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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 25.04.2008
Aktenzeichen: 1 A 93/08
Rechtsgebiete: SGB I, SGB VIII


Vorschriften:

SGB I § 30 Abs. 3 S. 2
SGB VIII § 89e Abs. 2
1. Aus dem auch im öffentlichen Recht geltenden § 1 BGB folgt, dass ein ungeborenes Kind keinen gewöhnlichen oder auch nur tatsächlichen Aufenthalt begründen kann.

2. Ein neugeborenes Kind, das nach seiner Geburt zunächst im Krankenhaus verbleibt, begründet in der Regel gleichwohl seinen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. v. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I bei seinen Personensorgeberechtigten. Das gilt jedoch dann nicht, wenn diese von vornherein nicht die Absicht haben, das Kind nach der Entlassung aus dem Krankenhaus aufzunehmen.

3. Die Anwendung von § 89e Abs. 2 SGB VIII setzt keinen Zuständigkeitswechsel voraus.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 1 A 93/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Rückerstattung von Kosten nach § 112 SGB X

hier: Berufung

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Dahlke-Piel, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke ohne mündliche Verhandlung

am 25. April 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 10. Januar 2006 - 13 K 2394/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, wer die Kosten der Jugendhilfe für ein Kind zu übernehmen hat.

Das Kind, um das es hier geht, wurde mit seiner Schwester am 1998 im Universitätsklinikum Dresden geboren. Es handelt sich um frühgeborene Zwillinge mit zum Teil schwerwiegenden Behinderungen. Die Mutter der Kinder wohnte in F. ; ihr Ehemann, der die Vaterschaft nicht angefochten hat, lebte getrennt von ihr in Dresden. Mit Beschluss des Amtsgerichts D. vom 2.3.1999 wurde den Eltern die Gesundheitssorge entzogen. Das Kind blieb aufgrund seines Gesundheitszustandes bis zum 5.11.1999 im Universitätsklinikum in Dresden und wurde von dort in eine Pflegefamilie in P. entlassen. Mit Bescheid vom 27.12.1999 gewährte zunächst die Landeshauptstadt Dresden auf den Antrag der Mutter vom 26.2.1999 Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII und gewährte der Pflegefamilie gleichzeitig Pflegegeld gemäß § 39 SGB VIII. Auf den Antrag der Landeshauptstadt Dresden erkannte das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales eine Kostenerstattungspflicht gemäß § 89e Abs. 2 SGB VIII ab dem 5.11.1999 an und erstattete der Landeshauptstadt Dresden in der Folgezeit die entsprechenden Kosten. Mit Schreiben vom 23.8.2001 teilte der Beklagte dem Sächsischen Landesamt mit, dass die örtliche Zuständigkeit ab November 2001 gemäß § 86 Abs. 6 SGB VIII auf ihn übergehe; die Fortsetzung der Kostenerstattung wurde beantragt. Das Sächsische Landesamt erkannte seine weitere Erstattungspflicht und erstattete dem Beklagten für den Zeitraum vom 1.11.2001 bis zum 30.11.2002 insgesamt einen Betrag in Höhe von 17.255,13 €.

Durch Beschluss vom 29.5.2002 übertrug das Amtsgericht D. das Personensorgerecht auf Antrag der Mutter auf die Pflegeeltern.

Mit Schreiben vom 27.4.2004 teilte das Sächsische Landesamt mit, eine erneute Prüfung habe ergeben, dass die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch zu keinem Zeitpunkt vorgelegen hätten. Eine Kostenerstattungspflicht des überörtlichen Trägers komme nur in Betracht, wenn die maßgebliche Person - hier also das Kind - vor der Aufnahme in die Einrichtung tatsächlich keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt, nicht jedoch, wenn das Kind - wie vorliegend - zuvor gar keinen Aufenthalt begründet habe. Die Vorschrift setze einen Zuständigkeitswechsel durch die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts in der Einrichtung voraus. Ein solcher Zuständigkeitswechsel liege jedoch nicht vor, da das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt von Geburt an zunächst in der Einrichtung und sodann in der Pflegefamilie gehabt habe. Daraufhin stellte sich der Beklagte auf den Standpunkt, ein Kostenerstattungsanspruch ergebe sich jedenfalls aus § 89 SGB VIII, da das Kind vor dem Hilfebeginn keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe. Der Aufenthalt in der Klinik sei nämlich von vornherein als vorübergehend anzusehen gewesen. Die Zuständigkeit habe sich demzufolge nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes vor Beginn der Leistung gerichtet.

Mit seiner am 1.10.2004 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgte der Kläger sein Rückerstattungsbegehren weiter. Er vertiefte seine Auffassung, das Kind habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Universitätsklinik begründet. Mangels eines Zuständigkeitswechsels komme daher eine Erstattung nach § 89e Abs. 2 SGB VIII nicht in Betracht.

Der Beklagte trat dem entgegen und trug vor, die Vorschrift setze keineswegs einen Zuständigkeitswechsel voraus. Im Übrigen könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Kind einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Klinik begründet habe.

Durch Urteil vom 10.1.2006 hat das Verwaltungsgericht Dresden den Beklagten zur Kostenerstattung verpflichtet. Zur Begründung hieß es, Voraussetzung einer Inanspruchnahme nach § 89e Abs. 2 SGB VIII sei, dass ein kostenerstattungspflichtiger örtlicher Träger nicht vorhanden sei. Diese Voraussetzungen lägen indes nicht vor. Zwar habe das Kind vor seinem Aufenthalt in der Universitätsklinik noch keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründen können, weil es noch nicht geboren gewesen sei. In einem solchen Fall trete indes an die Stelle des gewöhnlichen Aufenthalts des Neugeborenen der gewöhnliche Aufenthalt der personensorgeberechtigten Mutter, auch wenn diese - wie hier - das Kind nach der Geburt nicht mit nach Hause nehme. Dies entspreche Sinn und Zweck der Zuständigkeitsregelungen im SGB VIII. Anknüpfungsmerkmal der örtlichen Zuständigkeit für Leistungen an Kinder, Jugendliche und ihre Eltern nach § 86 Abs. 1 SGB VIII sei grundsätzlich der gewöhnliche Aufenthalt der Eltern oder eines der Elternteile als Normalfall, den sich der Gesetzgeber als Familiensituation vorgestellt habe. Auch bei Betrachtung des tatsächlichen Aufenthaltsortes des Kindes vor Beginn der Leistung nach § 86 Abs. 2 Satz 4 2. Halbsatz SGB VIII sei vom gewöhnlichen Aufenthalt der Mutter auszugehen, bei der sich das Kind bis zu seiner Geburt tatsächlich befunden habe. Ein typischer Fall, bei dem ein örtlicher kostenpflichtiger Träger weder vorhanden noch bestimmbar sei und damit ausnahmsweise zum Schutz der Einrichtung eine subsidiäre Erstattungspflicht des überörtlichen Trägers ausgelöst werde, liege damit nicht vor.

Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass das Kind den gewöhnlichen Aufenthalt seiner Mutter nicht geteilt habe, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn dann sei davon auszugehen, dass das Kind seinen eigenen gewöhnlichen Aufenthalt in der Universitätsklinik Dresden begründet habe.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung (1 B 148/06) wiederholt und vertieft der Beklagte sein Vorbringen I. Instanz.

Er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 10. Januar 2006 - 13 K 2394/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er beruft sich auf das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten - einschließlich des Verfahrens 1 B 148/06 - und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Klägers und des Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht zur Kostenerstattung verurteilt. Die Voraussetzungen des § 112 SGB X liegen nicht vor. Der Kläger hat dem Beklagten die fraglichen Kosten für die Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form von Pflegegeld zu Recht erstattet und kann diese Kosten daher nicht zurückfordern.

Der Anspruch des Beklagten gegenüber dem Kläger ergab sich aus § 89a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 i. V. m. § 89e oder § 89 SGB VIII.

Die Zuständigkeit des Beklagten wurde gemäß § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII begründet, weil das Kind zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahren bei einer Pflegeperson im Zuständigkeitsbereich des Beklagten lebte und sein Verbleib dort auf Dauer zu erwarten war. Kosten, die ein örtlicher Träger (hier: der Beklagte) aufgrund einer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII aufwendet, sind nach § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Das war im vorliegenden Fall die Landeshauptstadt Dresden. Hatte ein nach § 89a Abs. 1 SGB VIII kostenerstattungspflichtiger örtlicher Träger zuvor während der Gewährung der Leistung durch ihn indes selbst einen Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen, dritten Träger, so bleibt letzterer dem nunmehr nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen örtlichen Träger kostenerstattungspflichtig. Da die Landeshauptstadt Dresden - wie sogleich auszuführen sein wird - ihrerseits einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Kläger hatte, konnte der Beklagte nach diesen Vorschriften auf den Kläger durchgreifen.

Der Erstattungsanspruch der Landeshauptstadt Dresden gegenüber dem Kläger beruhte seinerseits entweder auf § 89e SGB VIII oder auf § 89 SGB VIII, ohne dass zwischen diesen Alternativen, deren Rechtsfolgen dieselben sind, hier entschieden werden muss.

Im Einzelnen ist zum Erstattungsanspruch der Landeshauptstadt Dresden gegenüber dem Kläger Folgendes auszuführen:

Die Zuständigkeit der Landeshauptstadt Dresden als örtlichem Träger der Jugendhilfe ergab sich aus § 86 Abs. 2 Satz 4 1. oder 2. Halbsatz SGB VIII. Die Vorschrift setzt in beiden Alternativen zunächst voraus, dass ein Fall des § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII vorliegt und dass das Kind während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hatte. Beide Voraussetzungen liegen hier vor.

Zunächst war bei Hilfebeginn - im November 1999 - ein Fall des § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII gegeben. Beide Elternteile des Kindes, um das es hier geht, hatten verschiedene gewöhnliche Aufenthalte (in F. und in Dresden); ihnen stand auch das Recht zur Personensorge gemeinsam zu. Dadurch ändert sich durch den amtsgerichtlichen Beschluss, mit dem die Gesundheitsfürsorge entzogen wurde, nichts. Dabei handelt es sich lediglich um eine Beschränkung des Personensorgerechts. Das Kind hatte weiter niemals bei einem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. v. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I. Das folgt allerdings nicht ohne weiteres bereits daraus, dass es nach seiner Geburt zunächst im Krankenhaus verblieben ist. Dieser - bei Neugeborenen regelmäßig gegebene - Umstand hindert die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts bei den Eltern oder einem Elternteil grundsätzlich nicht. Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand nach der Legaldefinition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt. Bei der Ermittlung des gewöhnlichen Aufenthalts von Minderjährigen kommt der Festlegung des Aufenthalts durch die Personensorgeberechtigten maßgebliche Bedeutung zu. Ein Minderjähriger hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Regel dort, wo er seine Erziehung erhält und wo er betreut und versorgt wird. Bei einer Fremdunterbringung ist ausschlaggebend, ob eine Rückführung des Kindes in seine Herkunftsfamilie beabsichtigt ist. Besteht eine solche Absicht, so wird die Zuordnung des Minderjährigen zum gewöhnlichen Aufenthaltsort des Sorgeberechtigten auch durch einen Aufenthalt an einem anderen Ort nicht notwendig unterbrochen. Für ein Neugeborenes folgt hieraus, das es in aller Regel von Zeitpunkt der Geburt an den gewöhnlichen Aufenthalt seiner Personensorgeberechtigten teilt, wenn diese die Absicht haben, das Baby nach der Entlassung aus dem Krankenhaus aufzunehmen.

Etwas anderes gilt indes in Ausnahmefällen, in denen die Haltung der Eltern zu ihrem Kind von vornherein durch Ablehnung oder ausgeprägtes Desinteresse gekennzeichnet ist oder in denen aufgrund sonstiger Umstände schon zum Zeitpunkt der Geburt feststeht, dass die Personensorgeberechtigten das Neugeborene nach der Entlassung aus dem Krankenhaus nicht zu sich nehmen werden. So liegt der Fall hier. Nach den Umständen, die sich aus den Akten des Beklagten ergeben, spricht alles dafür, dass beide Elternteile nie die Absicht hatten, das Kind (oder seinen Zwilling) zu sich zu nehmen. Aus den Akten ergibt sich vielmehr - ebenso wie aus dem Beschluss des Amtsgerichts D. -, dass die Mutter der Kinder von deren Geburt an keinerlei Interesse an ihnen gezeigt hat. Dieses Ergebnis wird durch einen Blick auf die objektiven Lebensumstände der Mutter erhärtet, die bereits für vier andere Kinder als Alleinerziehende zu sorgen hatte und die erkennbar zur Betreuung von zwei frühgeborenen Kindern mit Behinderungen weder Willens noch in der Lage war. Der (gesetzliche) Vater der Kinder ist nach der Aktenlage überhaupt nicht in Erscheinung getreten. Unter diesen - besonderen - Umständen ist nicht davon auszugehen, dass das Kind je einen gewöhnlichen Aufenthalt bei seiner Mutter oder seinem Vater begründet hatte.

Die Zuständigkeit richtet sich folglich gemäß § 86 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt oder - in Ermangelung eines solchen - nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes selbst. Ob das Kind im Universitätsklinikum Dresden einen gewöhnlichen oder aber nur einen tatsächlichen Aufenthalt begründet hatte, mag dahinstehen.

Für den Fall, dass man von der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ausgeht, hat zu Gunsten der Landeshauptstadt Dresden § 89e Abs. 1 und 2 SGB VIII eingegriffen. Richtet sich nämlich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt und ist dieser - wie hier - in einer Einrichtung begründet worden, die u. a. der Behandlung dient, so ist der örtliche Träger zur Erstattung der Kosten verpflichtet, in dessen Bereich die fragliche Person vor der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Ist nach dieser Vorschrift ein kostenerstattungspflichtiger örtlicher Träger nicht vorhanden, so sind die Kosten von dem überörtlichen Träger zu erstatten, zu dessen Bereich der erstattungsberechtigte örtliche Träger gehört (§ 89e Abs. 2 SGB VIII). Hier ist ein kostenerstattungspflichtiger örtlicher Träger nicht vorhanden. Denn das Kind, um das es hier geht, ist von seiner Geburt an in die Einrichtung aufgenommen worden; ein noch nicht geborenes Kind kann indes keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des Gesetzes haben. Dies folgt ohne weiteres aus dem auch im öffentlichen Recht Geltung beanspruchenden § 1 BGB. In Ermangelung eines kostenerstattungspflichtigen örtlichen Trägers sind die Kosten daher auch in diesem Fall von dem Kläger als überörtlichem Träger zu erstatten gewesen. Entgegen der Auffassung des Klägers setzt die Vorschrift einen Zuständigkeitswechsel nicht voraus. Das folgt sowohl aus dem Wortlaut des Absatzes 2, der Fälle wie den Vorliegenden ohne weiteres erfasst, als auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Diese soll den Schutz der Einrichtungsorte lückenlos gewährleisten und alle Fälle erfassen, in denen das Anknüpfen der örtlichen Zuständigkeit an den gewöhnlichen Aufenthaltsort zu einer Kostenbelastung des Einrichtungsorts führt (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 12/2866, S. 25 zu § 89e; BVerwG, Urt. v. 22.11.2001 - 5 C 42/01 -, zitiert nach juris).

Für den Fall, dass nur von der Begründung eines tatsächlichen Aufenthalts in der Klinik auszugehen ist, ergab sich der Erstattungsanspruch der Landeshauptstadt Dresden aus § 89 SGB VIII.

Bestand nach alledem ein Erstattungsanspruch der Landeshauptstadt Dresden gegenüber dem Kläger, konnte der Beklagte seinerseits auf den Kläger durchgreifen. Der Kläger hat dem Beklagten folglich die Kosten der Hilfe zur Erziehung zu Recht erstattet und kann diese nicht zurückfordern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe i. S. v. § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird gemäß § 47 Abs. 1 i. V. m. § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes - GKG - auf 17.255,13 € festgesetzt.

Dieser Beschluss ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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