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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 20.06.2007
Aktenzeichen: 1 B 14/07
Rechtsgebiete: BImSchG, VwGO, BauGB, SächsLPlG


Vorschriften:

BImSchG § 6
BImSchG § 9
BImSchG § 19 Abs. 1
BImSchG § 67 Abs. 9 S. 4
VwGO § 91 Abs. 1
BauGB § 35 Abs. 1
BauGB § 35 Abs. 3
SächsLPlG § 18 Abs. 2 S. 2
1. Eine raumordnungsrechtliche Untersagungsverfügung nach § 18 Abs. 2 Satz 2 SächsLPlG kann dem Genehmigungsanspruch eines Antragstellers nur dann entgegenstehen, wenn diesem gegenüber zusätzlich das Genehmigungsverfahren ausgesetzt wird.

2. Ist der Genehmigungsantrag abgelehnt worden, kann das Verfahren nicht - auch nicht hilfsweise - ohne vorherige Aufhebung der Ablehnungsentscheidung gegenüber dem Antragsteller ausgesetzt werden.

3. Ob § 18 Abs. 2 Satz 2 SächsLPlG eine Rechtsgrundlage für eine Aussetzungsentscheidung gegenüber dem Antragsteller bilden kann, bleibt offen.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 1 B 14/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für 2 Windenergieanlagen

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Dahlke-Piel, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 30. November 2005 - 4 K 341/01 - wird geändert, soweit die Verpflichtungsklage im Hauptantrag abgewiesen wurde. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 12. September 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Leipzig vom 18. Januar 2001 verpflichtet, der Klägerin einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit - ohne Regelungen zur gesicherten Erschließung - der Errichtung von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E 70 E 4 auf den Flurstücken F1 und F2 der Gemarkung R. in B. zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung gegen die Abweisung ihrer Klage durch das Verwaltungsgericht, mit der sie die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen, hilfsweise eines baurechtlichen Vorbescheides zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Errichtung von zwei Windenergieanlagen begehrte.

Mit am 5.5.2000 beim Beklagten eingehenden Antrag beantragte die Klägerin für die Flurstücke F1 und F2 der Gemarkung R. /B. die Erteilung eines Vorbescheides zur Errichtung von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-66/18.70 mit einer Nabenhöhe von 65 m und einem Rotordurchmesser von 70 m. Die Nennleistung betrug 1.800 kW.

Die Beigeladene versagte hierzu ihr Einvernehmen, da die Anlagen ihr Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigten. Ihr Gemeindegebiet werde für Zwecke der Erholung genutzt. Hierauf würden sich die Windenergieanlagen negativ auswirken.

Der Beklagte lehnte die Erteilung eines Vorbescheides mit Bescheid vom 12.9.2000 ab und stützte sich hierfür insbesondere auf die Gründe zur Versagung des gemeindlichen Einvernehmens. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies das Regierungspräsidium Leipzig mit Widerspruchsbescheid vom 18.1.2001 zurück. Das Vorhaben stehe insbesondere im Gegensatz zu dem Status der Beigeladenen als "Heilbad". Es beeinträchtige über die bereits vorhandene technogene Überprägung in der Umgebung der Beigeladenen das Milieu und damit die Funktion der kurortnahen Umgebung. Nach dem Entwurf des Regionalplanes solle die Beigeladene als überregional bedeutsamer Kurort erhalten und entwickelt werden. Damit sei eine weitere Störung des Landschaftsbildes nicht vereinbar. Die Errichtung der Anlagen in gut 500 m Entfernung zum Ortsrand entfalte eine negative Vorbildwirkung für weitere ortsnahe Windenergieanlagen.

Zur Begründung ihrer Klage führte die Klägerin aus, dass weder der Entwurf zum Flächennutzungsplan noch der Entwurf des Regionalplanes ihrem Vorhaben entgegengehalten werden könnten. Schädliche Umwelteinwirkungen seien ausweislich der vorgelegten Emissionsberechnungen nicht zu erwarten. Aufgrund der erheblichen Vorbelastungen könne auch nicht von einer Verunstaltung einer schützenswerten Landschaft ausgegangen werden. Die Beigeladene weise zudem keine besonders reiz- oder wertvolle Stadtsilhouette auf. In der mündlichen Verhandlung stellte sie ihren Antrag auf Anlagen vom Typ Enercon E 70 E 4 um. Wegen der Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes beantragte sie die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides, hilfsweise eines baurechtlichen Vorbescheides und weiter hilfsweise die Feststellung, dass die Genehmigung rechtswidrig versagt worden sei.

Mit Urteil vom 30.11.2005 stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Versagung des baurechtlichen Vorbescheides rechtswidrig gewesen sei. Im Übrigen wies es die Klage ab. Der auf die Verpflichtung zur Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides geänderte Antrag stelle keine sachdienliche Klageänderung dar. Das Vorhaben der Klägerin bedürfe seit der Änderung des Genehmigungsverfahrens für Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 Bundesimmissionsschutzgesetz - BImSchG - i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 der 4. Bundesimmissionsschutzverordnung - 4. BImSchV - i.V.m. Nr. 1.6 Spalte 2 ihres Anhangs einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Eine Fortführung des Verfahrens nach bisherigem Recht sei nicht möglich. Die Übergangsvorschrift des § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG erfasse lediglich Verfahren, die auf die Erteilung einer Baugenehmigung gerichtet gewesen seien. Eine analoge Anwendung auf Verfahren, die die Erteilung eines Vorbescheides zum Gegenstand gehabt hätten, komme wegen des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift sowie nach ihrem Sinn und Zweck nicht in Betracht. Ebenfalls unzulässig sei die Klage, soweit sie auf die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides gerichtet sei. Die hierin liegende Klageänderung sei nicht sachdienlich. Bei Ablehnung einer analogen Anwendung von § 67 Abs. 9 BImSchG verbiete sich eine Anwendung der allgemeinen Regelung des § 91 Abs. 1 Alt. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

Auf den Fortsetzungsfeststellungsantrag sei festzustellen, dass die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung des bauplanungsrechtlichen Vorbescheides gehabt habe. Durch die zum 1.7.2005 eingetretene Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes habe sich die ursprünglich erhobene Verpflichtungsklage erledigt. Für den Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bestehe ein Feststellungsinteresse. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass ihr vor der Gesetzesänderung ein Anspruch auf Erteilung des Vorbescheides zugestanden habe. Eine für die Klägerin günstige Feststellung binde den Beklagten gemäß § 121 VwGO und führe dazu, dass ihr - bei weiterhin unveränderter Sach- und Rechtslage - die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht aus Gründen versagt werden könnte, die Gegenstand des Vorbescheides seien.

Insoweit sei die Klage begründet. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses, sprich der Gesetzesänderung zum 1.7.2005, sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den Vorbescheid zu erteilen. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig. Belange des Natur- und Landschaftsschutzes stünden nicht entgegen. Ausgehend von den Feststellungen des Augenscheins sei eine Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes nicht gegeben. Auch die Ausrichtung der Beigeladenen als Kurort stehe dem Vorhaben nicht entgegen. Die weiten Sichtbeziehungen im südlich hinter dem Stadtbereich der Beigeladenen gelegenen Gebiet seien schon deshalb nicht besonders schutzwürdig, weil sie bereits stark mit technogenen Einflüssen überfrachtet seien. Sowohl Hoch- und Mittelspannungsleitungen, die Aussichten auf ein zum Abbruch vorgesehenes und ein aktives Kraftwerk in nicht allzu weiter Ferne am westlichen Horizont, die deutlichen Blickbeziehungen zu bereits vorhandenen anderen Windenergieanlagen ergäben einen Raum, der nicht vor weiteren Einflussnahme geschützt werden müsse. Besondere Sichtbeziehungen zu landschaftlich besonders prägnanten Ausbildungen seien von hier aus nicht unmittelbar wahrzunehmen. Es bestehe auch keine unmittelbare Blickbeziehung zu den Kuranlagen. Die Stadtsilhouette der Beigeladenen sei vom beabsichtigten Standort aus gesehen auch nicht so markant oder malerisch wahrzunehmen, dass sie eine besondere Schutzwürdigkeit entfalte. Sonstige öffentliche Belange - insbesondere Ziele der Raumordnung - stünden nicht entgegen. Der Regionalplan Westsachen - ohne die mit Urteil des Senats vom 7.4.2005 - 1 D 2/03 - für unwirksam erklärte "Teilfortschreibung energetische Windnutzung" - habe in seiner mit Bescheid vom 15.3.2001 genehmigten und seit dem 20.12.2001 verbindlichen Fassung im Zeitpunkt der Antragsablehnung am 12.9.2000 als Entwurf vorgelegen. Der Satzungsbeschluss des Regionalen Planungsverbandes sei am 26.6.1998 ergangen. Die Frage der so genannten Planreife könne indes dahinstehen, denn die Kammer sehe keine Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben der Klägerin insbesondere gegen das Ziel Z 6.3.7 i.V.m. Karte 4 des Regionalplans Westsachen verstoße, wonach Windenergieanlagen zu Siedlungen in der Regel nur mit einem Abstand von 500 m, jedoch mindestens in einer Entfernung, die dem Zehnfachen der Nabenhöhe entspricht, zulässig sind oder dass das Ziel der Konzentration von Vorhaben in Vorrang- bzw. Vorbehaltsgebieten entgegenstehe.

Das Verwaltungsgericht hat am 30.5.2006 den Tenor seines Urteils in Ziffer 1 Satz 1 wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 118 VwGO berichtigt. Zusätzlich zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide hat es festgestellt, dass "der Beklagte seit dem 12.9.2000 verpflichtet war, der Klägerin den beantragten Bauvorbescheid zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit (ohne Regelungen zur gesicherten Erschließung) zweier Windkraftanlagen vom Typ Enercon E-66 auf den Flurstücken F1 und F2 der Gemarkung R. in B. zu erteilen". Zur Begründung führte es aus, dass die Erweiterung der Urteilsformel der Klarstellung diene.

Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 4.1.2007 - 1 B 307/06 - zugelassen. Diese habe ernstliche Zweifel an der entscheidungstragenden Auffassung des Verwaltungsgerichts dargelegt, dass eine Klageänderung im Hauptantrag auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides nicht sachdienlich sei. Den vom Beklagten gegenüber der Feststellung einer rechtswidrigen Ablehnung des Vorbescheidantrages erhobenen Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Senat mit Beschluss vom 4.1.2007 - 1 B 308/06 - zurückgewiesen. Insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig geworden.

Zur Begründung ihrer Berufung führt die Klägerin aus: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei ihre Verpflichtungsklage zulässig. Die Übergangsvorschrift des § 67 Abs. 9 Sätze 3 und 4 BImSchG gelte auch für Vorbescheidsverfahren. Dies legt sie Bezug nehmend auf obergerichtliche Rechtsprechung im Einzelnen dar. Die Klage auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides sei auch begründet. Soweit das Feststellungsurteil antragsgemäß die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit bejaht habe und sich die tatsächlichen oder rechtlichen Umstände nicht geändert hätten, komme ihm im Hinblick auf die mit der Berufung verfolgte Verpflichtungsklage gemäß § 121 VwGO Bindungswirkung zu. Neue tatsächliche oder rechtliche Umstände, die von der Bindungswirkung nicht erfasst würden, lägen nicht vor. Weder ein kommunaler Bauleitplan noch ein Regionalplan sei zwischenzeitlich in Kraft getreten. Die in Aufstellung befindliche Fortschreibung des Regionalplanes Westsachen, welcher Vorrang- und Eignungsgebiete mit Ausschlusswirkung vorsehe, stehe nicht entgegen. Es könne derzeit noch nicht davon ausgegangen werden, dass diese beabsichtigte Ausweisung über das Entwurfsstadium hinaus zu einer verbindlichen Vorgabe im Sinne des § 3 Nr. 2 Raumordnungsgesetz erstarken werde. Dem stünden schon die Aussagen im Ergebnisprotokoll des Regionalen Planungsverbandes vom 27.11.2006 zur 11. Sitzung des Planungsausschusses vom 16.11.2006 entgegen. Dort heiße es, dass eine Herausnahme des Kreisgebietes Döbeln gravierende inhaltliche Auswirkungen auf das laufende Verfahren habe und eine erneute Anhörungs- und Auslegungsnotwendigkeit nach § 6 Abs. 4 oder auch § 6 Abs. 2 SächsLPlG erforderlich werden könnte.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 30. November 2005 - 4 K 341/01 - in der Fassung des Beschlusses vom 30. Mai 2006 insoweit zu ändern, als die Verpflichtungsklage im Hauptantrag abgewiesen wurde und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 12. September 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Leipzig vom 18. Januar 2001 zu verpflichten, der Klägerin einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit - ohne Regelungen zur gesicherten Erschließung - der Errichtung von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E 70 E 4 auf den Flurstücken F1 und F2 der Gemarkung R. in B. zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Bezugnahme auf seine Ausführungen in einem beim Senat geführten Parallelverfahren tritt er einer Sachdienlichkeit der von der Klägerin vorgenommenen Klagänderung auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides entgegen. Soweit die Klägerin ihren Antrag auf einen anderen Anlagentyp umgestellt hat, tritt er der Sachdienlichkeit der Klagänderung nicht entgegen. Falls der Senat die Sachdienlichkeit der Klagänderung bejahe, lägen die für den gestellten Antrag erforderlichen Bauvorlagen vor. Die Klage sei indes unbegründet, da sich die Sach- und Rechtslage im Anschluss an die verwaltungsgerichtliche Entscheidung geändert habe. Nach dem Entwurf der Gesamtfortschreibung des Regionalplanes Westsachsen lägen die von der Klägerin für die Errichtung der Windenergieanlagen vorgesehenen Flurstücke außerhalb der dort vorgesehenen Vorrang- und Eignungsgebiete mit Ausschlusswirkung. Diesem Entwurf komme schon jetzt Planreife zu. Nach dem Stand der 12. Sitzung des Planungsausschusses vom 8.2.2007 habe sich gegenüber der von der Klägerin angeführten 11. Sitzung ein neuer Sachstand ergeben. Hiernach sei "bei äußerster Konzentration auf die anstehenden Pflichtaufgaben, Erschließung eigener Effizienzpotentiale und der Inanspruchnahme externer Leistungen" ein Abschluss des Aufstellungsverfahrens bis zum 30.6.2008 möglich. Jedenfalls sei nach dem bereits abgeschlossenen Beteiligungsverfahren nach § 6 Abs. 1 SächsLPlG nicht davon auszugehen, dass die Vorhabengrundstücke als Vorrang- und Eignungsgebiet ausgewiesen würden. Unabhängig hiervon habe die Klägerin auch schon deshalb keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheides, weil das Regierungspräsidium Leipzig als zuständige Raumordnungsbehörde es dem Beklagten mit Schreiben vom 15.3.2007 untersagt habe, für das Vorhaben der Klägerin eine Entscheidung zu dessen Zulässigkeit zu treffen. Dieser Bescheid stehe einer Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des beantragten Vorbescheides entgegen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für den Erlass der Untersagungsverfügung nach § 18 Abs. 2 SächsLPlG seien erfüllt.

Die Klägerin hat zur raumordnerischen Untersagung vom 15.3.2007 repliziert: Dieser komme weder die Wirkung einer Veränderungssperre noch eines Verwaltungsaktes zu. Ihr gegenüber fehle es zu einer Rechtsbeachtlichkeit an einer Bekanntgabe eines Aussetzungsbescheides. Die Untersagung stelle hier auch keinen Verwaltungsakt dar. Sie habe nur verwaltungsinternen Charakter. Der bloß verwaltungsinternen Weisung vom 15.3.2007 komme nicht die Wirkung eines Zurückstellungsbescheides nach § 15 BauGB zu. Hierzu hätte es einer weiteren Entscheidung des Beklagten in Gestalt einer Aussetzungsentscheidung bedurft. Erst dieser Entscheidung hätte Verwaltungsaktqualität zukommen können. Für eine solche Umsetzung in Gestalt einer Aussetzungsentscheidung fehle es zudem an der notwendigen gesetzlichen Grundlage. Denn § 18 Abs. 2 SächsLPlG biete keine Rechtsgrundlage für eine Aussetzungsentscheidung. Die Untersagungsbefugnis nach § 18 Abs. 2 SächsLPlG sei nicht identisch mit der Befugnis der Genehmigungsbehörde, den Antragsteller mit einem entsprechenden Zurückstellungs- oder Aussetzungsbescheid zu belasten. Dies zeige auch ein Blick auf § 15 Abs. 1 BauGB. Dieser belege die Notwendigkeit, mit einem ausdrücklichen Aussetzungsbescheid die Zurückstellung eines Antrages zu bewirken. Diese zweite Ebene der Umsetzung in einen Aussetzungsbescheid sei in § 18 Abs. 2 SächsLPlG gerade nicht vorgesehen. Im Übrigen bekräftigt sie ihre Auffassung, dass ihrem Vorhaben keine in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung entgegenstehen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie ist dem Begehren der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten.

Dem Senat liegen die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vor. Vom Regionalen Planungsverband Westsachsen liegen zwei Ordner zum Stand der Fortschreibung des Regionalplanes vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakte zum Verfahren auf Zulassung der Berufung wird für die näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist zu ändern. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten gemäß § 6 Abs. 1 i.V.m. § 9 und § 19 Abs. 1 BImSchG einen Anspruch auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E 70 E 4 auf den Flurstücken F1 und F2 der im Gemeindegebiet der Beigeladenen gelegenen Gemarkung R. .

1. Die von der Klägerin vor dem Verwaltungsgericht vorgenommenen Änderungen ihrer Klage im hier nur noch streitgegenständlichen Hauptantrag sind zulässig.

a) Die Klägerin hat in zulässiger Weise im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ihre Klage auf die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides geändert. Diese Klageänderung war veranlasst, da die streitgegenständlichen Anlagen seit der Änderung des Genehmigungsverfahrens für Windenergieanlagen durch Art. 1 Nr. 3 der Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungspflichtige Anlagen und zur Änderung der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20.6.2005 (BGBl. I S. 1687), welche gemäß ihrem Artikel 3 zum 1.7.2005 in Kraft trat, einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedurften. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV i.V.m. Nummer 1.6 Spalte 2 ihres Anhangs bedürfen Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m seit dem 1.7.2005 einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

Die Änderung der Klage auf die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen an Stelle eines baurechtlichen Vorbescheides ist im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 67 Abs. 9 Satz 4 BImSchG in der ab 1.7.2005 geltenden Fassung. Diese Vorschrift ist entsprechend auf baurechtliche Vorbescheide anwendbar (OVG NW, Urt. v. 15.3.2006, ZfBR 2006, 474; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.5.2006, VBlBW 2006, 475; OVG Rh-Pf., Urt. v. 16.1.2006 - 8 A 11271/05 -). Zwar spricht diese - anlässlich der Überführung von Windenergieanlagen in das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren ergangene - Übergangsvorschrift nur von einer Überführung von Baugenehmigungsverfahren in das immissionsschutzrechtliche Verfahren. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/5443, S. 4) wollte der Gesetzgeber "Rechtsunsicherheiten" in den anhängigen gerichtlichen Verfahren zu Windenergieanlagen beseitigen und die Umstellung dieser Klagen auf das aktuelle Recht erleichtern. Diese Interessenlage ist bei baurechtlichen Vorbescheidsverfahren dieselbe wie bei Baugenehmigungsverfahren. Der Antragsteller soll nicht "um die Früchte seiner bisherigen Bemühungen gebracht werden" und einen neuen Antrag stellen müssen, obwohl der Prüfungsmaßstab wie die zur Prüfung gestellte Frage im Wesentlichen identisch sind. Für eine entsprechende Anwendung der Übergangsvorschrift spricht auch der Umstand, dass der Vorbescheid als vorweggenommener Teil der Baugenehmigung angesehen wird. Es spricht deshalb Überwiegendes für eine analoge Anwendung von § 67 Abs. 9 Satz 4 BImSchG auf zum Stichtag anhängige Vorbescheidsverfahren.

b) Es begegnet auch keinen Bedenken, dass die Klägerin den streitgegenständlichen Anlagentyp vom Typ Enercon E 66 auf den Typ Enercon E 70 E 4 geändert hat. Der Beklagte ist der Klageänderung auf diesen Anlagentyp nicht entgegengetreten. Im Übrigen liegt im Wesentlichen eine Identität der Anlagen vor. Die ursprünglich vorgesehene Anlage hatte eine Nabenhöhe von 65 m und einen Rotordurchmesser von 70 m. Nunmehr soll die Nabenhöhe 64 m und der Rotordurchmesser 71 m betragen. Die Gesamthöhe der Anlagen reduziert sich von ursprünglich 99,8 m auf nunmehr 99,5 m. Die Nennleistung ist identisch geblieben.

2. Die Klage ist begründet, da dem Vorhaben der Klägerin weder im immissionsschutzrechtlichen Vorbescheidsverfahren zu prüfende Vorschriften noch der Untersagungsbescheid des Regierungspräsidiums Leipzig vom 15.3.2007 entgegenstehen.

a) Die im Vorbescheidsverfahren nach § 9 BImSchG aufgrund der Fragestellung der Klägerin zu prüfenden Vorschriften beschränken sich auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit ihres Vorhabens gemäß § 35 Abs. 1 und 3 BauGB, mit Ausnahme der Prüfung einer gesicherten Erschließung.

Dem Anspruch der Klägerin nach § 9 BImSchG steht nicht entgegen, dass diese Vorschrift die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides in das Ermessen der Behörde stellt. Dieses Ermessen, welches bei den hier gegebenen Voraussetzungen der ausreichend zu beurteilenden Auswirkungen der geplanten Anlagen und eines berechtigten Interesses an einer Vorbescheidserteilung eröffnet wird (vgl. Jarass, BImSchG, 6. Aufl., § 9 RdNr. 9), ist hier zugunsten der Klägerin auf Null reduziert. Das Ermessen bezieht sich hier lediglich auf die Frage, ob die (Gesamt-)Genehmigung aufgeteilt werden kann und ob der vom Antragsteller beantragte Zuschnitt des Vorbescheidsverfahrens akzeptiert wird (Jarass, aaO, § 9 RdNr. 9 und § 8 RdNr. 15). Hierdurch soll dem Interesse an einer effektiven Prüfung des Vorhabens sowie den Interessen der Nachbarn an einem fairen Rechtsschutz Rechnung getragen werden können (Jarass, aaO, § 8 RdNr. 15 m.w.N.). Derartige Sachgründe, die gegen die Wahl des Vorbescheidsverfahrens mit der von der Klägerin aufgeworfenen Fragestellung sprechen, sind für das vorliegende Verfahren nicht ersichtlich. Die Klägerin hat die wesentlichen Fragen der Genehmigungsfähigkeit zum Gegenstand des Vorbescheidsverfahrens gemacht. Eine Erschwerung des Rechtsschutzes tritt im Fall der Erteilung des Vorbescheides nicht ein, da auf den Vorbescheid lediglich noch die Erteilung der abschließenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu erwarten ist.

Hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen öffentlichen Belange i.S.v. § 35 Abs. 3 BauGB ist zu beachten, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30.11.2005 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 30.5.2006 auf die Zurückweisung des Zulassungsantrages des Beklagten durch Beschluss vom 4.1.2007 - 1 B 308/06 - rechtskräftig geworden ist, soweit es der Klage stattgegeben hat. Damit ist zwischen den Beteiligten gemäß § 121 Abs. 1 VwGO rechtskräftig festgestellt, dass der Versagungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtswidrig ist und "der Beklagte seit dem 12.9.2000 verpflichtet war, der Klägerin den beantragten Bauvorbescheid zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit - ohne Regelungen zur gesicherten Erschließung - zweier Windkraftanlagen vom Typ Enercon E 66 auf den Flurstücken F1 und F2 der Gemarkung R. in B. zu erteilen". In zeitlicher Hinsicht endet die dieser Entscheidung zukommende Bindungswirkung am 1.7.2005. Zu diesem Zeitpunkt hat das Verwaltungsgericht die Erledigung des auf Erteilung eines baurechtlichen Vorbescheides gerichteten Antrages der Klägerin festgestellt. Dem Genehmigungsanspruch der Klägerin können deshalb jetzt nur solche öffentlichen Belange i.S.v. § 35 Abs. 3 BauGB entgegengehalten werden, die nach dem 1.7.2005 entstanden sind.

aa) Als neu hinzugetretene öffentliche Belange können hier nicht die Ziele der in Aufstellung befindlichen Fortschreibung des Regionalplanes Westsachsen angesehen werden, da ihnen die notwendige Planreife fehlt.

Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB dürfen raumbedeutsame Vorhaben, wie die hier beantragten Windenergieanlagen, den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen. Dies kann auch ein in Aufstellung befindliches Ziel sein (BVerwG, Urt. v. 27.1.2005, BVerwGE 122, 364), mithin ein Ziel des in (Neu-)Aufstellung befindlichen Regionalplans Westsachsen. Voraussetzung für ein Entgegenstehen ist die hinreichend sichere Erwartung, dass der Entwurf der Zielfestlegung über das Entwurfsstadium hinaus zu einer verbindlichen Vorgabe erstarken wird. Hiervon kann erst dann die Rede sein, wenn ein Planungsstand erreicht ist, der die Prognose nahe legt, dass die beabsichtigte planerische Aussage Eingang in die endgültige Fassung des Planes finden wird. Dies ist ausgeschlossen, solange der Abwägungsprozess noch gänzlich offen ist. Wegen der Wechselbezüglichkeit von Festsetzungen in einem Regionalplan kann in diesem Fall noch nicht von einer hinreichend sicheren Erwartung einer zukünftig verbindlichen Vorgabe ausgegangen werden (BVerwG, aaO, RdNr. 29 bei juris). Andererseits ist es aber nicht erforderlich, dass der Planungsträger bereits eine abschließende Abwägungsentscheidung getroffen hat und es nur noch der Genehmigung und Bekanntmachung bedarf. Lässt sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt absehen, dass eine Windenergieanlage auf einem Grundstück errichtet werden soll, welches für die Windenergienutzung von vornherein tabu ist oder aus sonstigen Gründen erkennbar nicht in Betracht kommt, so ist das insoweit in Aufstellung befindliche Ziel der Raumordnung schon in der Planungsphase berücksichtigungsfähig. Ob und wie lange vor der abschließenden Beschlussfassung sich die Planung gegebenenfalls in Richtung Ausschlusswirkung verfestigen kann, beurteilt sich nach den jeweiligen Verhältnissen vor Ort. Je eindeutiger es nach den konkreten Verhältnissen auf der Hand liegt, dass der Bereich, in dem das Vorhabengrundstück liegt, Merkmale aufweist, die ihn als Ausschlusszone prädestinieren, desto eher ist die Annahme gerechtfertigt, der Plangeber werde diesem Umstand in Form einer negativen Zielaussage Rechnung tragen (BVerwG, aaO, RdNr. 30 bei juris).

Als dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehendes Ziel kommt hier das Ziel Z 11.6 in Betracht. Hiernach soll die Errichtung von Windenergieanlagen ausschließlich in Vorrang- und Eignungsgebieten zulässig sein. Der von der Klägerin vorgesehene Standort liegt außerhalb der hierfür vorgesehenen Gebiete. Ob hingegen diese Gebiete tatsächlich Gegenstand des Regionalplanes werden, lässt sich derzeit noch nicht mit hinreichender Gewissheit absehen. Nach der Beschlussfassung des Planungsausschusses des Regionalen Planungsverbandes Westsachsen vom 28.2.2007 ist die Einvernehmenserteilung zum Fachbeitrag Naturschutz und Umweltpflege durch die höhere Naturschutzbehörde erst für den 23.9.2007 vorgesehen. Über die Vergabe des Umweltberichtes sollte mit Beschluss vom 19.4.2007 entschieden werden. Die Freigabe des Fortschreibungsentwurfs zur Beteiligung der Träger nach § 6 Abs. 2 SächsLPlG einschließlich des Umweltberichtes ist für den 12.10.2007 vorgesehen.

Bei diesem Planungsstand lässt sich derzeit nicht feststellen, ob die als Vorrang- und Eignungsgebiete mit Ausschlusswirkung vorgesehenen Flächen tatsächlich festgesetzt werden können. Dies ist nicht zuletzt aufgrund des noch ausstehenden Umweltberichtes offen. So sind insbesondere neue Erkenntnisse aus dem Bereich der Avifauna - und hierbei insbesondere der Erkenntnisfortschritt im Hinblick auf die Gefährdung von geschützten Fledermausarten - geeignet, bisher als unproblematisch angesehene Standorte in Frage zu stellen. Dies wiederum kann den Planungsgeber in die Situation bringen, dass er im Hinblick auf die ihm obliegende substanzielle Ermöglichung von Windenergienutzung (SächsOVG, NK-Urt. v. 25.10. 2006 - 1 D 3/03 - RdNr. 44 bei juris, m.w.N.) neue Standorte für seine Vorrang- und Eignungsgebiete suchen muss. Damit fehlt es an der berechtigten Erwartung, dass die Lage der bisher vorgesehenen Vorrang- und Eignungsgebiete mit hinreichend sicherer Wahrscheinlichkeit gegenüber dem jetzigen Planungsstand unverändert bleibt. Von dieser Erwartung kann hier auch aufgrund der noch ausstehenden Anhörung nach § 6 Abs. 2 SächsLPlG nicht ausgegangen werden. Auch ihr Ergebnis ist geeignet, neues und für die räumliche Zuordnung von Windenergienutzung maßgebliches Abwägungsmaterial zu erbringen, welches ebenfalls zur Suche nach anderweitigen Ausweisungsstandorten Veranlassung geben kann.

Der von der Klägerin vorgesehene Standort ist auch nicht unabhängig vom Ausgang der Beteilung offenkundig für die Windenergienutzung ausgeschlossen. Dies zeigt schon das Urteil des Verwaltungsgerichts, demzufolge der Klägerin ein Genehmigungsanspruch zustand.

bb) Sonstige öffentliche Belange, die nach dem 1.7.2005 entstanden und dem Vorhaben der Klägerin ungeachtet der Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne von § 35 Abs. 1 und Abs. 3 BauGB entgegenstehen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

b) Dem Genehmigungsanspruch der Klägerin steht die auf § 18 Abs. 2 Satz 2 SächsLPlG gestützte und an den Beklagten gerichtete Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Leipzig vom 15.3.2007 nicht entgegen. Ihr kommt lediglich verwaltungsinterne Wirkung zu. Der Klägerin könnte sie nur für den Fall ihrer - hier unterbliebenen - Umsetzung in Gestalt einer Aussetzungsentscheidung zum Genehmigungsverfahren entgegengehalten werden.

Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 SächsLPlG kann die Raumordnungsbehörde auch behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts für die Dauer von längstens zwei Jahren untersagen, wenn zu befürchten ist, dass die Verwirklichung in Aufstellung befindlicher Ziele der Raumordnung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde.

aa) Die Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Leipzig richtet sich an den Beklagten und untersagt ihm eine Entscheidung zur Zulässigkeit des Vorhabens der Klägerin für die Dauer von höchstens zwei Jahren. Sie hat keine Außenwirkung i.S.v. § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - und stellt deshalb keinen Verwaltungsakt dar; ihr kommt vielmehr nur verwaltungsinterner Charakter zu (BGH, Urt. v. 30.6.1983, BGHZ 88, 51, RdNr. 18 bei juris; VG Chemnitz, Urt. v. 8.9.2005, 3 K 26/03, RdNr. 110 bei juris; Schoen, NuR 2000, 138 [144]).

bb) Als lediglich verwaltungsinterne Maßnahme ist eine auf § 18 Abs. 2 Satz 2 SächsLPlG gestützte und an die Genehmigungsbehörde gerichtete Untersagungsverfügung nicht geeignet, den Rechtsanspruch der Klägerin auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides zu beschneiden (vgl. BGH, aaO). Sie lässt den Genehmigungsanspruch der Klägerin aus § 9 i.V.m. § 6 BImSchG nicht untergehen. Es handelt sich bei ihr um eine verwaltungsinterne Einzelweisung und damit nicht um eine dem Vorhaben entgegenstehende öffentlich-rechtliche Vorschrift i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG.

Um gegenüber der Klägerin Wirkung zu entfalten, hätte die Untersagungsverfügung noch einer Umsetzung in Gestalt einer Aussetzung des Genehmigungsverfahrens bedurft. Andernfalls ist sie nicht geeignet, in Genehmigungsansprüche eines Bürgers einzugreifen (BGH, aaO; Reidt, ZfBR 2004, 430 [438]; sinngemäß auch Schoen, aaO.). Die vorliegende Konstellation ist insoweit vergleichbar mit einer fachaufsichtlichen Weisung an die Genehmigungsbehörde, die sich auch nicht ohne weiteres gegen den Genehmigungsanspruch eines Antragstellers durchsetzen könnte.

Derzeit ist der Beklagte am Erlass einer Aussetzungsentscheidung schon deshalb gehindert, weil er den Antrag der Klägerin bereits abgelehnt hat. In dieser verfahrensrechtlichen Situation ist eine nachfolgende - gleichsam kumulative oder hilfsweise - Aussetzung des Verfahrens ausgeschlossen, da über den Antrag bereits entschieden wurde. Für eine Aussetzung des Verfahrens müsste zunächst wieder Raum geschaffen werden, indem zuvor die Antragsablehnung - etwa wegen veränderter Sach- und Rechtslage - aufgehoben wird (vgl. OVG Nds., Urt. v. 30.9.1992, BauR 1993, 63 = UPR 1993, 114 = BRS 54 Nr. 78 zur Frage der Zurückstellung).

Im Übrigen bestehen Zweifel, ob nach der derzeitigen Rechtslage eine Ermächtigungsgrundlage für die Umsetzung einer Untersagungsverfügung der Raumordnungsbehörde durch eine Aussetzungsentscheidung der Genehmigungsbehörde besteht. Aus Gründen des Vorbehalts des Gesetzes spricht Überwiegendes dafür, für die Aussetzungsentscheidung eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage zu verlangen (vgl. Reidt, aaO). § 18 Abs. 2 SächsLPlG sieht hingegen die Umsetzung einer Untersagungsverfügung in Gestalt einer Aussetzungsentscheidung innerhalb eines Genehmigungsverfahrens nicht vor. Zwar wird der Landesgesetzgeber ausgehend von der rahmenrechtlichen Vorgabe in § 12 Abs. 2 ROG als befugt angesehen, eine entsprechende Ermächtigung zugunsten der Genehmigungsbehörde zu schaffen. Bis dahin soll hingegen die Genehmigungsbehörde zu einer Aussetzung nicht befugt sein (Reidt, aaO).

Fraglich ist, ob § 18 Abs. 2 SächsLPlG im Wege der Auslegung eine Grundlage für die Aussetzung des Genehmigungsverfahrens zu entnehmen ist. Denkbar wäre es nur, in der auf § 18 Abs. 2 SächsLPlG gestützten Untersagungsentscheidung zugleich eine - konkludente - Aussetzung des Genehmigungsverfahrens zu sehen, da die Genehmigungsbehörde für die Geltungsdauer der Untersagung an einer positiven Entscheidung gehindert werden soll. Diese Betrachtungsweise stünde aber zumindest in einem Spannungsverhältnis zum Vorbehalt des Gesetzes. Zudem zeigt insbesondere § 15 Abs. 3 BauGB, dass der Bundesgesetzgeber für die Suspendierung eines Genehmigungsanspruches eine eindeutige und eingehende gesetzliche Regelung für erforderlich gehalten hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 75.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG - in Verbindung mit Ziffer 9.1 und 9.2 Streitwertkatalog 2004. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, für das Begehren auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage zehn Prozent der voraussichtlichen Herstellungskosten zugrunde zu legen. Letztere können hier mit dem Verwaltungsgericht auf 500.000,- € je Anlage geschätzt werden. Im Fall der Beschränkung des Begehrens auf die Erteilung eines Bauvorbescheides ist der sich hieraus ergebende Betrag um 1/4 zu reduzieren (SächsOVG, Beschl. v. 17.10.2006 - 1 B 328/03 -; st. Rspr.). Das mit diesem Betrag ausgedrückte wirtschaftliche Interesse der Klägerin ist durch die Umstellung ihres Antrages auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides mit identischer Fragestellung nicht geschmälert worden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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