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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 23.03.2009
Aktenzeichen: 2 B 220/07
Rechtsgebiete: SächsHG


Vorschriften:

SächsHG § 23 Abs. 3 S. 3
Zur Auslegung von § 23 Abs. 3 Satz 3 SächsHG sowie der Prüfungsordnung Psychologie der Universität Leipzig.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 2 B 220/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Exmatrikulation

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke

am 23. März 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf Antrag der Klägerin wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 9. März 2007 - 4 K 185/05 - zugelassen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe:

Der zulässige Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 9.3.2007 hat Erfolg.

Das angegriffene Urteil begegnet - wie von der Klägerin in der Begründung ihres Zulassungsantrages geltend gemacht - ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen dann, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen mit schlüssigen Gegenargumenten so infrage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens als ungewiss zu beurteilen ist (SächsOVG, Beschl. v. 16.4.2008, SächsVBl. 2008, 191, 192; st. Rspr.).

So liegt es hier. Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass der an die Klägerin gerichtete Exmatrikulationsbescheid vom 13.12.2004, dessen Aufhebung sie mit ihrer Klage begehrt, und der Widerspruchsbescheid vom 24.1.2005 rechtmäßig sind. Dem ist die Klägerin zu Recht mit dem Argument entgegengetreten, dass die vom Verwaltungsgericht herangezogene Frist des § 23 Abs. 3 Satz 3 SächsHG (a. F.) eine Fristenregelung nur für die gesamte Zwischenprüfung, nicht jedoch für die einzelne Fachprüfung trifft.

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm, die von der "Prüfung" und dem "Abschluss des ersten Prüfungsversuches" spricht. Unter "Prüfung" ist hier die "Zwischenprüfung" zu verstehen, wie sich aus den vorangegangenen Sätzen und Absätzen erhellt. Unterscheidet der Gesetzgeber im vorangegangenen Absatz (§ 23 Abs. 2 SächsHG) zwischen "Hochschulprüfungen" einerseits und "Teilleistungen" und "Leistungsnachweisen" andererseits, verbietet sich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung, wonach unter der "Prüfung" auch der Teil einer Prüfung, nämlich die einzelne Fachprüfung, verstanden werden könne. Für die Auslegung des Verwaltungsgerichts besteht auch keinerlei Bedürfnis, da § 24 Abs. 1 Nr. 8 SächsHG (a. F.) die Hochschulen ermächtigt, in den Prüfungsordnungen Fristen für die Meldung und Zulassung zu den Fach- oder Modulprüfungen und deren Wiederholung sowie die Modalitäten zur Bekanntmachung der Prüfungstermine und -ergebnisse zu regeln. Im Gegensatz zur gesetzlich geregelten Frist zur Wiederholung der (gesamten) Zwischenprüfung obliegt es somit den Hochschulen, in ihren Prüfungsordnungen die Fristen für die Meldung und Zulassung zu Prüfungsteilen oder die Anrechnung von studienbegleitenden Leistungskontrollen (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 9 SächsHG [a. F.]) zu regeln.

Die Frage, ob die Klägerin die Fachprüfungen in Sozial- und Entwicklungspsychologie endgültig nicht bestanden hat, bestimmt sich somit entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Beklagten nicht nach § 23 Abs. 3 SächsHG (a. F.), sondern allein nach der Prüfungsordnung für den Diplomstudiengang Psychologie an der Universität Leipzig vom 27.6.2000, soweit diese wirksam ist. Auch soweit das Verwaltungsgericht diese Prüfungsordnung angewandt hat, hat die Klägerin mit ihrem Einwand, sie habe zum Zeitpunkt der Exmatrikulation und zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides die Fachprüfung wegen der Möglichkeit der zweiten Wiederholungsprüfung nicht endgültig nicht bestanden, ernstliche Zweifel an der Entscheidung dargetan.

Nach § 12 Abs. 5 Satz 1 der Prüfungsverordnung ist die Wiederholungsprüfung innerhalb eines Jahres abzulegen. Nach Ablauf dieser Frist gilt sie gemäß Satz 2 als endgültig nicht bestanden, es sei denn, der Prüfling hat das Versäumnis nicht zu vertreten. Es ist bereits fraglich, ob § 12 Abs. 5 Satz 1 der Prüfungsordnung hinreichend bestimmt ist. Die Vorschrift lässt nicht erkennen, wann genau die Frist für die Wiederholungsprüfung beginnt. Denkbar wäre hier ein Fristbeginn ab dem Tag der Ablegung der Prüfung oder ab Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses oder - sofern man in der Bekanntgabe des Nichtbestehens der Prüfung einen Verwaltungsakt sieht - mit Bestandskraft dieses Verwaltungsaktes. Der Frage der hinreichenden Bestimmtheit der Vorschrift muss der Senat indes ebenso wenig weiter nachgehen wie der Frage des Vertretenmüssens. Selbst bei einer Wirksamkeit der Vorschrift und einem Vertretenmüssen durch die Klägerin ist die Exmatrikulation hier zu Unrecht erfolgt. Die Klägerin hat dann zwar die Wiederholungsprüfung nicht innerhalb eines Jahres abgelegt. Gem. § 12 Abs. 5 Satz 2 der Prüfungsordnung hat dies jedoch (lediglich) zur Konsequenz, dass die Widerholungsprüfung als endgültig nicht bestanden gilt. Das "sie" in der Vorschrift bezieht sich auf das Wort "Wiederholungsprüfung" des vorangegangenen Satzes, nicht auf die gesamte Fachprüfung. Dies ergibt sich aus der Systematik der Vorschrift sowie der Erwägung, dass ein endgültiges Nichtbestehen der Fachprüfung wegen der Auswirkungen für die Ausbildungs- und Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 28 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1 SächsVerf) einer eindeutigeren und unmissverständlicheren Regelung bedurft hätte. Gilt indes nur die Wiederholungsprüfung als endgültig nicht bestanden, nicht aber die Fachprüfung, hatte die Klägerin noch die Möglichkeit, gem. § 12 Abs. 2 Prüfungsordnung zu einer zweiten Wiederholungsprüfung zugelassen zu werden. Einen solchen Zulassungsantrag hat sie später auch gestellt. Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Exmatrikulationsbescheides und des Widerspruchsbescheides war ein solcher Antrag jedenfalls noch möglich, die Prüfung somit nicht endgültig nicht bestanden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Sach- und Rechtslage bei der Exmatrikulation ist der Zeitpunkt der (letzten) behördlichen Entscheidung (vgl. VGH BW, Beschl. v. 12.9.1979 - IX 2919/78 - juris m. w. N.).

Da nach alledem bereits der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt, kann offen bleiben, ob weitere Zulassungsgründe gegeben sind.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Belehrung zum Berufungsverfahren

Das Antragsverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht, Ortenburg 9, 02625 Bautzen, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht gestellten Antrag verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Für den Berufungskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Berufung.

Der Berufungskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vertretungsbefugt nur

1. Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinn des § 3 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes sowie Gesellschaften im Sinn des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinn des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,

2. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,

3. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

4. Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,

5. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 3 und 4 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen.

Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Ende der Entscheidung

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