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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.06.2009
Aktenzeichen: 1 D 48/09
Rechtsgebiete: RGebStV


Vorschriften:

RGebStV § 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 D 48/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Befreiung von Rundfunkgebühren

hier: Beschwerde gegen die Nichtbewilligung von PKH

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des

Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann

am 10. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 6. März 2009 - 2 K 485/07- wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Antrags (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO) abgelehnt.

Ausgehend von den verfassungsrechtlichen Vorgaben, dem Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, darf die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren soll den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht ersetzen, sondern zugänglich machen. Die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht dürfen deshalb nicht überspannt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006 - 2 BvR 626/06 -, BayVBl. 2006, 677, und Beschl. v. 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361). Mithin muss der Erfolg nicht gewiss sein, es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen (vgl. P. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 166 Rn. 26). Prozesskostenhilfe muss nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchst- oder - bei der Anwendung von Landesrecht - obergerichtlich geklärt ist. Die Ablehnung der Gewährung kann ungeachtet einer solchen Klärung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf bereits vorliegende Rechtsprechung ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchst- oder obergerichtliche Klärung noch aus, läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuhalten. Denn dadurch würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006, a. a. O.).

Gemessen hieran hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung dennoch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Denn die Klägerin erfüllt derzeit keine der in § 6 Abs. 1 RGebStV genannten Befreiungsvoraussetzungen. Ebenso wenig liegen die materiellen Voraussetzungen für eine Gebührenbefreiung wegen eines besonderen Härtefalls i. S. v. § 6 Abs. 3 RGebStV vor.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV werden von der Rundfunkgebührenpflicht u. a. Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt oder von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII sowie von Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II einschließlich von Leistungen nach § 22 ohne Zuschläge nach § 24 des SGB II befreit. Da die Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zuzüglich Wohngeld bezieht, sind die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Aufzählung der Befreiungstatbestände in § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV ist abschließend (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.6.2008, NVwZ-RR 2008, 704; SächsOVG, Urt. v. 20.8.2008 - 1 B 429/07 -). Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung das Befreiungsverfahren nämlich auf bestimmte Personengruppen beschränken und insgesamt vereinfachen (vgl. VGH BW, Urt. v. 16.3.2009 - 2 S 1400/08, zitiert nach juris). Soweit die Klägerin einwendet, dass sie ein Verfahren nach § 44 SGB X vor dem Sozialgericht führe, ergibt sich daraus keine andere Beurteilung. Denn die Befreiungsvoraussetzungen sind erst erfüllt, wenn ein entsprechender Sozialleistungsbescheid ergangen ist und die Befreiungsvoraussetzungen durch Vorlage einer entsprechenden Bestätigung des Leistungsträgers im Original oder die Vorlage des entsprechenden Bescheides - im Original - nachgewiesen wurde (§ 6 Abs. 2 RGebStV). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da insoweit bisher nur ein ablehnender - bestandskräftiger - Bescheid ergangen ist. Sollte die Klage der Klägerin vor dem Sozialgericht jedoch erfolgreich sein und ein entsprechender Leistungsbescheid rückwirkend ergehen, bleibt es dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin unbenommen, erneut die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu beantragen.

Ferner sind die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 3 RGebStV nicht erfüllt. Danach kann die Rundfunkanstalt unbeschadet der Gebührenbefreiung nach Absatz 1 in besonderen Härtefällen auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreien. Ein solcher besonderer Härtefall liegt bei der Klägerin nicht vor. Dabei ist zu beachten, dass Härtevorschriften im Rahmen des Gesetzesvollzugs die Aufgabe verfolgen, den von den Regelvorschriften nicht erfassten Ausnahmefällen und Grenzsituationen Rechnung zu tragen. Deshalb können Härten, die dem Zweck des Gesetzes entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestandes - hier die Befreiungstatbestände nach § 6 Abs. 1 Satz RGebStV - bewusst in Kauf genommen hat, einen Billigkeitserlass nicht rechtfertigen. Vor allem handelt es sich bei der Härtefallregelung aber um keine allgemeine Auffangvorschrift für Fälle, in denen einer der Befreiungstatbestände in § 6 Abs. 1 RGebStV nicht oder nicht vollständig erfüllt ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG Beschl. v. 18.6.2008, a. a. O.; SächsOVG, Urt. v. 20.8.2008, a. a. O.). Denn es ist zu berücksichtigen, dass die bloße Einkommensschwäche als solche im Gegensatz zum früheren Recht nicht mehr zur Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht führt, sondern eine Befreiung wegen geringen Einkommens auf die ausdrücklich in § 6 Abs. 1 RGebStV genannten Fallkonstellationen beschränkt werden sollte. Angesichts dieser in § 6 Abs. 1 RGebStV klar zum Ausdruck kommenden vom Gesetzgeber gewollten Beschränkung der Befreiungstatbestände kann diese Vorschrift nicht dadurch umgangen werden, dass einkommensschwache Personen, die die Voraussetzungen für eine Befreiung danach nicht erfüllen, dem Härtefalltatbestand des § 6 Abs. 3 RGebStV zugeordnet werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.6.2008, a. a. O.; SächsOVG, Urt. v. 20.8.2008; BayVGH, Beschl. v. 10.12.2008 - 7 ZB 08.922, zitiert nach juris; VGH BW, Urt. v. 16.3.2009 - 2 S 1400/08, zitiert nach juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 188 Satz 2 VwGO, § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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