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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.07.2009
Aktenzeichen: 1 A 509/08
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 A 509/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Rückforderung von Ausbildungsförderung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger

am 9. Juli 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 9. Juli 2008 - 5 K 652/06 - wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte hat nicht gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - dargelegt, dass ein Zulassungsgrund vorliegt. Das Darlegungserfordernis verlangt, dass ein Antragsteller im Zulassungsverfahren zum einen zumindest einen Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 VwGO bezeichnet und zum anderen herausarbeitet, aus welchen Gründen die Voraussetzungen des bezeichneten Zulassungsgrundes erfüllt sind. Das Oberverwaltungsgericht ist bei seiner Entscheidung über die Zulassung der Berufung darauf beschränkt, das Vorliegen der von dem Antragsteller bezeichneten Zulassungsgründe anhand der von ihm vorgetragenen Gesichtspunkte zu prüfen.

Die vom Beklagten dargelegten Zulassungsgründe liegen sämtlich nicht vor.

Zunächst bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund dient der Gewährleistung der materiellen Richtigkeit der Entscheidung des jeweiligen Einzelfalls, mithin der Verwirklichung von Einzelfallgerechtigkeit. Er soll eine berufungsgerichtliche Nachprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts ermöglichen, wenn sich aus der Begründung des Zulassungsantrages ergibt, dass hierzu wegen des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses Veranlassung besteht. Ernstliche Zweifel sind deshalb anzunehmen, wenn tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage gestellt werden, dass der Ausgang eines Berufungsverfahrens als ungewiss erscheint (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.6.2000, DVBl. 2000, 1458). Da sich ernstliche Zweifel auf das Entscheidungsergebnis und nicht auf die dafür gegebene Begründung beziehen, scheidet eine Zulassung der Berufung aus, wenn sich die angefochtene Entscheidung aus anderen als den vom Verwaltungsgericht angeführten Gründen als richtig darstellt (SächsOVG, Beschl. v. 22.7.2002 - 5 B 103/02 - m. w. N.; st. Rspr.).

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im hier streitgegenständlichen Umfang stattgegeben. Der Rückforderungsbescheid des Beklagten sei teilweise rechtswidrig. Für den Bewilligungszeitraum 9/2002 bis 8/2003 sei ein Betrag von 12.000,- DM nicht in die Berechnung der Ausbildungsförderung als im Zeitpunkt der Antragstellung vorhandenes Vermögen einzustellen gewesen, denn der Kläger habe diesen Geldbetrag nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme kurz zuvor an seinen Vater aufgrund einer bestehenden rechtlichen Verpflichtung zurückgezahlt. Er habe es deshalb nicht fahrlässig unterlassen, diesen Vermögensbetrag bei seinem zeitlich später gestellten BAföG-Antrag anzugeben.

Der Beklagte wendet ein, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht schlüssig sei. Einerseits werde das Erfordernis des Fremdvergleichs dargestellt, andererseits werde aber nach unzutreffender Bewertung des Sachverhalts eine Missbrauchsabsicht verneint. Auch eine Zahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber seinen Eltern sei nicht ausreichend dargelegt. Sie ergebe sich weder aus den Behördenakten noch aus den Zeugenaussagen. Der genaue Inhalt des angeblich geschlossenen Vertrages sei im Dunkeln geblieben.

Die Einwände des Beklagten begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung. Dabei hat das Verwaltungsgericht die nach der Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts insoweit geltenden Maßstäbe beachtet. Die Prüfung erfolgt dabei nicht anhand eines so genannten Fremdvergleichs, maßgeblich ist vielmehr, ob der Vertrag zivilrechtlich wirksam geschlossen wurde (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.9.2008 - 5 C 12.08 - und 5 C 30.07 -). Letzteres war hier auf der Grundlage einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Allein das Fehlen der Schriftform schließt das Vorliegen eines Darlehens nicht aus. Denn aufgrund des bestehenden Vertrauensverhältnisses unter Familienangehörigen ist davon auszugehen, dass Eltern von ihren Kindern keine schriftliche Fixierung oder sonstige Sicherheiten verlangen. Dies hat das Verwaltungsgericht beachtet. Es hat Beweis erhoben, die Umstände des Einzelfalls gewürdigt und ist aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme zu dem Schluss gekommen, dass eine Rückzahlungspflicht vor der Beantragung der BAföG-Leistungen bestand.

Soweit der Beklagte beanstandet, dass die Beweisaufnahme eine Rückzahlungspflicht nicht ergeben habe, greift er die Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht an, ohne ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung aufzuzeigen. Insofern reicht es nicht aus, dass die gerichtliche Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO) auch zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Es genügt insbesondere nicht, dass der Beklagte nach seiner eigenen Würdigung der Beweisaufnahme zu einem anderen Ergebnis kommt. Ein Rechtsfehler bei der Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichts ist indes nicht ersichtlich. Es hat sich mit den gesamten äußeren Umständen der Darlehensvereinbarung, der Rückzahlungspflicht, dem Rückzahlungszeitpunkt und den Zeugenaussagen im Einzelnen auseinander gesetzt und festgestellt, dass alle Ungereimtheiten in den Zeugenaussagen des Vaters und der Mutter des Klägers auf Nachfrage ausgeräumt werden konnten.

Auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nicht dargelegt. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegt vor, wenn eine grundsätzliche, höchstrichterlich oder vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht nicht beantwortete Frage aufgeworfen wird, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf (vgl. Beschl. des Senats v. 31.3.2004 - 1 B 255/04 - und 2.2.2006 - 1 B 968/04 -). Die Darlegung dieser Voraussetzungen erfordert wenigstens die Bezeichnung einer konkreten Frage, die sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, als auch für das Berufungsverfahren erheblich sein würde, und muss im Einzelnen aufzeigen, inwiefern das Verwaltungsgericht die Frage nach Auffassung des Antragstellers nicht zutreffend beantwortet hat. Die pauschale Behauptung des Beklagten, die Berufung sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, genügt diesen Anforderungen nicht. Vielmehr ist das Berufungsgericht gehindert, anstelle des Antragstellers des Zulassungsverfahrens die wohl von ihm gemeinte Frage zu formulieren. Dabei kommt es auch nicht auf den vom Beklagten erwähnten Fremdvergleich an, maßgeblich ist allein, ob ein - wie zuvor ausgeführt - zivilrechtlich wirksamer Vertrag geschlossen wurde (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.9.2008 a. a. O.). Die Frage, ob der Vertrag zivilrechtlich wirksam geschlossen wurde, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, denn sie ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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