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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 09.03.2006
Aktenzeichen: 1 B 345/03
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 144 Abs. 2 Nr. 1
BauGB § 145 Abs. 2
BauGB § 153 Abs. 2
Zur Ermittlung des sanierungsunbeeinflussten Verkehrswertes kann auf vergleichbare Verkaufsfälle im Gemeindegebiet zurückgegriffen werden. Gegenüber dem sich ergebenden Durchschnittswert sind besondere wertmindernde oder werterhöhende Umstände zu berücksichtigen.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 1 B 345/03

In der Verwaltungsrechtssache

wegen sanierungsrechtlicher Genehmigung

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Reich, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Verwaltungsgericht Döpelheuer aufgrund der mündlichen Verhandlung

am 9. März 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 24. Oktober 2001 - 12 K 1918/98 - wird geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beklagte wendet sich mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass ihre sanierungsrechtlichen Bescheide vom 5.1.1998 und ihr Widerspruchsbescheid vom 26.6.1998 rechtswidrig gewesen seien.

Die Klägerin war Eigentümerin des im Sanierungsgebiet Dresden-Löbtau Süd gelegenen Grundstücks R. Straße N1. Sie beabsichtigte den Verkauf der Wohnungen Nr. 2, 5, 7 und 8 des aufstehenden Gebäudes zum Preis von 4.488,93 DM/m² und beantragte hierfür die Erteilung sanierungsrechtlicher Genehmigungen. Die Beklagte lehnte diese Anträge mit Bescheiden vom 5.1.1998 ab. Durch die vereinbarten Kaufpreise würde die Durchführung der Sanierung wesentlich erschwert, da sie zu hoch seien. Im Zeitraum von Januar bis Juli 1997 hätten die Vergleichswerte bei durchschnittlich 3.733,- DM/m² gelegen. Unter Berücksichtigung werterhöhender Merkmale, wie des Sanierungs- und Ausstattungsgrades, habe der Gutachterausschuss eine maximale Kaufpreisgrenze von 4.150,- DM/m² festgestellt. Zur Begründung ihres Widerspruchs verwies die Klägerin darauf, dass die Beklagte in einem anderen Verfahren von einem genehmigungsfähigen Kaufpreis in Höhe von 4.250,- DM/m² ausgegangen sei. Die Veräußerung der Wohnung Nr. 10 habe sie zu einem Kaufpreis von 4.722,12 DM/m² genehmigt. Zur Begründung ihres zurückweisenden Widerspruchsbescheides vom 26.6.1998 führte die Beklagte aus, dass ein Kaufpreis von 4.250,- DM/m² nur bei Mansard- und Dachgeschosswohnungen genehmigungsfähig sei. Bei der Wohnung Nr. 10 habe es sich um Gewerberaum gehandelt.

Zur Begründung ihrer Klage machte die Klägerin geltend, dass die Veräußerung der Wohnungen Nr. 3 und 9 zu einem Kaufpreis von 4.489,67 DM/m² bzw. 4.447,17 DM/m² sanierungsrechtlich genehmigt worden sei. Eine Veränderung des Verkehrswertes innerhalb weniger Monate sei nicht anzunehmen. Auf das Auslaufen steuerlicher Abschreibungsmöglichkeiten könne es nicht ankommen. Mit Schreiben vom 1.3.1999 teilte sie mit, nach Ermäßigung der Kaufpreise die sanierungsrechtlichen Genehmigungen erhalten zu haben. Den ihr hieraus entstandenen Schaden beabsichtige sie in einem Amtshaftungsprozess geltend zu machen, weshalb sie ihre Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterführe.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 24.10.2001 stattgegeben. Die Feststellungsklage sei zulässig, da die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide habe. An ihrer ernsthaften Absicht, einen Amtshaftungsprozess zu führen, bestünden keine Zweifel. Die Klage sei begründet, da die Beklagte zu Unrecht mit ihren Bescheiden vom 5.1.1998 die sanierungsrechtlichen Genehmigungen versagt habe. Eine wesentliche Erschwerung der Sanierung im Sinne von § 145 Abs. 2 Baugesetzbuch - BauGB - könne nicht festgestellt werden. Diese liege nur vor, wenn bei der rechtsgeschäftlichen Veräußerung von Wohnungen der vereinbarte Gegenwert über dem Wert liege, der sich in Anwendung des § 153 Abs. 1 BauGB ergebe. Dieser lasse die Berücksichtigung von Werterhöhungen nur zu, soweit der Betroffene diese durch eigene Aufwendungen zulässigerweise bewirkt habe. Maßgebender Vergleichsgegenstand sei der sanierungsunbeeinflusste Verkehrswert. Erst wenn dieser in einer für den Rechtsverkehr erkennbaren Weise deutlich verfehlt werde, mangele es an einer Genehmigungsfähigkeit. Eine deutliche Verfehlung des sanierungsunbeeinflussten Verkehrswertes könne nicht festgestellt werden. Der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis von 4.488,93 DM/m² sei an dem in der Übersicht der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses vom 22.10.2001 genannten "maximalen Kaufpreis" zu messen. Dieser liege für die Wohnungen Nr. 2 und 5 bei 4.150,- DM/m² und für die Wohnungen Nr. 7 und 8 bei 4.250,- DM/m². Die in den Bescheiden noch erwähnten Vergleichswerte von durchschnittlich 3.733,- DM/m² und die in der Übersicht genannten einzelnen Durchschnittspreise, die sich zwischen 3.679 DM/m² und 4.155,- DM/m² bewegten, ließen sich nicht als Angabe des sanierungsunbeeinflussten Verkehrswertes verstehen. Dieser werde gemäß § 194 BauGB durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung beziehe, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre. Es müsse sich um einen konkret auf die in Rede stehende Wohnung bezogenen Preis handeln. Zugleich folge aus der gesetzlichen Formulierung "zu erzielen wäre", dass die Obergrenze, nicht hingegen ein Durchschnittspreis, maßgebend sei. Im Unterschied zu den genannten maximalen Kaufpreisen bezögen sich die Vergleichswerte oder Durchschnittspreise nicht konkret auf die vier Wohnungen. Zutreffend habe die Beklagte bezogen auf zwei andere Wohnungen im selben Haus mit Bescheiden vom 30.6.1997 und 5.8.1997 nur den allein relevanten maximalen Kaufpreis von 4.150,- DM/m², nicht aber die niedrigeren Vergleichs- und Durchschnittswerte angegeben. Das Vorbringen der Beklagten, bei der Ermittlung des maximalen Kaufpreises sei bereits die Verkehrswertspanne berücksichtigt, weshalb der hier ursprünglich vereinbarte Kaufpreis von 4.488,93 DM/m² den sanierungsunbeeinflussten Verkehrswert deutlich übersteige, gehe fehl. Nach der Rechtsprechung komme es auf eine deutliche Verfehlung des Verkehrswertes an. Dies beruhe auf der Überlegung, dass im Einzelfall etwa aufgrund eines besonderen Geschicks des Veräußerers oder eines gesteigerten Interesses des Käufers gerade an dem konkreten Kaufobjekt noch höhere Preise erzielt werden könnten, ohne dass hierbei die Aussicht künftiger Sanierung im Sanierungsgebiet eine Rolle spiele. Es müsse deshalb durch das Gericht geprüft werden, ob sich der vereinbarte Gegenwert noch im Rahmen dieses "Zuschlags" auf den Verkehrswert bewege. Der Beklagten sei es hingegen nach § 194 BauGB verwehrt, den "Zuschlag" in die Ermittlung des Verkehrswertes von vornherein einzuberechnen und damit der eigenständigen Prüfung der Frage der deutlichen Verfehlung den Boden zu entziehen. Sie habe dies entgegen ihrem prozessualen Vorbringen auch nicht getan. Nach den Bescheiden vom 5.1.1998 seien für die Ermittlung des maximalen Kaufpreises von 4.150,- DM/m² werterhöhende Gesichtspunkte wie der Sanierungs- und Ausstattungsgrad der Wohnung, nicht jedoch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse im Sinne des § 194 BauGB maßgebend. Der maximale Kaufpreis werde hier nicht deutlich verfehlt. Die Differenz betrage bei den Wohnungen Nr. 2 und 5 lediglich 8 % und bei den Wohnungen 7 und 8 5,6 %.

Auf den Antrag der Beklagten hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 29.4.2003 - 1 B 331/02 - zugelassen. Es spreche Überwiegendes dafür, dass es sich bei den von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses als "maximale Kaufpreisobergrenze" genannten Beträgen nicht um die sanierungsunabhängigen Verkehrswerte im Sinne von § 153 Abs. 1 BauGB gehandelt habe. Zwar könne die dortige Bezugnahme auf die deutlich niedrigeren "Vergleichspreise" für die Annahme sprechen, bei dem "Vergleichspreis" handle es sich um den Preis, der sich auf der Grundlage des § 13 WertV, bei der "maximalen Kaufpreisobergrenze" handele es sich um den Wert, der sich unter weiterer Berücksichtigung von Abweichungen nach § 14 WertV ergebe. Dagegen spreche allerdings, dass die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses ausweislich behördeninterner Laufzettel die erfragte Höhe des Verkehrswertes gerade nicht benannt und zugleich ausgeführt habe, dass der vereinbarte Kaufpreis nach § 153 BauGB nicht "gerechtfertigt" sei und ergänzend erklärt habe, die Preise von 4.150,- DM/m² bzw. 4.250,- DM/m² seien "genehmigungsfähig". Dies spreche dafür, dass die "maximale Kaufpreisgrenze" die Grenze bezeichnen sollte, ab der nach Auffassung des Gutachterausschusses in einer dem Rechtsverkehr erkennbaren Weise der sanierungsunabhängige Verkehrswert deutlich überschritten werde. Eine etwaig fehlende Zuständigkeit des Gutachterausschusses zur Beantwortung dieser Frage wie auch die inhaltliche Richtigkeit seiner Angabe lasse keinen Rückschluss auf den Gegenstand seiner Erklärung zu.

Zur Begründung ihrer Berufung führt die Beklagte aus, das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft für seine Berechnung nicht den vom Gutachterausschuss ermittelten Verkehrswert, sondern den zusätzlich als maximal genehmigungsfähigen Kaufpreis angegebenen Wert zu Grunde gelegt. Der von der Beklagten unter Anwendung des Vergleichswertverfahrens ermittelte Verkehrswert sei als Angabe des sanierungsunbeeinflussten Wertes zu verstehen. Stelle man wie das Verwaltungsgericht, auf die maximale Obergrenze des Kaufpreises ab, würde dem Zweck des Gesetzes, ein "Aufschaukeln" der Bodenpreise im Sanierungsgebiet zu verhindern, gerade nicht entsprochen. Die Angabe des maximal genehmigungsfähigen Kaufpreises habe lediglich die Grenze aufzeigen sollen, ab der eine deutliche Überschreitung des sanierungsunabhängigen Verkehrswertes vorliege. Darin liege keine Überschreitung seiner Zuständigkeit. Nach der im Verfahren auf Zulassung der Berufung vorgelegten Tabelle habe der Gutachterausschuss erkenntlich gemacht, dass er auf den Verkehrswert einen Aufschlag von 11,2 % vorgenommen habe, um den Vertragsparteien deutlich zu machen, welche Kaufpreise seiner Ansicht nach noch genehmigungsfähig seien. Diese Grenze habe er zutreffend bestimmt. Zwar fehle es an einer einheitlichen Rechtsprechung zur Grenze der unwesentlichen Überschreitung. Jedoch überschritten die in den ersten Nachträgen vereinbarten Kaufpreise für die Wohnungen Nr. 2 und 5 den ermittelten Verkehrswert um 20,4 %, die Kaufpreise für die Wohnungen Nr. 7 und 8 um 14,9 % bzw. 14,5 %. Dies stelle eine deutliche Verfehlung des sanierungsunbeeinflussten Kaufpreises dar. Selbst wenn man den maximalen Kaufpreis zu Grunde lege, ergebe sich für die Wohnungen Nr. 2 und 5 eine Differenz von 9,2 % und nicht 8 %, wie vom Verwaltungsgericht angenommen. Für die Wohnungen Nr. 7 und 8 werde er um 4,9 % bzw. 4,5 % überschritten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 24. Oktober 2001 - 12 K 1918/98 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend stellt sie den Hilfsbeweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass der sanierungsunbeeinflusste Verkehrswert (also der Verkehrswert ohne Werterhöhungen durch die Aussicht auf Sanierung, durch ihre Vorbereitung oder Durchführung) der Wohnungen Nrn. 2 und 5, R. Str. N1, Dresden- im Zeitpunkt der nicht genehmigten Veräußerungen durch die Klägerin (Wohnung Nr. 2: 9.4.1997; Wohnung Nr. 5: 19.3.1997) mindestens jeweils 4.150,- DM/ m² Wohnfläche und der Wohnungen Nrn. 7 und 8, R. Str. N1, Dresden- , im Zeitpunkt der nicht genehmigten Veräußerungen durch die Klägerin (Wohnung Nr. 7: 26.9.1997; Wohnung Nr. 8: 26.9.1997) mindestens jeweils 4.250,- DM/m² betrug, ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Sie ist der Auffassung, dass es sich bei den in den Bescheiden vom 5.1.1998 angeführten Vergleichswerten von durchschnittlich 3.733,- DM/m² nicht um den maßgeblichen sanierungsunbeeinflussten Verkehrswert gemäß § 153 BauGB handele. Die Beklagte habe selbst zu erkennen gegeben, dass in diesem Wert weitere Merkmale wie der Ausstattungsgrad und die Lage der Wohnungen nicht berücksichtigt gewesen seien. Für die Ermittlung des Verkehrswertes müssten sie aber Berücksichtigung finden. Aus dem Bescheid vom 5.1.1998 zur Wohnung Nr. 2 ergebe sich, dass bei den ermittelten Vergleichswerten gerade nicht die Merkmale, die auch bei der Ermittlung des sanierungsunbeeinflussten Verkehrswertes zu berücksichtigen seien, in die Betrachtung eingestellt worden seien. Durch den Bezug der "Kaufpreisgrenze" von 4.150,- DM/m² auf den Ausstattungsgrad des Objektes werde deutlich, dass die Beklagte diesen Wert als sanierungsunbeeinflussten Wert angesehen habe. Die Angabe eines "Durchschnittspreises" sei auch ungeeignet, für das jeweilige Objekt den sanierungsunbeeinflussten Verkehrswert festzulegen. Dieser müsse unter Berücksichtigung der spezifischen Merkmale der einzelnen Objekte ermittelt werden. Der Vortrag der Beklagten stehe zudem in Widerspruch zu von ihr für andere Wohneinheiten erteilten Genehmigungen. Dies gelte insbesondere für die Wohnungen Nr. 3 und 9, für die ein Kaufpreis von 4.489,67 DM/m² bzw. 4.447,17 DM/m² vereinbart worden sei. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb ein "Durchschnittswert" von 3.733,- DM/m² entscheidend sein solle. Höchst vorsorglich macht sie eine Unwirksamkeit der Sanierungssatzung geltend. Insbesondere fehle es an konkreten Sanierungszielen. Gemäß § 136 Abs. 1 BauGB sei eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme nur zulässig, wenn die zügige Durchführung im öffentlichen Interesse liege. Angesichts der stark verzögerten Bearbeitung durch die Beklagte bestünden erhebliche Zweifel, ob die Sanierung überhaupt in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben erfolge.

Die Beklagte hat hierauf auf die Nachfrage des Senats wie folgt repliziert: Die mit Bescheid vom 20.3.1997 zu Wohnungen Nr. 3 und 9 genehmigten Kaufverträge seien abweichend von den streitgegenständlichen - aus dem Jahre 1997 stammenden - Kaufverträgen im Jahre 1996 abgeschlossen worden. Während im Erfassungszeitraum Januar 1997 bis September 1997 die Vergleichspreise im Durchschnitt bei 3.733,- DM/m² Wohnfläche gelegen hätten, seien die Vergleichspreise für den Veräußerungszeitraum der Wohnungen Nr. 3 und Nr. 9 ungleich höher gewesen. Dies habe im Ergebnis dazu geführt, dass auch höhere Kaufpreise genehmigungsfähig gewesen seien. Ursache für die Preisentwicklung sei wohl die ab 1997 deutlich schlechtere steuerliche Abschreibungsmöglichkeit für Immobilieninvestitionen gewesen. Dies erkläre es wohl auch, dass 40 % des Immobilienumsatzes im Jahre 1996 auf den Monat Dezember entfielen und damit kurz vor Ablauf der 50%igen Abschreibungsmöglichkeit getätigt worden seien. Das Sanierungsgebiet "Dresden S 6, Dresden-Löbtau-Süd" sei nach Abschluss vorbereitender Untersuchungen mit Beschluss des Stadtrates vom 26.6.2003 erweitert und mit der Bezeichnung "Löbtau" versehen worden. Hierzu habe der Stadtrat ein neues Ordnungskonzept beschlossen. Die amtliche Bekanntmachung sei im "Dresdner Amtsblatt" Nr. 30/2003 vom 24.7.2003 erfolgt. Die Sanierung sei noch nicht abgeschlossen und werde fortgeführt, wofür in den kommenden Jahren noch Fördergelder bereitgestellt würden.

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den Vorsitzenden des Gutachterausschusses bei der Beklagten zur Vorgehensweise bei der Kaufpreisermittlung zu den streitgegenständlichen Wohnungen als amtliche Auskunftsperson gehört. Auf die hierzu gefertigte Niederschrift wird verwiesen. Dem Senat liegen ein Ordner (S 6, Dresden, Löbtau-Süd), je eine Heftung "Vorbereitende Untersuchungen Löbtau-Süd" sowie "Vorbereitende Untersuchungen Erweiterungsfläche Löbtau-Süd", drei Heftungen zur Kaufpreisgenehmigung, die Akte des Verwaltungsgerichts (12 K 1918/98) sowie die Akten aus dem Zulassungs- (1 B 331/02) und dem Berufungsverfahren vor. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht festgestellt, dass die Bescheide der Beklagten vom 5.1.1998 und ihr Widerspruchsbescheid vom 26.6.1998 rechtswidrig seien. Die Klägerin hatte bis zum Zeitpunkt der Erledigung der Hauptsache keinen Anspruch auf die Erteilung sanierungsrechtlicher Genehmigungen für den Verkauf der Wohnungen Nr. 2, 5, 7 und 8 des im Sanierungsgebiet "Dresden-Löbtau Süd" gelegenen Grundstücks R. Straße N1 zu einem den Betrag von 4.150,- DM/m² (Wohnung Nr. 2 und 5) bzw. 4.250,- DM/m² (Wohnung Nr. 7 und 8) übersteigenden Preis. Die Beklagte hat zu Recht gemäß § 145 Abs. 2, § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB die sanierungsrechtliche Genehmigung versagt, da Grund für die Annahme bestand, dass der Rechtsvorgang der Veräußerung die Durchführung der Sanierung zumindest wesentlich erschweren würde.

1. Die sanierungsrechtliche Genehmigungspflichtigkeit einer Veräußerung der Wohnungen des Grundstücks R. Straße N1 beruht auf dem Umstand, dass dieses innerhalb des förmlich festgesetzten Sanierungsgebiets "Dresden-Löbtau Süd" (vgl. § 144 BauGB) lag. An der Wirksamkeit der "Satzung der Landeshauptstadt Dresden über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes Dresden S 6, Dresden-Löbtau-Süd" vom 2.6.1994 (Dresdner Amtsblatt, Nr. 24/94, S. 20) bestehen keine Zweifel. Nach ihrem § 1 Abs. 1 Satz 2 ist die Festlegung des Sanierungsgebietes erfolgt, "um die dort vorliegenden schwerwiegenden Mißstände zu beheben", weshalb das Gebiet "durch städtebauliche Sanierungsmaßnahmen wesentlich verbessert und umgestaltet werden" solle. Die weiteren Konkretisierungen der Missstände wie der beabsichtigten Maßnahmen ergeben sich aus dem dieser Satzung zu Grunde liegenden Bericht "Vorbereitende Untersuchungen, Landeshauptstadt Dresden, Löbtau-Süd" (vgl. § 141 BauGB). Dieser Bericht stellt die städtebaulichen Missstände in dem von der Satzung nachfolgend erfassten Gebiet im Einzelnen dar (Teil A: Bestandsaufnahme, ...). Zugleich benennt er die in Aussicht genommenen Maßnahmen zu deren Behebung (Teil B: Vorschläge zur Planung und Durchführung der Sanierung), wodurch die mit der Satzung verfolgten Sanierungsziele hinreichend konkret beschrieben werden (vgl. § 142 BauGB). Die Rüge der Klägerin, es liege eine stark verzögerte Bearbeitung durch die Beklagte vor, was Zweifel an einem öffentlichen Interesse an der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme begründe, greift nicht durch. Es fehlt an greifbaren Anhaltspunkten für eine verzögerte Durchführung der Sanierungsmaßnahmen. Die Beklagte hat die im Sanierungsgebiet "Dresden S 6, Dresden-Löbtau Süd" zu Tage getretenen Missstände vielmehr zum Anlass für weitere Untersuchungen genommen (Vorbereitende Untersuchungen, Erweiterungsfläche Löbtau-Süd) und mit Beschluss des Stadtrates vom 26.6.2003 den Geltungsbereich der Satzung noch erweitert und unter die Bezeichnung "Löbtau" gefasst. Weitere Satzungsmängel sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 2. Die Veräußerungen der innerhalb des Sanierungsgebietes "Dresden-Löbtau Süd" gelegenen Wohnungen Nr. 2, 5, 7 und 8 bedürfen der sanierungsrechtlichen Genehmigung (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB), da die Kaufverträge nach In-Kraft-Treten der Satzung am 2.6.1994 abgeschlossen wurden. Der Erteilung dieser Genehmigung stand § 145 Abs. 2 BauGB entgegen, da Grund zu der Annahme bestand, dass die Veräußerung der Wohnungen 2, 5, 7 und 8 zu den ursprünglich vereinbarten Kaufpreisen die Durchführung der Sanierung wesentlich erschwert hätte. Eine wesentliche Erschwerung liegt gemäß § 153 Abs. 2 BauGB vor, wenn bei einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung eines Grundstücks der vereinbarte Gegenwert (Kaufpreis) über dem sanierungsunbeeinflussten Kaufpreis liegt. Durch diese vom Gesetzgeber als unwiderlegbare Vermutung ausgestaltete Regelung (BVerwG, Beschl. v. 8.1.1998, SächsVBl. 1998,186 [187]) soll insbesondere verhindert werden, dass die Preisstabilität in Sanierungsgebieten durch überhöhte Grundstückspreise beeinträchtigt und die Preisvorstellungen anderer Eigentümer in die Höhe getrieben werden (SächsOVG, Beschl. v. 22.10.1997, SächsVBl. 1998, 65 [66]). Erforderlich aber auch ausreichend ist es insoweit, dass der vereinbarte Gegenwert den sanierungsunbeeinflussten Wert in einer für den Rechtsverkehr erkennbaren Weise deutlich verfehlt. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich im gewöhnlichen Geschäftsverkehr die Bodenpreise nicht mit letzter Gewissheit ermitteln lassen, vielmehr einer gewissen Streuung unterliegen (BVerwG, ebd., m.w.N.). Im Fall der Überschreitung des Verkehrswertes besteht ein Genehmigungsanspruch nur, wenn die Werterhöhungen durch eigene Aufwendungen selbst bewirkt wurden. Hierdurch wird erreicht, dass im förmlichen Sanierungsgebiet genehmigungsfähige Veräußerungsgeschäfte grundsätzlich nur zum - nicht durch das Sanierungsverfahren beeinflussten - Verkehrswert abgeschlossen werden können (BVerwG, ebd.).

Hiervon ausgehend hat die Beklagte in ihren Bescheiden zu Recht angenommen, dass die ursprünglich zu den Wohnungen Nr. 2, 5, 7 und 8 vereinbarten Kaufpreise den sanierungsunbeeinflussten Verkehrswert erheblich überstiegen und deshalb die Sanierung wesentlich erschwert hätten.

Auf der Grundlage des Akteninhalts und der Einvernahme des Vorsitzenden des Gutachterausschusses bei der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der sanierungsunbeeinflusste Verkehrswert der Wohnungen Nr. 2, 5, 7 und 8 - wie von der Beklagten bei ihren Genehmigungsversagungen angenommen - im hier maßgeblichen Jahr 1997 bei 3.733,- (Wohnung 2 und 5) bzw. 3.822,- DM/m² (Wohnung 7 und 8) lag. Diese Werte wurden nach der überzeugenden Darstellung des Vorsitzenden des Gutachterausschusses dergestalt ermittelt, dass anhand von 13 Auswahlkriterien vergleichbare Verkaufsfälle im Gebiet der Beklagten ermittelt wurden. Es ergaben sich 41 vergleichbare Verkaufsfälle. Im Mittel bildeten die vereinbarten Kaufpreise dieser Vergleichsfälle einen Betrag von 3.733,- DM/m². In einem zweiten Schritt wurden zu diesem Mittelwert durch den Gutachterausschuss besondere wertmindernde und werterhöhende Umstände berücksichtigt. Unter Heranziehung der Baubeschreibung für die in Rede stehenden Wohnungen wurde festgestellt, dass diese nicht über Balkone verfügten und das Gebäude keinen Aufzug aufwies. Da es zudem an einer viel befahrenen Straße liegt, führte die Ausstattung der Wohnungen mit Parkett bei saldierender Betrachtung dazu, keine über den Mittelwert hinausgehende Qualität der Wohnungen Nr. 2 und 5 anzunehmen. Zu den Wohnungen 7 und 8 nahm der Gutachterausschuss wegen ihrer Lage im Mansard- bzw. Dachgeschoss einen Aufschlag von 100,- DM/m² vor.

Es hat sich damit als Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht die Annahme bestätigt, dass erst für den als "maximale Kaufpreisobergrenze" bezeichneten Betrag von 4.150,- DM/m² über die ermittelten Durchschnittspreise hinaus die konkreten wertbildenden Eigenschaften der Wohnungen Berücksichtigung fanden. Vielmehr wurden diese schon für die Prüfung der Frage, ob für die zum Verkauf anstehenden Wohnungen Nr. 2, 5, 7 und 8 ein überdurchschnittlicher Wert anzunehmen ist, berücksichtigt. Zur Ermittlung des höchstens genehmigungsfähigen Preises nahm der Gutachterausschuss nach der für den Senat überzeugenden Darstellung seines Vorsitzenden einen Aufschlag von 10 % auf den so ermittelten sanierungsunbeeinflussten Verkehrswert der Wohnung vor, was den Betrag von 4.150,- DM/m² bzw. 4.250,- DM/m² ergab. Damit hat er - unabhängig von einer ihm hierzu nicht zustehenden Kompetenz - zugleich in der Sache den Betrag zutreffend bestimmt, ab dessen Überschreitung der sanierungsunbeeinflusste Wert in einer dem Rechtsverkehr erkennbaren Weise deutlich verfehlt wird.

Aus den durch die Beklagte zu den im gleichen Haus befindlichen Wohnungen Nr. 3 und 9 genehmigten Kaufpreisen von 4.489,67 DM/m² bzw. 4.447,17 DM/m² lässt sich kein höherer Verkehrswert der streitgegenständlichen Wohnungen ableiten. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die ihrer Veräußerung zu Grunde liegenden Kaufverträge bereits im Jahre 1996 abgeschlossen wurden. Dieses Jahr war gekennzeichnet durch eine durch auslaufende Steuerprivilegien bedingte Sonderkonjunktur. Dies ergibt sich aus dem "Jahresbericht: 01.01.1997 (Berichtszeitraum 1996)" des Gutachterausschusses für die Ermittlung von Grundstückswerten in der Landeshauptstadt Dresden. Hiernach wurden im Dezember 1996 40,4 % der Erwerbsvorgänge jenes Jahres getätigt, nach 14,7 % im November 1996. Auf die übrigen Monate des Jahres entfiel ein Volumen von je 3,1 % bis 6,1 %. Ein durch höheres Nachfrageverhalten gekennzeichnetes Immobiliengeschäft bestätigt sich durch die zu den Wohnungen Nr. 3 und 9 vom Gutachterausschuss ermittelten durchschnittlichen Kaufpreise. Die auf 18 Auswahlkriterien gestützte und auch hier über das gesamte Stadtgebiet erstreckte Recherche nach Vergleichsfällen ergab 24 Verkäufe. Diese erzielten einen Durchschnittspreis von 4.049,- DM/m², so dass die für diesen Zeitraum vereinbarten Kaufpreise schon ungeachtet weiterer Zuschläge für Gewerbe- oder Dachgeschossqualität innerhalb oder nur geringfügigst über der auf 10 % zu setzenden Spanne bis zur deutlichen Verfehlung des Verkehrswertes lagen.

Dem Hilfsbeweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung eines sanierungsunbeeinflussten Verkehrswertes der Wohnungen Nr. 2, 5, 7 und 8 im Zeitpunkt ihrer nicht genehmigten Veräußerung zum Preis von 4.150,- DM/m² bzw. 4.250,- DM/m² ist nicht nachzugehen. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, aus welchen Gründen der Schilderung des Vorsitzenden des Gutachterausschusses nicht zu folgen sein könnte. Dieser hat zur Überzeugung des Senats im Einklang mit der Aktenlage und unter Vorlage von substanziierten Belegen - wie Flurkartenauszügen und Ausdrucken zur damaligen Ermittlung der durchschnittlichen Verkaufspreise - die Bestimmung des Verkehrswertes und des als "maximale Kaufpreisobergrenze" bezeichneten Betrages im Einzelnen dargelegt. Es besteht zudem kein Anlass für die Annahme, ein jedenfalls über keine breitere Datengrundlage zu den Immobilienverkaufsfällen im Gebiet der Beklagten als der Gutachterausschuss verfügender Sachverständiger könnte für die Klägerin günstigere Verkehrswerte ermitteln.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 VwGO vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß § 72 Nr. 1 GKG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 2 GKG auf 34.884,- € festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

Ende der Entscheidung

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