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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 03.03.2005
Aktenzeichen: 1 B 431/03
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO


Vorschriften:

BauGB § 9 Abs. 1
BauGB § 10 Abs. 2
BauNVO § 7 Abs. 4
1. Die Ermächtigung in § 7 Abs. 4 Satz 1 BauNVO, für Teile eines Kerngebiets festzusetzen, dass nur Wohnnutzung zulässig ist, schließt die Befugnis, im Bebauungsplan Ausnahmen hiervon zuzulassen, ein.

2. Festsetzungen in einem Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO (allgemeine Zulässigkeit von sonstigen Wohnungen) müssen die allgemeine Zweckbestimmung eines Kerngebietes wahren. Dies ist nicht der Fall, wenn nicht betriebsgebundene Wohnnutzung im gesamten, im Wesentlichen sechsgeschossig zu bebauenden Kerngebiet in allen Geschossen außer den Erdgeschossen allgemein zugelassen und zugleich kerngebietstypische Nutzung ausgeschlossen wird.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 1 B 431/03

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Genehmigung eines Bebauungsplans

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Sattler, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Franke und den Richter am Verwaltungsgericht Müller aufgrund der mündlichen Verhandlung am

am 3. März 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 8. Mai 2002 - 12 K 759/00 - geändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Genehmigung eines Bebauungsplanes.

Mit Beschluss vom 28.6.1996 beschloss der Stadtrat der Klägerin den Bebauungsplan Nr. 92 Dresden-Altstadt I Nr. 12 Altmarkt in der Fassung des Entwurfes vom 20.3.1996. Mit ihm wird das Plangebiet durch Festsetzung von 7 Teilgebieten (MK 1 bis MK 7) im Wesentlichen als Kerngebiet ausgewiesen. In den textlichen Festsetzungen ist u.a. bestimmt:

"I. Planungsrechtliche Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB i.V.m. der BauNVO

1. Nutzungsregelungen

1.1. Unzulässigkeit von allgemein zulässigen Nutzungen nach § 1 Abs. 5 BauNVO

Im gesamten Kerngebiet (MK) sind

- Vergnügungsstätten (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO),

- sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) und

- Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen nicht zulässig.

1.2. Unzulässigkeit von ausnahmsweise zulässigen Nutzungen nach § 1 Abs. 6 Seite (gemeint wohl: Satz) 1 Nr. 1 BauNVO

Im MK-Gebiet sind die nach § 7 Abs., 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Tankstellen, die nicht unter § 7 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO fallen, unzulässig.

1.3. Zulässigkeit von ausnahmsweise zulässigen Nutzungen nach § 1 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 BauNVO

Im MK-Gebiet sind die nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Wohnungen allgemein zulässig.

1.4. Festsetzungen einzelner Nutzungen im Baugebiet

1.4.1. In den nachfolgend bezeichneten Teilen des Baugebietes sind nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO mindestens 10 % der Geschossfläche - bezogen auf die Geschossfläche des jeweils festgesetzten MK-Teilgebietes - als Wohnungen zu nutzen, und zwar jeweils in den Bereichen

- Kerngebiet MK 1 am Altmarkt und an der Schreibergasse,

- Kerngebiet MK 2 am Altmarkt, An der Kreuzkirche und an der Schreibergasse,

- Kerngebiet MK 3 an der Schreibergasse,

- Kerngebiet MK 4 an der Pfarrgasse,

- Kerngebiet MK 5 am Dr.-Külz-Ring, an der Seestraße und an der Schreibergasse,

- Kerngebiet MK 6 am Dr.-Külz-Ring und an der Pfarrgasse,

- Kerngebiet MK 7 am Dr.-Külz-Ring und an der Schulgasse.

Ausnahmen können für einzelne Teilgebiete zugelassen werden, sofern der entfallende Wohnanteil auf anderen Grundstücken des B-Plangebietes öffentlich-rechtlich gesichert zusätzlich nachgewiesen wird."

Mit Bescheid vom 24.4.1997 genehmigte das Regierungspräsidium Dresden den Bebauungsplan "unter Auflagen Nr. 3.1. bis 3.2. und redaktionellen Änderungen Nr. 3.3. bis 3.10.". In dem Bescheid heißt es u.a.:

"3.2. Auf der Grundlage einer Bestandsaufnahme und deren Bewertung in Abhängigkeit von der Bedeutung der Flächen für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und für das Landschaftsbild sind Umfang und Grad der Inanspruchnahme von Natur und Landschaft sowie die möglichen Minderungen und Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen festzulegen. Dabei wird ein teilweises Ausweichen auf den unmittelbaren naturräumlichen Zusammenhang im Rahmen der Abwägung für möglich erachtet, wenn konkrete Maßnahmen auf konkreten Flächen benannt werden und die entsprechenden Nachweise erbracht werden.

3.4. Für die nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO erfolgte Festsetzung Nr. I.1.4.1. der mindestens zu realisierenden Flächen für Wohnnutzung sind diese entsprechenden Bereiche in den einzelnen Teilgebieten auf der Grundlage des Besonnungsnachweises abzugrenzen.

Des weiteren ist der Satz der festgesetzten Ausnahmeregelung zu streichen."

Der Bescheid enthält darüber hinaus den Hinweis, dass der Bebauungsplan entsprechend den Forderungen "zu ändern bzw. zu ergänzen", anschließend zur Anbringung des Genehmigungsvermerks zu übersenden und die Bekanntmachung erst anschließend vorzunehmen sei.

Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin, einer gemeinsamen Beratung am 23.5.1997 und verschiedener weiterer Schreiben erließ das Regierungspräsidium Dresden unter dem 20.1.1999 einen Widerspruchsbescheid, mit dem die "Auflagen Ziffer 3.5 und 3.9" des Genehmigungsbescheides aufgehoben und der Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen wurde. Zur Begründung führte es u.a. aus, dass es für die Festsetzung der Ausnahme in der Festsetzung I.1.4.1. an einer Ermächtigungsgrundlage fehle. Während des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin den Plan und seine Begründung überarbeitet, ohne hierzu bislang einen Stadtratsbeschluss herbeigeführt zu haben; dies soll jedoch noch geschehen. In der überarbeiteten Fassung ist die textliche Festsetzung unter I. 4.1. nach Satz 1 wie folgt ergänzt worden:

"Die oben bezeichneten Teile sind begrenzt durch die an die jeweils genannten Verkehrsfläche angrenzenden Baulinien und die hofseitige Gebäudewand des jeweiligen Geschosses (Gebäudetiefe) sowie seitlich durch die jeweiligen Teilgebiete begrenzenden Baulinien". Die Ausnahmeregelung in dieser Festsetzung ist als Satz 3 dieser Festsetzung beibehalten worden.

Am 18.2.1999 hat die Klägerin Klage vor dem Verwaltungsgericht Dresden erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, die Ausnahmeregelung beruhe auf § 9 Abs. 1 BauGB. Ausnahmefestsetzungen müssten zulässig sein, weil § 1 BauGB eine optimale Umsetzung der Grundsätze der Bauleitplanung verlange. § 31 Abs. 1 BauGB setze die Zulässigkeit gesetzlich nicht ausdrücklich geregelter Ausnahmefestsetzungen voraus. Andernfalls wäre er überflüssig, weil die gesetzlichen Ausnahmevorbehalte der §§ 2 bis 14 BauNVO bereits nach § 1 Abs. 3 BauNVO Bestandteil des Bebauungsplanes seien. Die Abweichung beeinträchtige nicht den Charakter der Vorgaben. Sie trage den Wohnbedürfnissen der Bevölkerung durch den öffentlich-gesicherten Nachweis eines entsprechenden Wohnflächenanteils auf anderen Grundstücken Rechnung.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 24. April 1997 und den Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 1999 insoweit aufzuheben, als dieser die Streichung der Ausnahmeregelung in Ziffer I.1.4.1.des Bebauungsplanes der Klägerin vom 28. Juni 1996 fordert, und den Beklagten insoweit zu verpflichten, den Bebauungsplan Nr. 92 "Dresden-Altmarkt (richtig wohl: Altstadt) I Nr. 12, Altmarkt" ohne die Auflage Nr. 3.4 zu genehmigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er auf die Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass die Festsetzung des Bebauungsplanes auch nicht hinreichend bestimmt sei, da die räumlichen Teilgebiete nicht hinreichend konkret beschrieben seien. Auch die geänderte Festsetzung habe insoweit die Zweifel nicht gänzlich beseitigen können, dieser Streitpunkt werde jedoch außergerichtlich beigelegt werden.

Mit Urteil vom 8.5.2002 hat das Verwaltungsgericht Dresden der Klage stattgegeben. Gemeinden könnten in einem Bebauungsplan grundsätzlich von allen nach § 9 BauGB möglichen Festsetzungen Ausnahmevorbehalte vorsehen, wenn diese jedenfalls nicht in ihrer konkreten Ausgestaltung etwa wegen eines Verstoßes gegen den Typenzwang des Baurechts oder wegen mangelnder Bestimmtheit als rechtswidrig anzusehen seien. Die in Streit stehende Regelung stelle einen zulässigen Ausnahmevorbehalt für nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB mögliche Festsetzungen dar, denn sie beziehe sich auf den Umfang der Wohnnutzung und damit auf die Art der baulichen Nutzung.

Nachdem der Senat mit Beschluss vom 5. Juni 2003 - 1 B 612/02 -, der dem Beklagten am 19.6.2003 zugestellt wurde, auf den Antrag des Beklagten die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, hat dieser mit am 17.7.2003 beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz seine Berufung wie folgt begründet: Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. § 31 BauGB enthalte keine Aussage darüber, was in einem Bebauungsplan festgesetzt werden könne. Normadressat sei die Baugenehmigungsbehörde und nicht der Satzungsgeber. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Festsetzung von Ausnahmen im Bebauungsplan nicht auf die in der BauNVO geregelten Ausnahmen beschränkt sei, da diese bereits nach § 1 Abs. 3 BauNVO unmittelbar Bestandteil des Bebauungsplanes seien und nicht mehr im Sinne von § 31 Abs. 1 BauGB vorgesehen werden müssten, sei nur teilweise zutreffend. Die §§ 2 bis 14 würden zwar Bestandteil des Bebauungsplanes, wenn die Gemeinde Baugebiete im Sinne des § 1 Abs. 2 BauNVO festsetze, gleichwohl setze auch dieser Automatismus eine entsprechende positive Willensbildung beim Plangeber voraus, denn dieser könne gem. § 1 Abs. 3 Satz 2 2.Hs. BauNVO auch etwas anderes bestimmen. Insofern gingen die Festsetzungen zu Ausnahmen im Bebauungsplan immer auf planerische Entscheidungen der Gemeinde zurück, seien mithin "vorgesehen" im Sinne von § 31 Abs. 1 BauGB. Die Vorschrift laufe demnach nicht leer. Dies gelte auch deshalb, weil nur die §§ 2 bis 14 BauNVO automatisch Bestandteil des Bebauungsplanes würden, nicht etwa die §§ 15 ff. BauNVO, in denen ebenfalls Ausnahmeermächtigungen enthalten seien (z.B. §§ 16 Abs. 6, 23 Abs. 2 Satz 3 BauNVO) und von denen explizit im Bebauungsplan Gebrauch gemacht werden müsse. Bei der Festsetzung, auf die sich die umstrittene Ausnahmeregelung beziehe, handle es sich um eine Festsetzung gem. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO. Ausnahmen hierzu könnten nach der BauNVO nicht festgesetzt werden. Das mache auch Sinn, denn im Falle eines Ausnahmevorbehaltes bleibe unklar, welche Nutzungen an Stelle der an sich zwingenden Wohnnutzung auf den Flächen zulässig sein sollten. Die Ausnahme im Bebauungsplan sei auch deshalb nicht zulässig, weil die Regelfestsetzung, auf die sich die Ausnahme beziehe, nur für "Teile eines Kerngebiets" bei Vorliegen "besonderer städtebaulicher Gründe" vorgenommen werden dürfe. Der im Bebauungsplan festgesetzte Ausnahmevorbehalt verlange hingegen völlig undifferenziert ggf. Ersatz "auf anderen Grundstücken im Plangebiet". Faktisch könne demnach die zwingende Anforderung zur Verwendung von Gebäudeteilen für Wohnungen, die sich aus einer Festsetzung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO ergibt und die ausdrücklich nur für Teile des Kerngebietes zulässig ist, im gesamten Plangebiet zur Anwendung kommen. Dann könne aber wohl nicht mehr von "Teilen eines Kerngebiets" gesprochen werden. Es sei auch nicht ersichtlich, welche "besonderen städtebaulichen Gründe" für eine zwingende Wohnnutzung auf ggf. jedem beliebigen Baugrundstück im Plangebiet und eben nicht mehr nur in den in Satz 1 der Festsetzung I.1.4.1 im Bebauungsplan der Klägerin genannten Bereichen vorliegen sollten. Soweit das Verwaltungsgericht damit argumentiere, dass Wohnungen ohnehin nach Maßgabe des Planes gem. § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO allgemein zulässig seien, werde verkannt, dass diese Vorschrift Wohnnutzung nach Maßgabe des Planes zulässt, während es bei der streitigen Festsetzung darum gehe, ob der Plangeber über den Ausnahmevorbehalt zunächst offen lassen könne, wo genau im Plangebiet Gebäudeteile zwingend für Wohnungen zu verwenden seien. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass die Gemeinde "Maßgaben" im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO in den Plan aufgenommen und insoweit die Möglichkeit zur Wohnnutzung - neben der zwingenden Wohnnutzung aufgrund der Festsetzung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO - überhaupt eröffnet habe. Dass ausnahmsweise zulässige Wohnungen im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO über die Ermächtigung in § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauNVO allgemein zugelassen wurden, führe zu keinem anderen Ergebnis, zumal diese Festsetzung "aus heutiger Sicht" als rechtswidrig zu bewerten "wäre". Dem Verwaltungsgericht könne auch nicht gefolgt werden, wenn es meine, es reiche aus, dass die Regelfestsetzung auf einer Ermächtigungsgrundlage beruhe. Dies sei mit der herrschenden Meinung, wonach jedenfalls für Baugebiete, für die die BauNVO einen Rahmen setze, der Bebauungsplan nur solche Ausnahmen vorsehen könne, die die BauNVO in einzelnen Vorschriften eröffne. Die Frage, ob es für einen Ausnahmevorbehalt im Bebauungsplan einer speziellen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf, habe auch grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Ohne die Befolgung der Nebenbestimmung unter Nr. 3.4 Satz 2 des Genehmigungsbescheides sollte der Bebauungsplan nicht wirksam werden können.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 8. Mai 2002 - 12 K 759/00 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Beklagte unter Aufhebung des Genehmigungsbescheides des Regierungspräsidiums Dresden vom 24. April 1997 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 1999 verpflichtet wird, den Bebauungsplan Nr. 92 Dresden-Altstadt I Nr. 12 Altmarkt in der Fassung des Beschlusses vom 28. Juni 1996 zu genehmigen.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Bis auf die Nebenbestimmungen 3.2 und 3.4 würden die weiteren Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheides in Gestalt des Widerspruchsbescheides akzeptiert und umgesetzt werden. Die Ausnahmeregelung sei zulässig. § 9 BauGB sei vor dem Hintergrund der die Bauleitplanung einschließenden kommunalen Selbstverwaltungsgarantie auszulegen. Mit § 9 BauGB umreiße der Gesetzgeber, in welcher Beziehung die Gemeinde im Bebauungsplan dem Eigentümer Bindungen und Beschränkungen für die Nutzung der Grundstücke auferlegen dürfe. Er sage aber nichts darüber, ob die Gemeinde für bestimmte Flächen oder Grundstücke eine bestimmte Nutzung stets nur als allgemein zulässig oder Nutzungsbeschränkungen als in jedem Fall und unabdingbar festsetzen darf oder ob sie - gerade auch im Interesse der Eigentumsfreiheit - die Festsetzungen flexibler gestalten und unter im einzelnen zu bestimmenden Voraussetzungen Ausnahmen vorsehen darf. Mit § 9 BauGB habe der Gesetzgeber für die Gemeinden den Bereich eigenverantwortlicher planerischer Gestaltung der baulichen und sonstigen Nutzbarkeiten der Grundstücke durch autonome Satzung auch in Anwendung des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG hinreichend bestimmt. Es liege auf der Hand, dass dieser Rahmen nicht verlassen werde, wenn die Reichweite der Festsetzungen je nach den Umständen, sei es aus Gründen der "planerischen Zurückhaltung" und damit der Erweiterung der Verfügungsmöglichkeiten des Eigentümers oder sei es aus Gründen der problemadäquaten Steuerung der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB, durch Eröffnung von Ausnahmemöglichkeiten eingeschränkt werde. § 31 Abs. 1 BauG setze die planerische Befugnis der Gemeinde, im Bebauungsplan nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen ausdrücklich vorzusehen, voraus. Aus der BauNVO könne nicht allgemein geschlossen werden, für das Vorsehen einer Ausnahme im Bebauungsplan bedürfe es einer gesetzlichen oder verordnungsrechtlichen Ermächtigung. Sie betreffe nur Festsetzungen über Art und Maß der baulichen Nutzung sowie über Bauweise und überbaubare Grundstücksflächen. Über Ausnahmemöglichkeiten außerhalb ihres Anwendungsbereiches könne sie nichts aussagen. § 9 BauGB dürfe nicht eng ausgelegt werden, vor allem dann nicht, wenn es das planerische Ziel der Gemeinde sei, der Eigentumsfreiheit bei der baulichen Nutzung der Grundstücke möglichst Raum zu belassen. Das Bundesverwaltungsgericht habe den Gesichtspunkt, dass der Typenzwang des § 9 BauNVO die planerischen Möglichkeiten vor allem dann möglichst wenig einschränken solle, wenn das Erfordernis einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und die Eigentumsfreiheit in die gleiche Richtung weise, z.B. bei der Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB hervorgehoben (Urteil vom 8.10.1998, BVerwGE 107, 256). Aus dieser Entscheidung ergebe sich zugleich, dass sie - die Klägerin - nicht darauf verwiesen werden könne, das mit der Ausnahme verfolgte Ziel durch Erteilung von Befreiungen zu erreichen. Die Befreiung sei kein planerisches Instrument und deshalb aus planerischer Sicht keine Alternative zur Ausnahme; vor allem stelle sie den Grundstückseigentümer deutlich schlechter als er im Falle einer Ausnahme stehe. Auch bei den durch die BauNVO konkretisierten Festsetzungsmöglichkeiten sei die Gemeinde nicht auf die in der BauNVO ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen beschränkt. Die BauNVO habe die Ausnahmemöglichkeiten zwar weitgehend, aber nicht durchgehend für alle Festsetzungsmöglichkeiten abschließend aufgezählt. Ob das Schweigen des Verordnungsgebers ein "beredtes", Ausnahmen ausschließendes Schweigen sei oder nicht, müsse durch Auslegung ermittelt werden. Bei der hier streitigen Festsetzung gehe es nicht darum, in einem Baugebiet andere Nutzungsarten als allgemein zulässig oder ausnahmsweise zulassungsfähig festzusetzen. Die auf § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO gestützte Festsetzung unterscheide sich von den üblichen Festsetzungen nach § 2 bis 9 jeweils Abs. 2 und 3 BauNVO dadurch, dass sie von den allgemein oder ausnahmsweise zulässigen Nutzungen im Baugebiet eine herausgreife und die anderen Nutzungsarten ausschließe. Dies widerspreche an sich der Zweckbestimmung des Gebietes und schränke die Freiheit des Grundstückseigentümers, sein Grundstück innerhalb des vorgegebenen Rahmens des Baugebiets zu nutzen, radikal ein. Falle diese Bindung durch eine Ausnahme weg, werde die die Zweckbestimmung des Gebietes tangierende und die Eigentumsfreiheit beschränkende Wirkung der Festsetzung beseitigt. Es liege auf der Hand, dass der Verordnungsgeber keinen Anlass gehabt habe, es der Gemeinde zu untersagen, solche Ausnahmen zuzulassen, denn es bestehe in einem solchen Fall gerade nicht die Gefahr, die Zweckbestimmung des Baugebietes zu verfremden. Darüber hinaus würde das Eigentumsrecht unverhältnismäßig eingeschränkt, wenn es der Verordnungsgeber ausgeschlossen hätte, die Festsetzung durch Ausnahmemöglichkeiten zu lockern, wenn der mit der Festsetzung verfolgte Zweck nicht gefährdet sei. Bei § 7 Abs. 4 BauNVO ausdrücklich einzelne Ausnahmen zu bestimmen, hätte ebenfalls zu einer nicht gebotenen Einengung der planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinde und der Eigentumsrechte geführt. Es ließen sich auch nicht alle Fallgruppen abstrakt-generell umschreiben, in denen eine Ausnahme in Betracht kommen könne. Die streitige Ausnahmefestsetzung sei eine sinnvolle Regelung. Sie sichere die dem Bebauungsplan zugrundeliegende Konzeption, Wohnnutzung in der Innenstadt zu erhalten und zu stärken. Sie führe nicht zu einer Verfremdung der Zweckbestimmung des Kerngebiets. Im Falle der Zulassung einer Ausnahme seien auf der betroffenen Fläche die ansonsten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten zulässig. Für die Zulässigkeit der getroffenen Ausnahmeregelung spreche auch, dass nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO Wohnnutzung als alternative Nutzung zu den übrigen zulässigen Nutzungsarten vorgesehen sei. Es sei auch gewährleistet, dass die als Voraussetzung der Ausnahme erforderliche Schaffung von Wohnraum an anderer Stelle im Plangebiet rechtlich möglich ist. Dies ergebe sich aus § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, außerdem sei Wohnnutzung durch die Festsetzung I.1.3 Satz 2 im Bebauungsplan für allgemein zulässig erklärt worden. Diese Festsetzung sei auch rechtmäßig. Die Worte "nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplanes" in § 7 Abs. 2 Nr. 7 BuNVO seien nicht dahin auszulegen, dass die Gemeinde Wohnungen stets nur in räumlich oder sachlich begrenztem Umfang als allgemein zulässig festgesetzen könne. Gemeint sei damit vielmehr "soweit der Bebauungsplan dies festsetzt". Die getroffene Festsetzung unter I.1.3.Satz 2 stütze sich deshalb nicht auf § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauNVO. Dass die danach gegebene Möglichkeit, auf der Grundlage des § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO Wohnungen ohne oder mit räumlichen oder sachlichen Eingrenzungen allgemein zuzulassen, missbraucht werden könnte, stehe der vertretenen Auslegung nicht entgegen. Im Übrigen bestehe keinerlei Gefahr, dass die Wohnnutzung in dem Kerngebiet überhand nehmen werde. Auch der Einwand, die Ausnahmemöglichkeit, die nicht von der Schaffung von Wohnraum in bestimmten Teilen des Plangebietes abhänge, stehe in Widerspruch dazu, dass die Festsetzung eines zwingenden Wohnanteils nach § 7 Abs. 4 BauNVO das Vorliegen besonderer städtebaulicher Gründe für Teile des Plangebietes verlange, greife nicht. Die Erteilung der Ausnahme werde nicht der Regelfall sein. Außerdem leiteten sich die besonderen städtebaulichen Gründe daraus her, dass in dem Plangebiet die Wohnnutzung gestärkt werden solle, nicht daraus, dass dies gerade in den bezeichneten Teilbereichen geschehen solle. Die im Zuge des Widerspruchsverfahrens vorgenommenen Änderungen bedürften möglicherweise keines Stadtratsbeschlusses, der aber noch herbeigeführt werde. Über die Genehmigung des Bebauungsplanes sei mit Ausnahme der allein noch streitigen Ausnahmeregelung in der textlichen Festsetzung I.1.4.1. mit Wirksamkeit ihr - der Klägerin - gegenüber entschieden worden. Mit dem Bescheid vom 24.4.1997 sei ihr eine eingeschränkte Genehmigung erteilt worden. Streitgegenstand des Gerichtsverfahrens sei deshalb nicht mehr die gesamte Genehmigung. Deshalb sei auch nicht mehr relevant, ob die Festsetzungen zur Nutzungsart die allgemeine Zweckbestimmung des Kerngebietes wahre. Dies sei im Übrigen der Fall, wobei die besondere und städtebaulich empfindliche Situation, in die "hineingeplant" werde, zu berücksichtigen sei. Es könne auch keine Rede davon sein, dass durch die textlichen Festsetzungen der Charakter des Kerngebietes so nachhaltig verändert worden sei, dass es einem anderen oder keinem Baugebietstyp nach der BauNVO entspreche.

Dem Senat liegen liegen die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Dresden sowie die von der Klägerin vorgelegten Verwaltungsakten (insgesamt 8 Ordner und 2 Extraheftungen) vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Auf ihren und den weiteren Inhalt der Gerichtsakten des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie wurde insbesondere fristgerecht begründet. Die Begründungsschrift entspricht zwar der Begründung für einen Antrag auf Zulassung der Berufung, ihr kann aber hinreichend deutlich entnommen werden, dass und aus welchen Gründen der Beklagte das Berufungsverfahren fortsetzen will. Dies genügt den Anforderungen an eine Berufungsbegründung (BVerwG, Urt. v. 8.3.2004 - 4 C 6/03 -, NVwZ-RR 2004, 541, zit. nach juris).

II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

1. Die Klage ist allerdings mit dem Inhalt, den sie nach sachgerechter Auslegung des Antrages der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Wege einer nach § 91 Abs. 1 und 2 VwGO zulässigen Klageänderung erhalten hat, zulässig. Danach ist ihr Antrag nunmehr darauf gerichtet, den Beklagten zu verpflichten, den Bebauungsplan in der Fassung des Beschlusses des Stadtrates vom 28.6.1996 mit den Einschränkungen unter Nrn. 3.1, 3.3, 3.6., 3.7. und 3.8 des Bescheides vom 24.4.1997 insgesamt zu genehmigen. In dieser Fassung ist ihre Klage zulässig. Bei den unter Nrn. 3.2 und 3.4 des Genehmigungsbescheides verlangten Änderungen des beschlossenen Bebauungsplanes, die die Klägerin demgegenüber nicht zu akzeptieren bereit ist, handelt es sich nicht lediglich um redaktionelle Änderungen, sondern um solche, die den Inhalt des beschlossenen Planes berühren. Nach Nr. 3.2. ist die Klägerin gehalten, wie sich aus der Begründung dieser Einschränkung im Genehmigungsbescheid vom 24.4.1997 ergibt, auf der Grundlage einer naturschutzrechtlichen Bestandsaufnahme und deren Bewertung eine Abwägung über "Umfang und Grad der Inanspruchnahme von Natur und Landschaft sowie die möglichen Minderungen und Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen" vorzunehmen. Auch die Forderung nach Abgrenzung der Teilbereiche, in denen Flächen nur der Wohnnutzung dienen dürfen, und nach Streichung der zwischen den Beteiligten insbesondere umstrittenen Ausnahmeregelung hierzu, betreffen den Inhalt des beschlossenen Bebauungsplanes. Hinsichtlich der Ausnahmeregelung steht dem auch nicht entgegen, dass im Falle ihrer Streichung von der zwingend vorgeschriebenen Wohnnutzung nach § 31 Abs. 2 BauGB befreit werden könnte. Die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB hängt von anderen Voraussetzungen ab als die Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB. Bei solchen den Inhalt eines Bebauungsplanes betreffenden Einschränkungen handelt es sich nach dem den Beteiligten bekannten Urteil des Senats vom 16.12.1999 - 1 S 126/99 -, an dessen Ausführungen der Senat weiter festhält, nicht um echte, isoliert anfechtbare Auflagen im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG. Dies hat, unabhängig davon, ob es sich bei den genannten Einschränkungen um sog. modifizierende Auflagen handelt oder um Maßgaben in dem Sinne, dass mit dem Genehmigungsbescheid vom 24.7.1997 die Genehmigung des vorgelegten Bebauungsplanes verweigert, aber zugleich die Genehmigung des Bebauungsplanes in der Fassung, der die "Auflage" berücksichtigt, im Voraus erklärt wurde (vgl. dazu Senat, NK-Urt. v. 30.9.2004 - 1 D 37/01 -), nicht nur zur Folge, dass die Klägerin sich nicht darauf beschränken kann, die Aufhebung der Einschränkungen im Wege einer reinen Anfechtungsklage zu verfolgen. Vielmehr ergibt sich daraus auch, dass sie aus Gründen der Zulässigkeit ihrer Klage gehalten ist, um - einschränkungslose - Genehmigung des Bebauungsplanes insgesamt nachzusuchen, und sich nicht darauf beschränken kann, den Beklagten zur Genehmigung der vom Beklagten bislang nicht akzeptierten Passagen ihres Bebauungsplanes zu verpflichten. Diesen Anforderungen genügt die Klage in der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geänderten Fassung.

2. Die Klage ist aber unbegründet. Der am 28.6.1996 beschlossene Bebauungsplan ist auch mit den von der Klägerin akzeptierten Einschränkungen nicht genehmigungsfähig.

2.1. Allerdings ist die Ausnahmereglung in Ziffer I.1.4.1. des Bebauungsplanes nicht zu beanstanden. Zwar weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass einer Gemeinde hinsichtlich der Festsetzungen in einem Bebauungsplan kein "Festsetzungsfindungsrecht" zusteht, vielmehr auch für die Regelung von Ausnahmen baugebietlicher Festsetzungen einer Rechtsgrundlage bedarf (vgl. nur Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Losebl. Stand September 2004, § 31 RdNr. 22 m.w.N.). Die in Rede stehende Ausnahme findet jedoch eine hinreichende Rechtsgrundlage in § 7 Abs. 4 BauNVO. Nach dieser Bestimmung kann die Gemeinde unter bestimmten Voraussetzungen für Teile des Kerngebiets festsetzen, dass in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist. Das bedeutet, dass die plangebende Gemeinde sowohl zu der planerischen Entscheidung, solche Festsetzung zu treffen, als auch zu der planerischen Entscheidung, hiervon abzusehen, ermächtigt ist. Wenn dies aber so ist, folgt daraus zugleich, dass die Gemeinde auch befugt ist, grundsätzlich zwingende Wohnnutzung festzusetzen, aber hiervon unter bestimmten Voraussetzungen wieder abzusehen. Die Baugebietstypik der BauNVO verlässt sie dadurch nicht. Der BauNVO lässt sich auch ansonsten nicht entnehmen, dass die Gemeinde darauf verwiesen ist, entweder ganz oder gar nicht von der Möglichkeit nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO Gebrauch zu machen. Insbesondere folgt dies für die hier konkret getroffene Ausnahme nicht daraus, dass nach dieser Norm nur für Teile des Kerngebiets Wohnnutzung vorgeschrieben werden kann. Die geforderte räumliche Begrenzung wird entgegen der Ansicht des Beklagten durch die Ausnahmeregelung nicht umgangen, denn sie verhält sich nicht dazu, an welcher Stelle des Plangebiets der ersatzweise zu schaffende Wohnraum zulässig ist. Im Falle der Anwendung der Ausnahmeregelung bleibt entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht offen, welche Nutzungsart statt der eigentlich allein möglichen Wohnnutzung zulässig sein soll. Denn in diesem Fall gelten - wieder - die allgemeinen planerischen Festsetzungen zur zulässigen Nutzungsart. Dass die die Ausnahme enthaltende Festsetzung - wie alle Festsetzungen im Bebauungsplan - dem Grundsatz der Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3, dem Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 6 (jetzt Abs. 7) BauGB sowie dem Bestimmtheitsgebot genügen und zu den "besonderen städtebaulichen Gründen", deren Vorliegen erst die zwingende Festsetzung von Wohnnutzung in Teilen des Kerngebietes rechtfertigt, nicht in Widerspruch stehen darf, versteht sich von selbst; dass insoweit Bedenken bestehen, behauptet allerdings der Beklagte nicht und ist auch sonst nicht ersichtlich.

2.2. Der Bebauungsplan ist aber nicht genehmigungsfähig, weil die Festsetzung Ziffer I .1.4.1. Satz 1 des Bebauungsplanes zu unbestimmt ist. An dieser Prüfung ist der Senat nicht deshalb gehindert, weil der Beklagte nach seinem erstinstanzlichen Vorbringen diese Frage "außergerichtlich" klären wollte. Der Senat ist, nachdem die Verpflichtung des Beklagten zur Genehmigung des Bebauungsplanes insgesamt streitgegenständlich ist und nach den obigen Ausführungen allein streitgegenständlich sein kann, nicht darauf beschränkt, nur die Einwände gegen die Genehmigungsfähigkeit zu prüfen, die der Beklagte dem Bebauungsplan entgegen gehalten hat oder noch entgegen hält.

Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO kann "für Teile eines Kerngebiets" zwingend Wohnnutzung festgesetzt werden, "wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen". Daraus folgt, dass der betroffene Teilbereich deutlich erkennbar sein muss (vgl. Bielenberg,in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, aaO, § 7 BauNVO RdNr. 45a), denn andernfalls liefe die einschränkende Voraussetzung des Vorliegens besonderer städtebaulicher Gründe ins Leere. Diese notwendige Bestimmtheit ist hier weder in der beschlossenen Fassung der in Rede stehenden Festsetzung, noch in der überarbeiteten Fassung erreicht. Nach beiden Formulierungen ist nicht sichergestellt, dass nur Teile und nicht der gesamte Planbereich von der Festsetzung erfasst werden und diese Teile auch hinreichend bestimmbar sind. Das Plangebiet ist in insgesamt 7 (Teil-)Kerngebiete aufgeteilt, die sämtlich von der Festsetzung betroffen sind. Eine Abgrenzung derjenigen Bereiche der Teilgebiete, die z.T. zwingend zu Wohnzwecken genutzt werden müssen, zu denjenigen Bereichen, für die dies nicht gelten soll, erfolgt in der ursprünglichen Fassung des Bebaungsplanes nicht. Dort werden die betroffenen Teile nur durch ihre Ausrichtung zu bestimmten Straßen bezeichnet, ohne dass durch die Festsetzung Ziffer I 1.4.1. selbst oder in Verbindung mit anderen Festsetzungen bestimmt werden könnte, wo der betroffene Teil innerhalb des durch Baulinien umgrenzten Teilkerngebiets enden soll. Diese Bestimmbarkeit wird auch durch die geänderte Fassung nicht erreicht. Denn die Begrenzung auf die "hofseitige Gebäudewand des jeweiligen Geschosses (Gebäudetiefe)" hilft dort nicht weiter, wo eine solche hofseitige Gebäudewand nicht vorhanden ist, nämlich bei den Geschossflächen, die den äußeren Rand der Gebäudeflügel bilden oder die aus sonstigen Gründen von einer Baulinie zur gegenüberliegenden Baulinie durchgehen. In diesen Fällen bleibt nach der alten wie nach der überarbeiteten Fassung des Bebauungsplanes völlig offen, wo der für die Berechnung des zehnprozentigen Anteils an der Geschossfläche maßgebliche Teil enden soll.

2.3. Der Bebauungsplan ist unabhängig von seiner fehlenden Bestimmtheit auch deshalb nicht genehmigungsfähig, weil seine Festsetzungen zur allgemeinen Zulässigkeit von Wohnnutzung mit der Zweckbestimmung eines Kerngebietes nicht übereinstimmen und deshalb mangels Rechtsgrundlage unwirksam sind.

Die Gemeinde ist bei der bauplanerischen Festsetzung der Nutzungsart an die Baugebietstypen der BauNVO gebunden. Daraus folgt, dass alle zum Zwecke der Modifizierung der Baugebietsvorschriften in § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO vorgesehenen differenzierenden Festsetzungsmöglichkeiten die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebietes wahren müssen (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 22.12.1989, BRS 49 Nr. 74; Söfker, aaO, § 1 BauNVO RdNr. 9; Boeddinghaus/Dieckmann, BauNVO, 3. Aufl., § 1 RdNr. 60, jeweils m.w.N.). Dies gilt nicht nur dort, wo die Bewahrung der allgemeinen Zweckbestimmung ausdrücklich gesetzlich gefordert wird (z.B. § 1 Abs. 6 Nr. 2 bauNVO), sondern als übergeordneter Grundsatz bei allen Modifizierungen der Zulässigkeitsregeln und auch für Festsetzungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO, wonach sonstige, d.h. nicht betriebsgebundene Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplanes im Kerngebiet allgemein zulässig sind (Söfker, aaO, § 7 BauNVO RdNr. 11 und 37; Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 1999 § 7 RdNr. 34; Fickert/Fieseler, BauNVO, 7. Aufl., § 7 RdNr. 12.2 und 15). Es kann deshalb dahin stehen, ob die Festsetzung unter Ziffer I. 1.3 des Bebauungsplanes der Klägerin, wonach auch nicht betriebsbezogene Wohnungen in allen Teilgebieten des Kerngebietes allgemein zulässig sollen, auf § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO oder - wie im Bebauungsplan angegeben - auf § 1 Abs. 6 Satz 1 N2. 2 in Verbindung mit § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO beruht, wonach eine an sich nur ausnahmsweise zulässige Nutzung für allgemein zulässig erklärt werden kann; das Gebot der Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung eines Kerngebietes bleibt dasselbe. Gegen diese verstößt eine Festsetzung, wonach sonstige Wohnungen im gesamten Kerngebiet allgemein zulässig sind (ebenso OVG NW, vgl. nur Urt. v. 19.2.2001 - 10a D 65/98.NE-, BRS 64 Nr. 24; Urt. v. 18.3.2004 - 7a D 52/03.NE-, zit. nach juris; Roeser, aaO, § 7 RdNr. 5; dahin tendierend Bielenberg, aaO, § 7 BauNVO RdNr. 38).

Die allgemeine Zweckbestimmung eines Kerngebietes ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 6.12.2000 - 4 B 4/00 -, NVwZ-RR 2001, 217, zit. nach juris) aus der allgemeinen Umschreibung in § 7 Abs. 1 BauNVO, die in § 7 Abs. 2 BauNVO konkretisiert wird. Danach haben Kerngebiete zentrale Funktionen. Sie bieten vielfältige Nutzungen und ein urbanes Angebot an Gütern und Dienstleistungen für die Besucher der Stadt und die Wohnbevölkerung eines größeren Einzugsbereiches. Dieser Charakter umfasst auch nach Maßgabe des Bebauungsplanes oder ausnahmsweise zulässige Wohnnutzung. Der Plangeber hat bei der Festsetzung von Wohnungen im Kerngebiet jedoch zu beachten, dass dieses in erster Linie und im Unterschied zu anderen Baugebieten der BauNVO den vorgenannten zentralen Funktionen und Einrichtungen zu dienen bestimmt ist. Diese Prägung des Gebietes durch kerngebietstypische Nutzungen wird nach den Festsetzungen der Klägerin nicht mehr gewahrt, denn mit ihnen wird die allgemeine Wohnnutzung gleichberechtigt neben den den zentralen Funktionen und Einrichtungen dienenden Nutzungen in allen Gebäuden aller Teilgebiete des gesamten Kerngebietes zulässig. Dies gilt um so mehr, als die Klägerin in Ziffer I. 1.1 auch noch mehrere allgemein zulässige kerngebietstypische Nutzungen ausgeschlossen und damit das Gewicht nochmals zugunsten einer kerngebietsuntypischen Festsetzung verschoben hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass nach der Festsetzung I. 1.4.2 des Bebauungsplanes in den Erdgeschossen der Gebäude Wohnungen nicht zugelassen sind. Denn damit bleibt der weitaus größte Anteil der ganz überwiegend mindestens sechsgeschossigen Gebäude - nur ein sehr kleiner Teil des MK 2 darf viergeschossig bebaut werden - einer Wohnnutzung zugänglich; etwas anderes dürfte demgegenüber gelten, wenn eine Wohnnutzung erst ab dem dritten Obergeschoss zugelassen würde. Ob die Gefahr einer "Überfremdung" des Kerngebiets durch Wohnnutzung tatsächlich besteht, ist unerheblich (vgl. Fickert/Fieseler, aaO, § 1 RdNr. 168), zumal die Nachfrage nach Wohnraum und damit die Gefahr einer tatsächlichen Fehlentwicklung Veränderungen unterliegt. § 15 Abs. 1 BauNVO ist zur Rechtfertigung der beanstandeten Festsetzung nicht geeignet, denn er kann die vorhandene Planung, mit der hier gerade der Zweck verfolgt wird, Wohnnutzung für den Regelfall in einem Kerngebiet zuzulassen, nicht korrigieren. Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf die "besondere städtebauliche Situation" des Plangebietes und der in seiner Umgebung vorhandenen baulichen Nutzung berufen, in die "hineingeplant" worden sei. Selbst wenn das von der Klägerin in diesem Zusammenhang in Bezug genommene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4.5.1988 - 4 C 34/86 - (BVerwGE 79, 309, zit. nach juris), in dem dieses bei der Bestimmung der Eigenart des einzelnen Baugebiets im Sinne von § 15 Abs. 1 BauNVO auch auf die jeweilige örtliche Situation abgestellt hat, auf die Ermittlung der allgemeinen Zweckbestimmung eines Kerngebietes übertragbar wäre, ergäbe sich hieraus nichts zugunsten der Klägerin. Das Plangebiet selbst war bei Beschlussfassung über den Bebauungsplan unbebaut und konnte mithin für eine besondere örtliche Situation nichts hergeben. Inwieweit die örtlichen Verhältnisse der Umgebung Besonderheiten aufweisen sollen, legt die Klägerin nicht dar. Im Hinblick auf die allgemein für zulässig erklärte Wohnnutzung ergeben sich Besonderheiten insbesondere nicht aus dem Wunsch, die Belebtheit der Innenstadt zu erhalten und einer Verdrängung von Wohnnutzung entgegenzuwirken, denn diese allgemeinen planerischen Ziele beruhen nicht auf einer vorgefundenen spezifischen örtlichen Situation. Dass die Zulassung von Wohnnutzung notwendig wäre, um die vorhandenen (Wohn-) Nutzungen in der unmittelbaren Umgebung nicht zu beeinträchtigen, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

2.4. Der beschlossene Bebauungsplan dürfte schließlich - ohne dass dies der Senat abschließend entscheiden müsste - auch deshalb nicht genehmigungsfähig sein, weil er auf einer fehlerhaften Abwägung beruht. Nach § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 8.12.1986 (BGBl. I S. 2253), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 23.11.1994 (BGBl. I S. 3486), - im Folgenden: BauGB a.F. - sind in die nach § 1 Abs. 6 BauGB a.F. vorzunehmende Abwägung der öffentlichen und privaten Belange u.a. auch die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere des Naturhaushalts, einzustellen. Dieses Gebot wird ergänzt durch § 8a Abs. 1 Satz 1 BNatSchG in der damals geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 12.3.1987 (BGBl. I S. 889), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6.8.1993 (BGBl. I S. 1458) - im Folgenden: BNatSchG a.F. -, wonach im Rahmen der bauleitplanerischen Abwägung über die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu befinden ist, wenn der Bebauungsplan aufgrund seiner Festsetzungen Eingriffe in Natur und Landschaft erwarten lässt. Von der Anwendung des § 8a Abs. 1 BNatSchG a.F. dürfte die Klägerin zum Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung auch nicht gem. § 65 Abs. 4 SächsNatSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.10.1994 (SächsGVBl. S. 1601, 1995 S. 106) entbunden gewesen sein. Für Baugebiete nach § 7 BauNVO bedurfte die Unanwendbarkeit einer besonderen Zulassung des Staatsministeriums für Umwelt und Landesentwicklung, für die hier nichts ersichtlich ist. Da Eingriffe in Natur und Landschaft i.S.v. § 8 Abs. 1 BNatSchG a.F. durch den von der Klägerin beschlossenen Bebauungsplan unzweifelhaft zu erwarten sind, dürfte sie deshalb gehalten gewesen sein, zu ermitteln und zu entscheiden, ob vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen sind und ob und wie vermeidbare Beeinträchtigungen auszugleichen oder durch Ersatzmaßnahmen zu kompensieren sind (vgl. dazu nur BVerwG, Beschl. v. 31.1.1997, BVerwGE 104, 68, zit. nach juris). Die Klägerin hat zwar eine Abwägungsentscheidung über den Eingriff und über Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen getroffen, ihre Entscheidung dürfte jedoch fehlerhaft sein, weil sie den Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots nicht genügt (vgl. dazu BVerwG, aaO). Zu ihnen gehört in Bezug auf die naturschutzrechtlichen Belange eine hinreichend fundierte Bestandsaufnahme und Bewertung von Natur und Landschaft im Plangebiet oder in dem von dem Plan betroffenen Bereich (vgl. hierzu nur Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 5. Aufl., § 1 RdNr. 78d). Eine solche Bestandsaufnahme und Bewertung hat die Klägerin nicht vorgenommen. Insbesondere genügt die Stellungnahme des Grünflächenamtes vom 4.6.1997, auf die die Klägerin in diesem Zusammenhang verweist, nicht den gebotenen Anforderungen. Sie verhält sich nämlich ausschließlich zu dem vorhandenen Baumbestand, obwohl nach den Ausführungen in der Begründung zum Bebauungsplan (Nr. 9 Seite 7) von vorhandener "Trümmerbegrünung" und "Grünfläche" die Rede ist. Beide mögen, wie die Klägerin meint, im Wesentlichen durch die Bäume geprägt sein, belegt wird dies jedoch weder aus der genannten Stellungnahme des Grünflächenamtes, noch aus sonstigen Unterlagen des Planaufstellungsverfahrens. Ob die mangelnde Ermittlung und Bewertung des einzustellenden Abwägungsmaterials auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB alte wie neue Fassung), ist ohne Belang. Selbst wenn die Klägerin sich darauf berufen könnte, dass nach § 246a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB a.F. § 216 BauGB a.F. nicht anzuwenden ist, hinderte dies das Regierungspräsidium Dresden nicht, den aufgezeigten Fehler geltend zu machen (vgl. Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, aaO, § 216 RdNr. 4).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG, in der nach § 72 GKG n.F. anwendbaren alten Fassung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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