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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 10.12.2008
Aktenzeichen: 2 SaGa 19/08
Rechtsgebiete: GG, LVerfSachs., ArbGG, GVG, SächsPÜG


Vorschriften:

GG Art. 74 Abs. 1 Nr. 1
GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2
LVerfSachs. Art. 78 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 b
ArbGG § 48 Abs. 1
GVG § 17 a Abs. 3 Satz 2
SächsPÜG § 2 Abs. 3
Für die Entscheidung über das (Fort-)Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Freistaat Sachsen nach der Neuordnung der Sächsischen Verwaltung sind ausschließlich die Gerichte für Arbeitssachen zuständig.
Sächsisches Landesarbeitsgericht BESCHLUSS

Az.: 2 SaGa 19/08

Chemnitz, 10.12.2008

In dem Rechtsstreit

...

wegen Personalüberganges/Einstweilige Verfügung

hier: Berufung/Zulässigkeit des Rechtsweges/Vorabentscheidung

hat die 2. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts am 10.12.2008 durch ihren Vorsitzenden, den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ..., sowie durch die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Herrn ... auf die diesbezüglich vom Verfügungsbeklagten im ersten Rechtszug erhobene und im Rahmen seiner Berufung wiederholte Rüge ohne mündliche Verhandlung sowie ohne vorherige Anhörung des durch diese Entscheidung allein begünstigten Verfügungsklägers vorab beschlossen:

Tenor:

Der beschrittene Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

Gründe:

I.

Der Verfügungsbeklagte hat im ersten Rechtszug die Zulässigkeit des vom Kläger beschrittenen Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen gerügt.

Das Arbeitsgericht hat in dem mit der Berufung des Verfügungsbeklagten angefochtenen Urteil trotz Rüge (S. 5 vorletzter Absatz des Urteils = Bl. 70 d. A.: "der Verwaltungsakt könne lediglich vor den Verwaltungsgerichten angegriffen werden") über die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht vorab durch Beschluss, sondern in den Gründen des der Verfügungsklage stattgebenden (und antragsgemäß den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien feststellenden) Urteils entschieden.

Der Verfügungsbeklagte hat die Rüge im Rahmen der Berufung wiederholt.

II.

1. Entscheidet ein Arbeitsgericht entgegen § 48 Abs. 1 ArbGG, § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG trotz Rüge einer Partei über die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht vorab durch Beschluss (auch im einstweiligen Rechtsschutz: BAG vom 24.05.2000 - 5 AZB 66/99 - EzA § 17 a GVG Nr. 11) - wie hier -, sondern in den Gründen des der Klage stattgebenden Urteils - wie ebenfalls hier -, so kann die beklagte Partei hiergegen wahlweise sofortige Beschwerde oder Berufung einlegen (BAG vom 26.03.1992 - 2 AZR 443/91 - EzA § 48 ArbGG 1979 Nr. 5).

Wird - wie hier - Berufung eingelegt, so darf das Landesarbeitsgericht den Rechtsstreit nicht an das Arbeitsgericht zurückverweisen; § 65 ArbGG steht in diesem Fall einer eigenen Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs nicht entgegen (BAG vom 26.03.1992 a. a. O.).

Bejaht das Landesarbeitsgericht die Zulässigkeit des Rechtswegs, hat es dies vorab durch Beschluss auszusprechen (BAG vom 26.03.1992 a. a. O.).

2. Hier ist die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen zu bejahen.

In Rede steht zwischen den Parteien aufgrund des insoweit maßgebenden Klagevorbringens (BAG vom 24.05.2000 a. a. O.) eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit als Arbeitnehmer und als Arbeitgeber über das Bestehen oder Nichtbestehen eines sie verbindenden Arbeitsverhältnisses.

Dafür sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG ausschließlich die Gerichte für Arbeitssachen zuständig. An dieser Zuständigkeitsregelung hat das Gesetz über den Personalübergang vom Beklagten auf die kommunalen Körperschaften (Sächsisches Personalübergangsgesetz - SächsPÜG) nicht ausdrücklich etwas geändert.

An der zu entscheidenden Streitfrage ändert sich auch nichts dadurch, dass der Verfügungsbeklagte sich gegenüber dem Verfügungskläger einer Beendigung des zu ihm bestehenden Arbeitsverhältnisses aufgrund einer sog. Übergabeverfügung nach § 2 Abs. 3 SächsPÜG berühmt. Denn dadurch wird bestenfalls (zusätzlich) der Rechtsweg vor die Verwaltungsgerichte eröffnet, denen jedoch aufgrund der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen die Entscheidungskompetenz fehlt, über die bürgerlich-rechtliche Beendigung oder den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses (oder gar die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses mit einem Dritten gegen den Willen des Arbeitnehmers) zu befinden. Davon zu unterscheiden ist die materiellrechtliche (und insoweit doppelrelevante) Frage, welches Schicksal das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund welchen Rechtsaktes erleiden kann und erlitten hat. Endete das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund Verwaltungsaktes, wäre die Verfügungsklage als unbegründet (und nicht etwa mangels Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen als unzulässig) abzuweisen. Anderenfalls wäre ihr in der Sache zu entsprechen.

Nachdem durch das Personalübergangsgesetz die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nicht ausgeschlossen ist, kann dahinstehen, ob ein beabsichtigter Ausschluss mit dem ArbGG (als Bundesgesetz) vereinbar wäre. Immerhin hat der Bundesgesetzgeber mit der genannten Regelung des Arbeitsgerichtsgesetzes von seiner sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ergebenen Gesetzgebungskompetenz hinsichtlich der Gerichtsverfassung und des gerichtlichen Verfahrens abschließend Gebrauch gemacht und dadurch den gesetzlichen Richter i. S. d. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (und auch des Art. 78 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Verfügungsbeklagten) bestimmt.

Eine die Unvereinbarkeit eines Ausschlusses der Gerichte für Arbeitssachen im Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung klärende Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 2, Satz 1 GG ist nach dessen eigener Rechtsprechung im Rahmen eines Verfahrens über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung - wie hier - jedenfalls entbehrlich, weil durch die Gerichte für Arbeitssachen in dieser Verfahrensart keine die Hauptsache erledigende Entscheidung ergehen darf (und wird), vgl. etwa BVerfG vom 24.06.1992 - 1 BvR 1028/91 - BVerfGE 86, 382.

III.

Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil selbst gegen Urteile der Landesarbeitsgerichte, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer Einstweiligen Verfügung entschieden wird, die Revision nicht zulässig ist (§ 72 Abs. 4 ArbGG). In dem vorgehenden Verfahren erlassene Beschlüsse sind damit ebenso wenig einer Rechtsbeschwerde zugänglich wie diese Vorabentscheidung (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, § 48 Rdnr. 92, wo allerdings fälschlich von "weiterer sofortiger Beschwerde" die Rede ist).

Ende der Entscheidung

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