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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.06.2009
Aktenzeichen: 1 D 53/09
Rechtsgebiete: ZPO, VwGO


Vorschriften:

ZPO § 114
VwGO § 188 S 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 D 53/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Rundfunkgebühren; Antrag auf Prozesskostenhilfe

hier: Beschwerde gegen die Nichtbewilligung von PKH

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann

am 30. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 6. März 2009 - 4 K 232/08 - wird verworfen.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zu verwerfen, da sie unzulässig ist. Für seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist kein Rechtsschutzbedürfnis ersichtlich. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach dem Erlass der streitgegenständlichen Forderung durch den Antragsgegner kein weitergehendes Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ersichtlich ist, so dass schon eine Prüfung der Erfolgsaussichten des nicht näher benannten Rechtsschutzziels nicht möglich ist (vgl. § 166 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Ausgehend von den verfassungsrechtlichen Vorgaben, dem Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, darf die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren soll den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht ersetzen, sondern zugänglich machen. Die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht dürfen deshalb nicht überspannt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006 - 2 BvR 626/06 -, BayVBl. 2006, 677, und Beschl. v. 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361). Mithin muss der Erfolg nicht gewiss sein, es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen (vgl. P. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 166 Rn. 26). Prozesskostenhilfe muss nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchst- oder - bei der Anwendung von Landesrecht - obergerichtlich geklärt ist. Die Ablehnung der Gewährung kann ungeachtet einer solchen Klärung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf bereits vorliegende Rechtsprechung ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchst- oder obergerichtliche Klärung noch aus, läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuhalten. Denn dadurch würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006, a. a. O.).

Gemessen hieran kann eine hinreichende Erfolgsaussicht der vom Antragsteller beabsichtigten Klage nicht festgestellt werden, da schon ein Rechtsschutzziel nicht ersichtlich ist.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Erhebung von Rundfunkgebühren für die Monate April bis Juli 2007. Er ist schwerbehindert und war deshalb von Juni 1993 bis März 2007 von der Rundfunkgebührenpflicht befreit. Auf seinen im Juli 2007 gestellten Antrag auf erneute Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht befreite ihn der Antragsgegner für den Zeitraum von August 2007 bis Juli 2012.

Für die vom Antragsteller beabsichtigte Klage gegen die Erhebung von Rundfunkgebühren für den Zeitraum von April bis Juli 2007 fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 13.10.2008 gegenüber dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch als Antrag auf Erlass der Gebührenforderung für den Zeitraum von April bis Juli 2007 zu werten und dem Antragsteller deshalb die Gebührenschuld einschließlich Säumniszuschlägen und Kosten zu erlassen. Auf die nachfolgenden Anfragen des Verwaltungsgerichts, ob der Prozesskostenhilfeantrag nunmehr zurückgenommen werde, hat sich der Antragsteller nicht mehr geäußert und insbesondere auch keine Einwände gegen die Auffassung des Antragsgegners erhoben, dass sich die Sache nach Erlass der Forderung erledigt habe.

Auch das Beschwerdevorbringen des Antragstellers lässt keine Rechtfertigung für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe erkennen. Es ist auch in Ansehung seiner Behinderung nicht ersichtlich, dass er anwaltlicher Hilfe bedurfte, um den Erlass der streitgegenständlichen Forderung durch eine rechtskundige Person prüfen zu lassen. Der Sachverhalt ist in jeder Hinsicht einfach gelagert. Der Antragsteller wendet sich gegen die Erhebung einer Forderung, die ihm auf seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch eine eindeutige schriftliche Erklärung erlassen wurde. Ein Prüfungsbedarf ist insoweit weder ersichtlich noch dargelegt.

Dem Antragsteller kann auch nicht in der Auffassung gefolgt werden, er müsse, "um nicht für die Kosten für seine Anwältin/Vergleich aufkommen zu müssen, den Vergleich" ablehnen. Es steht hier nicht der Abschluss eines Vergleichs in Rede. Vielmehr ist seinem Begehren ohne Einschränkung stattgegeben worden, so dass weder ein Grund für die Prüfung des Abschlusses einer vergleichsweisen Einigung, noch für eine gerichtliche Entscheidung in der Sache ersichtlich ist. Das streitige Rechtsverhältnis des Antragstellers ist durch den Erlass der Forderung ohne Einschränkung unstreitig geworden und hat sich damit erledigt.

Für den Fall, dass der Antragsteller eine Rechtsanwältin mit der Wahrnehmung seiner Interessen in dieser Angelegenheit beauftragt haben sollte, kann dieses ebenfalls keine Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen. Erst auf die Erklärung des Antragsgegners mit Schreiben vom 13.10.2008 zum Erlass der streitgegenständlichen Forderung hat der Antragsteller mit Schreiben vom 4.11.2008 dem Verwaltungsgericht Frau Rechtsanwältin als seine Prozessbevollmächtigte benannt und auf Anforderung des Gerichts am 11.11.2008 eine Vollmacht eingereicht. Für die Beauftragung einer Rechtsanwältin nach Erlass der streitigen Forderung bestand hingegen keine ersichtliche Rechtfertigung. Eine beabsichtigte Klage nach Erlass der Forderung hätte nicht nur keine hinreichende Erfolgsaussicht mehr gehabt, sondern müsste auch als mutwillig erscheinen. Frau Rechtsanwältin hat sich zudem in dem Verfahren von sich aus nicht geäußert. Auf die Anfrage des Verwaltungsgericht vom 13.11.2008 hat sie zwar unter dem 28.11.2008 erklärt, den Kläger zu vertreten, hingegen zugleich ausgeführt, keine Stellungnahme in dem Verfahren abgeben zu wollen. Es ist deshalb nicht ersichtlich, weshalb die Mandatierung eines Rechtsanwalts nach Erlass der streitigen Forderung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in dem gerichtskostenfreien Verfahren über die Erhebung von Rundfunkgebühren veranlasst gewesen sein und deshalb die Fortführung des Prozesskostenhilfebegehren von einem Rechtsschutzinteresse getragen sein könnte.

Eine Kostenentscheidung bedarf es nicht. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben; Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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