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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 06.11.2008
Aktenzeichen: 1 B 188/07
Rechtsgebiete: BAföG, HRG, GG


Vorschriften:

BAföG § 7 Abs. 1a
BAföG § 7 Abs. 3
HRG § 19
GG Art. 3
1. Nach § 7 Abs. 1a BAföG kommt eine Gleichstellung einer Vorausbildung über 5 Fachsemester in einem Diplomstudiengang mit einem Abschluss in einem Bachelor- oder Bakkalaureusstudiengang grundsätzlich nicht in Betracht. § 7 Abs. 1a BAföG setzt voraus, dass der gewählte Masterstudiengang an einen Bachelor- oder Bakkalaureusstudiengang anknüpft.

2. Bei der Berechnung des Zeitpunktes des Fachrichtungswechsels ist eine (teilweise) Anrechnung von Studienzeiten zu berücksichtigen. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG ist dabei einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich. Dies gilt insbesondere, wenn die nach § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG maßgebliche Zeitschwelle nicht überschritten wird.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 1 B 188/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Bewilligung von Ausbildungsförderung

hier: Berufung

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger aufgrund der mündlichen Verhandlung

am 6. November 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 6. Dezember 2005 - 13 K 2718/02 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin studierte vom Wintersemester 1998/1999 bis zum Wintersemester 2000/2001 - 5 Semester - im Diplomstudiengang Soziologie an der Technischen Universität Dresden - im Folgenden TU Dresden -. Die Regelstudienzeit für diesen Studiengang betrug 9 Semester. Die Klägerin erhielt für dieses Studium Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Im Sommersemester 2001 studierte sie an der Universität in Rom im Rahmen des Erasmusprogramms. Vom Studiengang Soziologie ließ sie sich für diesen Zeitraum beurlauben.

Am 1.10.2001 nahm sie den Masterstudiengang Kultur und Management an der TU Dresden auf, dessen Regelstudienzeit 4 Semester beträgt. Sie beantragte für diesen Studiengang am 8.10.2001 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Mit Schreiben vom 11.12.2001 teilte sie dem Beklagten die Gründe für den Wechsel des Studiengangs mit. Sie habe im Studiengang Soziologie zwar das Vordiplom abgeschlossen, sehe mit diesem Studium aber kein konkretes Berufsfeld. Das praxisferne Studium erschwere den Einstieg in den Arbeitsmarkt. Ihr Interesse gelte der Kulturarbeit. Ihr Mentor habe sie deshalb auf den Studiengang "Kultur und Management" an der TU Dresden hingewiesen, der ihr erstmals konkrete Berufsaussichten als Kulturmanagerin eröffnet habe. Kultur und Management sei ein Aufbaustudiengang, der frühestens nach dem 6. Fachsemester aufgenommen werden könne.

Der gewählte Studiengang habe bereits mit dem Sommersemester 2001 begonnen. Ihr 6. Fachsemester habe sie in Rom im Rahmen des Erasmusprogramms absolviert. Dieses Auslandssemester sei ihr als notwendige Zugangsqualifikation für den Studiengang Kultur und Management anerkannt worden. Sie überschreite mit dem Wechsel des Studiengangs den vorgegebenen Rahmen der Regelstudienzeit nicht.

Mit Schreiben vom 28.11.2001 und 23.1.2002 bestätigte Prof. Dr. ( Fakultät) der Klägerin die Anerkennung von Vorleistungen aus dem Studiengang Soziologie. Er führte aus:

" ... Frau , geb. ......19.., ist seit dem Wintersemester 2001/2002 immatrikuliert in den neu eingerichteten internationalen, auf Ost-Europa ausgerichtet Aufbaustudiengang Kultur & Management der TU Dresden.

Für diesen Modellstudiengang, der mit einem international vergleichbaren Magisterabschluss abschließt, werden mittels einer Eignungsprüfung nur diejenigen Studierende ausgewählt, die ihre Leistungsfähigkeit und selbständige Arbeitsweise entweder durch einen überdurchschnittlichen Abschluss des Grundstudiums in einem kultur-, sozialwissenschaftlichen, rechts- oder wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang unter Beweis gestellt sowie darüber hinaus ebenfalls erfolgreich zwei Semester im Hauptstudium absolviert haben bzw. sich durch einen Bachelor-Grad oder einen erfolgreichen Studienabschluss (Diplom oder M.A.) und einschlägige Berufserfahrung empfehlen.

Frau hat dem gemäß sowohl durch ihr Soziologie-Vordiplomszeugnis als auch durch die beiden notwendig absolvierten Semester des Hauptstudiums diese Eingangsvoraussetzungen nachgewiesen und konnte deshalb ordnungsgemäß in den Studiengang Kultur & Management immatrikuliert werden. .. "

Mit weiterem Schreiben vom 23.10.2002 erläuterte Prof. Dr. das Folgende:

"... die im Studiengang Kultur und Management immatrikulierte Studentin ...teilte uns mit, dass sie einen ablehnenden Bafög-Bescheid erhalten hat mit der Begründung des fehlenden Bachelor-Abschlusses.

Dazu teilen wir Ihnen mit, dass sich Frau Hermann aufgrund der damals gültigen Studien- und Prüfungsordnung in den Studiengang rechtmäßig immatrikuliert hat. Als gültige Zugangsberechtigung war definiert: entweder muss der Bewerber einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss (Bachelor, Diplom oder Magister) nachweisen oder die Zwischenprüfung bzw. das Vordiplom ... und nach der Zwischenprüfung bzw. dem Vordiplom mind. 2 Semester lang eines dieser Fächer mit Leistungsnachweisen im Hauptstudium erfolgreich absolviert haben."

Mit Bescheid vom 31.1.2002 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Ausbildungsförderung für den Studiengang Kultur und Management ab. Sie habe ihren Anspruch nach § 7 Abs. 1 BAföG in Bezug auf den Studiengang Soziologie nicht ausgeschöpft. Die Voraussetzungen für einen Fachrichtungswechsel nach § 7 Abs. 3 BAföG seien nicht erfüllt, da sie diesen erst nach Ablauf des 5. Fachsemesters vollzogen habe und ein unabweisbarer Grund nicht vorliege. § 7 Abs. 1a BAföG sei auch nicht einschlägig. Das jetzige Studium baue nämlich nicht auf einem von der Klägerin bereits absolvierten Bachelor- oder Bakkalaureusstudiengang auf.

Den Widerspruch der Klägerin vom 17.2.2002 wies das Sächsische Landesamt für Ausbildungsförderung mit Bescheid vom 18.10.2002 zurück. Die Voraussetzungen für eine Förderung des Masterstudiengangs Kultur und Management seien nicht erfüllt.

Der am 21.11.2002 erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht Dresden mit Urteil vom 6.12.2005 - 13 K 2718/02 - statt. Die Klägerin habe gemäß § 7 Abs. 1a BAföG einen Anspruch auf die Leistung von Ausbildungsförderung. Diesem stehe nicht entgegen, dass der Masterstudiengang auf einem Bachelor- oder Bakkalaureusstudiengang aufbauen müsse. Zwar könne die Klägerin ein mit einem Bachelor-Grad abgeschlossenes Studium nicht nachweisen. Für die Zulassung zum Masterstudiengang sei aber die Anerkennung des Soziologie-Vordiploms und der beiden Semester des Hauptstudiums durch den zuständigen Prüfungsausschuss (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 der Zulassungsordnung für den Magisterstudiengang Kultur und Management) ausreichend.

Auf den Antrag des Beklagten hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts mit Beschluss vom 4.4.2007 - 5 B 190/06 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung zugelassen. Nach dem Wortlaut von § 7 Abs. 1a BAföG sei für die Bewilligung von Ausbildungsförderung für einen Master- oder Magisterstudiengang (§ 19 des HRG) Voraussetzung, dass dieser auf einem Bachelor- oder Bakkalaureusstudiengang aufbaue und außer dem Bachelor- oder Bakkalaureusstudiengang nicht bereits ein weiteres Studium abgeschlossen worden sei. Bei einem Bachelor- oder Bakkalaureusstudiengang handele es sich um einen eigenständigen Studiengang, der zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss - nach einem Studium von mindestens 3 und höchstens 4 Jahren - führe. Die Klägerin habe weder einen solchen eigenständigen Studiengang, der damals noch gar nicht angeboten worden sei, absolviert, noch einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss erworben. Sie habe lediglich erfolgreich eine Zwischenprüfung im Studiengang Soziologie abgelegt und anschließend zwei weitere Semester studiert. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1a BAföG seien bereits nicht erfüllt, wenn ein Hochschulstudiengang mit einer traditionellen Hochschul-, Staats- oder Kirchenprüfung abgeschlossen werde. Dies müsse erst recht dann gelten, wenn ein traditioneller Studiengang nicht abgeschlossen, sondern nur begonnen worden sei. Für diese Fälle bestimme sich die Förderung nach § 7 Abs. 3 BAföG. Für den nach Beginn des 4. Fachsemesters erforderlichen unabweisbaren Grund sei nichts ersichtlich.

Der Beklagte trägt vor, das Verwaltungsgericht habe § 7 Abs. 1a BAföG entgegen seinem eindeutigen Wortlaut fehlerhaft als weitere Vorschrift, mit der ein Fachrichtungswechsel unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sei, ausgelegt. Die Vorschrift enthalte aber allein für die in ihr genannten Studiengänge eine Sondervorschrift. Voraussetzung sei das Aufbauen auf einem Bachelor- oder Bakkalaureusstudiengang. Nach § 19 HRG handele es sich bei einem Studium, das mit einem Bachelor-Grad ende, um einen eigenen Studiengang, der mit einem berufsqualifizierenden Abschluss beendet werde. Die Klägerin habe weder an einem solchen Studiengang teilgenommen noch einen berufsqualifizierenden Abschluss (Bachelor- oder Bakkalaureus-Grad) erworben.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 6. Dezember 2005 - 13 K 2718/02 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, § 7 Abs. 1a BAföG sei entsprechend anwendbar. Der Gesetzgeber habe mit der Vorschrift den Zweck verfolgt, den Grundanspruch auf Ausbildungsförderung auf die neuen Masterstudiengänge zu erstrecken. Er habe dabei übersehen, dass die neuen Masterstudiengänge die bisherigen Studiengänge in einem fließenden Prozess ablösen und es dabei zu "Vermischungen" kommen könne. Auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.10.2006 - 5 B 78.06 - werde Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht unter Aufhebung seines Bescheides vom 31.1.2002 und des Widerspruchsbescheides des Sächsischen Landesamtes für Ausbildungsförderung vom 18.10.2002 verpflichtet, der Klägerin für ihr Masterstudium nach Maßgabe des BAföG Ausbildungsförderung zu gewähren (§ 113 Abs. 5 VwGO). Denn der Klägerin steht ein Anspruch auf Förderung dieser Ausbildung zwar nicht nach § 7 Abs. 1a BAföG, aber nach § 7 Abs. 3 BAföG zu.

Nach § 7 Abs. 1a BAföG wird für einen Masterstudiengang im Sinne des § 19 HRG oder für einen postgradualen Diplomstudiengang nach § 18 Abs. 1 S. 1 bis 3 HRG Ausbildungsförderung geleistet, wenn er auf einem Bachelorstudiengang aufbaut und der Auszubildende bislang ausschließlich einen Bachelorstudiengang abgeschlossen hat. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall. Zwar begehrt sie Ausbildungsförderung für den Masterstudiengang Kultur und Management, bei dem es sich nach der Studienordnung für den Magisterstudiengang Kultur und Management der TU Dresden vom 14.2.2001 um einen Studiengang nach § 19 HRG handelt. Jedoch hat sie bislang keinen Bachelorstudiengang, der mit einem Bachelorgrad endete (§ 19 Abs. 1 und 2 HRG) und auf dem der von ihr gewählte Masterstudiengang aufbauen könnte, abgeschlossen. Vielmehr hat sie ihr Soziologiestudium, das erst mit dem Erwerb des Diploms nach einer Regelstudienzeit von 9 Semestern abgeschlossen wird, vorzeitig abgebrochen. Sie wechselte nämlich vor Abschluss dieses Studiengangs nach 5 Fachsemestern (die nur den Erwerb des Vordiploms nach dem 4. Fachsemester beinhalteten) und anschließendem Urlaubssemester an der Universität in Rom mit dem Wintersemester 2001 - ohne Erwerb eines Abschlusses nach einer Prüfung am Ende des 6. Fachsemesters - zu dem streitgegenständlichen Magisterstudiengang. Es fehlt mithin an einer mit einem Bachelor-Grad abgeschlossenen Erstausbildung (§ 19 Abs. 2 HRG).

Eine Gleichstellung der Vorausbildung der Klägerin in Soziologie mit einem Abschluss in einem Bachelor- oder Bakkalaureusstudiengang kommt nicht in Betracht. Denn § 7 Abs. 1a BAföG enthält nach seinem eindeutigen Wortlaut eine spezielle Regelung für einen Masterstudiengang im Sinne des § 19 HRG oder postgradualen Diplomstudiengang nach § 18 Abs. 1 S. 1 bis 3 HRG -, der an einen Bachelor- oder Bakkalaureusstudiengang anknüpft (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.10.2006 - 5 B 78.06 - und Urt. v. 15.5.2008 - 5 C 18.07 -, beide zitiert nach juris; NdsOVG, Beschl. v. 3.9.2007, NVwZ-RR 2008, 401 sowie VG Gießen, Urt. v. 13.2.2008 - 3 E 526/07 - und VG Göttingen, Beschl. v. 7.5.2007 - 2 B 72/07 -, beide zitiert nach juris; VG Karlsruhe, Urt. v. 17.11.2004, FamRZ 2006, 733).

§ 7 Abs. 1a BAföG ist nicht entsprechend anwendbar. Die vorliegende Fallkonstellation wird nämlich weder vom Wortlaut der Vorschrift noch von dessen Sinn und Zweck erfasst. § 7 Abs. 1a BAföG findet auf die im Rahmen des Bologna-Prozesses von den Hochschulen neu geschaffenen "konsekutiven" Studiengänge gem. § 19 HRG Anwendung. Diese Studiengänge bauen auf einem berufsqualifizierenden Hochschulabschluss (Bachelor) auf und bieten mit einer Prüfung einen weiteren Abschluss (vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Neunzehnten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, 19. BAföGÄndG, BT-Drs. 13/10241 v. 30.3.1998, S. 8, 12, 14/15). Die Vorschrift ist nicht entsprechend anwendbar, denn das Masterstudium der Klägerin folgt nicht auf einen "neuen" Studiengang. Es schließt sich vielmehr an einen traditionellen, nicht nach den Vorgaben des § 19 HRG aufgegliederten, (Diplom-)Studiengang an (vgl. Humborg, in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Mai 2008,§ 7, Rn. 18; VG Göttingen, Urt. v. 12.10.2006, - 2 A 231/05 -, a. a. O; VG Gießen, Urt. v. 13.2.2008, a. a. O.; vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Urt. v. 15.5.2008, a. a. O.). Der von der Klägerin bis zum 5. Fachsemester absolvierte Studiengang Soziologie ist nicht Teil einer Studiengangfolge "neuer Art", sondern er führt zu einem traditionellen Abschluss (Diplom) nach 9 Semestern. Die Aufnahme und Förderung von neu konzipierten Studiengängen mittels Abbruchs eines traditionellen Studiengangs wird zudem nicht vom Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1a BAföG erfasst, sondern geht über das Ziel des Gesetzgebers, konsekutive Studiengänge zu fördern, hinaus. Es handelt sich hier gerade nicht um einen Fall einer nicht "typenreinen" Umsetzung des Bologna-Prozesses in der Übergangsphase. Denn der Gesetzgeber hat durchaus bedacht, dass die neuen Studiengänge nicht sofort umgesetzt werden können. Er ist vielmehr davon ausgegangen, dass übergangsweise Diplomstudiengänge und Bachelor-/Masterstudiengänge parallel angeboten werden, damit Studierende einen begonnenen Diplomstudiengang zu Ende führen und Studienanfänger ihre Ausbildung in einem Bachelorstudiengang aufnehmen können (Entwurf eines 4. Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes, BT-Drs. 13/8796, S. 21). Neue Vorschriften, die eine weitere Möglichkeit für einen Fachrichtungswechsel bieten, wollte der Gesetzgeber nicht schaffen. Eine entsprechende Anwendung von § 7 Abs. 1a BAföG in Fällen der vorliegenden Art würde aber gerade eine weitere Grundlage für die Förderung einer Erstausbildung durch einen "Fachrichtungswechsel besonderer Art" schaffen, die nach den Gesetzesbegründungen nicht beabsichtigt war. Vielmehr sollten spezielle Förderregelungen für konsekutive Studiengänge, die auf einer abgeschlossenen Erstausbildung - mit einem Bachelor-Grad - aufbauen, geschaffen werden (Entwurf eines 4. Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes, BT-Drs. 13/8796, S. 20/21 und 19. BAföGÄndG, BT-Drs. 13/10241 v. 30.3.1998, S. 8, 12, 14/15).

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aufgrund von § 2 Abs. 1 Nr. 3 der Zulassungsordnung für den Magisterstudiengang Kultur und Management der TU Dresden, wonach zum Magisterstudium auch Bewerber zugelassen werden können, die die Zwischenprüfung oder das Vor-Diplom in einem kultur-, sozial, rechts- oder wirtschaftswissenschaftlichen Studium bestanden haben und nach der Zwischenprüfung oder dem Vordiplom mindestens zwei Semester lang eines der genannten Fächer studiert haben. Zum einen wird der zunächst gewählte Studiengang dadurch nicht Teil einer Studienabfolge "neuer Art". Zum anderen kann die Hochschule von Gesetzes wegen nicht durch satzungsrechtliche Regelung (§ 1 Abs. 2 der genannten Satzung) einen traditionellen Diplomstudiengang in eine konsekutive Studiengangfolge einbeziehen, obwohl es sich tatsächlich um keinen Teil eines konsekutiven Studiengangs handelt. Denn diese Vorgehensweise ist nicht von den Vorgaben des HRG gedeckt, wonach der Erwerb eines Bachelorgrades (§ 19 Abs. 2 HRG) erforderlich ist.

Ein analoge Anwendbarkeit folgt auch nicht aus der zu § 7 Abs. 1a BAföG ergangenen Rechtsprechung des BVerwG (vgl BVerwG, Beschl. v. 17.10.2006, a. a. O.). Dieses geht in der genannten Entscheidung von einer analogen Anwendung aus, wenn im Rahmen eines Studiums mit dem Abschlussziel 1. Staatsexamen unter bestimmten Voraussetzungen vor Erreichen des Staatsexamens der Grad eines Bachelor/Bakkalaureus verliehen wird. In dem vom BVerwG zu entscheidenden Fall wurde von einer privaten Hochschule innerhalb eines einheitlichen Studienganges vor dem eigentlich angestrebten Abschluss (Staatsexamen) aufgrund der gleichen Studien- und Prüfungsleistungen ein "Zwischengrad" (Bakkalaureus) verliehen. Das BVerwG wandte § 7 Abs. 1a BAföG auf diesen Fall analog an. Es verzichtete hier auf das für konsekutive Studiengangfolgen nach § 19 HRG maßgebliche Vorliegen zweier verschiedener Studiengänge und damit in der Folge auch auf das Vorliegen eines Konsekutivverhältnisses zwischen diesen. Auch zwischen den beiden Abschlüssen Bakkalaureus und 1. Staatsexamen innerhalb des einheitlichen Studiums der Rechtswissenschaft fehlte es in dem entschiedenen Fall an einem solchen Abhängigkeitsverhältnis, denn die Verleihung des Bakkalaureus, die bei Erreichen einer bestimmten Punktzahl nach 10 Studientrimestern erfolgte, war nicht Voraussetzung für das weitere Studium bis zum Staatsexamen. Aus der Entscheidung des BVerwG lässt sich aber über diesen atypischen Einzelfall hinaus keine beliebige Analogiefähigkeit des § 7 Abs. 1a BAföG im Hinblick auf aufeinander folgende Abschlüsse entnehmen (vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere BVerwG, Urt. v. 15.5.2008, a. a. O). Aus dem vom BVerwG in seiner Entscheidung vorgenommenen Verzicht auf das Vorliegen zweier unterschiedlicher Studiengänge und dem daraus notwendig folgenden Verzicht auf ein Konsekutivverhältnis ergibt sich jedenfalls nicht, dass das Konsekutivverhältnis auch dann verzichtbar ist, wenn - wie im vorliegenden Fall - zwei unterschiedliche Studiengänge mit separaten Abschlüssen in Rede stehen. Die dem Verfahren des BVerwG zugrunde liegende Konstellation, wonach innerhalb eines einheitlichen Studienganges vor dem eigentlich angestrebten Abschluss (Staatsexamen) aufgrund der gleichen Studien- und Prüfungsleistungen an einige Studierende ein "Zwischengrad" (Bakkalaureus) verliehen wird, liegt bei der Klägerin nicht vor. Sie hat diesen Zwischengrad vielmehr noch gar nicht erreicht.

§ 7 Abs. 1 a BAföG stellt für die Gewährung von Ausbildungsförderung bei Masterstudenten jedoch keine abschließende Regelung dar. Vielmehr legt die Vorschrift nur fest, dass der Grundanspruch auf Förderung einer Ausbildung (§ 7 Abs. 1 BAföG) bei einem auf einen Bachelorstudiengang folgenden Masterstudiengang erst mit Erwerb des Master-Grades ausgeschöpft ist. Für die Anwendung der Regelungen in § 7 Abs. 3 BAföG bleibt daher weiterhin Raum (vgl. Humborg, in: Rothe/Blanke, a. a. O. § 7 Rn. 18).

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Ausbildungsförderung nach § 7 Abs. 3 BAföG für das Masterstudium Kultur und Management zu. Nach dieser Vorschrift wird bei Auszubildenden an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen nach Beginn des vierten Fachsemesters Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung zwar nur geleistet, wenn die Fachrichtung aus unabweisbarem Grund gewechselt worden ist. Diese Voraussetzung steht dem Förderungsanspruch der Klägerin aber nicht entgegen. Denn es ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin ihre im Studiengang Soziologie absolvierten Fachsemester als Zugangsvoraussetzung auf den Studiengang Kultur und Management angerechnet worden sind und sich ihre Studienzeit durch den Fachrichtungswechsel bis zum Erreichen eines ersten berufsqualifizierenden Abschlusses - der mit dem bisher gewählten Abschluss vergleichbar ist - nicht verlängert, so dass sich die vorliegende Fallkonstellation nicht von der eines Auszubildenden unterscheidet, der sein Studium im ersten Semester gewechselt hat (Art. 3 GG).

Bei dem Wechsel vom Studium der Soziologie zum Masterstudium Management und Kultur handelt es sich um einen Fachrichtungswechsel und nicht nur um eine Schwerpunktverlagerung. Nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG wechselt ein Auszubildender die Fachrichtung, wenn er einen anderen berufsqualifizierenden Abschluss oder ein anderes bestimmtes Ausbildungsziel eines rechtlich geregelten Ausbildungsganges an einer Ausbildungsstätte derselben Ausbildungsart anstrebt. Die Fachrichtung wird mithin durch den Gegenstand der Ausbildung und das angestrebte Ausbildungsziel, d. h. den angestrebten Abschluss bestimmt (Humborg, in: Rothe/Blanke, a. a. O., § 7 Rn. 46/47). Ein solcher Wechsel liegt hier vor, denn die Klägerin hat ihr 5 Semester lang verfolgtes Ausbildungsziel durch Absolvierung des Studiengangs Soziologie mit dem Abschluss Diplom geändert und zum Wintersemester 2001 das Aufbaustudium Kultur und Management mit einem anderen Abschluss - Master - aufgenommen.

Ein nicht zur Anwendung des § 7 Abs. 3 BAföG führender Fachrichtungswechsel - so genannte Schwerpunktverlagerung - liegt nur vor, wenn die beiden Studiengänge bis zum Wechsel identisch sind oder im Einzelfall die bisherigen Fachsemester durch besondere Regelung auf den anderen Studiengang voll angerechnet werden (vgl. Tz. 7.3.4 Buchst. a) und b) BAföGVwV). Ein Fachrichtungswechsel kann auf dieser Grundlage deshalb förderungsrechtlich nur außer Betracht bleiben, wenn der Auszubildende nach dem Wechsel der Studiengänge seine Ausbildung praktisch so fortsetzen kann, als hätte er von Anfang an in einem einzigen Studiengang studiert (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.10.1986 - 5 B 97.85). Diese Voraussetzung ist hier bereits deshalb nicht erfüllt, weil der Klägerin bezogen auf den Masterstudiengang nur einzelne Studienleistungen, aber nicht Fachsemester angerechnet wurden (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.11.1980, Buchholz 436.36 Nr. 17). Hinzu kommt, dass die Klägerin nicht in einen anderen herkömmlichen Studiengang gewechselt, sondern es sich bei dem Masterstudium um einen 4-semestrigen Aufbaustudiengang handelt.

Allerdings ist auch eine (teilweise) Anrechnung von Studienzeiten bei der Berechnung des Zeitpunktes des Fachrichtungswechsels zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 24.8.2005, FamRZ 2005, 1895). § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG ist dabei auch einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich. Dies gilt insbesondere, wenn die nach § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG maßgebliche Zeitschwelle nicht überschritten wird (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 24.8.2005, a. a. O.). Nach der vorgelegten Bescheinigung der TU Dresden vom 28.11.2001 wurden der Klägerin bezogen auf den viersemestrigen Masterstudiengang Fachsemester, die - teilweise - zu berücksichtigen wären, zwar nicht anerkannt, denn ihr wurden nur einzelne Studienleistungen für das 1. und 2. Semester sowie für das 3. und 4. Semester anerkannt. Entscheidend ist hier aber, dass die von ihr absolvierten Fachsemester in Soziologie sowie das Urlaubssemester an der Universität in Rom im Rahmen des Erasmusprogramms als Zugangsvoraussetzung für den Masterstudiengang anerkannt wurden. Aufgrund dessen ist die Klägerin hier so einzustufen, als hätte sie ihre Fachrichtung aus wichtigem Grund nach dem ersten Fachsemester gewechselt. Die nun gewählte Ausbildung der Klägerin, die sich aus den 5 Fachsemestern Soziologie, dem Urlaubssemester und dem 4-semestrigen Masterstudiengang zusammensetzt, dauert weder länger als die Ausbildung nach einem im ersten Semester vollzogenen Wechsel zu einem anderen Magister- oder Masterstudium noch als das ursprünglich geplante Studium der Soziologie. Denn auch diese Studiengänge wären über 9 Fachsemester bis zum Erreichen des ersten berufsqualifizierenden Abschlusses mit dem Diplom oder Magister gefördert worden. Die jetzige Ausbildung unterscheidet sich in ihrer Zusammensetzung davon nicht. Vielmehr erlangt die Klägerin auch jetzt ihren ersten berufsqualifizierenden Abschluss nach 9 Fachsemestern. Ihre Ausbildung besteht insoweit aus den bisher erbrachten 5 Fachsemestern im Studiengang Soziologie, dem Urlaubssemester sowie 4 weiteren Fachsemestern im Studiengang Kultur und Management mit dem Abschluss Master. Damit entspricht die jetzt angestrebte Ausbildung der Klägerin sowohl hinsichtlich der Anzahl der insgesamt zu absolvierenden Fachsemester als auch in Bezug auf die Wertigkeit des angestrebten Abschlusses der bisherigen Ausbildung. Die Klägerin schließt nämlich ihre erste Ausbildung, deren Abschluss (Master) einem Diplom entspricht, ebenfalls nach insgesamt 9 Fachsemestern ab. Diese verfassungskonforme Auslegung von § 7 Abs. 3 BAföG ist mit dem Sinn und Zweck der zeitlichen Begrenzung des Fachrichtungswechsels vereinbar, da der Fachrichtungswechsel hier gerade nicht zu Mehrkosten für den Steuerzahler führt (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 24.8.2005, a. a. O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 188 Satz 2 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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