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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 16.01.2003
Aktenzeichen: 3 B 138/01
Rechtsgebiete: StVZO, FeV


Vorschriften:

StVZO § 31 a
FeV § 40
Zur Frage der an eine Anstalt des öffentlichen Rechts gerichteten Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 3 B 138/01

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Fahrtenbuchauflage

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Ullrich, den Richter am Oberverwaltungsgericht Künzler und den Richter am Verwaltungsgericht Grau

am 16. Januar 2003

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 21. November 2000 - 1 K 940/00 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten dieses Antragsverfahrens.

Der Streitwert für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht wird auf 1.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der zulässige Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 21.11.2000 ist nicht begründet. Wegen der von der Klägerin vorgebrachten und den Prüfungsumfang des Oberverwaltungsgerichts begrenzenden Erwägungen ergeben sich entgegen der Auffassung der Klägerin keine ernstlichen Zweifel nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Die Klägerin hat zunächst vorgebracht, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angesprochenen Urteils vorliegen würden, weil das Verwaltungsgericht fehlerhaft davon ausgegangen sei, dass die Überschreitung der Frist von zwei Wochen, innerhalb der ein Kraftfahrzeughalter über eine mit seinem Kraftfahrzeug begangene Zuwiderhandlung zu benachrichtigen wäre, vorliegend unerheblich sei.

Mit diesem Vorbringen spricht die Klägerin die für die Anordnung des Führens eines Fahrtenbuches nach § 31a StVZO tatbestandliche Voraussetzung der nicht möglichen Feststellung eines Fahrzeugführers an. Eine solche Feststellung ist nicht möglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat. Unzulänglich sind Ermittlungen zwar auch dann, wenn der Fahrzeughalter nicht unverzüglich von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung unterrichtet wurde, wobei die Rechtsprechung davon ausgeht, dass diese Benachrichtigungen regelmäßig innerhalb von zwei Wochen zu erfolgen hat. Auch eine in diesem Sinn verzögerte Benachrichtigung schließt jedoch die Fahrtenbuchauflage nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung nicht ursächlich für die unterbliebene Ermittlung des Zuwiderhandelnden war (siehe dazu: BVerwG, Beschl. v. 25.6.1987, Buchholz 442.16 § 31 a StVZO Nr. 17). Jedenfalls von einer solchen fehlenden Ursächlichkeit einer gegebenenfalls verzögerten Benachrichtigung ist hier auszugehen.

Allerdings erhebt sich die Frage, ob die angesprochene Frist in Fällen wie hier überhaupt angenommen werden kann. Zweifelhaft erscheint dies deshalb, weil die Klägerin eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist (§ 1 Abs. 1 Satz 2 LandesbankG), die das in Rede stehende Fahrzeug - soweit aus der vorgelegten Behördenakte ersichtlich - im Rahmen ihrer Behördentätigkeit nutzt. Insoweit spricht viel dafür, dass es sachgerechtem behördlichen Handeln entspricht, behördliche Fahrten mit anstaltseigenen Fahrzeugen zu dokumentieren, weshalb es auch ohne weiteres möglich sein müsste, solche Fahrten zu rekonstruieren. Da die genannte Frist von zwei Wochen aber gerade wegen des nur begrenzt möglichen Erinnerungsvermögens eines Fahrzeughalters über Fahrten mit seinem Kraftfahrzeug angenommen wird, erscheint in einem Fall wie hier, in dem es wegen der einer Behörde ohne weiteres möglichen Rekonstruktion von durchgeführten Fahrten nicht auf ein solches Erinnerungsvermögen ankommen dürfte, jedenfalls zweifelhaft, ob ein Kraftfahrzeughalter sich auf diese Frist berufen kann.

Dies bedarf jedoch vorliegend keiner weiteren Erörterung. Auch wenn von einer Geltung der Frist von zwei Wochen ausgegangen würde, wäre die in Rede stehende verzögerte Benachrichtigung - diese ging der Klägerin nach der am 2.4.1999 begangenen Zuwiderhandlung am 21.4.1999 zu - jedenfalls nicht ursächlich für die unterbliebene Ermittlung des damaligen Fahrzeugführers. Nach Lage der Dinge ist vielmehr davon auszugehen, dass ursächlich hierfür die fehlende Mitwirkung der Klägerin war.

Dafür spricht zum einen, dass die Klägerin, nachdem ihr das Anhörungsformular am 21.4.1999 zugegangen war, keine Angaben zur Sache gemacht hat. Vielmehr hat ein Mitarbeiter der Klägerin die in dem Anhörungsschreiben formulierte Frage, ob der Verkehrsverstoß zugegeben werde, mit "nein" beantwortet, ohne hierzu weiter auszuführen. Auch im weiteren Verfahren hat die Klägerin dann lediglich auf den Umstand der nicht rechtzeitigen Information hingewiesen, ohne Angaben zur Sache oder zu einer ihr gegebenenfalls nicht möglichen Ermittlung des Fahrzeugführers zu machen Anhaltspunkte dafür, dass die zustündigen Mitarbeiter der Klägerin wegen des in Rede stehenden Zeltablaufes nicht mehr in der Lage gewesen sein konnten, den Fahrer zu ermitteln, sind auch darüber hinaus nicht ersichtlich, angesichts der bereits angesprochenen Ermittlungsmöglichkeit der Klägerin durfte vielmehr davon auszugehen sein, dass sie imstande gewesen war, den Fahrzeugführer ausfindig zu machen Bei dieser Sachlage spricht damit aber alles dafür, dass Ursache für die nicht mögliche Feststellung des Fahrzeugführers nicht eine gegebenenfalls verzögerte Benachrichtigung der Klägerin, sondern deren fehlende Mitwirkungsbereitschaft an der Feststellung war.

Bestehen damit wegen dieses Vorbringens keine Richtigkeitszweifel i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, so ergeben sich solche Zweifel auch nicht wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin, wonach die angesprochene Anordnung unverhältnismäßig sei. Vielmehr spricht alles dafür, dass diese Anordnung verhältnismäßig ist.

Die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches nach § 31 a StVZO ist unter anderem nur dann gerechtfertigt, wenn ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht in Rede steht, wobei eine solche Feststellung von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängig ist (BVerwG, Beschl. v. 9.9.1999, NzV 2000, 386). Ein solcher Verkehrsverstoß dürfte hier vorliegen. Mit dem Fahrzeug wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb einer geschlossenen Ortschaft um 29 km/h überschritten. Damit liegt nicht nur ein geringfügiger und gleichsam belangloser Verkehrsverstoß, sondern eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung in Rede. Sinnfällig kommt die Erheblichkeit dieses Verstoßes dabei auch durch das Punktesystem nach Anlage 13 zu § 40 FeV zum Ausdruck, aufgrund dessen entsprechend der Gefährlichkeit der dort angesprochenen Verkehrsverstöße diese mit einem bis sieben Punkte bewertet werden und bei der hier vorliegenden Geschwindigkeitsüberschreitung nach Nr. 5.4 eine Bewertung von drei Punkten zu erfolgen hat Angesichts eines solchen Verkehrsverstoßes vermag der Senat Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Fahrtenbuchauflage auch hinsichtlich der angeordneten Dauer von vier Monaten nicht zu erkennen.

Da demnach der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt, ist der Antrag mit der sich aus § 154 Abs. 2 VwGO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Die Festsetzung des Streitwertes erfolgt in Anlehnung an Nr. 45.6 des Streitwertkatalogs i.d. F. von 1996 nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG in Höhe von 1.000,00 Euro, wobei der Senat für jeden der in Rede stehenden vier Monate 250,00 Euro für angemessen erachtet.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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