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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.03.2009
Aktenzeichen: 2 B 148/09
Rechtsgebiete: SächsPÜG, GG, VwGO


Vorschriften:

SächsPÜG § 2
SächsPÜG § 3
GG Art. 12
GG Art. 74 Abs. 1 Nr. 12
VwGO § 80 Abs. 5
Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelgungen zum Übergang von Arbeitsverhältnissen nach dem SächsPÜG.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 2 B 148/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Übergabeverfügung; Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Hahn und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke

am 10. März 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 16. Dezember 2008 - 11 L 478/08 - geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 29. Juli 2008 wird angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich aus vom Antragsteller dargelegten Gründen, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, als unrichtig. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Übergabeverfügung vom 29.7.2008 mit der Begründung abgelehnt, dass zwar die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels in der Hauptsache als offen zu beurteilen seien, indessen die Folgenabwägung zulasten des Antragstellers ausgehe.

Der Antragsteller wendet hiergegen mit der Beschwerde ein, die Übergabeverfügung sei zum einen wegen erheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken gegen das SächsPÜG offensichtlich rechtswidrig. Sie sei zudem nichtig, da ihre Durchführung mangels vorhandener Stelle bei dem Beigeladenen rechtlich unmöglich sei. Das vorangegangene Auswahlverfahren habe unter zahlreichen Mängeln gelitten. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Folgenabwägung hätte aufgrund der vorliegenden Besonderheiten zugunsten des Antragstellers ausgehen müssen. Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde zum Erfolg.

Zwar ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen der Interessenabwägung die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels in der Hauptsache als offen beurteilt (1). Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Folgenabwägung hält jedoch rechtlicher Überprüfung nicht stand (2).

1) Aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels in der Hauptsache (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 80 Rn. 158 m. w. N.) ist dem Senat eine abschließende Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Übergabeverfügung nicht möglich. Es kann ebenso wenig von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit der Verfügung wie von ihrer Rechtswidrigkeit ausgegangen werden. Zwar teilt der Senat nicht die Zweifel des Antragstellers hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der maßgeblichen Regelungen des SächsPÜG (a). Indessen bestehen Bedenken, ob das der Übergabeverfügung zugrunde liegende Auswahlverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist (b).

a) Zum einen ist davon auszugehen, dass der Landesgesetzgeber gesetzgebungsbefugt war. Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht zur Gesetzgebung, soweit nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verliehen worden sind. Gem. Art. 72 Abs. 1 GG steht den Ländern im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung die Befugnis zur Gesetzgebung zu, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG das Arbeitsrecht. Von seiner Gesetzgebungskompetenz hat der Bund auf diesem Gebiet, soweit es die gesetzliche Überleitung von Arbeitsverhältnissen betrifft, keinen Gebrauch gemacht, sondern nur den rechtsgeschäftlichen Übergang nach § 613a BGB geregelt (BAG, Urt. v. 28.9.2006 - 8 AZR 441/05 -, zit. nach juris). Es ist auch nicht erkennbar, dass hierdurch nach dem Willen des Bundesgesetzgebers ergänzende landesrechtliche Regelungen ausgeschlossen sein sollten. Von einer erschöpfenden Kodifizierung der Rechtsmaterie, die eine landesrechtliche Regelung ausschließen würde, kann deshalb nicht die Rede sein (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 11.4.2000 - 1 BvL 2/00 -, zit. nach juris). Der Landesgesetzgeber konnte deshalb Bestimmungen zur bundesrechtlich nicht geregelten gesetzlichen Überleitung von Arbeitsverhältnissen treffen; entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt hierin insbesondere keine Umgehung von § 613a BGB, da dessen Regelungsbereich durch ein Landesgesetz betreffend den gesetzlichen Übergang von Arbeitsverhältnissen nicht berührt wird.

Von dieser Gesetzgebungskompetenz umfasst ist auch die in § 2 Abs. 3 Satz 1 SächsPÜG vorgesehene Zuweisung eines neuen Arbeitgebers durch Übergabeverfügung unter gleichzeitigem Ausschluss einer etwaigen Kündigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses (§ 2 Abs. 5 SächsPÜG). Der Senat teilt insoweit nicht die vom Sächsischen Landesarbeitsgericht seinem Urteil vom 17.12.2008 - 2 SaGa 23/08 - zugrunde gelegten Zweifel an der Regelungsbefugnis des sächsischen Gesetzgebers.

Zwar weist des SächsLAG zurecht darauf hin, dass das Bundesarbeitsgericht (Urteil v. 17.1.2006 - 9 AZR 226/05 - zitiert nach juris, dort LS 2 und Rn. 31) entschieden hat, ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis könne nicht durch einen Verwaltungsakt unmittelbar geändert werden. Diese Aussage bezieht sich indes auf Regelungsbereiche, in denen der Bund von seiner verfassungsrechtlichen Regelungskompetenz Gebrauch gemacht hat. Sobald der Landesgesetzgeber für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses regelungsbefugt ist, unterliegt es seiner Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form dieses beendet wird. Angesichts der eigenständigen Regelungskompetenz ist hier kein Raum für den Rechtsgrundsatz, dass Bundesrecht Landesrecht bricht, Art. 31 GG.

Der Senat ist darüber hinaus der Auffassung, dass einem in einem Individualrechtsstreit ergangenen Urteil entwickelten Obersatz keine rechtlich verbindliche Wirkung für den (Landes-)Gesetzgeber zukommt. Sofern keine ausdrücklichen prozessualen Vorschriften bestehen, ergeht das Urteil nur inter pares; eine solche Vorschrift ist hier nicht ersichtlich. Auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt keine gesetzliche Wirkung zu: "Die Gerichte können aber nicht Normen setzen, sondern wenden Recht an. Auch rechtsfortbildendes Richterrecht ist im wesentlichen Rechtsauslegung; die Gerichte bilden das Recht fort, indem sie es anwenden ...Auch die rechtsfortbildende Entscheidung bleibt also Richterspruch eines Einzelfalls und wird nicht zur Rechtsquelle für künftige Entscheidungen" (BAG, Urt. v. 26.4.1998 - 1 AZR 399/86 - zitiert nach juris, dort Rn. 32). Somit ist der sächsische Gesetzgeber nicht durch Bundesrecht gehindert, die Arbeitsverhältnisse durch eine Übergabeverfügung zu einem neuen Arbeitgeber überzuleiten.

Zum anderen dürften die Regelungen des SächsPÜG auch mit dem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 28 Abs. 1 SächsVerf in Einklang stehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts garantiert Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG neben der freien Wahl des Berufs als weiteres Schutzgut auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes, somit die Entscheidung des Einzelnen, an welcher Stelle und bei welchem Arbeitgeber er dem gewählten Beruf nachgehen möchte (vgl. zusammenfassend BAG, Urt. v. 28.9.2006 a. a. O., mit ausführlichen Nachweisen). Ohne Zweifel greifen die Regelungen des SächsPÜG in das Grundrecht des Antragstellers auf freie Wahl des Arbeitsverhältnisses ein, indem dem Antragsteller im Wege der Übergabeverfügung nach § 2 Abs. 3 SächsPÜG ein anderer Arbeitsplatz bei einem anderen Arbeitgeber und an einem anderen Dienstort zugewiesen wird; gleichzeitig tritt unmittelbar der Verlust des Arbeitsplatzes bei dem Antragsgegner ein.

Der Eingriff in die Arbeitsplatzfreiheit des Antragstellers dürfte aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Der gesetzliche Eingriff wirkt sich zur Überzeugung des Senates im Ergebnis nicht wie eine objektive oder subjektive Berufszulassungsschranke aus, sondern stellt sich vielmehr als eine nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 SächsVerf zulässige Berufsausübungsregelung dar. Eine solche ist bereits dann verfassungsgemäß, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig ist; Eingriffe in die Berufsfreiheit dürfen deshalb nicht weiter gehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern (BVerfG, Urt. v. 9.6.2004 - Ladenschluss -, BVerfGE 111, 10). Hinsichtlich des Gesetzesvorbehaltes in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 SächsVerf gilt nach dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip, dass der Gesetzgeber die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive zu überlassen hat. Wie weit der Gesetzgeber die für den fraglichen Lebensbereich erforderlichen Leitlinien selbst bestimmen muss, richtet sich maßgeblich nach dessen Grundrechtsbezug.

Gemessen an diesen Kriterien hat der Senat keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelungen des SächsPÜG. Das Gesetz steht im direkten Zusammenhang mit der Gebiets- und Funktional- sowie der Verwaltungsreform im Freistaat Sachsen, in deren Zuge die bisherigen Landkreise aufgelöst, neue Landkreise gebildet und staatliche Aufgaben auf die kommunale Ebene übertragen wurden. Das SächsPÜG regelt die hierdurch notwendig gewordene Umstrukturierung des Personalbestands beim Antragsgegner und bei den betreffenden Gebietskörperschaften sowie bei dem Kommunalen Sozialverband Sachsen. Es ist damit durch vernünftige Belange des Allgemeinwohls gerechtfertigt, da die zügige und umfassende Ausstattung der Kommunen, Landkreise sowie des Sozialverbands mit geeignetem Personal der geordneten Ausführung der übertragenen Verwaltungsaufgaben durch die übernehmenden Körperschaften dient und damit im öffentlichen Interesse liegt.

Die zwingend angeordnete Überleitung der Arbeitsverhältnisse nach § 2 Abs. 3 SächsPÜG stellt auch keine unverhältnismäßige Regelung dar. Sie ist geeignet, in personeller Hinsicht die Wahrnehmung der zusätzlich übertragenen staatlichen Aufgaben durch die Kommunen und Landkreise sowie den Sozialverband zu sichern. Die Regelung ist auch erforderlich. Es ist nicht ersichtlich, wie der Übergang einer Anzahl von landesweit mehreren Tausend Arbeitnehmern an die genannten Körperschaften unter Berücksichtigung der wahrzunehmenden Aufgaben, der Auswahl geeigneter Bediensteter und der privaten Belange der Arbeitnehmer in anderer, für die Betreffenden schonenderer Weise hätte erfolgen sollen. Die gesetzliche Regelung stellt gegenüber einer privatrechtlichen Vorgehensweise auch keine Benachteiligung der betroffenen Bediensteten dar; so enthält § 2 Abs. 5 SächsPÜG etwa einen gegenüber § 613a BGB erweiterten Kündigungsschutz.

Die Regelung des § 2 Abs. 3 SächsPÜG dürfte auch verhältnismäßig im engeren Sinne sein, da sie sich bei einer Abwägung zwischen dem Gemeinschaftsgut, dem sie dient, mit der Schwere des Eingriffs als angemessen erweist. Zwar wird der Arbeitnehmer in der Wahl seines Vertragspartners berührt, wenn ihm gegenüber ein neuer Arbeitgeber durch Verwaltungsakt festgesetzt wird. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass es sich bei dem alten wie dem neuen Arbeitgeber um juristische Personen des öffentlichen Rechts handelt, der Arbeitnehmer somit im öffentlichen Dienst verbleibt. Eine finanzielle Schlechterstellung ist für ihn damit nicht zu befürchten, da zum einen § 2 Abs. 4 SächsPÜG entsprechende Vorkehrungen in tariflicher Hinsicht trifft und zum anderen dem Arbeitnehmer weiterhin ein im Wesentlichen gleich potenter Schuldner gegenübersteht. Die für den Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeberwechsel verbundenen organisatorischen Veränderungen, auch räumlicher Art, lassen demgegenüber den Eingriff nicht als grundsätzlich unangemessen erscheinen; durch die Regelung des § 3 Abs. 6 SächsPÜG wird die Berücksichtigung der persönlichen Belange der Arbeitnehmer bei der Auswahl bzw. Verteilung hinreichend gewährleistet.

Die Regelungen des SächsPÜG berücksichtigen schließlich in ausreichender Weise die Verpflichtung des Gesetzgebers, wesentliche Entscheidungen selbst zu treffen und nicht der Exekutive zu überlassen. So bestimmt § 3 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 SächsPÜG, welche Bediensteten zwingend an die kommunalen Körperschaften übergehen; in § 3 Abs. 4 bis 6 i. V. m. Abs. 1 SächsPÜG wird festgelegt, nach welchen sachlichen und persönlichen Kriterien die übrigen Bediensteten ausgewählt und verteilt werden. Zwar sieht § 3 Abs. 5 Satz 1 SächsPÜG vor, dass die Staatsministerien die Auswahl und Verteilung der Bediensteten zum Zwecke der Erstellung eines Auswahl- und Verteilungsvorschlages vorbereiten. Bei der Durchführung des Auswahlverfahrens ist die Exekutive jedoch an die in § 3 Abs. 6 SächsPÜG genannten Kriterien gebunden, die die Personalauswahl an strenge, nachprüfbare Voraussetzungen knüpfen und der Verwaltung allenfalls geringen eigenen Spielraum lassen. Der Landesgesetzgeber hat hierdurch die Auswahl und Verteilung im Rahmen des Personalübergangs hinreichend bestimmt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass eine noch stärker detaillierte gesetzliche Regelung der Auswahlkriterien hinsichtlich ihrer praktischen Handhabbarkeit an Grenzen stößt und die Erreichung des angestrebten Ziels einer sachgerechten Auswahl hierdurch nicht notwendig optimiert wird.

b) Der Senat hat indessen Bedenken, ob das Auswahlverfahren im konkreten Fall ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Es ist dem Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht möglich, im Einzelnen zu überprüfen, ob die der Übergabeverfügung zugrundeliegende Auswahlentscheidung, die der Antragsgegner aufgrund § 3 Abs. 4, Abs. 6 SächsPÜG getroffen hat, rechtmäßig ist. Hierzu müssten umfangreiche Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht, etwa zur Bildung der Vergleichsgruppe und der Anwendung des Kriterienkatalogs auf diesen Personenkreis, durchgeführt werden; soweit Tatsachen streitig sind, wäre eine Beweisaufnahme durchzuführen. Aufgrund des insoweit noch bestehenden Klärungsbedarfs in tatsächlicher Hinsicht kann die Frage der ordnungsgemäßen Durchführung des Auswahlverfahrens im Eilverfahren nicht beantwortet werden. Die Erfolgsaussichten des gegen die Übergabeverfügung eingelegten Rechtsmittels sind deshalb - wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat - als offen zu beurteilen.

2) Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Folgenabwägung hält indessen unter Würdigung des Beschwerdevorbringens rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Das Verwaltungsgericht hat zugunsten des Antragsgegners berücksichtigt, dass diesem bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung erhebliche Nachteile entstünden. Nicht zuletzt drohten finanzielle Schäden zulasten der Allgemeinheit, wenn der Antragsteller vorläufig nicht bei dem Beigeladenen eingesetzt werden könne, jedoch weiterhin entlohnt werden müsse. Zudem liege eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch den Beigeladenen im öffentlichen Interesse, wozu ein reibungsloser Personalübergang auch im konkreten Fall erforderlich sei. Es sei davon auszugehen, dass bei dem Beigeladenen ein entsprechender Bedarf an qualifiziertem Personal auch im Leitungsbereich bestehe. Demgegenüber seien mit dem Übergang des Antragstellers für diesen keine unzumutbaren Nachteile verbunden. Negative arbeitsrechtlichen Folgen seien angesichts der Schutzvorschriften des § 2 Abs. 4, Abs. 5 SächsPÜG nicht zu befürchten. Es sei zudem nicht zu erwarten, dass der Antragsteller bei dem Beigeladenen während der Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht angemessen beschäftigt werde. Mit dem Wechsel sei schließlich kein längerer Arbeitsweg verbunden.

Demgegenüber macht der Antragsteller mit der Beschwerde geltend, dass ein seiner früheren Position vergleichbarer Arbeitsplatz bei dem Beigeladenen nicht existiere. Er könne deshalb nicht seiner Qualifikation entsprechend als Referatsleiter (Vergütungsgruppe E 15) beschäftigt werden, sondern werde als Sachgebietsleiter (E 11) eingesetzt. Dies sei dem Antragsgegner bereits vor Erlass der Übergabeverfügung bekannt gewesen, da der Beigeladene dem Übergang des Antragstellers frühzeitig widersprochen und das schiedsgerichtliche Verfahren nach § 5 SächsPÜG beantragt habe. Die Beschäftigung als Sachgebietsleiter stelle keine vertragsgemäße Beschäftigung dar und sei ihm nicht zumutbar.

Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde zum Erfolg. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Folgenabwägung hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis nicht stand. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die sofortige Vollziehung der Übergabeverfügung für den Antragsteller aufgrund der geschilderten Umstände eine unzumutbare Härte darstellt. Zwar begegnet die Annahme des Verwaltungsgerichts, es bestehe ein öffentliches Interesse an einem reibungslosen Personalübergang, um im Zuge der Kommunalreform eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung zu gewährleisten, im Grundsatz keinen Bedenken. Indessen hat im konkreten Fall das vorstehend genannte öffentliche Interesse gegenüber den individuellen Belangen des Antragstellers zurückzutreten.

Der Antragsteller war vor Erlass der Übergabeverfügung seiner Qualifikation und seinem Arbeitsvertrag entsprechend bei dem Antragsgegner in der Funktion des Referatsleiters, Vergütungsgruppe E 15, eingesetzt. Bei dem Beigeladenen besteht eine vergleichbare Einsatzmöglichkeit nicht, worauf der Beigeladene im Vorfeld des Personalübergangs ausdrücklich hingewiesen hat. Damit scheidet eine seiner Qualifikation und seinem Arbeitsvertrag entsprechende Beschäftigung des Antragstellers bei dem Beigeladenen mangels vorhandener Stelle ersichtlich aus, weshalb der Antragsteller derzeit als Sachgebietsleiter (E 11) eingesetzt ist. Ausgehend von der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. grundlegend BAG Großer Senat, Beschl. v. 27.2.1985, - GS 1/84 -, zit. nach juris) zum Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf vertragsgemäße Beschäftigung erscheint es dem Senat indessen als unzumutbar, den Antragsteller auch nur vorübergehend auf eine Tätigkeit zu verweisen, für die er nach Ausbildung wie zuletzt ausgeübter Funktion erheblich überqualifiziert ist: Die Beschäftigung als Sachgebietsleiter (E 11) entspricht der beamtenrechtlichten Laufbahn des gehobenen Dienstes, die zuvor ausgeübte Tätigkeit als Referatsleiter (E 15) dagegen dem höheren Dienst. Angesichts einer derartigen Diskrepanz kann von einer annähernden Gleichwertigkeit der Beschäftigung nicht ausgegangen werden. Der angesichts dieser Sachlage durch den Antragsgegner gleichwohl "sehenden Auges" verfügte Übergang des Antragstellers an den Beigeladenen führt - ungeachtet der rechtlichen Relevanz - aufgrund der tatsächlichen Umstände zu einer unzumutbaren Belastung des Antragstellers, würde die Verfügung während des Hauptsacheverfahrens sofort vollzogen werden.

Hinzu kommt, dass aufgrund der konkreten Umstände kein Nachteil darin gesehen werden kann, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache beim Beigeladenen keinen Dienst leisten muss. Eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Hand, wie sie das Verwaltungsgericht angenommen hat, ist dann nicht zu befürchten, wenn der Antragsteller wie hier nach dem substantiierten Vorbringen des Beigeladenen gerade nicht benötigt wird, um die Erfüllung von dessen Aufgaben zu gewährleisten. Der Vollzug der Übergabeverfügung ist deshalb bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren nicht zu erstatten, da dieser keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG, wobei der Auffangstreitwert wegen des Charakters des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zu halbieren war.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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