkeit der in der Erklärung bekundeten Tatsachen geführt werden soll ..."

Daraus ergibt sich gerade hier eindringlich, dass die Bescheinigung vom 15.09.1995 einen ungeeigneten Restitutionsgrund darstellt. Dies ergibt sich hier zusätzlich aus einer weiteren Überlegung: Würde die Ausstellerin der Bescheinigung vom 15.09.1995 zu dem Beweissatz "ab 17.10.94 ruhendes Arbeitsverhältnis" benannt werden, dürfte sie hierzu nicht vernommen werden. Denn die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis ruht, ist eine Rechtsfrage, die einer Beantwortung durch Zeugenbeweis nicht zugänglich ist. In Sonderheit könnte die Ausstellerin der Bescheinigung nicht die Richtigkeit des schriftlich Bescheinigten bestätigen, weil es sich auch insoweit nicht um eine Tatsachen-, sondern um eine Rechtsfrage handelt. Wäre mithin schon die Ausstellerin der Bescheinigung als Zeugin zu dem von ihr selbst Bescheinigten nicht vernehmbar, scheitert erst recht die Verwertbarkeit der Bescheinigung selbst. Insoweit schließt sich auch der Kreis zu dem vorstehend unter (1) Gesagten dahin, dass selbst eine verwertbare Urkunde nur zum Beweis von Tatsachen brauchbar ist.

c) Selbst wenn die Bescheinigung hier eine verwertbare Urkunde darstellen würde, hätte sie doch nur die Beweiskraft einer Privaturkunde des § 416 ZPO. Diese geht lediglich dahin, dass die in der Urkunde enthaltene Erklärung von dem Aussteller abgegeben ist. Dies bedeutet hier, dass sich aus der Bescheinigung vom 15.09.1995 lediglich ergibt, dass die Beklagte eine Bescheinigung mit der Bemerkung "ab 17.10.94 ruhendes Arbeitsverhältnis" abgegeben hat, nicht aber, dass dies auch richtig sei.

d) Selbst bei Annahme einer öffentlichen Urkunde - wie aber nicht - wäre die Bescheinigung vom 15.09.1995 lediglich mit der Beweiskraft des § 415 Abs. 1 oder derjenigen des § 418 Abs. 1 ZPO ausgestattet. In dem einen Fall geht es um den Beweis des durch eine Behörde oder eine Urkundsperson beurkundeten Vorgangs, was hier nicht zutrifft. In dem anderen Fall geht es um den Beweis der in der Urkunde bezeugten "Tatsachen". Auch daran fehlt es, weil es sich bei der Frage des Ruhens eines Arbeitsverhältnisses nicht um eine Tatsache, sondern eine Rechtsfolge von Tatsachen handelt (etwa gesetzliche Anordnung oder Vereinbarung des Ruhens, wobei aber Letzteres gerade fehlt).

e) Weder vorgetragen noch ersichtlich ist im Übrigen, dass die Ausstellerin der Bescheinigung vom 15.09.1995 zur rechtsgeschäftlichen Vertretung der Beklagten in dem Sinne befugt war, dem "Ausbildungsvertrag" einen anderen Inhalt zu geben, als er zwischen der Klägerin mit dem Oberbürgermeister der Beklagten vereinbart worden war.

f) Bei der Bescheinigung vom 15.09.1995 handelt es sich auch nicht um eine Urkunde, die eine der Klägerin "günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde".

Die Klägerin hat die Feststellung erstrebt, dass zwischen den Parteien seit dem 01.11.1997 ein Arbeitsverhältnis bestehe, wonach sie als vollbeschäftigte Angestellte mit einer Tätigkeit zu betrauen ist, die mit der Vergütungsgruppe I b BAT-O vergütet wird.

Aus dem streitgegenständlichen Urteil ergibt sich aber, dass der Klägerin im Falle des Scheiterns nach ihrer Rückkehr nunmehr mitnichten eine der Aufgabe des Leiters des Rechtsamtes der Beklagten gleichwertige Tätigkeit hätte angeboten werden müssen.

Daraus folgt, dass sie in dem Rechtsstreit auch dann unterlegen wäre, wenn keine bloße Wiedereinstellungszugsage, sondern lediglich ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses verabredet worden wäre. Demgemäß könnte auch eine das "Ruhen" bestätigende Urkunde das Prozessergebnis nicht ändern.

Im Übrigen ergibt sich jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum 31.12.1999 aufgrund der von der Klägerin nicht angefochtenen Kündigung, dass die Klägerin ohnehin seit Ablauf der Kündigungsfrist in keinem Arbeitsverhältnis der Parteien mehr steht, erst recht nicht in einem solchen, in dessen Rahmen sie mit einer Tätigkeit nach der Vergütungsgruppe I b BAT-O zu betrauen und zu vergüten wäre. Ob der für den Zeitraum vom 01.11.1997 bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses, also für einen vergangenen Zeitraum, im Rahmen der Restitutionsklage fortbetriebene Feststellungsantrag überhaupt zulässig wäre (wie übrigens nicht), wäre nur im Falle einer erfolgreichen Wiederaufnahme zu prüfen.

II.

Die Kosten der Wiederaufnahme fallen entsprechend der Regelung in § 97 Abs. 1 ZPO der Klägerin zur Last.

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann ihrerseits durch Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde) angefochten werden. Möglich ist dies unter den in § 72 a ArbGG genannten Voraussetzungen.

Ende der Entscheidung

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