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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.03.2009
Aktenzeichen: 2 B 386/07
Rechtsgebiete: GG, SächsVerf


Vorschriften:

GG Art. 1 Abs. 1
SächsVerf Art. 18 Abs. 1
SächsVerf Art. 107 Abs. 2
Zum (fehlenden) Anspruch einer Studentenverbindung auf Verlinkung auf der Homepage einer Universität.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 2 B 386/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Verlinkung auf der Homepage

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke

am 9. März 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 4. Mai 2007 - 4 K 885/05 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahrens auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 4.5.2007 ist zulässig aber unbegründet, weil weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) vorliegen noch die Rechtssache die geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten aufweist (Nr. 2). Soweit der Kläger vorträgt, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), ist der Antrag unzulässig. Er genügt insoweit nicht den Begründungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

Der Kläger, eine Studentenverbindung, begehrt mit seiner Klage die Verlinkung auf der Homepage der beklagten Universität Leipzig. In der angegriffenen Entscheidung hat das Ver-waltungsgericht Leipzig einen Anspruch des Klägers abgelehnt. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus dem Sächsischen Hochschulgesetz noch aus anderen Regelungen. Die Beklag-te sei auch nicht nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu einer Verlinkung verpflichtet. Das zuständige Rektoratskollegium habe in seiner Sitzung vom 10.6.2005 eine Verlinkung des Klägers auf der Homepage der Universität abgelehnt, da dessen Verlinkung nicht im Interesse der Universität liege. Ein solches Interesse der Universität bestehe jedenfalls dann, wenn es Zweck der studentischen Vereinigung sei, einerseits den Studierenden ein Forum zur fachlichen Auseinadersetzung zu bieten sowie Praktika und andere Formen der praktischen Vorbereitung auf die berufliche Tätigkeit zu vermitteln und damit die universitäre Ausbildung zu unterstützen oder zu ergänzen. Ein solcher Zweck des Klägers ergebe sich weder aus seiner Satzung noch aus seinem Vortrag. Die Beklagte habe zudem keine andere studentische Verbindung auf ihrer Homepage verlinkt.

Hiergegen führt der Kläger in seinem Zulassungsantrag aus, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass sein Rechtsanspruch aus seinem Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung folge. Er erfülle das Merkmal, dem "Interesse" der Universität zu dienen, in besonderem Maße. Er widersetze sich dem Einwirkungsstreben politischer Parteien, organisiere die wirtschaftliche und soziale Selbsthilfe der Studenten sowie vermittle den Studenten allgemeinpolitische Bildung, staatsbürgerliches Verantwortungsbewusstsein und umfassende Persönlichkeitsbildung. Deshalb begegne das Urteil ernstlichen Zweifeln. Zudem weise die Streitsache besondere rechtliche Schwierigkeiten auf. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sich sein Verlinkungsanspruch nicht direkt aus gesetzlichen Regelungen ergebe. Die rechtlichen Schwierigkeiten zeigten sich zudem daran, dass das Verwaltungsgericht eine Reihe von Rechtsfehlern begangen habe. Die Rechtssache habe darüber hinaus auch grundsätzliche Bedeutung. Es müsse klargestellt werden, dass sich die beklagte Universität nicht unter dem Deckmantel eines beliebigen "Interesses" aussuchen könne, wem sie die Verlinkung gewähre. Darüber hinaus müsse deutlich gemacht werden, dass das Selbstverwaltungsrecht der Sächsischen Universität seine Grenzen und Maßstäbe im Sächsischen Hochschulgesetz finde. Es bedürfe auch der Feststellung und Klärung, dass als Voraussetzung für das Verlinkungsinteresse der beklagten Universität alles Streben von studentischen Vereinigungen gleichwertig sei. Auch müsse geklärt werden, dass ihre Satzung die Verlinkung rechtfertige. Dies gelte umso mehr, weil viele andere studentische Vereinigungen ähnliche Satzungsbestimmungen hätten.

1. Das Urteil begegnet nicht den an seiner Richtigkeit geltend gemachten ernstlichen Zweifeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen dann, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens als ungewiss zu beurteilen ist. Eine Zulassung der Berufung scheidet aus, wenn sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (SächsOVG, Beschl. v. 16.4.2008, SächsVBl. 2008, 191; st. Rspr.).

Hier hat das Verwaltungsgericht einen Verlinkungsanspruch des Klägers zumindest im Ergebnis zu Recht verneint. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass sich ein Anspruch weder aus dem Sächsischen Hochschulgesetz noch aus anderen Regelungen ergibt.

Ein Anspruch lässt sich auch nicht aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 18 Abs. 1 SächsVerf) ableiten. Aus dem Gleichheitssatz selbst folgen grundsätzlich keine originären Leistungsansprüche (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 26.5.2008 - 5 B 319/07 - juris sowie Osterloh, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 3 Rn. 55). Dies ergibt sich daraus, dass die Beklagte einen unterstellten Gleichheitsverstoß auf verschiedene Weise korrigieren könnte. Sie könnte entweder eine Verlinkung auf studentische Vereinigungen generell aufgeben oder aber den Kläger und andere studentische Vereinigungen zusätzlich auf ihrer Homepage verlinken. Ein Gleichheitsverstoß könnte deshalb allenfalls gerichtlich festgestellt und die Verpflichtung der Beklagten ausgesprochen werden, den Gleichheitsverstoß binnen einer bestimmten Frist zu korrigieren.

Weitergehende Ansprüche für den Kläger ergeben sich auch nicht aus dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung. Hierzu müsste er eine sachlich unbegründete Abweichung von einer bisher ständig geübten Praxis im Einzelfall darlegen (vgl. Osterloh a. a. O. Rn. 118). Dies wäre dann der Fall, wenn die Beklagte bislang Studentenverbindungen auf ihrer Homepage generell verlinkt hätte. Das ist indes nicht der Fall. Vielmehr hat die beklagte Universität keine einzige Studentenverbindung (Korporation) auf ihrer Seite verlinkt. Daraus, dass die Beklagte auf andere studentische Vereinigungen auf ihrer Homepage hinweist, kann der Kläger keine Rechte ableiten. Insoweit bestehen sachliche Gründe, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Dem Willkürverbot ist genüge getan, wenn sich für die Differenzierung ein sachlicher Grund finden lässt. Dagegen verlangt die Verhältnismäßigkeitsbindung darüber hinaus, dass zwischen Normadressaten Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Bei der verschiedenen Behandlung von Personengruppen unterliegt der Gesetzgeber grundsätzlich der strengen Verhältnismäßigkeitsbindung, wohingegen bei der verschiedenen Behandlung von Sachverhalten regelmäßig lediglich die Willkürkontrolle eingreift. Bei verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.1.1993, BVerfGE 88, 87, 96 f.; SächsOVG, Beschl. v. 8.12.2008 - 2 B 316/08 - juris). Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen, die nicht an personengebundene Merkmale an-knüpft, sondern an einen Sachverhalt, kommt den Besonderheiten des geregelten Lebens- und Sachbereichs für die Frage, ob die Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist, erhebliche Bedeu-tung zu. Dabei sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1997, BVerfGE 95, 267, 317 ff.; SächsOVG, Beschl. v. 8.12.2008 a. a. O.).

Hier ist mit dem Verhalten der Beklagten kein Eingriff in Grundrechte verbunden, vielmehr macht der Kläger einen Leistungsanspruch geltend. Die Differenzierung knüpft zudem nicht an personenbezogene Merkmale an. Die Beklagte ist somit weitgehend frei, zu definieren, welche Sachverhalte sie als gleich und als ungleich ansehen will.

Die übrigen aufgenommen Vereinigungen - hochschulpolitische Vereinigungen (RCDS, Jusos), religiöse Vereinigungen (Studentengemeinden), dem Austausch von Universität und Wirtschaft oder der internationalen Studentenbegegnung dienende Vereinigungen - weisen Unterschiede zu den Verbindungen (Korporationen) auf. Letztere wollen nach ihrer Satzung die Mitglieder auf Lebenszeit in aufrichtiger Freundschaft verbinden und die Bildungsarbeit der Universität ergänzen. Die hochschulpolitischen Vereinigungen streben dagegen die politische Bildung und die Mitarbeit in den Selbstverwaltungsgremien der Hochschule an, die Hochschulgemeinden haben religiöse, die übrigen Vereinigungen ebenfalls spezifisch eigene Ziele. Die Differenzierung durch die Universität ist daher nicht willkürlich.

Soweit der Kläger vorträgt, er halte sich für ebenso im Interesse der Universität liegend wie die anderen verlinkten Vereinigungen, geht dieses Argument fehl. Es verkennt grundlegend das Selbstverwaltungsrecht der Beklagten aus Art. 107 Abs. 2 SächsVerf. Dieses Selbstverwaltungsrecht umfasst auch das Recht der Beklagten zu definieren, was in ihrem Interesse liegt und was nicht. Es ist deshalb allein Aufgabe der Beklagten und nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts oder des Klägers, die Interessen der Beklagten zu bestimmen. Der Beklagten obliegt es grundsätzlich auch, die Sachverhalte auszuwählen, die sie im Rechtssinn als gleich ansehen will. Sie muss ihre Auswahl nur sachgerecht treffen. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern nur stets in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt werden soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.3.1994, BVerfGE 90, 145, 196). Wie ausgeführt sind hier der Hochschule keine engen Grenzen gesetzt; maßgebend ist lediglich der Willkürmaßstab.

Der Kläger hat auch als Weniger zu dem Verlinkungsanspruch keinen Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Verlinkung. Die Entscheidung der Beklagten, studentische Verbindungen auf der Homepage nicht zu verlinken, ist - wie ausgeführt - ermessensfehlerfrei.

2. Die Rechtssache weist auch nicht die geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann auf, wenn sie voraussichtlich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, d. h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 16.4.2008 a. a. O.; st. Rspr.).

Entgegen der Auffassung des Klägers führt die Tatsache, dass ein Verlinkungsanspruch in gesetzlichen Regelungen nicht ausdrücklich vorgesehen ist, nicht zu besonderen rechtlichen Schwierigkeiten. Vielmehr ist die Frage, wann sich aus dem Gleichheitssatz und dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung ein Leistungsanspruch ableiten lässt, in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts geklärt. Auf die unter Nummer 1 genannten Fundstellen wird verwiesen. Mögliche - hier nicht vorliegende - Rechtsfehler des Verwaltungsgerichts könnten allein besondere rechtliche Schwierigkeiten nicht begründen.

3. Soweit der Kläger geltend macht, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), genügt sein Vortrag nicht den Begründungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn mit ihr eine grundsätzliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich in dem erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Die Darlegung dieser Voraussetzungen erfordert die Bezeichnung der konkreten Frage, die sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für das Berufungsverfahren erheblich sein würde. Darüber hinaus muss die Antragschrift zumindest einen Hinweis auf den Grund enthalten, der die Anerkennung der grundsätzlichen, d. h. über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der Sache rechtfertigen soll (SächsOVG, Beschl. v. 16.4.2008 a. a. O.; st. Rspr.).

Hier fehlt es bereits an der Formulierung einer konkreten Frage und der Darlegung ihrer Entscheidungserheblichkeit. Wollte man die vom Kläger aufgestellten Behauptungen als Fragen verstehen, würde dies seiner Grundsatzrüge gleichwohl nicht zum Erfolg verhelfen. Die Fragen, die darauf abzielten, dass die Beklagte nicht willkürlich entscheiden darf und an die Vorschriften des Sächsischen Hochschulgesetzes gebunden ist, ließen sich ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens ohne weiteres bejahen. Dagegen wäre die Frage, ob das Streben aller studentischen Vereinigungen im Hinblick auf das Verlinkungsinteresse der Hochschulen als gleichwertig anzusehen ist, ohne weiteres zu verneinen. Auf die Frage nach der Satzungsbestimmung des Klägers käme es nicht entscheidungserheblich an. Zudem ist aus dem Vortrag des Klägers auch nicht erkennbar, woraus sich die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Sache ergeben soll. Eine solche liegt hier auch nicht auf der Hand. Vielmehr handelt es sich - soweit ersichtlich - um den einzigen Streitfall dieser Art.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 62 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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