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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.11.2008
Aktenzeichen: 2 B 292/08
Rechtsgebiete: GG, SächsVerf, SOMIAP


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 3
GG Art. 6 Abs. 2
GG Art. 7
GG Art. 20 Abs. 3
SächsVerf Art. 22 Abs. 3
SächsVerf Art. 101 Abs. 2
SächsVerf Art. 103
SOMIAP § 4 Abs. 2
1. Bei der Prüfung selbst und der auf die Prüfung folgenden Zulassungsentscheidung gebietet es der Grundsatz der Chancengleichheit, für alle Prüflinge oder Bewerber dieselben inhaltlichen Zulassungsvoraussetzungen aufzustellen. Dies gilt auch für behinderte Prüflinge.

2. Fehlt einer Rechtsverordnung, die Anforderungen für den Übertritt an einen anderen oder weiterführenden Ausbildungsgang festlegt, eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage, führt dies grundsätzlich nicht dazu, dass Prüflinge, die die dort festgesetzten Anforderungen nicht erfüllen, zwingend einen Anspruch auf Übertritt haben. Vielmehr ist die Verordnung in ihrem Kernbestand vorläufig weiter anzuwenden. Bei einer Durchschnittsnote von schlechter als 2,5 besteht in Sachsen kein Anspruch auf einen Übertritt vom Hauptschulbildungsgang in den Realschulbildungsgang nach der 9. Klasse.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 2 B 292/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Aufnahme in den Realschulbildungsgang (Klasse 10 der Mittelschule) nach Erwerb des qualifizierenden Hauptschulabschlusses

Antrag nach § 123 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke

am 3. November 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 20. August 2008 - 5 L 422/08 - wird zurückgewiesen.

Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren ab 4. Oktober 2008 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin , beigeordnet.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 20.8.2008 hat keinen Erfolg. Mit dem Beschluss hat das Verwaltungsgericht die Anträge der Antragstellerin, sie vorläufig zur Klassenstufe 10 der Mittelschule ............... und hilfsweise zum Realschulbildungsgang der 9. Klasse zuzulassen, sowie ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Das Verwaltungsgericht geht in der angegriffenen Entscheidung davon aus, dass die Antragstellerin voraussichtlich keinen Anspruch auf Zulassung in die Klassenstufe 10 der Mittelschule ............... habe. Gemäß § 4 Abs. 2 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über Mittelschulen im Freistaat Sachsen und deren Abschlussprüfungen (Schulordnung Mittelschulen Abschlussprüfungen - SOMIAP) vom 3.8.2004 könnten Schüler der Klassenstufe 9, die den Hauptschulausbildungsgang absolviert hätten, in die Klassenstufe 10 überwechseln, wenn u. a. der Durchschnitt aller Jahresnoten des qualifizierenden Hauptschulabschlusses nicht schlechter als 2,4 sei. Die Antragstellerin habe dagegen einen Durchschnitt aller Jahresnoten von 2,8 erreicht. Gegen die Rechtmäßigkeit des § 4 Abs. 2 SOMIAP bestünden keine Bedenken. Diese Vorschrift finde in § 62 SchulG eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage. Die Vorschrift, wonach für den Wechsel in die Klassenstufe 10 ein Durchschnitt aller qualifizierenden Jahresnoten von 2,4 erforderlich sei, verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. Weder sei das Recht der Eltern, die Erziehung und Bildung ihrer Kinder zu bestimmen, noch das Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte noch der Gleichheitssatz verletzt. Leistungsgrenzen seien für einen funktionsfähigen Schulbetrieb unerlässlich, weil die Schulen zur Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben und zum Schutz der Rechte der anderen Schüler über Mittel verfügen müssten, Schüler, die zur Mitarbeit ungeeignet seien, nicht aufzunehmen. Der allgemeine Gleichheitssatz gebiete es nicht, der Benachteiligung oder Behinderung eines Schülers, die eine generelle Einschränkung der Leistungsfähigkeit bedinge, durch Absenkung der inhaltlichen Anforderungen an das Bestehen von Prüfungen Rechnung zu tragen. Die Antragstellerin habe auch keinen Anspruch auf eine Wiederholung der Klassenstufe 9 im Realschulbildungsgang. Eine freiwillige Wiederholung der Klassenstufe 9 sei nicht vorgesehen.

Hiergegen wendet die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung ein, § 4 Abs. 2 SOMIAP verletze das Grundrecht der gesetzlichen Vertreterin der Antragstellerin aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Zwar stehe gemäß Art. 7 Abs. 1 GG das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates. Bei einer Grundrechtskollision sei allerdings beiden Grundrechten Rechnung zu tragen. Dies verkenne die Regelung in § 4 Abs. 2 SOMIAP, die ausschließlich dem staatlichen Auftrag Rechnung trage und das Elternrecht nicht berücksichtige. Das Verwaltungsgericht habe darüber hinaus verkannt, dass eine Regelung durch Verordnung hier nicht ausreiche. Die Grundrechtskonkurrenz zwischen dem Elternrecht und der staatlichen Befugnis zur schulischen Erziehung müsse vom Gesetzgeber selbst vorgenommen werden. Es liege darüber hinaus auch eine Verletzung von Art. 3 GG vor. Dem Krankheitsbild der Beschwerdeführerin sei dahingehend Rechnung zu tragen, dass sie die 10. Klasse des Realschulbildungsganges besuchen könne. Ansonsten werde sie wegen ihrer Krankheit unzulässigerweise benachteiligt. Die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe sei fehlerhaft. Die Frage, ob die Antragstellerin einen Anspruch auf Zugang zum Realschulbildungsgang habe, erfordere die Prüfung eines komplexen Sachverhaltes unter Abwägung von Grundrechten, so dass die Erfolgsaussichten mindestens hinreichend seien. Die Prüfung der Erfolgsaussichten dürfe nicht dazu führen, dass umfangreiche Prüfungen in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorverlagert würden.

1. Soweit sich die Antragstellerin dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht Dresden ihren Antrag, vorläufig in die Klassenstufe 10 der Mittelschule ............... aufgenommen zu werden, und ihren hilfsweise gestellten Antrag, sie vorläufig zum Besuch der 9. Klasse im Realschulbildungsgang zuzulassen, abgelehnt hat, rechtfertigen die von der Antragstellerin dargelegten Gründen, auf die nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein einzugehen ist, keine Änderung des Beschlusses.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO ergeht eine einstweilige Anordnung, wenn das Bestehen eines zu regelnden Anspruchs, des sogenannten Anordnungsanspruchs, und die Dringlichkeit einer vorläufigen Entscheidung, der sogenannte Anordnungsgrund, überwiegend wahrscheinlich sind.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin keinen Anspruch darauf hat, in die Klassenstufe 10 der Mittelschule ............... vorläufig aufgenommen zu werden oder die Klassenstufe 9 im Realschulbildungsgang zu wiederholen.

Aus den Grundrechten folgt nichts anderes. Zwar ist der Antragstellerin darin zuzustimmen, dass das nach Art. 6 Abs. 2 GG, Art. 22 Abs. 3 und Art. 101 Abs. 2 SächsVerf anerkannte "natürliche Rechte der Eltern", ihre Kinder zu erziehen, das Recht einschließt, die Art der Schule zu bestimmen, die die Kinder besuchen sollen. Auf dieses Recht ist insbesondere auch bei dem Zugang zu den verschiedenen Schularten zu achten (Art. 101 Abs. 2 Satz 2 SächsVerf). Ebenso anerkannt ist aber, dass das Recht des Staates zur schulischen Erziehung der Kinder, von dem Art. 7 GG sowie Art. 103 SächsVerf ausgehen, selbständig neben dem Erziehungsrecht der Eltern steht. Es ist mit dem elterlichen Erziehungsrecht grundsätzlich vereinbar, Anforderungen festzulegen, die das Kind erfüllen muss, um jeweils das Klassenziel zu erreichen und die Schule schließlich mit Erfolg abzuschließen. Entsprechendes gilt notwendigerweise auch für die Anforderungen, die bereits beim Eintreten in die gewünschte weiterführende Schulart erfüllt sein müssen (BVerwG, Urt. v. 29.6.1957 - II C 105.56 -, zitiert nach juris). Mit einer Festlegung eines angemessenen Notendurchschnittes wird der Konflikt des Elternrechts mit der Befugnis des Staates, die Anforderungen, die beim Eintritt in weiterführende Schularten erfüllt sein müssen, festzulegen, nicht in unverhältnismäßiger Weise gelöst. Die Beschwerdebegründung legt nichts dazu dar, dass ein Notendurchschnitt von 2,4 generell unzumutbar sei.

Die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage, ob § 62 SchulG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für § 4 Abs. 2 SOMIAP bilde, kann letztlich dahinstehen.

Der Senat hatte in seinem Beschluss vom 21.11.2005 - 2 BS 295/05 - Bedenken geäußert, ob § 62 SchulG eine ausreichende Verordnungsermächtigung für den Wechsel des Bildungsganges innerhalb der Mittelschule enthalte. Wegen der Relevanz für die Berufswahl müsse der Gesetzgeber - wie bei der Entlassung aus einer weiterführenden Schule - die wesentlichen Fragen selbst regeln. Er müsse zwar die Voraussetzungen des Übertritts nicht selbst festlegen, die Verordnungsermächtigung müsse aber so inhaltsreich sein, dass ihr eine Steuerungsfunktion für die Exekutive zukommen könne. Hinsichtlich des Überwechselns von Schülern der Jahrgangsstufe 9 des Hauptschulbildungsganges in die Klasse 10 der Mittelschule fehle eine Bestimmung in § 62 Abs. 2 SchulG. Auch zum Inhalt des Hauptschulabschlusses bedürfe es detaillierterer Regelungen als in der damals geltenden Schulordnung Mittelschulen - SOMI -.

Es kann offenbleiben, ob an diesen Bedenken auch unter der Geltung der Schulordnung Mittelschulen Abschlussprüfungen - SOMIAP - vom 3.8.2004 festzuhalten ist. Selbst wenn man annähme, dass die Verordnung mangels hinreichender Ermächtigungsgrundlage gegen höherrangiges Recht verstieße, würde dies der Antragstellerin noch keinen Anspruch auf Zulassung zum Realschulbildungsgang in der Klassenstufe 10 vermitteln. Das Fehlen einer zureichenden Ermächtigungsgrundlage würde bei einer Normenkontrolle der Verordnung lediglich dazu führen, dass das Oberverwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der Verordnung feststellt und gegebenenfalls eine Frist zur Neuregelung setzt. Bis zur Korrektur des Rechtsverstoßes oder zum Ablauf der vom Gericht gesetzten Frist wäre die Verordnung aber - zumindest in ihrem Kernbestand - weiter anwendbar; eine Unwirksamkeitserklärung ausgeschlossen (vgl. hierzu: BVerfG, Beschl. v. 27.1.1976 - 1 BvR 2325/73 - "Speyer-Kolleg"; BVerwG, Urt. v. 14.7.1978 - VII C 11.76 -; juris). Da Regelungen zum Übertritt in eine andere Schulart zum Kernbestand der Verordnung gehören und ohne solche Anforderungen nicht gewährleistet werden könnte, dass die Funktionsfähigkeit des weiterführenden Unterrichts gewährleistet ist, wäre die Übertrittsregelung - das Fehlen einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage unterstellt - in ihrem Kernbestand vorläufig weiter anzuwenden. In vergleichbaren Vorschriften zum Übertritt an eine weiterführende Schule, wie z. B. in § 21 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Schulordnung Grundschulen, § 32 Abs. 2, § 33 Abs. 5 Satz 4, Abs. 6 Satz 4 Schulordnung Gymnasien, wird ein Notendurchschnitt von 2,5 oder besser verlangt. Der Senat geht deshalb davon aus, dass auch für den Übertritt in einen anderen Bildungsgang innerhalb der Mittelschule zumindest ein Notendurchschnitt von 2,5 erreicht werden muss. Von Bedeutung ist darüber hinaus, dass ab einem Notendurchschnitt nicht schlechter als 3,0 und wenn in keinem Fach eine schlechtere Note als "ausreichend" erreicht wird, der qualifizierte Hauptschulabschluss erworben wird (§ 47 Abs. 2 und 3 SOMIAP). Für den Übertritt in den Realschulbildungsgang dürften höhere Anforderungen zu stellen sein als den Erwerb eines - wenn auch qualifizierenden - Abschlusszeugnisses der Hauptschule. Mit dem Notendurchschnitt von 2,5 ist dies sichergestellt. Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 21.11.2005 - 2 BS 295/05 - auch bei einer Durchschnittsnote von schlechter als 2,5 einen Anspruch auf vorläufige Aufnahme in den Realschulbildungsgang bejaht hat, hält er hieran aus den angeführten Gründen nicht fest.

Ein Anspruch der Antragstellerin ergibt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 oder Abs. 3 Satz 2 GG. Der Senat kann hierbei offen lassen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sich aus dem Gleichheitssatz überhaupt Leistungsansprüche ableiten lassen (vgl. hierzu z. B. Osterloh, in: Sachs, GG, 3. Aufl., Art. 3 Rn. 54 ff, 305 ff). Selbst wenn sich aus dem Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung oder dem allgemeinen Gleichheitssatz Leistungsansprüche ableiten lassen, können solche nicht dahin gehen, einen aufgrund einer Erkrankung Behinderten bei einer allgemeinen Prüfung vor leichtere Aufgaben zu stellen oder auf anderer Weise gegenüber anderen Prüflingen zu bevorzugen. Dies ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, für gesundheitliche Dauerleiden geklärt (Beschl. v. 6.8.1968 - VII B 23.68 -; vgl. auch OVG Saarland, Beschl. v. 2.10.2006 - 3 W 12/06 -; juris). Vielmehr würde eine Bevorzugung von gehandicapten Prüflingen ihrerseits den im Gleichheitssatz wurzelnden Grundsatz der Chancengleichheit für alle Prüflinge verletzen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, sind Behinderungen, die den Nachweis einer uneingeschränkt vorhandenen Befähigung erschweren, durch Hilfsmittel oder die Einräumung besonderer Prüfungsbedingungen auszugleichen. Darüber hinaus sind Nachteile aufgrund von Krankheiten oder Behinderungen durch auf die Krankheit oder Behinderung bezogene Fördermaßnahmen während der der Prüfung vorangegangenen Ausbildung nach Möglichkeit zu kompensieren (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, juris). Bei der Prüfung selbst und der auf die Prüfung folgenden Zulassungsentscheidung gebietet es jedoch der Grundsatz der Chancengleichheit, für alle Prüflinge oder Bewerber dieselben inhaltlichen Zulassungsvoraussetzungen aufzustellen. Diese Anforderungen für den Übertritt an den Realschulbildungsgang dienen vor allem auch der Gewährleistung eines funktionsfähigen Schulbetriebes in diesem Bildungsgang. Der vom Verordnungsgeber bestimmte Notendurchschnitt soll bei typisierender Betrachtung sicherstellen, dass der in den Realschulbildungsgang Aufgenommene für diesen Bildungsgang geeignet ist und voraussichtlich die im Vergleich zum Hauptschulbildungsgang gesteigerten Leistungsanforderungen erfüllen wird. Diese Erwägungen gelten aber ungeachtet der Frage, ob der Schüler an einer Krankheit oder Behinderung leidet oder nicht.

Soweit das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung den von der Antragstellerin gestellten Hilfsantrag, die Klassenstufe 9 zu wiederholen, unter Hinweis auf die fehlende Rechtsgrundlage abgelehnt hat, ist die Antragstellerin dem in ihrer Beschwerdebegründung bereits nicht substantiiert entgegengetreten.

2. Soweit sich die Beschwerde der Antragstellerin dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht Dresden ihren Prozesskostenhilfeantrag abgelehnt hat, ist die Beschwerde ebenfalls unbegründet.

Das Verwaltungsgericht Dresden hat die Prozesskostenhilfe im Ergebnis deshalb zu Recht abgelehnt, weil die dem Verwaltungsgericht vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 13.8.2008 nicht vollständig ausgefüllt war. Unter Buchstabe G fehlten Angaben zu Grundvermögen, Bausparkonten und sonstigen Vermögenswerten. Zwar hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 29.9.2008, der am 4.10.2008 beim Oberverwaltungsgericht eingegangen ist, eine vollständige Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die erste Instanz kommt aber gleichwohl nicht in Betracht. Rückwirkung kann das Gericht einem Beschluss über Prozesskostenhilfe frühestens auf den Zeitpunkt beilegen, in dem ihm der formgerechte Antrag samt den etwa erforderlichen Unterlagen vorlag (BGH, Beschl. v. 30.9.1981, NJW 1982, 446; SächsOVG, Beschl. v. 10.4.2008 - 4 E 162/07 -, juris).

3. Dagegen ist der bedürftigen Antragstellerin nach Vorlage der vollständig ausgefüllten Prozesskostenhilfeunterlagen für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin , zu bewilligen.

Nach § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Ausgehend von den verfassungsrechtlichen Vorgaben, dem Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen und die eigentliche Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern, dürfen die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Der Erfolg muss nicht gewiss sein, es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso gewiss ist wie ein Unterliegen (vgl. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 166 Rn. 26). Prozesskostenhilfe muss nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchst- oder - bei der Anwendung von Landesrecht - obergerichtlich geklärt ist. Die Ablehnung der Gewährung kann ungeachtet einer solchen Klärung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellte Auslegungshilfen ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchst- oder obergerichtliche Klärung noch aus, läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuhalten. Denn dadurch würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006, BayVBl. 2006, 677 m. w. N.).

Gemessen an diesen Maßstäben war die Beschwerdeeinlegung durch die Antragstellerin nicht ohne Aussicht auf Erfolg. Zwar hat der Senat letztlich die Erfolgsaussichten im Eilverfahren verneint. Auch ist höchstrichterlich geklärt, dass Krankheiten und Behinderungen nicht durch geringere Prüfungsanforderungen ausgeglichen werden müssen. Die Frage, ob § 62 Abs. 1 SchulG sowie § 4 Abs. 2 SOMIAP dem Gesetzesvorbehalt genügen und welche Folgerungen im Eilverfahren daraus zu ziehen wären, wenn die Regelungen den Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes nicht gerecht werden, hat der Senat indes bislang nicht entschieden. Sie lassen sich auch nicht ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG. Wegen der zumindest teilweise begehrten Vorwegnahme der Hauptsache erscheint eine Halbierung des Auffangstreitwertes nicht angezeigt (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt z. B. bei Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., Anh § 164 Rn. 14).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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