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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 13.11.2003
Aktenzeichen: 1 B 576/02
Rechtsgebiete: VwVfG, SächsVwVfG, SäHO


Vorschriften:

VwVfG § 49 Abs. 3
VwVfG § 49a
VwVfG § 40
SächsVwVfG § 1
SäHO § 44
1. Seit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Änderung verwaltungsrechtlicher Vorschriften vom 2.5.1996 (BGBl. I S. 656) am 21.5.1996 konnte der Widerruf von Zuwendungsbescheiden und die Rückforderung bereits geleisteter Zuwendungen nicht mehr auf § 44 der Vorläufigen Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen (SäHO) gestützt werden.

2. Nach § 1 SächsVwVfG i.V.m. § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG stehen sowohl die Entscheidung, ob ein Zuwendungsbescheid widerrufen werden soll, als auch diejenige, ob auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden soll, im intendierten Ermessen der Behörde. Die Behörde muss aber erkennen, dass ihr ein - wenn auch gelenkter - Ermessensspielraum zusteht. Hält sie sich für zwingend gebunden, ist der Widerruf ermessensfehlerhaft.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 1 B 576/02

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Widerrufs von Zuwendungen zur Erhaltung und Pflege von Kulturdenkmalen

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Sattler, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Franke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 22. April 2002 - 7 K 2422/97 - wird geändert. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 3. Juli 1997 in Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 3. November 1997 wird in Ziffer 1 und, soweit ein über 121.400,- DM hinausgehender Betrag zurückgefordert wird, in Ziffer 3 Satz 1 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Klägerin zu vier Fünfteln, der Beklagte zu einem Fünftel. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten der Klägerin für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen den teilweisen Widerruf eines Bescheides des Beklagten über die Gewährung denkmalschützerischer Zuwendungen und die teilweise Rückforderung der ausgezahlten Zuwendung.

Mit Bescheid vom 22.6.1995 erteilte die Stadt Zwickau der Klägerin die Baugenehmigung für das Vorhaben "Umnutzung Geschäftshaus, Abbruch des Nebengebäudes, Schuppen und Treppenhausanbau" auf dem Grundstück G1. . In der Baugenehmigung ist u.a. ausgeführt: "Die Bedingungen der Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der Stadtverwaltung Zwickau (siehe Anlagen A, C u.D) werden Bestandteil der Genehmigung. Die Baugenehmigung beinhaltet durch die Zustimmung der Unteren Denkmalschutzbehörde Zwickau (Anlage D) die denkmalschutzrechtliche Genehmigung für dieses Objekt." In der Anlage D vom 6.4.1995 ist u.a. ausgeführt:

"Auflagen:

...

2.0. Voruntersuchungen

2.1. ...

2.2. Die vorliegende Befunduntersuchung ist zu ergänzen durch:

- die Befunduntersuchung im EG nach dem Freizug;

- die Befunduntersuchung der Fassade nach Erstellen eines Arbeitsgerüstes;

- die Befunduntersuchung der Decke über dem 2.OG nach deren Öffnung und Freilegung;

- die Entnahme und Auswertung einer dendrochronologischen Probenserie zur notwendigen Datierung von Dachstuhl, Holzbalkendecken und Fachwerkanbau;

- eine Bestandsdokumentation nach dem Ausbau von neuzeitlichen Wand- und Deckenverkleidungen.

3.0. vorbereitende Baumaßnahmen

3.1. Neuzeitliche Wand- und Deckenbekleidungen sowie Fußbodenbeläge und Dielungen sind unter Anleitung durch die Denkmalbehörden oder den Restaurator fachgerecht so auszubauen, dass an den historischen Untergründen und Bauteilen keine Schäden entstehen.

3.2. Vorhandene historische Dielungen (breite Dielenbretter) sind fachgerecht auszubauen, wiederverwendbare Bretter sind bis zum Wiedereinbau sachgerecht zu lagern.

3.3. Die Trennwand im 1.OG zwischen den Räumen 1.5/1.6 (Nummerierung entsprechend Befundbericht) ist sorgsam auszubauen. Auf historische Befunde ist zu achten.

..."

Auf den mehrfach ergänzten Antrag mit Kostenanschlag bewilligte der Beklagte der Klägerin mit - bestandskräftig gewordenem - Zuwendungsbescheid vom 30.8.1996 Mittel in Höhe von 247.050,- DM, von denen im Jahr 1996 bis zu 150.000,- DM bereit gestellt wurden. Der Bescheid enthält u.a. folgende Ausführungen:

"Für diesen Bescheid gelten folgende weiteren Bestimmungen:

1. Geltung der VwV-Denkmalförderung und der Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung für den Freistaat Sachsen.

Die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Gewährung von Zuwendungen zur Erhaltung und Pflege von Kulturdenkmalen (VwV-Denkmalförderung), die Sächsische Haushaltsordnung (§ 44 SäHO) sowie die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (AN Best-P) und die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (AN Best-K) sind Bestandteil dieses Bescheides.

2. Eintritt der Rechtswirkungen

Für Vorhaben, die bau- oder denkmalschutzrechtlich genehmigt werden müssen, treten die Rechtswirkungen dieses Bescheides erst nach Vorlage der Genehmigung ein.

3. Auszahlung

...

4. Verwendungsnachweis

Die Zuwendung darf nur für das im Zuwendungsbescheid bezeichnete Vorhaben verwendet werden. Spätestens sechs Monate nach Abschluss der Maßnahme ist dem Regierungspräsidium ein Nachweis über die Verwendung der Zuwendung mit beiliegendem Vordruck in zweifacher Fertigung vorzulegen. ...

5. Nebenbestimmungen

Die Rechtswirksamkeit dieses Bescheides hängt von folgenden Bedingungen im Sinne des § 36 II Nr. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) ab, dass

- ..., und dass

- die Zuwendung zweckentsprechend verwandt wird und dies innerhalb von 6 Monaten nach Ausführung des Vorhabens mittels des beiliegenden Vordrucks (Verwendungsnachweis) nachgewiesen wird.

Dieser Bescheid kann gem. § 44 SäHO mit Wirkung für die Vergangenheit und für die Zukunft insbesondere dann widerrufen werden, wenn

- ...

- das Vorhaben nicht innerhalb des Bewilligungszeitraumes durchgeführt wird, der Empfänger Auflagen und Beschränkungen der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung nicht einhält,

- ...

- ...".

Dem Bescheid war eine Anlage 1 mit der "Aufstellung der zuwendungsfähigen Arbeiten am Denkmal" beigefügt. Auf den Auszahlungsantrag vom 27.11.1996 reichte der Beklagte 150.000,- DM an die Klägerin aus. Ein weiterer Auszahlungsantrag wurde nur "fristwahrend" gestellt und führte nicht zur Zahlung weiterer Zuwendungen.

Mit Schreiben vom 18.6.1997 wies das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen den Beklagten darauf hin, dass die "denkmalschutzrechtliche Genehmigung" nicht eingehalten, die dort geforderten Abstimmungen und Vorlagen nicht erfolgt und Vorgaben, abgesehen von den Positionen 4.1, 6, 7.1 und 1/10 "des Kostenanschlages Anlage B" ignoriert worden seien. Bezogen auf die in der Anlage 1 des Zuwendungsbescheides beschriebenen Arbeiten sei festzustellen, dass die Maurerarbeiten (Nr. 1./2.) nicht der Freilegung der Deckenkonstruktionen im Erdgeschoss, 1. Obergeschoss, 2. Obergeschoss und Dachgeschoss, für Aussteifungsgerüste, Fachwerkwandfreilegungen und Sicherung der Treppenkonstruktion zum Dachgeschoss gedient hätten, weil alle genannten Bauglieder weitgehend entfernt und durch neue ersetzt worden seien. Die Zimmerer- und Holzarbeiten (Nr. 4.) hätten nicht der Reparatur des Dachtragwerkes und anderer konstruktiver Holztragwerke gedient, weil sie sämtlich und im Dachgeschoss zu etwa 80 % entfernt und erneuert worden seien. Vom Dachtragwerk des ausgehenden 15. Jahrhunderts seien lediglich die straßenseitigen Sparren erhalten geblieben. Zu Nr. 3./7. Maurerarbeiten/ Naturstein- und Verlegearbeiten sei der Flußkieselbelag der Kellertonnen bisher noch nicht repariert. Alle anderen historischen Plattenbeläge, Stufen u.a. seien modernistisch kaschiert. Zu 8. Tischlerarbeiten sei trotz Ablehnung seitens der Denkmalschutzbehörden das vom historischen Vorbild völlig abweichende und nur einflügelige neue Drehkippfenster zum Einsatz gekommen. Unter teilweise wörtlicher Übernahme dieser Stellungnahme erließ der Beklagte daraufhin an die Klägerin den angefochtenen Bescheid vom 3.7.1997, in dem unter Ziffer 1 der Zuwendungsbescheid vom 30.8.1996 "teilweise" widerrufen und unter Ziffer 3 die Rückzahlung der Zuwendung in Höhe von 127.780,- DM (Satz 1) nebst Zinsen nach dem Lombardsatz vom Auszahlungstag bis zum Eingang der Rückzahlung (Satz 2) gefordert wurde. In der Begründung ist u.a. ausgeführt, dass der Zuwendungsbescheid gem. § 44 Abs. 4 SäHO in Verbindung mit der Vorl. VV zu § 44 SäHO widerrufen werde. "Ermessenspielraum zur Durchführung des obigen Gesetzes" habe die Behörde nicht.

Den hiergegen durch ihre damaligen Bevollmächtigten erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin durch Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Architekten K. vom 21.8.1997, aus der sich die laufende Unterrichtung und Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde ergebe. Sie verwies zur Begründung ihres Widerspruchs weiter auf ein Holzschutzgutachten vom 20.9.1995, von dem die Denkmalschutzbehörde Kenntnis gehabt habe. Unter Berücksichtigung dieses Gutachtens könne ihr die Entfernung bzw. Erneuerung von großen Teilen der alten Holztragwerke nicht zum Vorwurf gemacht werden. In diesem Gutachten ist als Schlussfolgerung u.a. ausgeführt, dass beim Zustand der vorgefundenen Holzkonstruktion mit ca. 60 % im Bauwerk verbleibenden Holzbauteilen zu rechnen sei. Von diesen seien aber noch ca. 40 % durch zusätzliche Maßnahmen im Auflager- bzw. Anschlussbereich wieder tragfähig herzustellen. Aus holzschutztechnischer und statischer Hinsicht leite sich die Erkenntnis ab, dass nur zwingende denkmalpflegerische Gesichtspunkte die Sanierung der Holzkonstruktion rechtfertigten. Aus wirtschaftlichen Gründen sei die Holzkonstruktion abzubrechen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3.11.1997, der den Bevollmächtigten der Klägerin am 12.11.1997 zugestellt wurde, wies das Regierungspräsidium Chemnitz den Widerspruch zurück und gab zur Begründung im Wesentlichen eine Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen wieder.

Am 11.12.1997 hat die Klägerin durch ihre Gesellschafter Klage bei dem Verwaltungsgericht Chemnitz erhoben. Unter Bezugnahme auf ihre Widerspruchsbegründung hat sie ergänzend und unter Berufung auf das Zeugnis des Architekten K. im Wesentlichen vorgetragen: Die Denkmalschutzbehörde sei von dem Architekten über das gewählte Konzept unterrichtet worden. Die Denkmalschutzbehörde habe Gelegenheit gehabt, sich ständig vor Ort über den Fortgang des Sanierungsvorhabens zu informieren, wie sich aus dem Schreiben der Architekten K. & T. vom 21.8.1997 ergebe. 13 gemeinsame Absprachen hätten stattgefunden. Das Holzschutzgutachten vom 20.9.1995 sei der Denkmalschutzbehörde mit Schreiben vom 27.9.1995 übersandt worden, ihr sei also frühzeitig bekannt geworden, dass wesentliche Tragwerksteile nicht mehr sanierungsfähig gewesen seien. Auch wenn die Denkmalschutzbehörde darüber nicht informiert worden wäre, hätte sich nichts daran geändert, dass diese Teile in jedem Fall hätten ersetzt werden müssen. Hinzu komme, dass in den Auszahlungsanträgen nur die im einzelnen im Schreiben der Architekten K. & T. vom 21.8.1997 benannten Leistungen abgerechnet worden seien. Für die Arbeiten am Dachstuhl, die die Denkmalschutzbehörde als nicht zuwendungsfähig einordne, seien keine Leistungen abgerechnet worden. Tatsächlich sei nicht die gesamte Holzkonstruktion entfernt, sondern es seien Teile von ihr übernommen worden. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass der Architekt K. das Gutachten am 27.9.1997 persönlich bei der Denkmalschutzbehörde abgegeben habe, womit die begleitende Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzbehörde habe eingeleitet werden sollen. Während des Baufortschritts sei zu keinem Zeitpunkt wegen der Arbeiten an der Holzkonstruktion interveniert worden, obwohl die Denkmalschutzbehörde nach Punkt 8 der Anlage D zur Baugenehmigung zur denkmalpflegerischen Betreuung der Baumaßnahme verpflichtet gewesen sei. Obwohl sie - die Klägerin - von den Denkmalschutzbehörde allein gelassen worden sei, hätte sie die Entscheidung zu den Teilen, die restaurierbar gewesen seien, unter bestmöglicher Wahrung denkmalschützerischer Gesichtspunkte getroffen. Es könne nicht angehen, dass eine Behörde Bauherren sehenden Auges in eine aus Sicht der Behörde vorliegende Verletzung von denkmalschützerischen Aspekten hineinlaufen lasse und dann im Nachherein die dem Bauherrn gewährten Zuschüsse zurückfordere.

Nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 15.11.2001 mitgeteilt hatte, dass dem Widerrufsbescheid eine falsche Berechnung zugrunde liege und nunmehr 130.060,- DM zurückgefordert würden, hat die Klägerin ihren ursprünglichen Aufhebungsantrag geändert und zuletzt beantragt,

den Rechtsstreit in Bezug auf die Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Beklagten vom 3. Juli 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 3. November 1997 für erledigt zu erklären und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 65.332,88 € zu zahlen.

Der Beklagte hat der Erledigungserklärung nicht zugestimmt und keinen Antrag gestellt.

Nachdem der Antrag auf Beiladung des Architekten K. mit Beschluss vom 22.12.1998, der vom Oberverwaltungsgericht bestätigt wurde, abgelehnt worden war, hat das Verwaltungsgericht Chemnitz mit Urteil vom 22.4.2002, das der Klägerin am 24.4.2002 zugestellt wurde, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die einseitig gebliebene Erledigungserklärung der Klägerin sei als Feststellungsantrag auf die Feststellung, dass sich die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 3.7.1997 und den Widerspruchsbescheid vom 3.11.1997 in der Hauptsache erledigt habe, auszulegen. Dieser Feststellungsantrag sei zulässig, jedoch unbegründet, da eine Erledigung nicht eingetreten sei. Insbesondere habe das an das Gericht gerichtete Schreiben des Beklagten vom 15.11.2001 nicht zu einer Erledigung der Hauptsache geführt, weil sich durch dieses die angefochtenen Bescheide nicht erledigt hätten. Dieses Schreiben sei nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Die Leistungsklage habe keinen Erfolg, weil der Klägerin der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zustehe, der Teilwiderrufsbescheid vom 3.7.1997 stelle die rechtliche Grundlage für die erfolgte Rückzahlung dar.

Mit Beschluss vom 16.7.2002 - 1 B 405/02 - hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht auf den Antrag der Klägerin die Berufung zugelassen, die die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei abzuändern, weil es aus den im Zulassungsantrag des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts dargelegten Gründen aufgrund eines Verfahrensfehlers zustande gekommen sei. Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, weil es an einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf und die Rückforderung der Zuwendungen fehle. Der Bescheid stütze sich auf "§ 44 Abs. 4 der Vorläufigen Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen (SäHO) in Verbindung mit der Vorläufigen Verwaltungsvorschrift für die Bewilligung staatlicher Zuwendungen nach § 44 Abs. 1 der Vorläufigen Sächsischen Haushaltsordnung (Vorl. VV zu § 44 SäHO) einschließlich der Anlagen 1 bis 6." Es sei daher schon nicht erkennbar, welche Vorschrift der SäHO oder der Vorl. VV zu § 44 SäHO als Anspruchsgrundlage herangezogen werden solle. Der Bescheid sei daher unbestimmt und gerichtlich nicht überprüfbar. Es bleibe offen, gegen welche Bestimmungen die Klägerin verstoßen haben und aufgrund welcher Regelung ein Widerruf und die Rückforderung der Zuwendungen möglich sein solle. Erst recht sei nicht erkennbar, aus welchem Grund die Behörde kein Ermessen bei seinen Entscheidungen gehabt haben solle. Tatsächlich habe ein Ermessensspielraum bestanden. Ein schriftlicher Verwaltungsakt sei zu begründen, wozu die Mitteilung der gesetzlichen Grundlage und der wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe gehöre. Dabei dürfe zwar auf eine Rechtsvorschrift verwiesen werden, eine vorläufige Verwaltungsvorschrift sei aber keine Rechtsvorschrift. In dem Zuwendungsbescheid vom 30.8.1996 sei die "Geltung der VwV-Denkmalsförderung und der Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung für den Freistaat Sachsen" erwähnt. Die Vorläufige Verwaltungsvorschrift für die Bewilligung staatlicher Zuwendungen nach § 44 Abs. 1 der Vorläufigen Sächsischen Haushaltsordnung (Vorl. VV zu § 44 SäHO) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 sei in dem Zuwendungsbescheid nicht genannt und ihm auch nicht beigefügt worden. Diese Verwaltungsvorschrift habe deshalb auch nicht Bestandteil des Zuwendungsbescheids werden können. Dem Verwaltungsakt fehle es hinsichtlich der Nebenbestimmungen deshalb an einem bestimmten Inhalt. Die Voraussetzungen für die Zuwendungen hätten daher von ihr - der Klägerin - nicht hinreichend überprüft werden können. Eine gerichtliche Prüfung der Frage, unter welchen Umständen eine Rückforderung möglich sein sollte, sei ebenfalls nicht möglich. Da die Vorl. VV zu § 44 SäHO in den Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheids nicht genannt würden, könnten für diesen allenfalls die VwV-Denkmalförderung, § 44 SäHO und die AN Best-P gelten, die ausdrücklich bezeichnet würden. Die AN Best-K gälten jedoch nur für Zuwendungen an kommunale Körperschaften. Alle drei Regelungen seien dem Zuwendungsbescheid nicht beigefügt gewesen und hätten daher mangels Bestimmtheit den Zuwendungsbescheid nicht wirksam unter Auflagen stellen können. Sie sähen überdies für den vorliegenden Fall nicht die Rückforderung von Zuwendungen vor; außerdem sei der Bescheid nicht auf sie gestützt. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen des § 44 Abs. 4 SäHO insbesondere in Verbindung mit der Vorl. VV zu § 44 SäHO nicht vor. Der Beklage lasse in den angefochtenen Bescheiden offen, gegen welche Vorschriften sie - die Klägerin - verstoßen haben solle. Diese seien deshalb zu unbestimmt und schon deshalb rechtswidrig. Sie - die Klägerin - hätte auch nicht gegen Auflagen anlässlich der Bewilligung der Zuwendungen verstoßen. Die Denkmalbehörde sei ausreichend und vollumfänglich in mindestens 13 Abstimmungsgesprächen zwischen dem Architekten und der Denkmalbehörde zum Stand der Sanierung informiert worden. Das Gutachten über die Schäden an der Holzkonstruktion des Ing.-Büros F. vom 20.9.1995 sei der Denkmalschutzbehörde mit Schreiben vom 27.9.1995 rechtzeitig zur Abstimmung vorgelegt und zwischen der Behörde und dem Architekten abgestimmt worden. Dieses Gutachten sei deshalb bereits Grundlage des Zuwendungsbescheides vom 30.8.1996 gewesen und könne deshalb nicht Grundlage eines späteren Widerrufs sein. Selbst wenn die Abstimmung noch intensiver durchgeführt worden wäre, hätte sich nichts daran geändert, dass weitere von der Denkmalbehörde als schützenswert erachtete Teile des Gebäudes nicht zu sanieren gewesen seien, sondern hätten ersetzt werden müssen. Dies gelte insbesondere für die Tragekonstruktion aus Holzteilen. Diese sei nur in dem Umfang zu retten gewesen, wie dies bei den Bauarbeiten auch geschehen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 22. April 2002 - 7 K 2422/97 - zu ändern und den Bescheid des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 3. Juli 1997 in Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 3. November 1997 aufzuheben und die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt im einzelnen vor, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil nicht auf einem Verfahrensfehler beruhe, und nimmt auf die Begründung der angefochtenen Bescheide und sein bisheriges Vorbringen Bezug.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2003 Beweis erhoben durch Einholung einer amtlichen Auskunft der zuständigen Mitarbeiterin des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen sowie durch zeugenschaftliche Einvernahme des Architekten der Klägerin K. . Hierzu wird auf den Inhalt der Niederschrift vom 13.11.2003 Bezug genommen. Dem Senat liegen der Verwaltungsvorgang des Beklagten (1 Heftung), die von der amtlichen Auskunftsperson in der mündlichen Verhandlung überreichten sechs Photographien sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Chemnitz und die eigenen Gerichtsakten zum Zulassungs- und zum Berufungsverfahren vor; sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere steht der Klägerin das auch für die Zulässigkeit der Berufung erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Der Rechtsstreit hat sich nicht erledigt. Durch den erstinstanzlichen Schriftsatz des Beklagten vom 15.11.2001 ist der Widerrufsbescheid vom 3.7.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.11.1997 nicht aufgehoben oder ersetzt worden, weil es sich bei diesem Schriftsatz mangels einer Regelung nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Zwar ist die Formulierung im Schlusssatz dieses Schreibens ("... werden nunmehr 130.060,00 DM zurückgefordert ...") missverständlich, die äußere Form des Schreibens und die Adressierung an das Verwaltungsgericht lassen eine Auslegung als Änderungs- oder Aufhebungsbescheid jedoch nicht zu.

Die Berufung ist teilweise begründet. Die im Berufungsverfahren nur noch als Anfechtungsklage formulierte Klage ist zulässig und teilweise begründet, weil der Widerrufsbescheid vom 3.7.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.11.1997 im tenorierten Umfang rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der Widerruf des Zuwendungsbescheides (Ziffer 1 des Bescheides vom 3.7.1997) ist rechtswidrig.

1.1. Allerdings folgt dies nicht schon daraus, dass der Widerruf nicht auf § 44 Abs. 4 der Vorläufigen Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen (Vorläufige Sächsische Haushaltsordnung - SäHO) gestützt werden kann. Rechtsgrundlage des Widerrufs ist vielmehr § 1 SächsVwVfG i.V.m. § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG. Danach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird. Diese Vorschrift wurde wie der gesamte Absatz 3 des § 49 VwVfG und § 49a VwVfG durch das am 21.5.1996 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung verwaltungsrechtlicher Vorschriften vom 2.5.1996 (BGBl. I S. 656) in das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes eingefügt und aufgrund der dynamischen Verweisung in § 1 SächsVwVfG unmittelbar auch im Freistaat Sachsen geltendes Recht. § 44 Abs. 4 bis 6 der Vorläufigen Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen (Vorläufige Sächsische Haushaltsordnung - SäHO) vom 19.12.1990, der den Widerruf von Zuwendungsbescheiden und deren Rückforderung regelt und auf den der Beklagte seine angefochtenen Bescheide gestützt hat, ist demgegenüber zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 3.11.1997 nicht mehr anwendbar gewesen. § 44 Abs. 4 bis 6 SäHO wurde zwar erst durch Art. 4 Erstes Gesetz zur Euro-bedingten Änderung des sächsischen Landesrechts vom 19.10.1998 (SächsGVBl. S 505) - ausdrücklich - aufgehoben, entgegen der Annahme in der Begründung des Gesetzentwurfes der Staatsregierung (vgl. LT - Drs. 2/9344 Begründung S. 6) war er jedoch bereits vorher nach dem lex-posterior-Prinzip durch das In-Kraft-Treten des §§ 49 Abs. 3, 49a VwVfG i.V.m. § 1 SächsVwVfG verdrängt worden. Diese Kollisionsregel greift unabhängig von einem darauf gerichteten besonderen Willensentschluss des Gesetzgebers ein, wenn ein und derselbe Sachverhalt von mehreren, zu verschiedenen Zeiten in Kraft getretenen Normen erfasst wird, deren Anwendung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.11.2001, BVerwGE 115, 231 m.w.N.). Diese Voraussetzung liegt vor. Von § 44 Abs. 4 bis 6 SäHO und §§ 49 Abs. 3, 49a VwVfG i.V.m. § 1 SächsVwVfG wird derselbe Sachverhalt geregelt, soweit es um den Widerruf von Zuwendungsbescheiden, deren Rückforderung und eventuelle Zinsansprüche geht. Dass §§ 49 Abs. 3, 49 a VwVfG nicht nur Zuwendungen i.S.v. § 44 Abs. 4 bis 6 SäHO erfasst, ändert daran nichts. Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass aus diesem Grund § 44 Abs. 4 bis 6 SäHO als die speziellere Vorschrift neben den allgemeineren Regelungen im Verwaltungsverfahrenrecht fortgilt. Denn die Einfügung der §§ 49 Abs. 3, 49a VwVfG hatte gerade den Zweck, insbesondere die Regelungen über die Erstattung fehlgeleisteter Zuwendungen aus dem Haushaltsrecht herauszulösen und in das allgemeine Verwaltungsrecht zu integrieren (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Drs. 13/1543 S. 5 ff), wie sich auch aus der zeitgleichen Aufhebung von § 44a BHO, der dem § 44 Abs. 4 bis 6 SäHO entspricht, durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften ergibt. Die Anwendung dieser Regelungen kann auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, weil die Zinssätze in § 44 Abs. 6 Satz 1 SäHO einerseits und § 49a Abs. 3 Satz 1 (Bundes-)VwVfG i.V.m. § 1 SächsVwVfG andererseits unterschiedlich hoch sind. Dass der Widerrufsbescheid - der Widerspruchsbescheid erwähnt überhaupt keine Rechtsgrundlage für den Widerruf - demgegenüber auf § 44 SäHO gestützt ist, hat jedoch keinen Einfluss auf seine Rechtmäßigkeit, denn durch den Austausch der Ermächtigungsgrundlage wird er nicht in seinem Wesen verändert, die ermessenslenkenden Gesichtspunkte unterscheiden sich nicht und die Klägerin wird in ihrer Rechtsverfolgung nicht beeinträchtigt.

1.2. Der Widerruf ist auch hinreichend bestimmt (§ 37 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 SächsVwVfG). Soweit der Zuwendungsbescheid "teilweise" widerrufen wird, lässt sich der gewollte Umfang noch hinreichend deutlich aus der nach Ziff. 3 desselben Bescheides zurückgeforderten Summe von 127.780,- DM sowie aus dem Gesamtzusammenhang der Begründung entnehmen. Danach soll der Klägerin erkennbar von den bereits erhaltenen Zuwendungen in Höhe von 150.000,- DM ein Betrag in Höhe von 127.780,- DM aberkannt und auch keine weiteren Leistungen mehr zuerkannt werden. Da der Klägerin insgesamt eine Zuwendung in Höhe von 247.050,- DM bewilligt worden war, von denen (247.050,- DM abzügl. 150.000,- DM =) 97.050,- DM noch nicht ausgezahlt sind, betrifft der Widerruf mithin einen Zuwendungsbetrag in Höhe von 224.830,- DM (97.050,- DM plus 127.780,- DM). Aus welchen Gründen der Widerruf erfolgt, insbesondere welche Maßnahmen im Sinne des Zuwendungsbescheides als nicht nachgewiesen angesehen werden, ist eine Frage der Rechtmäßigkeit des Widerrufs, nicht seiner Bestimmtheit. Der Widerruf ist auch insoweit hinreichend bestimmt, als ihm zu entnehmen ist, dass er mit Wirkung auch für die Vergangenheit, nicht nur für die Zukunft erfolgen soll. Dies wird zwar weder im Ausgangsbescheid vom 3.7.1997, noch im Widerspruchsbescheid vom 3.11.1997 ausdrücklich erwähnt, ergibt sich jedoch ebenfalls aus dem Umstand, dass der Klägerin in demselben Bescheid die Rückzahlung der in der Vergangenheit geleisteten Zuwendung aufgegeben wird. Allerdings hat der Senat zu der Frage, ob in einem Bescheid eine Baugenehmigung mit Wirkung für die Vergangenheit oder nur mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen wurde, ausgeführt, der verfolgte und allein mit einer Rücknahme auch für die Vergangenheit erreichbare Zweck entbinde die Behörde nicht davon, einem dahingehenden Willen hinreichend Ausdruck zu verleihen (Beschl. v. 18.9.2001 - 1 BS 147/01-). Anders als in dem diesem Beschluss zugrundeliegenden Sachverhalt fehlt es hier jedoch an Anhaltspunkten dafür, dass auch eine Aufhebung des ursprünglichen Bescheides nur für die Zukunft gemeint gewesen sein könnte. Vielmehr verhalten sich die angefochtenen Bescheide zu dieser Frage - mit Ausnahme des geltend gemachten Erstattungsanspruches - überhaupt nicht. Weitere Bedenken gegen die hinreichende Bestimmtheit des Widerrufs bestehen nicht. Soweit die Klägerin Bedenken gegen die Bestimmtheit des Zuwendungsbescheides geltend macht, berührt dies nicht die Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheides.

1.3. Dass vor dem Erlass des Widerrufsbescheides die nach § 1 SächsVwVfG i.V.m. § 28 (Bundes-)VwVfG gebotene Anhörung unterblieben ist, ist gem. § 1 SächsVwVfG i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ebenfalls unschädlich, weil die Widerspruchsbehörde, die auch Ausgangsbehörde war, das Vorbringen der Klägerin im Widerspruchsverfahren zur Kenntnis genommen hat.

1.4. Der Widerruf ist allerdings rechtswidrig, weil der Beklagte das ihm eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (§ 114 Satz 1 VwGO). Nach § 1 SächsVwVfG i.V.m. § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG stehen sowohl die Entscheidung, ob überhaupt widerrufen werden soll, als auch diejenige, ob mit Wirkung auch für die Vergangenheit widerrufen werden soll, im Ermessen der Behörde. Dieses Ermessen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dem sich der Senat anschließt, aufgrund der haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 Abs. 1 SäHO a.F. und n.F., § 6 Abs. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz) dahin intendiert, dass bei Verfehlung des mit der Gewährung von öffentlichen Zuschüssen verfolgten Zwecks im Regelfall das Ermessen nur durch eine Entscheidung für den Widerruf fehlerfrei ausgeübt werden kann; in einem solchen Regelfall bedarf es keiner weiteren und in der Begründung des Widerrufsbescheides dargelegten Abwägung des Für und Wider, weil sich das Ergebnis der Abwägung von selbst versteht (BVerwG, Urt. v. 16.6.1997, BVerwGE 105, 55). Daraus folgt zugleich, dass im Regelfall nur der Widerruf mit Wirkung für die Vergangenheit ermessensfehlerfrei ist und im Bescheid keiner Begründung bedarf. Auch im Falle des intendierten Ermessens verbleibt der Behörde jedoch ein Ermessensspielraum. Liegt ein Regelfall vor, ist zwar nur eine Entscheidung - der Widerruf für die Vergangenheit - rechtmäßig, gleichwohl wird die Entscheidung über den Widerruf und seine zeitliche Wirkung nicht zu einer gebunden Entscheidung, denn die Behörde ist im Falle eines atypischen Falles zur konkreten Abwägung der widerstreitenden Interessen verpflichtet. Daraus folgt, dass die entscheidende Behörde zumindest erkennen muss, dass ihr ein - wenn auch gelenkter - Ermessenspielraum zusteht, und sich nicht von vornherein zum Widerruf verpflichtet halten darf, wenn ihre Entscheidung nicht wegen Ermessensnichtsgebrauchs fehlerhaft sein soll. Vorliegend hat sich das entscheidende Regierungspräsidium jedoch - fehlerhaft - für gebunden gehalten und seinen Ermessenspielraum nicht erkannt. Dies ergibt sich aus der Formulierung auf Seite 4 des Widerrufsbescheides vom 3.7.1997, wo es heißt: "Ermessenspielraum zur Durchführung des obigen Gesetzes (d.h. § 44 Abs. 4 SäHO, sic) hat die Bewilligungsbehörde nicht." Eine Auslegung dieses Satzes, der in der weiteren Begründung des Ausgangsbescheides oder im Widerspruchsbescheid nicht relativiert wird, dahin, dass nur auf einen Mangel an Besonderheiten des Falles und auf die deshalb im Regelfall gebotene Entscheidung hingewiesen wird, ist nicht möglich.

Dahin stehen kann, ob der Beklagte den Widerruf, soweit es um eine Aufhebung des Zuwendungsbescheides für die Zukunft geht, auch auf § 49 Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 1 SächsVwVfG stützen könnte. Denn auch diese Ermächtigungsgrundlage setzt eine fehlerfreie Ermessensbetätigung voraus, an der es wie aufgezeigt fehlt.

2. Ziffer 3 Satz 1 des angefochtenen Bescheides ist indes nur teilweise rechtswidrig. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Rückzahlungsanspruches ist § 49a Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 SächsVwVfG. Danach sind - ohne dass der Behörde für den Erlass des Rückforderungsbescheides ein Ermessensspielraum zusteht (BVerwG, Beschl. v. 28.10.2002 - 3 B 152.02) - bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, wenn ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Diese Voraussetzungen liegen - teilweise - vor, wobei unerheblich ist, dass der - teilweise - Widerruf des Zuwendungsbescheides rechtswidrig ist. Denn der Zuwendungsbescheid vom 30.8.1996 stand unter der auch für die Vergangenheit wirkenden auflösenden Bedingung, dass die Zuwendung zweckentsprechend verwandt und dies innerhalb von sechs Monaten nachgewiesen wird (Nr. 5 Satz 1 1. Spiegelstrich des Bescheides). Diese Bedingung ist auch wirksam. Der Bescheid vom 30.8.1996 ist bestandskräftig geworden. Anhaltspunkte für seine Nichtigkeit liegen nicht vor.

Allerdings ist der hinsichtlich der bezuschussten Maßnahmen ohne weiteres teilbare Zuwendungsbescheid nur teilunwirksam geworden, weil die auflösende Bedingung sich nur teilweise realisiert hat. Die Klägerin hat - wie zwischen den Beteiligten unstrittig ist - die für die unter der laufenden Nummer 2 ("Maurerarbeiten zur Schließung oder Wiederherstellung von Mauerwerksöffnungen") und der laufenden Nummer 6 ("Steinmetz- und Steinrestaurierungsarbeiten") der Anlage 1 zum Zuwendungsbescheid vom 30.8.1996 bewilligten Mittel zweckentsprechend verwandt und diese Verwendung fristgerecht nachgewiesen. Gleiches gilt für die unter Nummer 3 der Anlage bezeichneten Maurerarbeiten betreffend die Reparatur und Sicherung der originalen Kellertonne und des Pflasters. Der Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, die von der Klägerin eingereichte Rechnung vom 28.11.1996 (Bl. 101 der Verwaltungsakte) anzuerkennen, nachdem Frau Dr. T. in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hatte, dass die Arbeiten nach der Besichtigung der Baustelle vorgenommen worden sein könnten. Schließlich ist auch von der zweckentsprechenden Verwendung und dem Nachweis der Mittelverwendung für die unter den laufenden Nummern 5 ("Putzarbeiten") und 9 (" Leistungen nach HOAI") der Anlage zum Zuwendungsbescheid bezeichneten Arbeiten auszugehen. Nach dem Schriftsatz des Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren vom 15.11.2001 war dies zwischen den Beteiligten unstrittig bis auf einen Betrag von 100,- DM in Bezug auf die Arbeiten der laufenden Nummer 5 und einem Betrag in Höhe von 10,- DM in Bezug auf die Arbeiten der laufenden Nummer 9, wobei es sich bei diesen Differenzbeträgen nach Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat um Schreibversehen oder Rundungsfehler handeln könnte. Da eine sachliche Begründung für die nur teilweise Anerkennung der Mittelverwendung nicht ersichtlich ist oder von dem Beklagten behauptet wird, hat der Senat keine Bedenken, insoweit von der ordnungsgemäßen Verwendung und einem hinreichenden Nachweis hierfür auszugehen.

Weitere Zuwendungen stehen der Klägerin jedoch nicht zu, weil sie die übrigen bezuschussten Maßnahmen nicht durchgeführt hat bzw. durchführen ließ und deshalb der Anspruch wegen Eintritts der auflösenden Bedingung entfallen ist. Dies ergibt sich im Einzelnen aus Folgendem:

Nach der Anlage 1 zum Zuwendungsbescheid war eine Zuwendung in Höhe von 72.200,- DM für "Maurerarbeiten (vorbereitende Maßnahmen) für denkmalsbedingte Mehraufwendungen, wenn diese Arbeiten ausschließlich oder überwiegend der Erhaltung der historischen Substanz dienen und auf Verlangen des Landesdenkmalamtes durchgeführt werden, ..." zu verwenden. Dies ist nicht geschehen. Dabei lässt der Senat offen, ob die erfolgten vorbereitenden Maßnahmen, wie z.B. die Errichtung des Absteifungsgerüstes, der ausschließlichen oder überwiegenden Erhaltung der historischen Substanz "dienten", weil im Zeitpunkt ihrer Vornahme von einer ausschließlichen oder überwiegenden Substanzerhaltung noch ausgegangen und diese erst im Nachherein aufgegeben wurde. Denn jedenfalls sind die erfolgten vorbereitenden Maßnahmen nicht "auf Verlangen des Landesdenkmalamtes" durchgeführt worden. Wie Frau Dr. T. vom Landesamt für Denkmalpflege und Herr K. , der damals beauftragte Architekt, in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt haben, hat es nach dem Erlass des Zuwendungsbescheides irgendwelche Absprachen oder ein einseitiges Verlangen des Landesdenkmalamtes in Bezug auf die konkret vorzunehmenden Vorbereitungsarbeiten nicht gegeben; vielmehr wurden diese Arbeiten allein von dem Architekten der Klägerin veranlasst und ihrer Art und Weise nach festgelegt. Dies entspricht der Vorgabe der Durchführung "auf Verlangen des Landesdenkmalamtes" nicht. Diese Voraussetzung ist auch nicht deshalb erfüllt, weil Mitarbeiterinnen des Landesamtes für Denkmalpflege und der unteren Denkmalbehörde in Gesprächen mit dem Architekten der Klägerin vor Erlass des Zuwendungsbescheides auf die Notwendigkeit solcher vorbereitenden Arbeiten hingewiesen hatten. Nachdem bereits in der Anlage zur Baugenehmigung darauf hingewiesen worden war, dass die dort bezeichneten vorbereitenden Baumaßnahmen "unter Anleitung durch die Denkmalbehörden oder den Restaurator" vorzunehmen sind, durfte und konnte die Klägerin als Adressat des Zuwendungsbescheides die Formulierung unter Nr. 1 der Anlage zum Zuwendungsbescheid nur dahin verstehen, dass die bezeichneten Arbeiten nach konkreter Anweisung der Denkmalbehörden vorzunehmen waren. Daran hat es indessen gefehlt.

Die Klägerin hat auch die mit 143.050,- DM geförderten "Zimmerer- und Holzbauarbeiten zur Reparatur und Instandsetzung eines historischen Dachstuhles und anderer konstruktiver Holztragwerke (EG bis DG) in ursprünglicher Konstruktionsweise nach traditioneller Reparatur-, Handwerks- und Holzbearbeitungstechnik sowie in traditionellem Abbund ..." (laufende Nr. 4 der Anlage) nicht durchgeführt oder durchführen lassen. Hierzu hat der Zeuge K. insoweit in Übereinstimmung mit Frau Dr. T. angegeben, dass die ursprüngliche Konstruktionsweise des Dachstuhles gerade nicht - auch nicht unter Berücksichtigung der neu eingebauten Teile - erhalten geblieben sei. Ob ein vollständiger Nachbau des alten Dachstuhles mit ausschließlich oder überwiegend neuen Materialien den Vorgaben des Zuwendungsbescheides unter Nr. 4 der Anlage entsprochen hätte, kann der Senat deshalb offen lassen. Auch die übrigen konstruktiven Holztragwerke sind von der Klägerin nicht repariert und instandgesetzt worden, wie sich aus den glaubhaften Angaben des Frau Dr. T. ergibt, zu denen sich aus der Aussage des Architekten K. nichts anderes ergeben hat und die durch die zwei von Frau Dr. T. überreichten Photographien, die den Dachstuhl und eine Zimmerdecke zeigen, bestätigt werden.

Die unter der laufenden Nr. 7 der Anlage bezeichneten Naturstein- und Verlegearbeiten hat die Klägerin ebenfalls nicht ausgeführt. Hierzu hat der Zeuge K. vielmehr erklärt, dass die Stufen erneuert, mithin gerade nicht originalgetreu erhalten worden seien. Schließlich ist nach den Aussagen der Frau Dr. T. und des Herrn K. davon auszugehen, dass Fenster eingebaut wurden, die nicht den Vorgaben unter Nr. 8 der Anlage zum Zuwendungsbescheid entsprechen. Beide haben übereinstimmend erklärt, dass einflügelige Fenster eingebaut wurden. Dies entspricht nach der glaubhaften Aussage der Frau Dr. T. nicht dem historischen Vorbild von mehrflügeligen Fenstern. Anlass dafür, von einer Zustimmung der Denkmalbehörden zum Einbau dieser einflügeligen Fenster auszugehen, bestand für die Klägerin nicht, insbesondere auch nicht nach der Baubesichtigung von Frau Dr. T. am 20.2.1997, bei der über das ausgestellte Musterfenster auch nach Angaben von Herrn K. überhaupt nicht gesprochen wurde.

Damit hat die Klägerin aufgrund des Zuwendungsbescheides insgesamt lediglich einen Anspruch auf Zuwendungen in Höhe von 28.600,- DM (= 6.250,- + 8.650,- + 3.600,- + 8.950,- DM). Da sie insgesamt bereits Zuwendungen in Höhe von 150.000,- DM erhalten hatte, ist sie mithin zur Rückzahlung von 121.4000,- DM verpflichtet. Der Rückforderungsbescheid des Regierungspräsidiums in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist deshalb auf diesen Betrag zu begrenzen.

3. Rechtswidrig ist schließlich auch die in Ziffer 3 Satz 2 des Widerrufsbescheides geforderte Verzinsung des Rückzahlungsbetrages in Höhe des Lombardsatzes. Nach dem allein anwendbaren (s.o.) § 1 SächsVwVfG i.V.m. § 49a Abs. 3 Satz 1 VwVfG in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides geltenden Fassung der letzten Änderung durch Art. 1 des Gesetzes vom 12.9.1996 (BGBl. I S. 1354) war der zu erstattende Betrag mit 3 v.H. über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Die Klägerin wird indessen durch die rechtswidrige Zugrundelegung der außer Kraft getretenen Vorschrift nicht in ihren Rechten verletzt. Im maßgeblichen Zeitraum betrug der Lombardsatz 4,5 %, der Diskontsatz 2,5 %. Bei Anwendung der geltenden Vorschrift müsste die Klägerin mithin höhere Zinsen entrichten.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wobei der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin hinsichtlich eines geringen Teils vom Rückforderungsbetrag und hinsichtlich des Widerrufs des Zuwendungsbescheides vollumfänglich obsiegt, die Aufhebung des Widerrufes jedoch wirtschaftlich betrachtet kaum von Bedeutung ist. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Klägerin ist nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 22. April 2002 für beide Rechtszüge auf jeweils 114.953,75 € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 2 GKG. Dabei geht der Senat davon aus, dass der Widerruf des Zuwendungsbescheids und die Rückzahlungsforderung wirtschaftlich identisch sind, soweit es diesselben Beträge betrifft, und die für sie jeweils anzusetzenden Streitwerte deshalb nicht nach § 5 ZPO entspr. zu addieren sind. Da hier der Widerruf jedoch nicht nur die zurückgeforderte Summe betrifft, ist der - höhere - Betrag der widerrufenen Zuwendung zugrundezulegen. Dies sind 224.830,- DM (= 114.953,75 €). Die geforderten Zinsen bleiben nach § 22 Abs. 1 GKG unberücksichtigt.

Die Änderung des Streitwertbeschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz erfolgt nach § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG von Amts wegen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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