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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 24.07.2008
Aktenzeichen: 3 B 18/08
Rechtsgebiete: StVG, FeV


Vorschriften:

StVG § 29 Abs. 5 S. 1
StVG § 65 Abs. 9 S. 1 HS. 2
FeV § 11 Abs. 8 S. 1
FeV § 13 Nr. 2 Buchst. b
1. Wird nach wiederholten Verkehrsverstößen unter Alkoholeinfluss ein ordnungsgemäß angefordertes Eignungsgutachten verweigert, so gilt die mangelnde Fahreignung wegen Alkoholmissbrauchs für diesen Zeitpunkt gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV als erwiesen. Daran ändert ein erst während des Verfahrens gegen die Fahrerlaubnisentziehung eintretendes Verwertungserbot für diese Verkehrsverstöße nichts. Vielmehr ist der Nachweis nötig, dass entweder zu diesem Zeitpunkt kein Alkoholmissbrauch vorlag oder dieser inzwischen - bis spätestens zur letzten Behördenentscheidung - beendet ist.

2. Ein Verkehrsverstoß unter Alkoholeinfluss, der zum Fahrerlaubnisentzug geführt hat, rechtfertigt trotz Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach positivem Eignungsgutachten bei einem erneuten solchen Verstoß die Anforderung eines weiteren Eignungsgutachtens wegen jetzt wiederholter Verkehrsverstöße unter Alkoholeinfluss nach § 13 Nr. 2 Buchst. b FeV.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 3 B 18/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Entziehung der Fahrerlaubnis; Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Ullrich, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und den Richter am Sozialgericht Tischer

am 24. Juli 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 19. Dezember 2007 - 2 K 1517/07 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 4.12.2007 gegen den für sofort vollziehbar erklärten Fahrerlaubnisentziehungsbescheid der Antragsgegnerin vom 27.11.2007 wiederherzustellen. Die vom Antragsteller dagegen mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beschränkt ist, sind nicht geeignet, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Denn daraus ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und unter Berücksichtigung dessen im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO das private Interesse des Antragstellers, den Vollzug dieses Bescheides auszusetzen, das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin überwiegt, den Bescheid sofort zu vollziehen.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Antragsgegnerin wegen wiederholter Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gemäß § 2 Abs. 8 StVG i. V. m. § 46 Abs. 3 und § 13 Nr. 2 Buchst. b FeV ordnungsgemäß, aber wegen der Weigerung des Antragstellers ergebnislos ein medizinisch-psychologisches Gutachten angefordert hat, so dass sie gemäß § 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf dessen mangelnde Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen und ihm gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnis entziehen durfte. Dagegen wendet der Antragsteller erfolglos ein, dass keine wiederholte Zuwiderhandlung vorliege, weil neben der Trunkenheitsfahrt vom 1.5.2005 (Atemalkoholkonzentration 0,28 mg/l) die Trunkenheitsfahrt vom 18.10.1992 (Blutalkoholkonzentration 1,76 ?, geahndet durch rechtskräftigen Strafbefehl vom 13.4.1993 mit Geldstrafe, Fahrerlaubnisentzug und Fahrerlaubnissperre von neun Monaten) wegen eines Verwertungsverbots nicht mehr berücksichtigt werden dürfe.

Der Antragsteller stellt nicht in Frage, dass die zehnjährige Verwertungsfrist des § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG für Entscheidungen über eine Fahrerlaubnisentziehung, die vor dem 1.1.1999 im Verkehrszentralregister eingetragen worden sind und die früher gemäß § 52 Abs. 2 BZRG in der bis 31.12.1998 geltenden Fassung ungeachtet ihrer Tilgung im Verkehrszentralregister zeitlich unbegrenzt in einem Fahrerlaubnisentziehungs- oder -erteilungsverfahren verwertbar waren, gemäß § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG erst mit der Neuerteilung der Fahrerlaubnis beginnt, spätestens jedoch fünf Jahre nach der beschwerenden Entscheidung (BVerwG, Urt. v. 9.6.2005, NJW 2005, 3440 ff.). Der Antragsteller bestreitet auch nicht, dass damit seine Straftat vom 18.10.1992, die bereits nach altem Recht im Verkehrszentralregister getilgt wurde, bei Erlass des Fahrerlaubnisentziehungsbescheides vom 27.11.2007 noch verwertbar war, weil ihm innerhalb von fünf Jahren nach Erlass des Strafbefehls vom 13.4.1993 keine neue Fahrerlaubnis erteilt wurde, so dass die zehnjährige Verwertungsfrist am 13.4.1998 begann und somit erst seit 13.4.2008 abgelaufen ist.

Ungeachtet dessen, dass das Verwertungsverbot damit erst nach Ende der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingetreten ist, ohne dass sich der Antragsteller darauf berufen hat, was die Prüfungsbefugnis des Beschwerdegerichts entsprechend einschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), könnte dies der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Vielmehr ist die obergerichtlich weitgehend geteilte Rechtsprechung des Senats, wonach der Eintritt der Tilgungsreife von Verkehrsverstößen während des laufenden Widerspruchsverfahrens für eine im Ausgangsbescheid angeordnete Teilnahme an einem Aufbauseminar (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG) oder eine dort verfügte Fahrerlaubnisentziehung (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG) unbeachtlich ist (Senatsbeschl. v. 15.11.2005 - 3 BS 232/05 -, zitiert nach Juris; VGH BW, Beschl. v. 17.2.2005, DÖV 2005, 746 f.; OVG NRW, Beschl. v. 24.5.2006, DÖV 2006, 924; OVG M-V, Beschl. v. 23.11.2006, NordÖR 2007, 46; BayVGH, Beschl. v. 8.6.2007, NJW 2008, 1547 f.; zweifelnd nur: OVG RP, Beschl. v. 19.7.2006, DÖV 2006, 834 f.), hierher zu übertragen. Denn auch hier gebietet das materielle Recht ein Abweichen von dem sonst bei der Anfechtung von Fahrerlaubnisentziehungen geltenden Grundsatz, dass die Sach- und Rechtslage bei Erlass der letzten Behördenentscheidung (dem Widerspruchsbescheid) maßgeblich ist (BVerwG, Urt. v. 27.9.1995, DÖV 1996, 378 ff.), was im vorläufigen Rechtsschutz ein Abstellen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen (Beschwerde-)Entscheidung erfordern würde, falls ein Widerspruchsbescheid noch nicht vorliegt. Der gegenteiligen Ansicht (ThürOVG, Urt. v. 21.2.2005, VRS 109, 306 ff.; BayVGH, Beschl. v. 25.10.2007 - 11 CS 07.1242 -, zitiert nach Juris) folgt der Senat aus den folgenden Gründen nicht.

Ein erst während des Widerspruchsverfahrens eintretendes Verwertungsverbot für einen Verkehrsverstoß lässt die Rechtmäßigkeit einer auf diesen Verkehrsverstoß gestützten Gutachtensanforderung nicht rückwirkend entfallen. Vielmehr bleiben gemäß § 51 Abs. 2 BZRG trotz des Verwertungsverbots die aus der Tat oder der Verurteilung entstandenen Rechte Dritter, die gesetzlichen Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung sowie die Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, unberührt. Somit ist der aus der Gutachtensverweigerung bzw. dem Ablauf der Vorlagefrist gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV gezogene Schluss, dass der Fahrerlaubnisinhaber - in diesem Zeitpunkt - ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen war, auch nach Eintritt des Verwertungsverbots für diesen Zeitpunkt noch zutreffend.

Da § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV der Fahrerlaubnisbehörde kein Ermessen einräumt, sondern einen Grundsatz der Beweiswürdigung regelt, der auf der Überlegung beruht, dass bei grundloser Gutachtensverweigerung die Vermutung berechtigt ist, der Fahrerlaubnisinhaber wolle einen ihm bekannten Eignungsmangel verbergen (Senatsbeschl. v. 3.7.2008 - 3 B 149/08 -, unveröffentlicht, mit Verweis auf: OVG RP, Beschl. v. 3.6.2008 - 10 B 10356/08 -, zitiert nach Juris, sowie auf BVerwG, Urt. v. 9.6.2005, NJW 2005, 3440 ff.; OVG NRW, Beschl. v. 10.7.2002, VRS 105, 76 ff.; Senatsbeschl. v. 8.11.2001, DAR 2002, 234 f.) gilt ein solcher Eignungsmangel für den Zeitpunkt der Gutachtensverweigerung bzw. des Ablaufs der Vorlagefrist als nachgewiesen, sofern § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV bezogen auf diesen Zeitpunkt rechtsfehlerfrei angewandt wurde. Infolge dessen gilt der Antragsteller hier trotz des eingetretenen Verwertungsverbots für diesen Zeitpunkt wegen Alkoholmissbrauchs (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i. V. m. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV) als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Steht dies aber kraft gesetzlicher Vermutung fest, bedarf es seitens der Antragsgegnerin keines Gutachtens mehr, um dies nachzuweisen (§ 11 Abs. 7 FeV). Vielmehr ist es jetzt am Antragsteller, dies durch den Beweis des Gegenteils oder der Tatsache, dass er seine Fahreignung nach diesem Zeitpunkt zurückerlangt hat, zu widerlegen. Dies ist etwa möglich, indem er das bisher verweigerte Gutachten vorlegt und so entweder nachweist, dass Alkoholmissbrauch im Sinne von Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV zum Zeitpunkt der Gutachtensverweigerung trotz der damals begründeten Eignungszweifel nicht vorlag oder dass der als nachgewiesen geltende Alkoholmissbrauch anhand der Vorgaben der Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV inzwischen - d. h. spätestens bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides bzw. mangels eines solchen hier im vorläufigen Rechtsschutz bis zur Entscheidung über die Beschwerde - wieder beendet ist. Daran fehlt es jedoch bisher.

Dem widerspricht nicht, dass - falls es bei der Fahrerlaubnisentziehung bliebe - in einem Neuerteilungsverfahren ein Eignungsgutachten ohnehin nicht mehr wegen des unverwertbaren Verkehrsverstoßes (hier mithin nicht mehr gestützt auf § 13 Nr. 2 Buchst. b FeV) angefordert werden dürfte. Denn im Erteilungsverfahren wäre ein solches Gutachten deshalb zwingend, weil die Fahrerlaubnis dann aus einem der in § 13 Nr. 2 Buchst. a bis c FeV genannten Gründe entzogen worden wäre, was gemäß § 13 Nr. 2 Buchst. d FeV ebenfalls zur Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verpflichtet. Aber selbst ohne vorherigen Fahrerlaubnisentzug nach § 13 Nr. 2 Buchst. a bis c FeV wäre ein solches Gutachten im Erteilungsverfahren nötig, falls die Erteilung der Fahrerlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV wegen der Weigerung, ein nach § 13 Nr. 2 Buchst. a bis c FeV ordnungsgemäß angefordertes Gutachten beizubringen, abgelehnt wird, aber im Laufe des Widerspruchs- oder Klageverfahrens ein Verwertungsverbot für eine der für die Gutachtensanforderung nötigen Taten einträte. Denn auch dann stünde aufgrund der Vermutung des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV fest, dass im Zeitpunkt der Gutachtensverweigerung Alkoholmissbrauch vorlag, so dass gemäß § 13 Nr. 2 Buchst. e FeV aus einem sonstigen Grund mittels eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu klären wäre, ob der bereits festgestellte Alkoholmissbrauch jetzt - d. h. im Erteilungsverfahren bis zum Ende der letzten gerichtlichen Tatsacheninstanz - nicht mehr besteht.

Dieses Ergebnis, das wesentlich auf der Überlegung beruht, dass der Eignungsmangel (hier der Alkoholmissbrauch) nicht identisch mit den Verstößen ist, die auf den Eignungsmangel hindeuten, so dass der Eintritt des Verwertungsverbots für einen solchen Verstoß nicht bedeutet, dass zugleich der Eignungsmangel entfällt, ist letztlich auch interessengerecht. Denn so wird verhindert, dass der Fahrerlaubnisinhaber oder -bewerber durch Verweigerung und Verzögerung eines ordnungsgemäß angeforderten Eignungsgutachtens einen bereits vorhandenen Eignungsmangel verbirgt und so trotz rechtzeitigen Handelns der Fahrerlaubnisbehörde die Feststellung seiner Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen verhindert. Dies muss wegen der von einem ungeeigneten Fahrzeugführer ausgehenden Gefahren im Interesse der Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer und der Allgemeinheit vermieden werden. Andererseits bleibt dem Betroffenen so der Nachweis möglich, dass er seine Eignung entweder nie verloren hatte oder spätestens bis zum Erlass der letzten Behördenentscheidung (im Entziehungsverfahren) bzw. bis zum Ende der letzten gerichtlichen Tatsacheninstanz (im Erteilungsverfahren) zurückerlangt hat.

Der Vortrag des Antragstellers zur Begründung des behaupteten Verwertungsverbots für die Trunkenheitsfahrt vom 18.10.1992 verhilft der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg.

Der Antragsteller macht geltend, ihm dürfe nicht entgegen gehalten werden, dass die zehnjährige Verwertungsfrist erst am 13.4.1998 zu laufen begonnen habe, weil es nicht an ihm gelegen habe, dass ihm das medizinisch-psychologische Gutachten vom 16.10.1995 keine Fahreignung bescheinigt und er deshalb nicht schon vor dem 13.4.1998 eine neue Fahrerlaubnis erhalten habe, welche die zehnjährige Verwertungsfrist hätte in Lauf setzen können. Es sei aufgrund empirischer Untersuchungen Tatsache, dass bei Sachverständigengutachten, die anlässlich von Alkoholfahrten eingeholt werden, die Durchfallquote 80 % bis 90 % betrage, was nicht daran liege, dass der Alkoholgenuss nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt werden könne, sondern daran, dass die Durchfallquote hier generell hoch gehalten werde. Er habe sich so früh wie möglich um ein positives Eignungsgutachten bemüht und ein solches später am 5.5.1999 nochmals erstellen lassen, was dann auch zur Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis geführt habe. Mit diesem Vorbringen hat der Antragsteller jedoch schon deshalb keinen Erfolg, weil aufgrund des ersten Gutachtens vom 16.10.1995 die Neuerteilung der Fahrerlaubnis mit Bescheid vom 29.7.1996 bestandskräftig abgelehnt wurde, so dass die Wirksamkeit dieser Entscheidung nicht in Frage steht. Außerdem hat der Antragsteller weder dargelegt, auf welche empirischen Untersuchungen er sich bezieht, noch ist ersichtlich, dass derartige empirische Untersuchungen überhaupt geeignet sein könnten, im vorliegenden Einzelfall die Unrichtigkeit des ausführlichen, nach persönlicher Untersuchung und Befragung des Antragstellers verfassten Eignungsgutachtens vom 16.10.1995 nachzuweisen.

Soweit der Antragsteller darüber hinaus die Berechnung der zehnjährigen Verwertungsfrist vor allem hinsichtlich ihres Beginns für willkürlich und deshalb für verfassungswidrig hält und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht verlangt, legt er nicht dar, in welchen verfassungsmäßigen Rechten er sich verletzt sieht. Eine solche Verletzung ist auch nicht ersichtlich, zumal das Bundesverwaltungsgericht in der bereits zitierten Entscheidung ebenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die übergangsweise geltende Verwertungsfrist des § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG hatte (BVerwG, Urt. v. 9.6.2005, NJW 2005, 3440 ff. m. w. N.). Der Senat hat zudem bereits entschieden, dass selbst ein Zeitraum von mehreren Jahren zwischen den alkoholbedingten Verkehrsverstößen nicht der Annahme wiederholter Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gemäß § 13 Nr. 2 Buchst. b FeV entgegen steht, solange die einzelnen Verkehrsverstöße noch verwertbar sind, weil diese Vorschrift keine weitere Differenzierung nach der Länge der Zeiträume zwischen einzelnen Zuwiderhandlungen oder nach den Umständen, die den Zuwiderhandlungen zugrunde liegen, gebietet (Senatsbeschl. v. 20.11.2003 - 3 BS 429/02 -, unveröffentlicht; BayVGH, Beschl. v. 6.5.2008 - 11 CS 08.551 -, zitiert nach Juris, m. w. N.).

Zu Unrecht wirft der Antragsteller dem Verwaltungsgericht darüber hinaus vor, auch Alkoholabhängigkeit angenommen zu haben, indem es ihm ein mangelndes Trennungsvermögen zwischen dem Führen von Kraftfahrzeugen und einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum vorgeworfen habe. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr auf den Seiten 3/4 seines Beschlusses den Unterschied zwischen der - hier nie in Rede stehenden - Alkoholabhängigkeit im Sinne von § 13 Nr. 1 FeV und Alkoholmissbrauch im Sinne von § 13 Nr. 2 FeV zutreffend erläutert und später (Seiten 7/8 des Beschlusses) auf die Legaldefinition des Alkoholmissbrauchs in Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV Bezug genommen, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen nochmals verwiesen wird.

Schließlich kann sich der Antragsteller nicht darauf berufen, durch das medizinisch-psychologische Gutachten vom 5.5.1999, das zur Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis führte, seine Fahreignung und insbesondere die Überwindung seines Alkoholmissbrauchs nachgewiesen zu haben, so dass allein die Trunkenheitsfahrt vom 1.5.2005 mit einer verhältnismäßig geringen Atemalkoholkonzentration von 0,28 mg/l nicht die wiedererlangte Fahreignung in Frage stellen könne. Entgegen der Ansicht des Antragstellers stellte dieses Gutachten nur für den damaligen Zeitpunkt und angesichts der damals bekannten Umstände die Wiedererlangung der Fahreignung fest. Zwar dürfte es deshalb ausgeschlossen sein, allein aus der Trunkenheitsfahrt vom 18.10.1992 mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,76 ? nochmals Eignungszweifel abzuleiten (etwa im Sinne des § 13 Nr. 2 Buchst. c FeV). Jedoch hindert dies nicht deren Berücksichtigung gemeinsam mit einer späteren Trunkenheitsfahrt als wiederholte Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gemäß § 13 Nr. 2 Buchst. b FeV. Denn bei der weiteren Trunkenheitsfahrt handelt es sich um einen neuen Umstand, der im Begutachtungszeitpunkt noch nicht - insbesondere auch nicht in Bezug auf die frühere Trunkenheitsfahrt - gewürdigt werden konnte (ebenso bei Verkehrsverstößen, die vor und nach Ausstellung eines EU-Führerscheins begangen wurden und erst gemeinsam den Fahrerlaubnisentzug rechtfertigen: Senatsbeschl. v. 28.5.2008 - 3 BS 424/07 -, unveröffentlicht). Dementsprechend schließt das Eignungsgutachten vom 5.5.1999 mit der Bemerkung, dass keine Bedenken gegen die Fahreignung bestehen, falls noch ein Trainingsprogramm für alkoholauffällige Kraftfahrer absolviert wird, sofern nicht zwischenzeitlich neue Eignungsmängel offenkundig geworden sind. Mit der erneuten Trunkenheitsfahrt am 1.5.2005 sind jedoch derartige neue Eignungsmängel (im Sinne des § 13 Nr. 2 Buchst. b FeV) offenkundig geworden, die folgerichtig einer erneuten Klärung mittels eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bedurft und somit dessen Anforderung gerechtfertigt haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG und folgt der Festsetzung erster Instanz.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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