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Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 11.05.2005
Aktenzeichen: 2 Sa 620/04
Rechtsgebiete: BGB, BBiG, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 296 Satz 1
BGB § 613 a Abs. 1 Satz 1
BGB § 613 a Abs. 5
BGB § 613 a Abs. 6
BGB § 613 a Abs. 6 Satz 1
BGB § 615
BGB § 615 Abs. 1 Satz 1
BGB § 615 Satz 1
BBiG § 3 Abs. 2 a. F.
BBiG § 10 Abs. 1 Satz 1 a. F.
BBiG § 10 Abs. 2
BBiG § 12 Abs. 1 a. F.
BBiG § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a a. F.
ArbGG § 111 Abs. 2
1) Der Widerspruch gegen den Übergang eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses im Falle Betriebsüberganges kann auch schlüssig erfolgen.

2) Möglich ist dies auch durch eine form- und fristwahrende Klageerhebung gegen den Betriebsverpächter, mit dem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis zum Zeitpunkt des Überganges begründet war.

3) § 615 BGB findet auch i. R. eines Ausbildungsverhältnisses Anwendung, wenn die Ausbildung über einen Zeitraum von sechs Wochen hinaus entfällt. Die Beschränkung in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a BBiG a. F. (= § 19 Abs. 1 Nr. 2 a BBiG n. F.) steht dem nicht entgegen.


Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

Az.: 2 Sa 620/04

Verkündet am 11. Mai 2005

In dem Rechtsstreit

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 2 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 11.05.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten zu 1. gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 19. Mai 2004 - 10 Ca 10101/04 - wird auf Kosten der Beklagten zu 1. zurückgewiesen.

Revision ist zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Ausbildungsvergütung.

Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. des Ersten Rechtszugs, die allein Berufung führt, ist ein Berufsausbildungsvertrag zur Ausbildung der Klägerin im Ausbildungsberuf Hotelfachfrau beginnend ab 01.08.2002 und endend am 31.07.2005 geschlossen worden.

Ausbildungsbetrieb war das ...-Hotel in ...

Dieses Hotel hat die Beklagte zu 2. des Ersten Rechtszugs (fortan: die ... GmbH) mit Mietvertrag vom 30.09.2003 von der Beklagten zu 1. samt Personal übernommen. Darüber sind die Mitarbeiter in einer Mitarbeiterversammlung am 30.09.2003 informiert worden. Nach dieser Mitarbeiterversammlung hat der Hotelleiter ... im Auftrag der Beklagten zu 1. das Hotel an die ... GmbH übergeben. Sie erhielt von Herrn ... die Schlüssel zum Hotel. Alle Geschäftsunterlagen befanden sich bereits im Hotel.

Ab dem Zeitpunkt der Übergabe sind alle das Hotel betreffenden Weisungen von Frau ... als Vertreterin der... GmbH erteilt worden. Nach dem 30.09.2003 hat die Beklagte zu 1. keine Eingriffe in den Hotelbetrieb mehr vorgenommen. Ab dem 01.10.2003 hat die ... GmbH sämtliche Umsätze des Hotels vereinnahmt mit Ausnahme der Kreditkartenabrechnungen, die bis zum 10.10.2003 noch auf das Konto der Beklagten zu 1. liefen.

Bis November 2003 hat die Klägerin die praktische Ausbildung in dem Hotel absolviert. Seit Dezember 2003 ist dieses jedoch geschlossen. Seither kann die Klägerin nur noch die theoretische Ausbildung wahrnehmen.

Seit Oktober 2003 hat die Klägerin keine Vergütung mehr erhalten.

Streitgegenstand sind (neben einem Zinsanspruch) die Ausbildungsvergütungen der Klägerin für die Monate Oktober bis Dezember 2003 sowie für Januar 2004 in Höhe von monatlich 306,78 € brutto, insgesamt mithin 1.227,12 € brutto. Strittig ist dabei nicht die Höhe, sondern der Grund der Forderung.

Der Klage vorangegangen ist am 10.02.2004 eine Verhandlung vor dem Schlichtungsausschuss der IHK ..., die mit einem sog. Nichtspruch vom selben Tage endete. Am 11.02.2004 hat die Klägerin selbst durch die Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts Bautzen Klage gegen die Beklagte zu 1. und die ... GmbH aufnehmen lassen. Klagezustellung erfolgte jeweils unter dem 14.02.2004. Zugestellt wird bei Aufnahme einer Klage durch die Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts Bautzen eine auch von dem Kläger selbst unterzeichnete Klageschrift.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass es nicht zu einem Übergang des Hotels auf die ... GmbH gekommen sei, weswegen eine der Beklagten die Zahlung der Ausbildungsvergütung schulde.

Aufgrund der Unklarheiten darüber, bei wem das Hotel verblieben ist, hat sie beantragt,

die Beklagte zu 1. und die ... GmbH als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.227,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.02.2004 zu bezahlen.

Die Beklagte zu 1. hat - ebenso wie die ... GmbH - Klageabweisung

beantragt und sich darauf bezogen, aufgrund Betriebsüberganges seit 01.10.2003 nicht mehr Ausbilderin der Klägerin gewesen zu sein.

Das Arbeitsgericht hat die streitgegenständliche Forderung gegen die Beklagte zu 1. ausgeurteilt, die Klage gegen die ... GmbH jedoch abgewiesen.

Nach der Auffassung des Arbeitsgerichts ist die Beklagte zu 1. Ausbilderin der Klägerin geblieben. Die Frage nach einem Betriebsübergang könne dahinstehen. Denn jedenfalls habe die Klägerin dem Übergang ihres Ausbildungsverhältnisses dadurch widersprochen, dass sie die Beklagte zu 1. auf Zahlung in Anspruch nimmt (und einen Betriebsübergang auf die ... GmbH bestreite).

Die Beklagte zu 1. hat gegen das ihr am 22.07.2004 zugestellte Urteil am 09.08.2004 Berufung eingelegt und begründet.

Die Beklagte zu 1. bleibt dabei, dass es zu einem Betriebsübergang hinsichtlich des Hotels gekommen ist.

In der Klage könne ein Widerspruch gegen den Übergang des Ausbildungsverhältnisses schon deshalb nicht gesehen werden, weil sich die Klägerin widersprüchlich verhalten habe. Denn sie habe ja auch die ... GmbH verklagt.

Die Beklagte zu 1. beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bautzen vom 19.05.2004 - 10 Ca 10101/04 - die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil.

Sie macht sich im Berufungsverfahren die Argumentation des Arbeitsgerichts zu Eigen, wonach sie - die Klägerin - durch die Inanspruchnahme der Beklagten zu 1. dem Übergang ihres Ausbildungsverhältnisses widersprochen habe.

Dies sei auch noch möglich gewesen. Den Betriebsübergang betreffende Informationen seien lediglich mündlich erfolgt.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Die Ausführungen der Klägerin betreffend einen Widerspruch gegen den Übergang des Ausbildungsverhältnisses finden sich in ihrer Berufungsbeantwortung, von welcher der Beklagten zu 1. eine von der (noch im Verlaufe des ersten Rechtszuges mandatierten) Prozessbevollmächtigten der Klägerin eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnete beglaubigte Abschrift zugeleitet wurde.

Entscheidungsgründe:

A.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Denn die - ihrerseits zulässige - Klage ist begründet.

I.

Als Streitigkeit zwischen Ausbildendem und Auszubildender erfüllt die Klage die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 111 Abs. 2 ArbGG.

Denn zum einen ist der Klage die Verhandlung vor dem Schlichtungsausschuss der IHK ... vorangegangen (§ 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG). Zum anderen ist binnen zwei Wochen nach ergangenem Spruch Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben worden (§ 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG), ohne dass es wegen dieser Fristwahrung darauf ankommt, ob der "Nichtspruch" die Klagefrist überhaupt in Gang setzen konnte.

II.

Die Klage ist begründet. Denn die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1. Anspruch auf Zahlung der streitgegenständlichen Ausbildungsvergütung aus dem Ausbildungsvertrag i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 BBiG a. F., § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a BBiG a. F. sowie § 3 Abs. 2 BBiG a. F. i. V. m. § 615 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Grunde nach.

Der Höhe nach ist die Forderung außer Streit. Damit besteht (aus ihr) auch der Anspruch auf Prozesszinsen im ausgeurteilten Umfang (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB).

1. Für die Monate Oktober und November 2003 ergibt sich der Vergütungsanspruch aus dem Ausbildungsvertrag der Parteien i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 BBiG a. F.

In diesem Zeitraum hat die Klägerin ihre praktische Ausbildung in dem Hotel absolviert. Vergütet worden ist sie für diese Zeit nicht; insbesondere ist sie auch nicht durch die ... GmbH vergütet worden, wie sich aus der rechtskräftigen Abweisung der auch gegen die ... GmbH gerichteten Klage ergibt.

Richtig ist, dass die Vergütungspflicht lediglich den Ausbildenden trifft. Das war und ist die Beklagte zu 1.:

Unstreitig ist die Beklagte zu 1. aufgrund des schriftlichen Berufsausbildungsvertrages der Parteien Ausbildende der Klägerin geworden.

Die Beklagte zu 1. ist im Rechtssinne Ausbilderin der Klägerin aber auch nach Übertragung des Hotels auf die ... GmbH geblieben.

a) Richtig wiederum ist, dass nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB, welche Vorschrift über § 3 Abs. 2 BBiG a. F. auch auf ein Berufsausbildungsverhältnis - wie hier - anwendbar war (durch die Neuregelung in § 10 Abs. 2 BBiG hat sich keine Änderung ergeben, weswegen im Folgenden im Zusammenhang mit Verweisungen nach § 3 Abs. 2 BBiG a. F. die - auf den Streitzeitraum bezogene - Gegenwartsform verwendet wird), ein Betriebsinhaberwechsel auch zum Wechsel des Arbeitgebers sowie des Ausbildenden führt. Richtig ist auch, dass hinsichtlich der Übertragung des Hotels sämtliche Voraussetzungen für einen Betriebsinhaberwechsel auf die ... GmbH vorgelegen haben. Denn auf diese ist das Hotel durch den Mietvertrag (teilweise auch als Pachtvertrag bezeichnet, was der Vertrag dem Geschäftssinne nach wohl auch ist) übergegangen. Der Übergang hat sich auch faktisch realisiert. Denn beginnend ab dem 01.10.2003 erfolgte der Hotelbetrieb durch die ... GmbH. Lediglich bis 10.10.2003 wurden noch Kreditkartenabrechnungen über die Beklagte zu 1. abgewickelt. Insbesondere aus dem tatsächlichen Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ergibt sich nicht (mehr), sie wolle die Tatsachen bestreiten, aus denen auf einen Betriebsübergang zu schließen ist. Dies folgt schon daraus, dass sie sich auf einen Fortbestand des Ausbildungsverhältnisses zu der Beklagten zu 1. aufgrund eines von ihr ausgeübten Widerspruchs bezieht. Relevanz hat ein Widerspruch nur, wenn es tatsächlich zu einem Betriebsübergang gekommen sein sollte oder ein solcher wenigstens unterstellt wird.

b) Hier war der - vorgekommene, s. o. - Betriebsübergang nicht mit einem Wechsel des Ausbilders verbunden. Denn die Klägerin konnte aufgrund der Regelungen des § 613 a Abs. 6 BGB dem Übergang des Ausbildungsverhältnisses widersprechen, was sie auch getan hat. Dies wirkt auf den Zeitpunkt des Betriebsinhaberwechsels zurück (zum richterrechtlich entwickelten Widerspruch nach altem Recht BAG vom 22.04.1993 - 2 AZR 50/92 - EZA § 613 a BGB Nr. 111), weswegen nicht die ... GmbH Ausbilderin der Klägerin anstelle der Beklagten zu 1. geworden ist.

Aufgrund § 3 Abs. 2 BBiG a. F. i. V. m. § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB kann ein Auszubildender dem Übergang seines Ausbildungsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang einer Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB schriftlich widersprechen, wobei der Widerspruch gegenüber dem bisherigen Ausbilder oder dem neuen Inhaber erklärt werden kann.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

aa) Das Bundesarbeitsgericht hat bisher offen gelassen, ob der - seinerzeit lediglich richterrechtlich entwickelt gewesene - Widerspruch gegen den Übergang eines Arbeitsverhältnisses ausdrücklich erklärt werden muss oder auch aus einem schlüssigen Erklärungsverhalten des Arbeitnehmers abgeleitet werden kann (vgl. BAG vom 29.11.1988-3 AZR 250/87 - EzA § 613 a BGB Nr. 81).

Nachdem es sich bei dem Widerspruch um ein Gestaltungsrecht handelt, das durch empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt wird (vgl. zum alten Recht BAG vom 27.04.1995 - 8 AZR 197/94 - EzA § 613 a BGB Nr. 126), und § 613 a Abs. 6 BGB eine bestimmte Formulierung oder Wortwahl für den Widerspruch nicht vorschreibt, genügt auch ein schlüssiges Erklärungsverhalten des Arbeitnehmers.

(1) In Betracht kommt hier insoweit die Klageerhebung auch gegenüber der Beklagten zu 1. Bei der nach § 133 BGB gebotenen Auslegung dieses Verhaltens konnte die Beklagte zu 1. nicht davon ausgehen, dass die Klägerin sie aus ihrer Stellung als Ausbilderin entlassen wollte. Die Inanspruchnahme wegen der Ausbildungsvergütung drückt gerade das Gegenteil aus.

Demgegenüber schadet es nicht, dass die Klägerin auch die ... GmbH verklagt hat. Dies dürfte zwar prozessual als bedingte Klageerhebung gegen die ... GmbH (für den Fall der Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 1.) nicht zulässig gewesen sein. Materiell-rechtlich primär in Anspruch genommen und auch in erster Linie verklagt (eben als Beklagte "zu 1.") war aber die Partei, mit der der Berufsausbildungsvertrag bislang bestanden hatte.

Jedenfalls dürfte sich die Beklagte auf ein mehrdeutiges Verhalten der Klägerin nicht berufen können dürfen, nachdem sie ihren Unterrichtungspflichten nach § 613 a Abs. 5 BGB nicht in der danach vorgeschriebenen Textform nachgekommen ist. Denn es ist nicht auszuschließen, dass erst dadurch die Unsicherheit der Klägerin darüber begründet worden ist, wer nun ihr Ausbilder sei. Derartige Zweifel ausräumen helfen soll gerade die Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB. Eine Verletzung der Unterrichtungspflicht kann jedenfalls im Ergebnis nicht zu Lasten der Klägerin gehen.

(2) Unabhängig von dem Vorstehenden und selbständig tragend hat die Klägerin dem Übergang ihres Ausbildungsverhältnisses jedenfalls mittlerweile dadurch widersprochen, dass sie sich in ihrer Berufungsbeantwortung die Auffassung des Arbeitsgerichts zu Eigen gemacht hat, wonach dem Übergang des Ausbildungsverhältnisses widersprochen worden sei. Jedenfalls die Berufungsbeantwortung selbst stellt dann den Widerspruch dar. Insoweit kann die Beklagte zu 1. auch nicht mehr im Unklaren darüber sein, dass die Klägerin das Ausbildungsverhältnis als mit ihr fortbestehend ansieht. Denn die Klägerin hat sich mittlerweile mit ihrer Klage gegen die ... GmbH rechtskräftig abweisen lassen und den Rechtsstreit ausschließlich mit der Beklagten zu 1. fortgeführt.

bb) Der Widerspruch der Klägerin ist auch form- und fristgerecht erfolgt.

(1) Dem Schriftformerfordernis ist genügt. Denn es wurde eine auf der Rechtsantragstelle aufgenommene eigenhändig durch Namensunterschrift der Klägerin unterzeichnete Klage zugestellt.

Würde auf die Ausübung des Widerspruchs erstmals im Berufungsverfahren abgestellt, ist auch hier das Formerfordernis jedenfalls dadurch gewahrt, dass der Beklagten zu 1. eine durch die Prozessbevollmächtigte der Klägerin eigenhändig durch Namensschrift unterzeichnete beglaubigte Abschrift der Berufungsbeantwortung zugeleitet wurde.

(2) Gewahrt ist in jedem Fall auch die Frist von einem Monat für die Ausübung des Widerspruchs.

Nach § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB beginnt diese Frist (erst) nach Zugang der Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB.

§ 613 a Abs. 5 BGB setzt eine Unterrichtung in Textform voraus, woran es hier unstreitig fehlt.

Damit erfolgte der in der Klageschrift oder jedenfalls in der Berufungsbeantwortung zu erkennende Widerspruch der Klägerin hier in noch offener Frist.

2. Für die Dauer von sechs Wochen beginnend ab 01.12.2003 war die - nach dem Vorstehenden auch insoweit weiterhin passivlegitimierte - Beklagte zu 1. aufgrund des Ausbildungsvertrages der Parteien i. V. m. der Regelung in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a BBiG a. F. zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet. Denn die Klägerin hat sich für die ausgefallene Berufsausbildung bereitgehalten, was Voraussetzung des Fortzahlungsanspruchs ist.

3. Für den übrigen Streitzeitraum schuldet die - nach dem Vorstehenden weiter als Ausbilderin aus dem Ausbildungsvertrag anspruchsverpflichtete - Beklagte zu 1. die Vergütung nach § 3 Abs. 2 BBiG a. F. i. V. m. § 615 Satz 1 BGB.

Nach § 615 Satz 1 BGB kann ein zu Dienstleistungen Verpflichteter, auch ein Arbeitnehmer, die Nachzahlung der vereinbarten Vergütung auch dann verlangen, wenn der Dienstberechtigte, auch ein Arbeitgeber, mit der Annahme der Dienste in Verzug (Annahmeverzug) geraten ist.

a) Diese Regelung gilt über § 3 Abs. 2 BBiG a. F. auch für Berufsausbildungsverhältnisse.

Unzweifelhaft ist dies nicht. Denn § 615 Satz 1 BGB ist eine Regelung aus den Bestimmungen über den Dienstvertrag. Bei diesem stehen die Verpflichtung zur Dienstleistung und die Verpflichtung zur Gewährung der vereinbarten Vergütung in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Entsprechendes gilt für einen Arbeitsvertrag für das Verhältnis zwischen Arbeit und Arbeitsentgelt.

Bei einem Berufsausbildungsvertrag hingegen ist die Ausbildungsvergütung nicht (primäre) Gegenleistung des Ausbilders. Hauptzweck eines Berufsausbildungsvertrages ist vielmehr das Ausbilden als solches (s. zum Inhalt des Berufsausbildungsverhältnisses den ersten Unterabschnitt im zweiten Abschnitt des zweiten Teils des BBiG a. F., der von dieser Primärleistungspflicht des Ausbildenden handelte; die Vergütung war erst danach und erst im Anschluss an die "Pflichten des Auszubildenden" geregelt; auch das neue BBiG regelt die Vergütung nicht im Zusammenhang mit den "Pflichten des Ausbildenden", sondern ebenfalls in einem separaten Abschnitt).

Fraglich ist auch, ob nicht dann, wenn die Berufsausbildung ausfällt, die Fortzahlung der Vergütung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a BBiG a. F. abschließend auf die Dauer von sechs Wochen beschränkt ist.

Demgegenüber wendet das Bundesarbeitsgericht § 615 BGB an, ohne sich mit den hier aufgeworfenen Fragen auseinander zu setzen (vgl. etwa Urteil vom 15.03.2000 - 5 AZR 622/98 - EzA § 14 BBiG Nr. 10).

Für eine ergänzende Anwendung des § 615 BGB streitet, dass der Anwendungsbereich des § 12 Abs. 1 BBiG a. F. (unverändert jetzt § 19 Abs. 1 Nr. 2 a BBiG) die Rechte des Auszubildenden gegenüber dem auf den Annahmeverzug beschränkten Anwendungsfall des § 615 BGB erweitert. Gemessen daran ist nicht ersichtlich, warum nicht nach Ablauf des Zeitraums von sechs Wochen auch dem Auszubildenden nicht wenigstens - nicht zuletzt wegen der Verweisung des § 3 Abs. 2 BBiG auf das Arbeitsrecht - ein Nachzahlungsanspruch nach und unter den Voraussetzungen des § 615 BGB zustehen können soll.

b) Die Voraussetzungen für einen Nachzahlungsanspruch liegen auch vor. Die Klägerin war auch über den 30.09.2003 hinaus bereit, sich ausbilden zu lassen. Dem hat die Beklagte zu 1. spätestens nach Ablauf der praktischen Ausbildung der Klägerin im Hotel nicht mehr entsprochen. Auch insoweit kann sie nicht auf die ... GmbH verweisen. Denn diese ist aufgrund des rückwirkenden Widerspruchs der Klägerin gegen den Übergang ihres Ausbildungsverhältnisses im Rechtssinne nicht Ausbilderin der Klägerin geworden.

Besonders anbieten musste die Klägerin ihre Bereitschaft, sich weiter ausbilden zu lassen, nicht. Denn die Beklagte zu 1. hat bereits in der Mitarbeiterversammlung deutlich gemacht, ab 01.10. nicht mehr Ausbilderin zu sein. Gemessen daran war zur Begründung des Gläubigerverzugs der Beklagten zu 1. ein besonderes Angebot der Klägerin aufgrund der Regelung in § 296 Satz 1 BGB entbehrlich. Denn es war an der Beklagten zu 1., der Klägerin ihren Ausbildungsplatz (weiter) zur Verfügung zu stellen.

B.

Die Beklagte zu 1. hat aufgrund der Regelung in § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer ohne Erfolg gebliebenen Berufung zu tragen.

Die Revision gegen dieses Urteil ist zuzulassen, denn es kommt entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung zu. Zum einen steht die Auslegung des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB in Rede; zum anderen geht es um die Frage der Anwendbarkeit des § 615 BGB im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses.

Im Folgenden wird über das Rechtsmittel und das Gericht, bei dem das Rechtsmittel einzulegen ist, die Anschrift des Gerichts und die einzuhaltende Frist und Form belehrt.

Ende der Entscheidung

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