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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 14.07.2009
Aktenzeichen: 1 A 529/08
Rechtsgebiete: BAföG


Vorschriften:

BAföG § 7 Abs. 3 S. 2
BAföG § 15 Abs. 2
BAföG § 15 b Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 A 529/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Rückforderung von Ausbildungsförderung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann

am 14. Juli 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 30. Juli 2008 - 5 K 1188/07 - wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.

Gründe:

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Beklagte hat nicht entsprechend § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, dass ein Zulassungsgrund vorliegt. Das Darlegungserfordernis verlangt, dass ein Antragsteller im Zulassungsverfahren zum einen zumindest einen Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 VwGO bezeichnet und zum anderen herausarbeitet, aus welchen Gründen die Voraussetzungen des bezeichneten Zulassungsgrundes erfüllt sind. Das Oberverwaltungsgericht ist bei seiner Entscheidung über die Zulassung der Berufung darauf beschränkt, das Vorliegen der von dem Antragsteller bezeichneten Zulassungsgründe anhand der von ihm vorgetragenen Gesichtspunkte zu prüfen.

1. Der Beklagte hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung dargelegt. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dient der Gewährleistung der materiellen Richtigkeit der Entscheidung des jeweiligen Einzelfalls, sprich der Verwirklichung von Einzelfallgerechtigkeit. Er soll eine berufungsgerichtliche Nachprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts ermöglichen, wenn sich aus der Begründung des Zulassungsantrags ergibt, dass hierzu wegen des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses Veranlassung besteht. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind deshalb anzunehmen, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens als ungewiss erscheint (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.6.2000, DVBl. 2000, 1458).

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil keine Anhaltspunkte bestünden, dass die Klägerin ihr Soziologiestudium bereits am 31.7.2006 endgültig aufgegeben habe. Nach außen habe sie den Abbruch ihres Soziologiestudiums erst durch die Beantragung von Ausbildungsförderung am 20.9.2006 für eine Ausbildung als Heilerziehungspflegerin dokumentiert, welche sie am 10.8.2006 begonnen hatte. Zwischen dem 1.8. und 9.8.2006 habe sich das Verhalten der Klägerin in keiner Weise von dem anderer Soziologiestudenten während der am 1.8.2006 begonnenen vorlesungsfreien Zeit unterschieden. Im Übrigen stehe ihr selbst für den Fall, dass man dieses anders sehe, Vertrauensschutz zu. Denn ihr sei zumindest zuzugestehen, keine übereilte Entscheidung treffen zu wollen, sondern den Beginn der neuen Ausbildung parallel zu der noch nicht erfolgten Exmatrikulation zu betreiben, um abzuschätzen, welche berufliche Entwicklung für sie die Geeignetere ist, zumal ihr bei Beantragung von Ausbildungsförderung für ihre neue Ausbildung noch im August 2006 eine höhere Förderung zugestanden hätte.

Das Zulassungsvorbringen des Beklagten rechtfertigt keine andere Sichtweise. Er ist der Auffassung, dass hier ein endgültiger Abbruch der Ausbildung nach § 15b Abs. 4 BAföG zum 31.7.2006 vorliege und gemäß § 15 Abs. 2 BAföG Ausbildungsförderung für die vorlesungsfreie Zeit nur geleistet werde, wenn sie von geförderten Ausbildungsabschnitten eingeschlossen sei. Hierdurch begründet der Beklagte noch keine ernstlichen Zweifel an der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerin sich - wie von ihr dargelegt - Anfang August noch nicht für einen Abbruch des Soziologiestudiums entschlossen hatte, sondern die vorlesungsfreie Zeit dazu nutzen wollte, sich Gewissheit zu verschaffen, ob ihre Bedenken gegen das Soziologiestudium Ursache eines vorübergehenden Tiefpunktes gewesen seien oder es sich dabei um einen ernst zu nehmenden Interessenwandel handele. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 BAföG, auf den der vom Beklagten angeführte § 15b Abs. 4 BAföG verweist, liegt ein Abbruch des Studiums hingegen erst vor, wenn der Auszubildende dieses endgültig abbricht. Weshalb ein endgültiger Abbruch des Soziologiestudiums bereits zum 1.8.2006 erfolgt sein soll, legt der Beklagte hingegen mit seinem Zulassungsvorbringen nicht dar. Dieses wäre hingegen Voraussetzung für eine Rückforderung der Ausbildungsförderung nach dem hier herangezogenen § 53 Satz 1 Nr. 2 BAföG.

Fehlt es an einem endgültigem Abbruch des Studium zum bereits zum 1.8.2006, kann der Klägerin auch nicht die Regelung des § 15 Abs. 2 BAföG entgegengehalten werden, welche dahingehend verstanden wird, dass ein Anspruch auf Ausbildungsförderung für die vorlesungsfreie Zeit voraussetzt, dass diese Zeit von Ausbildungszeiten umschlossen ist. Für den Fall eines Studienabbruchs kommt es auch insoweit auf den feststellbaren Zeitpunkt der endgültigen Beendigung der Ausbildung an. Es kann dem Auszubildenden nicht zum Nachteil gereichen, wenn er sich in der vorlesungsfreien Zeit ernsthaft prüft, ob er für die von ihm gewählte Ausbildung tatsächlich geeignet ist und verneinendenfalls dann im Laufe der vorlesungsfreien Zeit durch Abbruch des Studiums die Konsequenzen zieht. Hierdurch kommt er der ihn treffenden Obliegenheit nach, Zweifel an der Eignung für die zunächst gewählte Ausbildung durch geeignete Bemühungen auszuräumen (vgl. SächsOVG, Urt. v. 15.12.1992 - 2 S 521/92). Von dem Vorliegen dieser Voraussetzungen ist das Verwaltungsgericht ausgegangen.

Da es sich hierbei um einen selbstständig tragenden Grund der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung handelt, kommt es im Weiteren für die ernstlichen Zweifel nicht darauf an, ob die Darlegungen des Beklagten zu einem Vertrauensschutz der Klägerin durchgreifen.

2. Der Beklagte hat mit seiner Antragsschrift nicht dargelegt, dass die Berufung wegen einer Abweichung (Divergenz) von einer Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) zuzulassen ist.

Der Zulassungsgrund der Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO soll die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gewährleisten. Zur Herstellung der materiellen Gerechtigkeit im Einzelfall ist er nicht gedacht. Dieser Zulassungsgrund ist deshalb nur erfüllt, wenn das Verwaltungsgericht in seinem angefochtenen Urteil einen inhaltlich bestimmten, das Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem Rechtssatz widerspricht, den eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. In dem angefochtenen Urteil muss zum Ausdruck kommen, dass das Verwaltungsgericht einen bundes- oder obergerichtlich aufgestellten Rechtssatz ablehnt, weil es ihn für unrichtig hält. Eine Divergenz liegt hingegen nicht vor, wenn das Verwaltungsgericht einen solchen Rechtssatz im Einzelfall übergeht, rechtsfehlerhaft für nicht anwendbar erachtet oder daraus nicht die gebotenen Folgerungen zieht (SächsOVG, Beschl. v. 24.1.2002, SächsVBl. 2002, 241 [242] m. w. N.).

Der erhobenen Divergenzrüge muss hier der Erfolg versagt bleiben. Der Beklagte benennt keinen vom Verwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz mit dem dieses gegen einen ebenfalls zu benennenden Rechtssatz eines divergenzfähigen Gerichts verstoßen haben soll. Damit genügt er dem Darlegungsgebot für eine Divergenzrüge nicht. Es ist zudem aber auch nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner angefochtenen Entscheidung von einem bundes- oder obergerichtlich aufgestellten Rechtssatz abweicht, weil es ihn für unrichtig hält. Vielmehr bezieht es sich ausdrücklich zur Begründung auf diese Rechtsprechung. Im Übrigen bezieht sich die vom Beklagten geltend gemachte Divergenz nicht auf den selbstständig tragenden Gesichtspunkt des Verwaltungsgerichts einer nicht schon zum 31.7.2006 feststellbaren endgültigen Aufgabe des Studiums.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 188 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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