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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 11.11.2005
Aktenzeichen: 1 D 23/03
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB a.F. § 1 Abs. 6
BauGB a.F. § 2 Abs. 1
BauGB a.F. § 3 Abs. 2 und 3
BauGB a.F. § 8
BauGB a.F. § 10 Abs. 1 und 2
BauGB a.F. § 12
BauGB a.F. § 33 Abs. 1
1. Auch bei einer Straßenlänge von ca. 3 km kann die Benennung einer (im Stadtgebiet gelegenen) Straße, des Planvorhabens (hier: "Lebensmittelmarkt") und der Nummern der betroffenen Flurstücke das Plangebiet ausreichend kennzeichnen und damit der Anstoßfunktion des § 3 Abs. 2 BauGB genügen.

2. Die Verlagerung der Bewältigung eines durch ein Planvorhaben ausgelösten Konfliktes (hier: Schallimmissionen) vom Planverfahren in ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren ist abwägungsfehlerhaft, wenn der Gemeinderat über die bereits vorab nach § 33 Abs. 1 BauGB erfolgte Erteilung der Baugenehmigung nicht informiert war.

3. Die Verlagerung der Bewältigung eines Konfliktes (hier: Schallimmissionen) in das dem Planverfahren nachfolgende Baugenehmigungsverfahren ist abwägungsfehlerhaft, wenn dem Gemeinderat bereits erstellte und bei der Baugenehmigungsbehörde eingereichte Gutachten (hier: zum Schallschutz) bei Beschlussfassung nicht vorlagen.

4. Nach Beschlussfassung des Gemeinderates vorgenommene Änderungen des Entwurfs eines Bebauungsplanes, die inhaltlich in den Bereich der planerischen Willensbildung des Gemeinderates eingreifen, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit eines Beitrittsbeschlusses. Dies gilt auch für Änderungen, die von der Genehmigungsbehörde als rein klarstellend und redaktionell bezeichnet wurden.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes

Normenkontroll-Urteil

In dem Normenkontrollverfahren

wwege Nichtigkeit des Bebauungsplanes Nr. 007 "Lebensmittelmarkt an der Neundorfer Straße"

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Reich, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und den Richter am Verwaltungsgericht Müller, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schaffarzik am 11. November 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Der am 12. Juni 2003 beschlossene Bebauungsplan Nr. 007 "Lebensmittelmarkt an der Neundorfer Straße" der Antragsgegnerin wird in der am 2. Oktober 2003 veröffentlichten Fassung für unwirksam erklärt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 007 "Lebensmittelmarkt an der Neundorfer Straße" der Antragsgegnerin.

Er ist Eigentümer des mit einem vermieteten Wohnhaus bebauten Flurstücks Nr. F1 der Gemarkung Plauen (M. straße N2). Für die sich nordwestlich im Abstand von maximal 15 m anschließenden, durch die M. straße vom Flurstück des Antragstellers getrennten Flurstücke Nr. F2 sowie F3 (G. straße N1 - M. straße N3 , Neundorfer Str. N4) stellte die Antragsgegnerin den angegriffenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan auf, der die Errichtung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs mit mehr als 70 Stellplätzen ermöglichen soll. Der Bebauungsplan umfasst eine nahezu rechteckige Gesamtfläche von ca. 4.060 m², die südwestlich durch die G. straße, südöstlich durch die nahezu durchgehend geschlossen bebaute M. straße, und nordöstlich durch die Neundorfer Straße begrenzt wird. Auf der Fläche wird seit dem 4.12.2003 ein -Markt betrieben. Für das Plangebiet besteht ein Flächennutzungsplanentwurf, in dem es als Mischgebiet ausgewiesen ist.

Dem Bebauungsplan liegt folgendes Verfahren zu Grunde:

Am 21.11.2002 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Am 10.12.2002 wurde der Aufstellungsbeschluss und die Auslegung des Planentwurfs ab dem 16.12.2002 in den Amtlichen Mitteilungen der Antragsgegnerin bekannt gemacht. Vom 16.12.2002 bis 17.1.2003 erfolgte eine frühzeitige Bürgerbeteiligung. Mit Schreiben vom 21.2.2003 wurden die Träger öffentlicher Belange beteiligt. Am 7.3.2003 wurde die öffentliche Auslegung des Planentwurfs bekannt gemacht, die vom 17.3.2003 bis 17.4.2003 erfolgte. Die Auslegung erfolgte hinsichtlich der beigefügten Darstellungen der Gebäudeansichten dergestalt, dass vom 17.3.2003 bis 17.4.2003 eine Darstellung der Gebäudeansichten ohne Fassadenbegrünung und vom 25.3.2003 bis 17.4.2003 - "zusätzlich" - eine abweichende Darstellung der Gebäudeansichten mit Fassadenbegrünung und weiteren Abänderungen (darunter Veränderungen der Anordnung von Fenstern und Türen, der Ausgestaltung der Firmenkennzeichnung und des Anlieferungsbereichs, graue Darstellung eines Hausgiebels im Vorhabenhintergrund) ausgelegt war.

Der Planentwurf enthält die zeichnerische Festlegung einer eingeschossigen Bauweise und unter der Überschrift "I.III Textliche Festsetzungen nach § 9 und § 12 BauGB sowie § 83 SächsBO" - auszugsweise - folgende textliche Festsetzungen:

1. Bauplanerische Festsetzungen

1.1 Vorhaben - Lebensmittelmarkt (§ 12 Abs. 3 BauGB)

1.1.1 Größe - ca. 1450 m² Gebäudenutzfläche - ca. 1130 m² Verkaufsfläche

1.1.2 Sortiment - Vollsortiment Lebensmittel

1.2 Maß der baulichen Nutzung

1.2.1 Die Obergrenze der Grundflächenzahl wird auf 0,9 festgesetzt.

1.2.2 Die Obergrenze der Geschossflächenzahl wird auf 0,5 festgesetzt.

1.3.2 Außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen können Nebenanlagen gemäß § 14 BauNVO sowie Garagen und Stellplätze gemäß § 12 BauNVO, soweit dem anderes Recht nicht entgegensteht, errichtet werden.

1.4 Die Aufteilung der Verkehrsflächen ist nicht verbindlich.

4. Sonstige Festsetzungen

Bestandteil der Planzeichung ist die Darstellung der Gebäudeansichten.

Nach der vorgelegten Entwurfsbegründung ist das Plangebiet, das sich in unmittelbarer Nähe des Stadtzentrums befinde, im vorhandenen Flächennutzungsplanentwurf als Mischgebiet dargestellt. Das Gebiet sei eine Brachfläche, die früher mit einer - inzwischen abgerissenen - Tankstelle bebaut gewesen sei und auf der derzeit noch ein mehrgeschossiges Wohnhaus stehe, dessen Abriss bereits genehmigt sei. Im Einzugsgebiet des geplanten Marktes lebten ca. 18.000 Einwohner, nahezu 26 % der Stadtbevölkerung. Bislang erfolge deren Versorgung lediglich durch einen " " und zwei Discountmärkte mit geringerer Sortimentpalette (durchschnittliche Artikelanzahl bei 1.200 statt bei 5.000 - 6.000 Artikeln eines Vollsortiments, Ergänzungsbedarf ohne volles Frischwarensortiment). Die gegenwärtige Versorgung sei bei einem Orientierungswert von 1,0 m² Verkaufsraum je Einwohner mit nur 0,22 m² im Einzugsbereich des Planvorhabens völlig unzureichend. Das Umfeld der Neundorfer Straße besitze mit einer Vielzahl an Einzelhandelsgeschäften, Gastronomie, gewerblichen und Verwaltungseinrichtungen ein gutes Entwicklungspotenzial. Nach Anwohnerbefragungen werde eine Verbesserung der Versorgung begrüßt. Geplant sei ein Lebensmittelmarkt mit Vollsortiment, der nach seinem Sortimentsprofil eine Mindestverkaufsraumfläche von 1.200 m² erfordere, die am Vorhabenstandort unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Umfeldgestaltung auf 1.130 m² zu reduzieren sei. Das geplante Vorhaben erzeuge eine große Magnetwirkung und schließe eine unansehnliche Freifläche. Für die Kunden seien insgesamt 70 PKW-Parkplätze mit Zufahrt über die Neundorfer Straße vorgesehen, zu deren Befestigung wasserdurchlässige Materialien zu verwenden seien.

Das Maß der baulichen Nutzung regele sich nach §§ 17 bis 19 BauNVO. Die Obergrenze der Geschossflächenzahl werde auf 0,5 festgesetzt. Die Obergrenze der Grundflächenzahl werde aufgrund der notwendigen Marktgröße und Stellplatzanzahl nach § 19 Abs. 4 BauNVO abweichend von § 17 BauNVO auf 0,9 festgesetzt. Von der in die Planung einbezogenen Grundstücksfläche betrage die Gebäudenutzfläche 1.450 m² (Verkaufsfläche von 1.130 m² plus Lager-/Funktionsflächen von 320 m²), der Rest entfalle auf Parkplatz- und Freiflächen. Die überbaubaren Grundstücksflächen würden mittels im Planteil ausgewiesener Baugrenzen festgesetzt. Außerhalb könnten - soweit dem anderes Recht nicht entgegenstehe - Nebenanlagen gemäß § 12 BauNVO errichtet werden. Die Verkehrsanbindung erfolge hinsichtlich der Belieferung über die T. - und G. straße, die Zu- und Abfahrt der Kundenfahrzeuge über die Neundorfer Straße.

Mit Stellungnahme vom 26.3.2003 befürwortete die IHK das Planvorhaben unter Hinweis auf die in der Innenstadt vorhandene Unterversorgung.

Mit Stellungnahme vom 26.3.2003 teilte das Regierungspräsidium Chemnitz u.a. mit, dass das Vorhaben grundsätzlich nicht mit landesplanerischen Zielen kollidiere. Allerdings solle die Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben nach Ziel III 5.5.5 des Landesentwicklungsplanes keine nachteiligen Wirkungen auf das städtebauliche Gefüge auslösen.

Mit Stellungnahme vom 28.3.2003 teilte das Staatliche Umweltfachamt - StUFA - Plauen mit, dass gegen den Bebauungsplan Bedenken bestünden, da die Belange des Immissionsschutzes im Textteil des Planentwurfs nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Es sei dem Grundsatz der Vorsorge vor schädlichen Umwelteinwirkungen und dem Gebot der Konfliktbewältigung Rechnung zu tragen. Das geplante Vorhaben unterliege den Anforderungen der §§ 22 ff. BImSchG. Es sei von schutzbedürftiger Wohnbebauung umgeben. Für den Vorhabenstandort und dessen Umgebung sei von der Schutzbedürftigkeit nach den Anforderungen eines Mischgebiets auszugehen. Die angrenzenden Quartiere würden insbesondere durch Wohnen und Einzelhandel genutzt. Überschlägig berechnet seien keine Überschreitungen des Immissionsrichtwertes und Spitzenpegels zu erwarten, jedoch für Anlieferungen für bestimmte Standorte tags je nach Art und Häufigkeit nicht auszuschließen und nachts gegeben. Anlieferungen könnten daher nur tagsüber mit Einschränkungen erfolgen. Eine Immissionsprognose werde empfohlen. Im Bereich des unmittelbar angrenzenden Wohnhauses G. straße N5 seien keine geräuschintensiven haustechnischen Anlagen zu planen.

Mit Datum vom 28.4.2003 erstellte das Ingenieurbüro N. ein schalltechnisches Gutachten zur prognostischen Ermittlung der Immissionen im Wohnumfeld des geplanten Marktes nach Ziffer A 2.4 der TA-Lärm 1998, das den Behörden der Antragsgegnerin ausweislich des Eingangsstempels am 6.5.2003 vorlag. Nach dem Gutachten ist die lärmspezifische Vorbelastung der Umgebung durch die stark befahrene Hauptverkehrsstraße Neundorfer Straße mit Straßenbahn und Großkopfsteinpflaster sowie die Nutzung der Nebenstraßen M. straße- und G. straße als innerstädtischer Parkraum entsprechend hoch. Als weitere wesentliche Geräuschquellen kämen Kundenfahrzeuge, Einkaufswagen, Anlieferungsvorgänge und Gebäudetechnik (Lüftungs-, Heizungs- und Kühltechnik) in Betracht. Für die Einhaltung der nächtlichen Immissionsrichtwerte an den etwa 13 - 15 m entfernten Fenstern der Wohnbebauung der M. straße dürften die Schallleistungspegel der Lüftungsöffnungen 60 dB(A) nicht überschreiten. Nach Messungen an den maßgeblichen Immissionsorten (MIO) 1 bis 4 würden die Richtwerte durchgängig unterschritten. Allerdings werde bei der angestellten überschlägigen Prognose eine "5-Dezibel-Sicherung" gemäß Punkt A 2.4.2 der TA-Lärm 1998 am MIO 1 (auf dem nördlichen Parkplatzbereich des Vorhabens) tagsüber wegen des sehr geringen Abstandes der Wohnbebauung zu den PKW-Stellplätzen bei Vollauslastung nicht ganz erreicht. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass PKW-Emissionen gegenüber der fast 10 Jahre alten Berechnungsgrundlage ständig geringer geworden seien und die Immissionen gegenüber den wesentlich höheren Verkehrsgeräuschen der Neundorfer Straße kaum ins Gewicht fallen dürften.

Am 16.5.2003 stellte das StUFA in einer gutachterlichen Stellungnahme im parallel laufenden Baugenehmigungsverfahren unter Verwertung der Prognose vom 28.4.2003 Schallschutzforderungen insbesondere dahin auf, dass eine nächtliche Anlieferung und Parkplatzbenutzung unterbunden werde, die Laderampe des Marktes eingehaust werde, Kälteaggregate und Lüftungseinrichtungen schallgedämmt zu errichten seien und Geräuschimmissionen aus dem Betrieb des Marktes einschließlich des anlagenbezogenen Fahrverkehrs an der umgebenden Wohnbebauung die Richtwerte von 60 dB(A) tags (von 6.00 bis 22.00 Uhr) sowie 45 dB(A) nachts nicht überschreiten dürfe.

Am 20.5.2003 schloss die Antragsgegnerin mit der Beigeladenen einen Durchführungsvertrag zum Vorhaben- und Erschließungsplan, dessen Anlage 1 das Vorhabengebiet bestimmt.

Am 21.5.2003 stellte der Fachbereich Umwelt und Bauordnung der Antragsgegnerin Schallschutzforderungen entsprechend den Anforderungen des StUFA vom 16.5.2003 auf.

Bereits am 22.5.2003 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Baugenehmigung für das Vorhaben unter Beifügung von Bedingungen und Auflagen. Nach Absatz 3 der Bedingungen hat der Bauherr vor Baubeginn die Festsetzungen des in Aufstellung befindlichen vorhabenbezogenen Bebauungsplanes anzuerkennen. Bestandteil der Auflagen ist, dass die Forderungen des Fachbereichs Umwelt und Bauordnung der Antragsgegnerin vom 21.5.2003 zu erfüllen sind. Gegen die Baugenehmigung hat der Antragsteller einen bisher nicht beschiedenen Widerspruch eingelegt.

Am 12.6.2003 beschloss der Stadtrat den Bebauungsplan als Satzung. Bezüglich der Anregungen des StUFA Plauen (Beteiligung - Lfd. Pkt. 2), für den Bereich der Anlieferung eine Immissionsprognose zu erstellen und zur Vermeidung von Konflikten mit dem unmittelbar angrenzenden Wohnhaus G. straße N5 geräuschintensive haustechnische Anlagen nicht in diesem Bereich zu planen, solle im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens eine Immissionsprognose vorgelegt werden. Die einzuhaltenden Richtwerte ergäben sich entsprechend der Obergrenzen für Mischgebiete von 60 dB/A tags und 45 dB/A nachts. Haustechnische Anlagen seien so zu planen, dass Beeinträchtigungen für das Wohnhaus G. N5 ausgeschlossen würden; die Prüfung erfolge im Baugenehmigungsverfahren. Zu den Anregungen des Regionalen Planungsverbandes Südwestsachsen, eine Reduzierung der Stellplatzanzahl zu prüfen und Konflikte mit der umgebenden Wohnbebauung durch erhöhtes Verkehrsaufkommen auszuschließen (Beteiligung - Lfd. Pkt. 2), wird auf eine "im Rahmen der Baugenehmigung" vorzulegende Immissionsprognose verwiesen. Gleiches gilt für die Forderung des BUND (Beteiligung - Lfd. Pkt. 19 d), zum Schutz der umgebenden Wohnbebauung eine Schallimmissionsprognose zu erstellen. Zum weiteren Einwand des BUND, es seien zwei verschiedene "Beipläne" ausgelegt worden und wegen dieses Formfehlers eine weitere Auslegung erforderlich (Beteiligung - Lfd. Pkt. 19 d), nahm der Stadtrat dahin Stellung, dass im Verlauf des Planungsfortgangs Verbesserungen an der Farbgebung und Begrünung der Fassade vorgenommen worden seien. Diese berührten Art und Maß der Nutzung, den Plangeltungsbereich, die Grundzüge der Planung und die städtebauliche Konzeption nicht. Eine weitere Auslegung sei daher nicht erforderlich. Der Satzungsbeschluss wurde am 7.3.2003 veröffentlicht.

Mit Bescheid vom 28.8.2003 erteilte das Regierungspräsidium Chemnitz auf den Antrag der Antragsgegnerin die Genehmigung zum Bebauungsplan mit Auflagen, die "redaktionell zu erfüllen" seien. Nach Auflage Nr. 2.1. des Bescheides ist die textliche Festsetzung unter "4. Sonstige Festsetzungen", dass die dargestellten Gebäudeansichten Bestandteil der Planzeichnung sind, zu tilgen, da die Ansichten nicht vermaßt seien. Daraufhin wurde am 9.9.2003 der Bebauungsplan in seinen textlichen Festsetzungen unter Beifügung eines handschriftlichen Vermerks mit Datum vom 9.9.2003 geändert. Unter "4. Sonstige Festsetzungen" wurde die Festsetzung gestrichen, dass Bestandteil der Planzeichnung auch die Darstellung der Gebäudeansichten sei. In dieser Fassung wurde der Plan am 11.9.2003 ausgefertigt. Im Amtsblatt der Antragsgegnerin wurde am 2.10.2003 die Genehmigung des Bebauungsplans durch das Regierungspräsidium Chemnitz bekannt gemacht und auf das In-Kraft-Treten des Bebauungsplans mit dem Tage der Bekanntmachung hingewiesen.

Am 3.11.2003 stellte der Antragsteller seinen Normenkontrollantrag. Er sei bei der geplanten Bauvorhabenhöhe im Hinblick auf Belüftung und Besonnung sowie durch die erheblichen Immissionsbelästigungen aus dem Zu- und Abfahrtverkehr zu den Stellplätzen antragsbefugt.

Der Bebauungsplan sei verfahrensfehlerhaft nach seiner Auslegung und dem Satzungsbeschluss des Stadtrats vom 12.6.2003 eigenmächtig durch das Bauamt abgeändert worden. Der Bebauungsplan, dessen ursprüngliche Fassung auf Grund der Höhe des Bauvorhabens noch eine Überschreitung der Abstandsflächen vorgesehen habe, sei daher in seiner letzten Fassung nicht, wie erforderlich, durch den Stadtrat beschlossen worden. Zugleich sei ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 3 Abs. 2 BauGB über die Bürgerbeteiligung gegeben, der nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlich sei. Des Weiteren entfalte die Bezeichnung des Bebauungsplans in der Auslegungsmitteilung nicht die nach § 3 Abs. 2 BauGB erforderliche Anstoßwirkung. In der Bezeichnung "Vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 007" fehle ein Hinweis darauf, ob es sich um einen Bebauungsplan gemäß § 12 BauGB, dessen Festsetzungen teilweise von den allgemeinen gesetzlichen Vorgaben abweichen dürften, oder einen sonstigen Bebauungsplan handele. Außerdem sei die Bezeichnung des Geltungsbereichs mit dem Zusatz "Lebensmittelmarkt an der Neundorfer Straße" nicht ausreichend. Die Straßenbezeichnung decke sich nicht einmal ansatzweise mit dem Bauplanungsgebiet. Bei der Neundorfer Straße handele es sich um eine der Hauptverkehrsstraßen der Antragsgegnerin, die über eine Länge von ca. 3 km vom Stadtteil Neundorf bis in die Stadtmitte verlaufe. Zumindest das Flurstück Nr. F3 liege überhaupt nicht an der Neundorfer Straße. Insgesamt solle lediglich die Zu- und Abfahrt des Lebensmittelmarktes an diese Straße angrenzen. Den Bewohnern sei das Areal lediglich unter dem Namen M. straße bzw. G. straße ein Begriff. Auch seien die auszulegenden Unterlagen nicht an dem in der Bekanntmachung bezeichneten Ort vollständig, griffbereit und als zusammengehörig erkennbar öffentlich zugänglich gewesen. Entgegen § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB habe die Antragsgegnerin auch keinen Hinweis in die Bekanntmachung aufgenommen, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden solle. Die Antragsgegnerin habe eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c UPVG nicht vorgenommen. Der Bebauungsplan verstoße auch gegen das Entwicklungsgebot gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Ein Flächennutzungsplan existiere nicht. Der Bebauungsplan enthalte außerdem unzulässige bzw. widersprüchliche Festsetzungen. Während unter "I. Festsetzungen" bestimmt sei, dass die Baunutzungsverordnung Anwendung finden solle, werde das Vorhaben unter "III. Textliche Festsetzungen" lediglich als Lebensmittelmarkt beschrieben. Ein derartiges Plangebiet sehe die Baunutzungsverordnung indes nicht vor. Weiter überschreite die Obergrenze der Grundflächenzahl von 0,9 die nach Maßgabe des § 19 BauNVO zulässige Obergrenze von höchstens 0,8, die nicht durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan ausgehebelt werden könne. Dies führe zur Nichtigkeit des Bebauungsplans. Rechtswidrig sei auch die unter III. 1.4 getroffene Festsetzung, nach der die Aufteilung und Gestaltung der Verkehrsflächen nicht verbindlich sei. Darüber hinaus sei die nach § 1 Abs. 6 BauGB erforderliche Abwägung fehlerhaft. Der Stadtrat habe sich nicht ernsthaft mit der eingeholten Lärmprognose befasst und die Belange des Immissionsschutzes als allgemeine Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse i.S.d. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB nicht hinreichend berücksichtigt. Aus seinem Sitzungsprotokoll ergebe sich nicht, dass die Ergebnisse der Lärmprognose überhaupt in die Abwägung eingeflossen seien. Zum Ergebnis der Abwägung - Stand 5.5.2003 - sei zu der zu erwartenden Lärmbelästigung lediglich ausgeführt, dass im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens eine Immissionsprognose unter Beachtung der Vorbelastung vorgelegt werde. Bei der Beschlussfassung seien das Lärmgutachten und die zu befürchtende Lärmentwicklung insbesondere durch die geplanten Stellplätze nicht behandelt worden.

Der Antragsteller beantragt,

den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 007 "Lebensmittelmarkt an der Neundorfer Straße" der Antragsgegnerin, ausgefertigt am 11. September 2003, für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie bezweifelt die Antragsbefugnis des Antragstellers als Eigentümer eines nicht im Plangebiet liegenden Grundstücks. Es liege keine eigenmächtige Änderung des Bebauungsplans vor, der auch nicht erneut habe ausgelegt werden müssen. Die vom Regierungspräsidium Chemnitz der Plangenehmigung beigefügten Auflagen stellten bloße Klarstellungen des von der Antragsgegnerin als Plangeberin Gewollten dar. Die lediglich redaktionelle Auflage Nr. 2.1. sei damit begründet, dass die Gebäudeansichten nicht vermaßt gewesen seien. Sie berühre nicht die Grundzüge der Planung. Aufgrund dessen habe die Antragsgegnerin auch keine Festsetzungen zur Höhe der baulichen Anlagen getroffen. Eine erneute Auslegung und Bürgerbeteiligung wäre eine bloße Förmlichkeit gewesen. Auch ein Beitrittsbeschluss des Stadtrates sei entbehrlich gewesen. Der Bebauungsplan sei auch nicht unter Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 3 Abs. 2 BauGB zustande gekommen. Die Anstoßwirkung sei mit der nicht irreführenden und hinreichend bestimmten Angabe einer Nummer, einer geografischen Bezeichnung und der Flurstücksnummern genügt. Das Plangebiet besitze mit der Bezeichnung "Lebensmittelmarkt an der Neundorfer Straße" einen Namen, der in Verbindung mit den Flurstücksangaben zur schlagwortartigen Kennzeichnung des Plangebietes geeignet sei. Über seine Unterversorgung werde in der Bürgerschaft schon seit längerer Zeit diskutiert. Die Neundorfer Straße habe als Hauptverkehrsader und Straßenbahnlinie einen sehr hohen Bekanntheitsgrad. Die M. - und G. straße seien demgegenüber Straßen von untergeordneter Bedeutung und selbst Einheimischen keine allzu geläufigen Begriffe. Die Bekanntmachung habe Ort und Zeit der Auslegungsfrist erkennen lassen. Die vollständigen Unterlagen seien während der gesamten Zeitspanne ausgelegt gewesen. Der Antragsteller bleibe für seine gegenteiligen Behauptungen jeglichen Nachweis schuldig. Dass die Antragsgegnerin den erforderlichen Hinweis gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BauGB zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterlassen habe, sei gem. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB a.F. unbeachtlich. Bei Inkraftsetzung des Bebauungsplanes habe die Antragsgegnerin auch nach § 215 Abs. 2 BauGB auf die Unbeachtlichkeit hingewiesen. Eine allgemeine Vorprüfung nach § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG sei vorgenommen worden. Nach überschlägiger Prüfung der in Anlage 2 zum UVPG enthaltenen Kriterien seien auf Grund der Innenbereichslage, der vergleichsweise geringen Ausmaße und der minimalen Überschreitung des unteren Prüfwertes für die Vorprüfung keine nachteiligen Umwelteinwirkungen zu erwarten gewesen. Das gelte auch für den Stellplatzverkehr. Die Schallimmissionsprognose vom 28.4.2003 belege, dass für die vorhandene Wohnbebauung der näheren Umgebung keine erheblichen nachteiligen Umwelteinwirkungen entstünden. Daher sei im Übrigen selbst ein Unterbleiben der Vorprüfung gem. § 214 Abs. 1a Satz 1 BauGB unbeachtlich. Ein Verstoß gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 BauGB sei nicht gegeben. Der bei der Antragsgegnerin vorliegende Entwurf eines Flächennutzungsplans sehe für das Plangebiet eine Mischgebietsnutzung vor. Das am Standort geplante Vorhaben stehe im Einklang mit der Grundkonzeption des Flächennutzungsplans und einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Der Bebauungsplan enthalte keine unzulässigen oder widersprüchlichen Festsetzungen. Der einschlägige § 12 BauGB enthalte keine Vorgaben über die Form und den Inhalt der Planfestsetzungen. Es bestehe nach § 12 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz BauGB keine formale Bindung an den Katalog des § 9 BauGB oder Regelungen entsprechend der BauNVO. Die Art der baulichen Nutzung werde mit der Bezeichnung "Lebensmittelmarkt" eindeutig in einer der Planklarheit entsprechenden Weise beschrieben. Die Festsetzung der Obergrenze der Grundflächenzahl sei auf der Grundlage des § 17 Abs. 2 BauNVO erfolgt, nach dessen Maßgabe die Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO überschritten werden könnten. Die Überschreitung ergebe sich aus der notwendigen Anzahl der Stellplätze. Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan müsse auch nicht die Voraussetzungen eines qualifizierten Bebauungsplans erfüllen. Er setze die grundsätzliche Nutzung "Verkehrsflächen" fest, nicht aber die Aufteilung und Gestaltung. Es handele sich beim Plangebiet um einen erschlossenen Bereich. Außer der Schaffung einer Zufahrt im Parkplatzbereich und in der Anlieferzone habe die Antragsgegnerin keine Veränderungen der Verkehrsflächen beabsichtigt oder tatsächlich - die Baumaßnahmen seien abgeschlossen - vorgenommen. Ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot liege nicht vor. Die Ermittlung aller Bedenken und Anregungen, die von Belang sein können, habe durch frühzeitige und öffentliche Auslegung und die zweimalige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange stattgefunden. Das StUFA habe am 28.3.2003 die Erstellung einer Immissionsprognose für den Bereich der Anlieferung empfohlen. Als Ergebnis der Abwägung sei festgehalten worden, dass im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens unter Beachtung der Vorbelastungen eine Immissionsprognose vorzulegen sei und die einzuhaltenden Richtwerte sich nach den in Mischgebieten zulässigen Obergrenzen richteten. Im Einzelfall auftretende Konflikte seien nach § 15 BauNVO zu lösen und Einzelheiten im Baugenehmigungsverfahren zu klären. Mit Beschluss des Stadtrates vom 12.6.2003 sei eine entsprechende sachverständige Prüfung der Problematik veranlasst worden. Der vom Bebauungsplan gesetzte Rahmen stelle sachgerechte Lösungen sicher.

Mit Beschluss vom 25.11.2004 hat der Senat die Vorhabenträgerin und Betreiberin des Lebensmittelmarktes auf dem Plangebiet beigeladen und eine Beiladung weiterer Antragsteller - des bisherigen Eigentümers sowie der Erwerber der überplanten Flurstücke - abgelehnt.

Mit Beschluss vom 4.2.2004 - 1 BS 394/03 - hat der Senat die Beschwerde des Antragstellers gegen die verwaltungsgerichtliche Ablehnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die am 22.5.2003 erteilte Baugenehmigung für einen Lebensmittelmarkt auf dem Plangebiet zurückgewiesen und dabei Zweifel an einer ausreichenden Bekanntmachung der Planentwurfauslegung (Anstoßfunktion), der Erforderlichkeit eines Beitrittsbeschlusses nach erfolgter Plangenehmigung unter Auflagen, der Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung nach § 3 c Abs. 1 Satz 1 UVPG, der Zulässigkeit eines Erlasses des Bebauungsplans als vorzeitiger Plan gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 BauGB, dem Vorliegen der Voraussetzungen für die Festsetzung einer Grundflächenzahl von 0,9 und der Einhaltung des Trennungsgrundsatzes des § 50 BImSchG geäußert.

Dem Senat liegen 1 Ordner der Antragsgegnerin mit Planaufstellungsunterlagen, 2 Eilverfahrensakten des Senats (Verfahren 1 BS 394/03 - 2 Bände) sowie die Baugenehmigungsakten der Antragsgegnerin und des Regierungspräsidiums Chemnitz (6 Heftungen) vor. Auf den Inhalt dieser Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, wird wegen der weiteren Einzelheiten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Der Antragsteller ist als Eigentümer eines vom Plangebiet lediglich durch eine Straßenbreite getrennten Grundstücks, für das er insbesondere Immissionsbelästigungen aus dem Zu- und Abfahrtverkehr zu den geplanten Kfz-Stellplätzen geltend macht, antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontroll-antrag jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung sind dieselben Anforderungen wie an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO zu stellen. Es ist daher ausreichend, wenn der Antragsteller hinreichend substanziiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird (BVerwG, Urt. v. 30.4.2004 - 4 CN 1.03 -, NVwZ 2004, 1120; Urt. v. 26.2.1999 - 4 CN 6.98 -, NVwZ 2000, 197; Urt. v. 17.2.2005 - 7 CN 6.04 -, UPR 2005, 344, 345). Dies kann auch aus einem Verstoß gegen das in § 1 Abs. 6 BauGB enthaltene Abwägungsgebot folgen, das hinsichtlich abwägungserheblicher privater Belange drittschützenden Charakter hat (BVerwG, Urt. v. 30.4.2004 - 4 CN 1.03 -, NVwZ 2004, 1120; BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 -, NJW 1999, 592). Eigentümern von Grundstücken außerhalb des Plangebietes kann ein abwägungserhebliches Interesse etwa am Schutz vor Verkehrslärm zustehen, sofern es für die Gemeinde erkennbar, schutzwürdig und mehr als nur geringfügig negativ betroffen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.2.1999 - 4 CN 6.98 -, NVwZ 2000, 197; SächsOVG, NK-Urt. v. 28.9.1995 - 1 S 517/94 -, NVwZ 1996, 1028). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Antragstellers. Sein allein durch die M. straße um wenige Meter vom Plangebiet getrenntes Grundstück sowie die straßenseitigen Fenster des darauf errichteten Wohnhauses sind den geltend gemachten Immissionen der geplanten Freifläche für 70 Kfz-Stellplätze einschließlich ihres Ziel- und Quellverkehrs über die Neundorfer Straße ohne akustisch trennende bauliche Elemente unmittelbar ausgesetzt.

Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Der angegriffene Bebauungsplan in seiner ausgefertigten und bekannt gegebenen Fassung leidet an beachtlichen formellen Mängeln (dazu unten 1.) und an einem beachtlichen materiellen (dazu unten 2.) Mangel. Er ist deshalb nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO in der Fassung des Europarechtsanpassungsgesetzes - EAG Bau - vom 24.6.2004 (BGBl. I S. 1359) für unwirksam zu erklären (dazu unten 3.).

1. Der angegriffene Bebauungsplan leidet an beachtlichen formellen Mängeln, die schon für sich genommen zu seiner Unwirksamkeit führen.

1.1. Zur Planunwirksamkeit führende fehlerhafte Angaben im Rahmen der Bekanntmachungen zur Planauslegung und Plangenehmigung liegen allerdings nicht vor.

a) Der Bebauungsplan ist nicht schon wegen Verstoßes gegen die nach § 233 Abs. 1 Satz 1 BauGB anwendbare Vorschrift des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB a.F. unwirksam, wonach Ort und Dauer der Auslegung des Planentwurfs mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen waren mit dem Hinweis darauf, dass Anregungen während der Auslegungsfrist vorgebracht werden können; bei Bebauungsplänen war auch anzugeben, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden sollte. Diese Bekanntmachung muss Anstoßfunktion haben, d.h. ihr Inhalt muss geeignet sein, dem an der beabsichtigten Planung interessierten Bürger sein Interesse an Information und Beteiligung durch Anregungen und Bedenken bewusst zu machen. Dazu muss der Bürger erkennen können, welches Gebiet überplant werden soll. Besitzt dieses Gebiet bereits eine geografische Bezeichnung, wird das Vorhaben hinreichend durch den Verweis auf diesen Namen gekennzeichnet, wenn er bereits allgemein geläufig und hinreichend identisch mit dem Plangebiet ist. Wenn das erfasste Gebiet mit der geografischen Bezeichnung nicht hinreichend übereinstimmt, so dass deren Benutzung irreführen kann, muss die Gebietsumschreibung auf andere Weise erfolgen. Dabei genügt die Angabe sämtlicher Flurnummern für sich nicht. Dadurch würde zwar ein hohes Maß an Exaktheit erreicht. Die bei größeren Flächen zu hohe Informationsdichte trüge aber eher zur Verwirrung bei. Auch kann keine präsente Kenntnis der Bürger von den Flurstücksnummern vorausgesetzt werden, deren Verwendung insoweit nur eine geminderte Anstoßwirkung zukäme. Sind Gebietsnamen nicht vorhanden, hat die Bekanntmachung an geläufige geografische Bezeichnungen wie Straße, Wasserwege, Schienenwege o.ä. anzuknüpfen (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.7.1984 - 4 C 22.80 -, BVerwGE 69, 344 ff; BVerwG, Urt. v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369, 373 ff, ; SächsOVG, NK-Urt. v. 24.1.2002 - 1 D 9/00 -, SächsVBl. 2002, 142 = JBSächsOVG 10, 46; BayVGH, Urt. v. 21.6.2004 - 20 N 04.1201 -, BayVBl. 2005, 177, 179).

Nach diesen Anforderungen kennzeichnet die Bekanntmachung der Antragsgegnerin vom 7.3.2003 die Örtlichkeit noch ausreichend. Sie enthält mit den Bezeichnungen "Vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 007" und "Lebensmittelmarkt an der Neundorfer Straße" sowie dem zusätzlichen Hinweis auf die betroffenen Flurstücke eine ausreichende Bezeichnung des Plangebiets. Bereits der gewählten Straßenbezeichung kommt im Hinblick auf deren Charakter als Hauptverkehrsstraße mit Straßenbahnlinie ein hoher Bekanntheitsgrad zu. Der Name dieser Straße ist auch zur Gebietskennzeichnung geeignet. Auf sie führt die PKW-Zufahrt zum Plangebiet. Für die hinreichend das Interesse der Leser weckende Bezeichnung der zu diesem Zeitpunkt einheitlich ungenutzten Fläche des Plangebietes ist nicht erforderlich, dass alle seine Flurstücke an die genannte Straße angrenzen. Die Länge der Straße von ca. 3 km macht die Bezeichnung des Plangebiets unter Berücksichtigung der weiteren Zusätze auch nicht zu unbestimmt. Durch die Angabe des Vorhabentyps und der Flurnummern wird klargestellt, dass räumlich nicht der gesamte straßenbegleitende Bereich gemeint ist. Anhaltspunkte für eine Verwechslungsgefahr mit anderen zur Zeit der Bekanntmachung an der gleichen Straße in Planung befindlichen Lebensmittelmärkten oder sonstige irreführende Wirkungen der Bezeichnung sind nicht ersichtlich. Der Umstand, dass der straßenbegleitende Bereich deutlich größer als das Plangebiet ist, rechtfertigt noch nicht die Annahme, dass sich die in der näheren Umgebung des Plangebiets betroffenen Bürger deshalb nicht als angesprochen ansehen könnten. Die Anstoßfunktion der Bekanntmachung ist danach noch ausreichend gewahrt.

b) Die in der Bekanntgabe der Entwurfsauslegung fehlende Angabe nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB a.F. dazu, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden soll, ist unbeachtlich (§ 233 Abs. 2 Satz 2 BauGB i.V.m. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB a.F.).

c) Aus den vorstehend zu a) dargelegten Gründen ist - insoweit - zugleich die ebenfalls ausschließlich textlich bewirkte Ersatzveröffentlichung des beschlossenen Bebauungsplans nach § 10 Abs. 3 BauGB a.F. in den Amtlichen Bekanntmachungen der Antragsgegnerin vom 2.10.2003 nicht zu beanstanden. Die für eine verlässliche Normverkündung bereits ausreichende schlagwortartige Kennzeichnung des Plangebiets und des betroffenen Bebauungsplanes (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.7.1984 - 4 C 22.80 -, BVerwGE 69, 344 ff; HessVGH, Urt. v. 12.7.2004 - 9 N 69/03 -, NVwZ-RR 2005, 686, 689; Jäde in: H. Jäde u.a., BauGB/BauNVO, 4. Auflage 2005, § 10 BauGB RdNr. 41 ff) ist mit der Angabe der gewählten Vorhaben- und Straßenbezeichnung, der Angabe der Bebauungsplannummer sowie des Aktenzeichens und des Datums des erteilten Genehmigungsbescheides gewährleistet.

1.2. Die Bezeichnung des Bebauungsplans und der geplanten Nutzung mit dem Begriff "Lebensmittelmarkt" begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Die Antragsgegnerin war für die Kennzeichnung der geplanten Nutzung, die sich nicht auf Umgebungsflächen des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans erstreckt, nicht zur Verwendung einer der in der BauNVO enthaltenen Gebietsbezeichnungen - etwa des Begriffs "Mischgebiet" - verpflichtet, sondern konnte, wie sich aus der Unanwendbarkeit der BauNVO nach § 12 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz BauGB ergibt, eine konkret vorhabenbezogene Umschreibung wählen (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.6.2002 - 4 CN 4.01 -, BRS 65 Nr. 78, S. 385; U. Kuschnerus, BauR 2004, 946, 948, 951, 954; O. Reidt, LKV 2000, 417, 419; S. Glombik, LKV 1999, 392, 394). Die Antragsgegnerin hat sich der Geltung der BauNVO auch nicht etwa durch deren Aufzählung neben weiteren näher bezeichneten Regelwerken unter "I. Festsetzungen" des Bebauungsplans im Wege der Selbstbindung unterworfen. Diese allgemeine Erwähnung kann nicht dahin ausgelegt werden, dass der BauNVO gegenüber konkreten Planungsinhalten ein Geltungsvorrang zukäme.

1.3. Der bekannt gemachte Bebauungsplan ist jedoch mangels Beitrittsbeschlusses des Stadtrates der Antragsgegnerin unwirksam. Der Stadtrat hat in der am 12.6.2003 beschlossenen Fassung des Bebauungsplans die Darstellung der Gebäudeansichten ausdrücklich zum Bestandteil der Planzeichnung gemacht (Festsetzung unter Nr. 4). Dafür, dass es sich dabei nicht um eine verbindliche planerische Festsetzung, sondern um einen bloß nachrichtlichen Hinweis auf den Stand der Planung zur Fassadengestaltung handeln sollte, auf die es dem Stadtrat nicht entscheidungserheblich ankam, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Weder der Wortlaut noch die Stellung oder der Inhalt der Bestimmung spricht für ein derartiges Verständnis. Auch der Planbegründung (vgl. zu deren Stellenwert bei der Auslegung von Bebauungsplänen U. Böttger/M. Broosch, DÖV 2005, 466) lässt sich dafür nichts entnehmen. Vielmehr war gerade auch die Fassadengestaltung, wie sich aus dem Schreiben der Beigeladenen vom 19.6.2003 an die Baugenehmigungsbehörden ergibt, Gegenstand mehrfacher Erörterung sowohl im Planungsamt als auch mit den Grundstückseigentümern der angrenzenden Flächen. Dieses Ergebnis entspricht zugleich dem engen Vorhabenbezug des auf § 12 BauGB gestützten Bebauungsplans. Diesen Bebauungsplan hat das Regierungspräsidium Chemnitz mit seinem Bescheid vom 28.8.2003 indes nur mit der "Auflage" Nr. 2.1 genehmigt, dass die genannte Festsetzung mangels Vermaßung zu tilgen sei. Diese "Auflage" der Genehmigung betrifft allerdings den materiellen Inhalt des so vom Willen des Stadtrats getragenen Planes, ohne dass es dafür auf das objektive Gewicht der Bestimmung und ihre Zugehörigkeit zu den "Grundzügen" der Planung ankäme. Entgegen dem vom Regierungspräsidium unter Nr. 3 des Bescheides gegebenen Hinweis zum weiteren Vorgehen hat es sich danach inhaltlich nicht auf eine "redaktionell" zu erfüllende Auflage beschränkt. Die "Auflage" im Genehmigungsbescheid ist vielmehr als Vorbehalt für das Wirksamwerden der Genehmigung aufzufassen (vgl. SächsOVG, Urt. v. 3.3.2005 - 1 B 431/03 -; Urt. v. 30.9.2004 - 1 D 37/01 - S. 16 ff; BVerwG Beschl. v. 27.1.05 - 4 BN 3.05 -; Jäde in: H. Jäde u.a., BauGB/BauNVO, 4. Auflage 2005, § 10 RdNr. 16 ff, 20). Dies macht einen Beschluss des Stadtrates über die vom Regierungspräsidium als genehmigungsfähig beurteilte und später bekannt gemachte Fassung des Plans erforderlich. Die Gemeinde muss sich Maßgaben und Einschränkungen in der Genehmigung, die sich auf den Inhalt des Plans beziehen und nicht rein klarstellender redaktioneller Art sind, durch einen erneuten Satzungsbeschluss (sog. Beitrittsbeschluss) zu Eigen machen (BVerwG, Beschl. v. 14.8.1989 - 4 NB 24.88 -, DVBl. 1989, 1105 = BRS Nr. 22; SächsOVG, Urt. v. 3.5.2005 - 1 B 431/03 - UA S. 12; OVG NW, Urt. v. 18.6.2003 - 7 A 188/02 -; H. Jäde, aaO. § 10 RdNr. 16 ff, 28). Eine bloß handschriftliche behördeninterne Änderung des Satzungstextes, wie hier am 9.9.2003 vorgenommen, ist nicht zulässig.

Dieser Mangel ist auch beachtlich (§ 214 Abs. 1 Nr. 3 BauGB a.F.). Eine Rügefrist sieht § 215 BauGB a.F. nicht vor.

1.4. Aufgrund der mit der vorgenommenen Streichung verbundenen inhaltlichen Planänderung bedurfte es zugleich einer erneuten vorherigen Bürgerbeteiligung, die nicht entfallen konnte, weil lediglich eingegangenen Anregungen allein betroffener Eigentümer in der Nachbarschaft Rechnung getragen worden wäre (vgl. zu dieser Ausnahme BVerwG, Beschl. v. 18.12.1987 - 4 NB 2.87 -, BRS 47 Nr. 4). Dies hat der Antragsteller mit seiner Antragsschrift nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB fristgerecht und in ausreichender Form (vgl. zu schriftsätzlichen Rügen im gerichtlichen Verfahren SächsOVG, NK-Urt. v. 24.1.2002 - 1 D 9/00 -, SächsVBl. 2002, 142 = JBSächsOVG 10, 46) geltend gemacht.

1.5. Die Antragsgegnerin hat den Bebauungsplan entgegen § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB a.F. außerdem nicht ordnungsgemäß in seiner bekannt gemachten Fassung ausgelegt. Sie hat nach dem Inhalt ihrer handschriftlichen Aktenvermerke ("zusätzlich") mit dem Planentwurf zwei unterschiedliche Darstellungen der Gebäudeansichten ausgelegt, während nach dessen vom Stadtrat am 12.6.2003 beschlossener Fassung die bei Beschlussfassung vorliegende Darstellung der Gebäudeansichten ausdrücklich zum Bestandteil der Planzeichnung gemacht wurde (Nr. 4 der textlichen Festsetzungen). Dadurch hat sie zunächst eine den Auslegungszweck der Bürgerinformation und Ermöglichung von Anregungen oder Einwänden beeinträchtigende Unklarheit über den genauen Inhalt des Planentwurfs geschaffen, da bei der Auslegung unterschiedlicher Entwurfsfassungen nicht ausgeschlossen ist, dass ein Interessent einem Irrtum unterliegt und die unzutreffende der beiden Darstellungen als maßgeblich ansieht. Vor allem aber hat sie damit die am 12.6.2003 beschlossene Fassung der Darstellung der Gebäudeansichten mit Fassadenbegrünung und weiteren Änderungen nur zeitlich verkürzt - lediglich vom 25.3.2003 bis 17.4.2003 - und die später im Wege der Ersatzbekanntmachung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB veröffentlichte Fassung ohne Fassadendarstellung in dieser Form nicht ausgelegt. Die Auslegung einer diese Abweichungen berücksichtigenden Planfassung war auch nicht entbehrlich, weil lediglich klarstellende oder einen Vorschlag eines allein betroffenen Grundstückseigentümers umsetzende Änderungen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1987 - 4 NB 2.87 -, BRS 47 Nr. 4) betroffen gewesen wären. Die Fassadengestaltung war vielmehr in die Willensbildung des Stadtrates einbezogen und fand nach dem Schreiben der Beigeladenen vom 19.6.2003 an die Baugenehmigungsbehörde auch in ihrer geänderten Form nicht die Zustimmung aller Eigentümer der angrenzenden Flurstücke. Damit hat die Antragsgegnerin die Monatsfrist des § 3 Abs. 2 BauGB a.F. verletzt. Dieser Verstoß ist mit dem Schriftsatz des Antragstellers vom 11.12.2003 im Eilrechtsschutzverfahren 1 BS 394/03 und mit seiner Antragsschrift zum Normenkontrollverfahren auch in ausreichender Form und innerhalb der aufgrund des Hinweises nach § 215 BauGB a.F. in der Ersatzveröffentlichung des Plans angelaufenen Rügefrist des § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB a.F. von einem Jahr geltend gemacht worden. Er ist nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB a.F. beachtlich.

1.6. Der Bebauungsplan ist auch wegen Verstoßes gegen § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB unwirksam, wonach Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind.

So besteht für das Plangebiet lediglich der Entwurf eines Flächennutzungsplans. Dies genügt für das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht. Auch lagen die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise von den Anforderungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB abgesehen werden konnte, nicht vor. Ein Flächennutzungsplan ist nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht erforderlich, wenn der Bebauungsplan ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen, § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB. Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben (so bereits SächsOVG, Beschl. v. 4.2.2004 - 1 BS 394/03 -). Auch unter Berücksichtigung der geringen Fläche des Planbereichs ist nicht anzunehmen, dass sich ein Flächennutzungsplan hinsichtlich einer innerstädtischen Brachfläche ohne eine Möglichkeit zur Setzung städtebaulicher Ordnungsziele nur darauf beschränken könnte, den gegebenen Bestand und die geplante Nutzung festzuschreiben.

Im Übrigen kann ein Bebauungsplan zwar auch nach § 8 Abs. 4 BauGB aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan aufgestellt ist, wenn dringende Gründe es erfordern und wenn der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung nicht entgegenstehen wird (vorzeitiger Bebauungsplan). Dies setzt zunächst voraus, dass nicht schon ein wirksamer Flächennutzungsplan besteht (BVerwG, Beschl. v. 26.2.1999 - 4 CN 6.98 -, NVwZ 2000, 197). Das ist hier der Fall. Indes stellt - wofür es allein auf die objektive Rechtslage ankommt (SächsOVG, Beschl. v. 4.2.2004 - 1 BS 394/03 -; BVerwG, Beschl. v. - 18.12.1991 - 4 N 2.89 -, DVBl. 1992, 574, 576) - der Wunsch einer lediglich besseren Versorgung des Gebiets durch einen Lebensmittel-Vollsortimenter keinen dringenden Grund dar, der eine vorgezogene Bebauungsplanung erfordern würde. Vor allem kann im Hinblick auf die Wertung des § 11 Abs. 3 BauNVO, wonach ein großflächiger Lebensmittelmarkt nur in Kern- oder Sondergebieten, nicht aber im hier vorhandenen Mischgebiet zulässig ist, nicht angenommen werden, dass der ein solches Vorhaben ermöglichende Bebauungsplan nicht der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung entgegenstehen würde.

Dieser Mangel, für den § 215 BauGB a.F. keine Rügefrist vorsieht, ist nicht nach § 214 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 BauGB unbeachtlich. Für eine im Sinne von § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB a.F. bloß unrichtige Beurteilung der Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 BauGB a.F. fehlt es bereits an einer von der Antragsgegnerin erkennbar vorgenommenen Beurteilung. Eine nach dem Zweck der Vorschrift des § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB, Abweichungen vom Flächennutzungsplan in einer Größenordnung, die keine Auswirkungen auf das städtebauliche Gesamtkonzept des Flächennutzungsplans hat, aus Gründen der Planerhaltung für unbeachtlich zu erklären (BVerwG, Beschl. v. 26.2.1999 - 4 CN 6.98 -, NVwZ 2000, 197, 198), vorausgesetzte Beeinträchtigung ist ebenfalls gegeben (vgl. zu den Anforderungen BVerwG aaO. und HessVGH, Urt. v. 12.7.2004 - 9 N 69/03 -, NVwZ-RR 2005, 686, 690). Der Entwurf des Flächennutzungsplans sieht für das Plangebiet innerhalb des maßgeblichen größeren Bereichs des Ortsteils (BVerwG, Beschl. v. 26.2.1999 - 4 CN 6.98 -, NVwZ 2000, 197, 198) ein Mischgebiet mit Wohnnutzung vor, das durch die Planung eines großflächigen Lebenmittelmarktes in Frage gestellt wird. In die planerische Gesamtkonzeption wird insoweit verändernd eingegriffen.

1.7. Ob darüber hinaus eine Vorprüfung nach § 3c UPVG erfolgte und ihr Fehlen nach § 214 Abs. 1a Nr. 1 BauGB beachtlich wäre, kann danach offenbleiben.

2. Der angegriffene Bebauungsplan, dessen planerische Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB a.F. zu bejahen ist, leidet auch an einem beachtlichen materiellen Mangel, der ebenfalls zu seiner Unwirksamkeit führt.

2.1. Unschädlich ist allerdings, dass die festgesetzte Obergrenze der Grundflächenzahl von 0,9 die nach Maßgabe des § 19 BauNVO zulässige Obergrenze von höchstens 0,8 überschreitet. Denn § 19 BauNVO ist nach § 12 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz BauGB auf vorhabenbezogene Bebauungspläne, soweit sie - wie hier - keine Festsetzungen für die Umgebung des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans treffen, nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.6.2002 - 4 CN 4.01 -, BRS 65 Nr. 78, S. 385; U. Kuschnerus, BauR 2004, 946, 948, 951, 954; O. Reidt, LKV 2000, 417, 419; S. Glombik, LKV 1999, 392, 394). Die Antragsgegnerin hat sich der Geltung der BauNVO auch nicht etwa durch deren Aufzählung neben weiteren näher bezeichneten Regelwerken unter "I. Festsetzungen" des Bebauungsplans im Wege der Selbstbindung unterworfen. Diese allgemeine Erwähnung kann nicht dahin ausgelegt werden, dass der BauNVO gegenüber konkreten Einzelfestsetzungen ein Geltungsvorrang zukäme, wie sie zur Grundflächenzahl unter bewusster Überschreitung der Grenzwerte der BauNVO durch Planzeichen (vgl. Festsetzungen unter Teil I.II 1.1.) sowie textlich in den Festsetzungen (unter I.III 1.2.1) getroffen wurden. Dem vom Antragsteller eingewandten Gesichtspunkt, dass die Grenzwerte der BauNVO nicht durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan ausgehebelt werden könnten, ist hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass derartige Überschreitungen nur nach Maßgabe ihrer Rechtfertigung bei der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB a.F. festgesetzt werden können, in der die Antragsgegnerin ihre Festsetzung allerdings mit dem Hinweis auf die für den geplanten Markt erforderliche Stellplatzanzahl gesondert begründet und als erforderlich bewertet hat. Dies ist angesichts der nach ihrer absoluten Größe und dem Grad der Überschreitung des Grenzwertes geringfügigen zusätzlichen Bodenversiegelung vertretbar. Für eine Verletzung der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, die der Antragsgegnerin strikte Grenzen setzen (BVerwG, Urt. v. 23.2.05, DVBl. 2005, 908, 910; Urt. v. 6.6.2002 - 4 CN 4.01 -, BRS 65 Nr. 78, S. 385), liegen insoweit keine Anhaltspunkte vor.

2.2. Der Bebauungsplan ist indes abwägungsfehlerhaft. Hierfür ist mangels nachfolgender grundlegender Veränderungen (vgl. zu dieser Ausnahme HessVGH, Urt. v. 12.7.2004 - 9 N 69/03 -, NVwZ-RR 2005, 686, 691) auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan als Satzung abzustellen (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB a.F.; SächsOVG, Urt. v. 28.9.1995 - 1 S 517/94 -, NVwZ 1996, 1028, 1030).

Das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB a.F. ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich der Belange in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (SächsOVG, NK-Urt. v. 30.9.2004 - 1 D 37/01 -, UA S. 20; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.9.2004 - 8 S 2392/03 -, NVwZ-RR 2005, 157). Dabei sind Mängel im Abwägungsvorgang nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB a.F. nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (SächsOVG, NK-Urt. v. 30.9.2004 - 1 D 37/01 -, UA S. 20).

Daran gemessen ist der Bebauungsplan nicht frei von Abwägungsmängeln. Die Antragsgegnerin hat zwar eine Abwägungsentscheidung getroffen. Sie hat auch die wesentliche Konfliktlage zwischen der geplanten Nutzung und der vorhandenen nahe gelegenen Wohnbebauung erkannt, die insbesondere eine Ermittlung und Einbeziehung der Belange des Lärmschutzes erforderte. Hierzu ist der Stadtrat bei Ermittlung der für den Verkehrslärm einzuhaltenden Werte von der Einordnung der Umgebung als Mischgebiet ausgegangen. Jedoch hat er nach dem hierfür maßgeblichen Inhalt seines Abwägungsbeschlusses keine planerischen Festsetzungen getroffen, sondern die Konfliktbewältigung dem Baugenehmigungsverfahren überlassen, in dem eine Schallimmissionsprognose eingeholt werden solle. Gleiches gilt für den Lärm der geplanten Haustechnik. Eine derartige Verlagerung der Lösung der Problematik des Immissionsschutzes in den späteren Vollzug mag zwar grundsätzlich möglich sein, wenngleich das Abwägungsgebot auch das Gebot der Konfliktbewältigung beinhaltet, wonach jeder Bebauungsplan grundsätzlich die von ihm geschaffenen oder ihm zurechenbaren Konflikte zu lösen hat, auch soweit sie außerhalb des Plangebiets entstehen (BVerwG, Beschl. v. 1.9.1999, - 4 BN 25.99 -, NVwZ-RR 2000, 146, 148; Beschl. v. 14.7.1994 - 4 NB 25.94 -, NVwZ-RR 1995, 130). Die Lösung von Folgeproblemen der Bauplanung darf allerdings künftigen Genehmigungsverfahren oder der Plandurchführung nur überlassen werden, soweit keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Lösung auf der Stufe der Planverwirklichung nach prognostischer Beurteilung der Gemeinde nicht oder nur mit unvertretbar hohem Aufwand möglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.2.2005 - 4 A 5.04 -, DVBl. 2005, 908, 910; Beschl. v. 1.9.1999, - 4 BN 25.99 -, NVwZ-RR 2000, 146, 147; Beschl. v. 14.7.1994 - 4 NB 25.94 -, NVwZ-RR 1995, 130, 131). Auch Regelungen für Stellplätze können insoweit in einem künftigen Baugenehmigungsverfahren getroffen werden (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.9.2004 - 8 S 2392/03 -, NVwZ-RR 2005, 157). Indes setzt dies voraus, dass diese Planungsentscheidung auf einer zutreffenden Informationsgrundlage getroffen wird und die beabsichtigte Konfliktbewältigung noch möglich ist. Der Stadtrat der Antragsgegnerin hatte demgegenüber bei seiner Beschlussfassung nach dem maßgeblichen Abwägungsbeschluss Nr. 923/2003 vom 12.6.2003 und der dazu in den Akten befindlichen Beschlussvorlage mit Datum vom 12.5.2003 weder Kenntnis davon, dass das Baugenehmigungsverfahren bei der Antragsgegnerin bereits seit dem 22.5.2003 mit Erteilung der Genehmigung abgeschlossen war und der Antragsgegnerin eine Konfliktlösung dort nicht mehr möglich war, noch von dem bei der Baugenehmigungsbehörde bereits vorliegenden Lärmgutachten des Ingenieurbüros N. vom 28.4.2003 oder der bereits vorliegenden Stellungnahme des StUFA vom 16.5.003 und des Fachbereichs Umwelt und Bauordnung der Antragsgegenerin vom 21.5.2003, denen jeweils nähere Erkenntnisse insbesondere zum Schallschutz zu entnehmen waren. Der Stadtrat war damit über zentrale abwägungserhebliche Umstände nicht informiert. Eine dem allgemein anerkannten planerischen Trennungsgrundsatz (vgl. SächsOVG, Urt. v. 11.2.1999 - 1 S 347/97 -, SächsVBl. 1999, 134, 136; BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 - IV C 50.72 -, NJW 1975, 70) und der - als Abwägungsdirektive zu berücksichtigenden (SächsOVG, Urt. v. 30.9.04 - 1 D 37/01 S. 21 ff) - Vorschrift des § 50 Abs. 1 BImSchG, nach dem bei raumbedeutsamen Planungen die für bestimmte Nutzungen vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf Wohn- und sonstige Schutzgebiete so weit wie möglich vermieden werden, noch eine genügende Ermittlung und sachgerechte Abwägung der Lärmschutzbelange der das Plangebiet umgebenden Wohnnutzung (zu den Anforderungen s. a. BVerwG, Beschl. v. 23.1.2002 - 4 BN 3.02 -, NVwZ-RR 2002, 329; OVG Koblenz, Urt. v. 30.8.2001 - 1 C 10054/01 -, NVwZ-RR 2002, 329; BayVGH, Urt. v. 5.10.2004 - 14 N 02.926 -, BayVBl. 2005, 465, 470) hat der dafür zuständige Stadtrat der Antragsgegnerin danach nicht vorgenommen. Dies gilt umso mehr, als ein vorhabenbezogener Bebauungsplan betroffen war, der auf die Planung eines bereits weitgehend konkretisierten Vorhabens gerichtet war und ein nach der Wertung des § 11 Abs. 3 BauNVO wegen der von ihm ausgehenden Auswirkungen (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO) grundsätzlich nur in Kern- und Sondergebieten vorgesehenes großflächiges Einkaufszentrum zum Gegenstand hatte, was offensichtlich einer eingehenden Abwägung hinsichtlich seiner Auswirkungen auf die umgebende Wohnbebauung bedurft hätte.

Die festgestellten Mängel der Abwägung sind auch beachtlich (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Sie sind ohne weiteres den Akten zu entnehmen und damit offensichtlich. Sie haben sich auch auf das Ergebnis ausgewirkt. Es bestand die konkrete Möglichkeit, dass der Stadtrat der Antragsgegnerin ohne die im Abwägungsvorgang unterlaufenen Fehler eine andere Entscheidung getroffen hätte und insbesondere die Lärmschutzproblematik angesichts der bestehenden Vorbelastungen, zu denen der Vorhabenlärm noch hinzukam, unbeschadet der Immissionsvorgaben in der erteilten Baugenehmigung nicht in das Baugenehmigungsverfahren verlagert, sondern mit anderen Ergebnissen durch Planvorgaben selbst gelöst hätte. Für eine Entscheidung etwa zugunsten zusätzlicher planerischer Vorgaben spricht auch, dass nach den Ergebnissen der nur überschlägigen Prognose (ÜP) des Ingenieurbüros N. vom 28.4.2003 am maßgeblichen Immissionsort - MIO - 1 tagsüber wegen des sehr geringen Abstandes der Wohnbebauung zu den PKW-Stellplätzen bei Vollauslastung der als relevant angesehene 5-Dezibel-Abstand gemäß Punkt A 2.4.2 der TA-Lärm 1998 zur Berücksichtigung tiefer Frequenzen nicht eingehalten war und für diesen Fall nach Punkt A 2.4.2 i.V.m. Punkt A 2.1 und A 2.3 der TA Lärm 1998 zur genaueren Ermittlung der Schallbelastungen die Durchführung einer detaillierten Prognose (DP) vorgesehen ist, eine Überschreitung der zumutbaren Belastung also nicht sicher auszuschließen war.

Auf die ausreichende Wahrung weiterer Belange kommt es danach nicht mehr an.

3. Die dargelegten Mängel führen nach § 47 Abs. 5 VwGO zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans. Diese seit dem 20.7.2004 geltende Neuregelung findet auf den bereits zuvor in Kraft getretenen Bebauungsplan Anwendung, da eine Übergangsregelung fehlt. Zudem ergibt sich dies auch aus der Überleitungsvorschrift des § 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB (BayVGH, Urt. v. 5.10.2004 - 14 N 02.926 -, BayVBl. 2005, 465, 470).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da sie keinen Antrag gestellt und sich keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 20.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F., der hier gemäß § 72 GKG anwendbar ist. Dabei orientiert sich der Senat entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung an den Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, nach dessen bei Antragseingang veröffentlichter Fassung von 1996 (Abdruck etwa in NVwZ 1996, 563) der Streitwert in Normenkontrollverfahren von Privaten gegen Bebauungspläne zwischen 10.000 DM und 100.000 DM anzusetzen ist (Streitwertkatalog 1996, Teil II Nr. 7.7). Unter Berücksichtigung der geringen Größe des auf das geplante Vorhaben beschränkten Plangebiets erscheint der aus dem Tenor ersichtliche Betrag angemessen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.



Ende der Entscheidung

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