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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.06.2009
Aktenzeichen: 2 A 140/08
Rechtsgebiete: SächsLVOPol, GG


Vorschriften:

SächsLVOPol § 18
GG Art. 3 Abs. 3 S. 2
GG Art. 33 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 2 A 140/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zulassung zur Aufstiegsausbildung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Hahn und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke

am 15. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf den Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 7. Februar 2008 - 3 K 870/05 - zugelassen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe:

Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat Erfolg.

Das angegriffene Urteil begegnet ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen dann, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen mit schlüssigen Gegenargumenten so infrage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens als ungewiss zu beurteilen ist (SächsOVG, Beschl. v. 16.4.2008, SächsVBl. 2008, 191, 192: st. Rspr.). Soweit die geltend gemachten ernstlichen Zweifel nicht durchgreifen, kann die Berufung gleichwohl zugelassen werden, wenn andere offenkundige Umstände vorliegen, die zu einer Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung führen (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 31.3.2008, DÖV 2008, 882 [Leitsatz, Volltext juris]).

So liegt es hier. Zwar begründet das Vorbringen des Klägers, er sei zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens ärztlich untersucht worden, das Urteil stütze sich zu Unrecht ausschließlich auf die Stellungnahme des Polizeiarztes und lasse die vorgelegte Bescheinigung des Hausarztes sowie die Studie der IKK außer Acht, keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung. Es fehlt insoweit bereits an der Darlegung, in welcher Weise eine ärztliche Untersuchung des Klägers bzw. die Einbeziehung der vorgelegten Unterlagen zu einem anderen Ergebnis geführt haben sollte: Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers besteht seine Diabeteserkrankung unverändert fort.

Indessen ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus anderen offenkundigen Umständen in der Sache unrichtig. Das Verwaltungsgericht geht entscheidungstragend davon aus, dass für den Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SächsLVOPol nur der Beamte geeignet sei, der aufgrund seiner körperlichen und gesundheitlichen Verhältnisse in der Lage ist, jeglichen Dienstposten des Beförderungsamtes auszufüllen. Da der Kläger aufgrund seiner Diabeteserkrankung nicht in jedem Bereich einsetzbar sei, scheitere eine Zulassung zur Aufstiegsausbildung zwingend an der fehlenden körperlichen Eignung des Klägers.

Diese Entscheidung verkennt den auch im Rahmen von Beförderungs- und Laufbahnaufstiegsverfahren geltenden Bewerberverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG unter Berücksichtigung des Benachteiligungsverbotes des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wie er durch die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung geprägt wurde (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.6.2007 - 2 A 6/06 - und BVerfG, Kammerbeschl. v. 10.12.2008 - 2 BvR 2571/07 - beide juris). Hiernach darf der Dienstherr einen Bewerber wegen seiner Behinderung bzw. chronischen Erkrankung nur dann vom Beförderungsgeschehen ausschließen, wenn dienstliche Bedürfnisse eine entsprechend eingeschränkte dauerhafte Verwendung in dem angestrebten Amt zwingend ausschließen (BVerwG, Urt. v. 21.6.2007 a. a. O. m. w. N.). Wird ein Bewerber nach § 150 Abs. 1 Satz 1 SächsBG weiter verwendet, darf ihm die gesundheitliche Eignung für ein Beförderungsamt nicht allein deshalb abgesprochen werden, weil er den Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht vollumfänglich entspricht; hinzukommen muss, dass aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen eine ordnungsgemäße und dauerhafte Wahrnehmung der mit dem angestrebten Amt verbundenen Aufgaben nicht gewährleistet ist. Demgegenüber ist die Auffassung, wonach die volle Polizeidienstfähigkeit unabdingbare Voraussetzung für die Zulassung zur Aufstiegsausbildung sein soll, mit Art. 33 Abs. 3 i. V. m. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG unvereinbar (BVerfG, Kammerbeschl. v. 10.12.2008 a. a. O.). In diese Richtung zielen letztlich auch die vom Kläger - wenn auch zu dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO - vorgetragenen Bedenken betreffend einen generellen Ausschluss von Diabetikern vom Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens wird zu prüfen sein, ob hinsichtlich der streitgegenständlichen Bescheide eine Erledigung durch Zeitablauf eingetreten ist oder ob von den Bescheiden weiterhin eine Beschwer ausgeht und wie dem - soweit notwendig - durch Stellung eines sachdienlichen Klageantrags zu begegnen ist.

Da nach alldem der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt, bedürfen die weiteren geltend gemachten Zulassungsgründe keiner Erörterung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Belehrung zum Berufungsverfahren

Das Antragsverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht, Ortenburg 9, 02625 Bautzen, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht gestellten Antrag verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Für das Berufungsverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Berufung. Danach muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vertretungsbefugt nur

1. Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinn des § 3 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes sowie Gesellschaften im Sinn des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinn des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,

2. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,

3. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

4. Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,

5. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 3 und 4 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Ende der Entscheidung

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