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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 07.08.2006
Aktenzeichen: 3 Ta 157/06
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 93
ZPO § 114
ZPO § 115 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 567 Abs. 1
ArbGG § 78
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Sächsisches Landesarbeitsgericht BESCHLUSS

Chemnitz, 07.08.2006

3 Ta 157/06

In dem Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - 3 .Kammer - durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden ohne mündliche Verhandlung am 07. August 2006 beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 12.06.2006 - 15 Ca 2269/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

1. Zwischen den Beteiligten zu 1. und zu 2. (dem Kläger und der Beklagten des Ausgangsverfahrens) bestand bis zum 28.02.2006 ein Arbeitsverhältnis. Nachdem der Kläger am 13.03.2006 die Beklagte um die Ausstellung eines Zeugnisses gebeten hatte, erhielt er am 11.04.2006 ein qualifiziertes Arbeitszeugnis unter dem Datum des 03.04.2006 mit folgendem Anschreiben: "Beiliegend übersende ich Dir das gewünschte Arbeitszeugnis, das Dir hoffentlich zukünftig helfen wird."

Ohne sich nochmals an die Beklagte gewandt zu haben, erhob der Kläger mit am 05.05.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Klage auf Zeugnisberichtigung, wobei er in den Klageantrag die von ihm gewünschten Änderungen eingearbeitet hatte.

Nach Zustellung der Klage am 18.05.2006 teilte die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.05.2006 mit, der Kläger habe nicht den geringsten Versuch unternommen, eine Zeugnisberichtigung zu erreichen, eine Änderung des Zeugnisses wäre jederzeit vorgenommen worden, das beantragte Zeugnis werde erteilt werden.

Nachdem die Beklagte dem Kläger das geänderte Zeugnis im Gütetermin am 14.06.2006 übergeben hatte, nahm der Kläger die Klage zurück.

2. Mit Klageerhebung hatte der Kläger unter Beifügung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie weiterer Unterlagen einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Klage eingereicht. Nach Aufforderung reichte der Kläger eine weitere, nunmehr vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 01.06.2006 ein, welche ein Giroguthaben in Höhe von € 6.815,63 auswies und daneben einen Eintrag unter der Rubrik "sonstige Zahlungsverpflichtungen" wie folgt enthielt: "Rückzahlung von überzahlten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (noch nicht bestandskräftig) € 2.922,75". In einer dazugehörigen Anlage, nämlich einem Schreiben der Arbeitsgemeinschaft Leipzig an den Kläger vom 28.10.2005, ist von der Absicht die Rede, eine Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen in Höhe von insgesamt € 2.922,75 aufzuheben.

3. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 12.06.2006 den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung zurückgewiesen, da der Kläger über ein Bankguthaben verfüge, von welchem unter Abzug der Beträge nach § 115 Abs. 2 ZPO noch ein Betrag in Höhe von € 4.001, 63 dem Kläger verbliebe; aus diesen Mitteln müsse er die Kosten des Verfahrens bestreiten.

Gegen diesen, dem Klägervertreter laut Empfangsbekenntnis am "15.06.2006" zugestellten Beschluss (der Beschluss war dem Klägervertreter zuvor per Fax zur Kenntnis gebracht worden) richtet sich die am 13.06.2006 beim Arbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers. Dieser weist darauf hin, dass das tatsächliche Giroguthaben sich am 13.06.2006 auf € 5.717,88 belaufe, dass von diesem neben dem Schonvermögen von € 2.600,00 und einem vierfachen Bezugsbetrag für unterhaltsberechtigte Personen (drei Kinder und die Lebensgefährtin) in Höhe von € 1.024,00 auch die zurückgeforderten überzahlten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von € 2.922,75 abzuziehen seien. Danach stünde dem Kläger kein Vermögen mehr zur Verfügung.

Mit Beschluss vom 21.06.2006 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Arbeitsgericht vertritt nunmehr die Ansicht, dass Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden könnte, da die Klage mutwillig sei.

Der Kläger hat hierzu eingewandt, ihm sei zuvor ausdrücklich die Erteilung eines schlechten Zeugnisses angekündigt worden. Er habe mit dem beanstandeten Zeugnis nahezu die schlechtmöglichste Beurteilung erhalten. Bei einer derart im Personalwesen geschäftserfahrenen Beklagten könne dies nicht zufällig sein. Bei einer derartigen Differenz zwischen der zunächst erteilten und der begehrten Beurteilung sei eine Übereinkunft ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe als unmöglich angesehen worden. Auch habe sich der Kläger durch den Text des Anschreibens verhöhnt gefühlt.

Der Beteiligte zu 3. beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

3. Die Beschwerde ist gemäß den §§ 78 ArbGG, 567 Abs. 1, 127 Abs. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Gemäß § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen gegeben sind. Denn jedenfalls fehlt es, wie das Arbeitsgericht zutreffend in dem Nichtabhilfebeschluss ausgeführt hat, am Vorliegen der objektiven Bewilligungsvoraussetzungen.

§ 114 ZPO verlangt nicht nur eine Erfolgsaussicht der begehrten Rechtsverfolgung. Hiervon getrennt ist zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung nicht etwa mutwillig ist. Eine Rechtsverfolgung ist schon dann als mutwillig im Sinne des § 114 ZPO anzusehen, wenn eine nicht Prozesskostenhilfe beanspruchende Partei bei verständiger Würdigung der Umstände von der konkret beabsichtigten Prozessführung absehen würde. Denn gerade auch von einer mittellosen Partei ist zu erwarten, dass sie kostenschonend vorgeht. So ist etwa mutwillig in der Regel eine Klage, zu der der Gegner keinen Anlass im Sinne des § 93 ZPO gegeben hat. Anlass zu einer Klage im Sinne des § 93 ZPO wäre nur dann anzunehmen, wenn das Verhalten des Beklagten den Kläger bei vernünftiger Würdigung zu dem Schluss berechtigte, er werde ohne Beschreiten des Prozessweges nicht zu seinem Recht gelangen. Um zu dieser Schlussfolgerung zu gelangen, wird es in aller Regel notwendig sein, den Beklagten vor Klageerhebung erst einmal in Kenntnis von seinen Forderungen zu setzen. Im Rahmen des § 114 ZPO wird sich die mittellose Partei deshalb in aller Regel vor Klageerhebung in zumutbarem Maße um eine gütliche Einigung zu bemühen haben (vgl. auch Stein-Jonas-Bork, ZPO, 21. Auflage, § 114 Rz. 29 m. w. N.).

Vorliegend ist die Klageerhebung mutwillig im Sinne des § 114 ZPO.

Der Kläger hatte ein Arbeitszeugnis ohne bestimmte inhaltliche Festlegungen verlangt. Er, dessen Arbeitsverhältnis noch in der Probezeit vom Arbeitgeber gekündigt worden war, konnte nicht erwarten, "auf Anhieb" ein Arbeitszeugnis mit einer überdurchschnittlich positiven Beurteilung zu erlangen. Seine inhaltlichen Änderungsforderungen hat der Kläger nicht, wie es zu erwarten war, zunächst außerprozessual an die Beklagte herangetragen. Die Beklagte erfuhr vielmehr die inhaltlichen Vorstellungen des Klägers erstmals aus der Klageschrift. Diesen Forderungen ist die Beklagte sodann im Sinne des § 93 ZPO nachgekommen.

Aus den vom Kläger vorgetragenen "Umständen" ist nicht ersichtlich, dass vorprozessuale Verhandlungen nicht für den Kläger erfolgreich verlaufen wären. Erfahrungsgemäß lassen sich Arbeitgeber nur ungern auf einen Zeugnisberichtigungsrechtsstreit ein, da dieser Zeit kostet, jedoch keine finanziellen Forderungen abzuwehren sind.

4. Eine Kostenentscheidung hatte mangels Erstattungsfähigkeit der Kosten (§ 127 Abs. 4 ZPO) nicht zu ergehen (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Auflage, § 127 Rn. 39). Es ist jedoch eine Gebühr zu erheben (KV GKG Nr. 8613).

5. Gegen diese Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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