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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.04.2009
Aktenzeichen: 2 A 2/08
Rechtsgebiete: SächsArchivG


Vorschriften:

SächsArchivG § 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 2 A 2/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Akteneinsicht in archivierte Akte

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke

am 17. April 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf den Antrag der Klägerin wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 5. November 2007 - 1 K 173/06 - zugelassen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe:

Der zulässige Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat Erfolg.

Das angegriffene Urteil begegnet ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen dann, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens als ungewiss zu beurteilen ist (SächsOVG, Beschl. v. 16.4.2008, SächsVBl. 2008, 191, 192; st. Rspr.). Soweit die geltend gemachten ernstlichen Zweifel nicht durchgreifen, kann die Berufung gleichwohl zugelassen werden, wenn andere offenkundige Umstände vorliegen, die zu einer Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung führen (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 31.3.2008, DÖV 2008, 882 [Leitsatz, Volltext juris]).

Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass die Klage mangels Durchführung des Vorverfahrens bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet sei, da die Klägerin keinen Anspruch auf Akteneinsicht nach dem Sächsischen Archivgesetz habe. Dagegen wendet die Klägerin ein, dass vorliegend die Durchführung des Vorverfahrens am Verhalten der Beklagten gescheitert sei. In der Sache habe die Klägerin entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht gemäß § 9 SächsArchivG. Sie könne sich die benötigten Kenntnisse über den Wert des ihrem Großvater gehörenden Grundstücksteils im Jahr 1975 auch nicht durch eine zivilrechtliche Auskunftsklage verschaffen. Schützenswerte Interessen Dritter stünden ihrem Begehren nicht entgegen.

Mit ihrem Vorbringen zur Zulässigkeit der Klage stellt die Klägerin das verwaltungsgerichtliche Urteil so in Frage, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens zumindest als ungewiss erscheint. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts dürfte die fehlende Durchführung eines Vorverfahrens hier nicht zur Unzulässigkeit der Klage führen. Die Klägerin hat nach Ablehnung der von ihr beantragten Akteneinsicht um Erlass eines rechtsmittelfähigen förmlichen Bescheides gebeten. Sie erhielt daraufhin lediglich ein die Ablehnung bestätigendes Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung. Bei dieser Sachlage erscheint die Durchführung eines Vorverfahrens jedenfalls nach den Grundsätzen der Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) als entbehrlich.

Dagegen begründet das Vorbringen, die Klägerin habe in der Sache einen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 9 SächsArchivG, keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, wenn auch aus anderen als vom Verwaltungsgericht angenommenen Gründen. Für eine Anwendbarkeit des Sächsischen Archivgesetzes dürfte vorliegend kein Raum sein, da bereits nicht ersichtlich ist, dass es sich bei den begehrten Unterlagen um Archivgut i. S. v. §§ 2, 5 SächsArchivG handelt. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen von § 9 SächsArchivG kommt es deshalb nicht an.

Indessen ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus anderen offenkundigen Umständen in der Sache unrichtig. Das Verwaltungsgericht hat seine ablehnende Entscheidung ausschließlich auf § 9 Abs. 2 Satz 2 SächsArchivG gestützt, ohne zu prüfen, ob ein Anspruch auf Akteneinsicht aufgrund einer anderen Rechtsgrundlage besteht. Die Klägerin hat indessen gegen die Beklagte einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung über ihr Akteneinsichtsgesuch (BVerwG, Urt. v. 5.6.1984 - 5 C 73/82 - juris): Danach kann auch ein am Verfahren nicht beteiligter Dritter unter der Voraussetzung der Glaubhaftmachung eines berechtigten eigenen Interesses eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung der Behörde über die Gewährung der Akteneinsicht beanspruchen. Das berechtigte Interesse wird dadurch gekennzeichnet, dass der Nachsuchende insbesondere mit dem Ziel der Durchsetzung von Rechten ein eigenes, gewichtiges und auf andere Weise als durch Akteneinsicht nicht zu befriedigendes Informationsbedürfnis hat (BVerwG, Urt. v. 23.8.1968 - IV C 235.65 - juris).

Nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin erscheint es hier nicht als ausgeschlossen, dass die Beklagte im Berufungsverfahren zur Akteneinsicht bzw. zur Neubescheidung des Anspruchs unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet wird. Ob das von der Klägerin geltend gemachte berechtigte Interesse ausreicht und ob schützenswerte Belange Dritter der Akteneinsicht entgegenstehen, wird im Berufungsverfahren zu klären sein.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Belehrung zum Berufungsverfahren

Das Antragsverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht, Ortenburg 9, 02625 Bautzen, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht gestellten Antrag verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Für den Berufungskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Berufung.

Der Berufungskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vertretungsbefugt nur

1. Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinn des § 3 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes sowie Gesellschaften im Sinn des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinn des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,

2. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,

3. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

4. Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,

5. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 3 und 4 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen.

Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Ende der Entscheidung

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