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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 07.07.2009
Aktenzeichen: 3 C 30/08
Rechtsgebiete: GG, SächsVerf, WRV, EvKirV, SächsLadÖffG


Vorschriften:

GG Art. 140
SächsVerf Art. 109 Abs. 4
WRV Art. 139
EvKirV Art. 21
SächsLadÖffG § 3 Abs. 2
SächsLadÖffG § 8 Abs. 1
SächsLadÖffG § 8 Abs. 2
Der in Art. 139 WRV i. V. m. Art. 140 GG und Art. 109 Abs. 4 SächsVerf verankerte Sonntagsschutz gestattet die Freigabe von vier aufeinanderfolgenden Sonntagen zur Ladenöffnung in aller Regel nicht.

Soweit die Freigabe mehrerer aufeinander folgender Sonntage möglich ist, gewinnt das Erfordernis einen besonderen regionalen Bedarfs bei der Ausübung des dem Verordnungsgeber durch § 8 Abs. 1 und 2 SächsLadÖffG eingeräumten Ermessens ein gesteigertes Gewicht.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 3 C 30/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Gültigkeit einer Rechtsverordnung zum Offenhalten von Verkaufsstellen

hier: Normenkontrolle

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Ullrich, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald, den Richter am Verwaltungsgericht Jenkis, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Oberveraltungsgericht Heinlein aufgrund der mündlichen Verhandlung

am 7. Juli 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Es wird festgestellt, dass § 3 Abs. 3 der Verordnung der Stadt Böhlen über das Offenhalten der Verkaufsstellen zum Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen vom 17. Oktober 2008 (Amtsblatt für Böhlen, Rötha und Espenhain, Nr. 14/2008, S. 4) unwirksam war.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen § 3 Abs. 3 der Verordnung der Stadt Böhlen über das Offenhalten der Verkaufsstellen zum Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen (im Folgenden: Verordnung) vom 17.10.2008 (Amtsblatt für Böhlen, Rötha und Espenhain, Nr. 14/2008, S. 4).

Die angegriffene Norm bestimmt, dass Verkaufseinrichtungen in der Stadt Böhlen, dem Stadtteil Großdeuben und dem Ortsteil Gaulis an den Sonntagen 30.11.2008, 7.12.2008, 14.12.2008 und 21.12. 2008 in der Zeit von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet haben dürfen. Die Verordnung beruht auf dem Sächsischen Gesetz über die Ladenöffnungszeiten (Sächsisches Ladenöffnungsgesetz - SächsLadÖffG), dessen maßgebliche Bestimmungen wie folgt lauten:

§ 3 Öffnungszeiten

(1) Montags bis sonnabends dürfen Verkaufsstellen von 6 bis 22 Uhr öffnen, am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt, nur bis 14 Uhr. (...)

(2) Außerhalb der in Absatz 1 genannten Zeiten sind die Öffnung von Verkaufsstellen und das Anbieten von Waren außerhalb von Verkaufsstellen zum Verkauf an jedermann verboten, soweit nicht durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes etwas anderes bestimmt wird (Ladenschlusszeiten).

§ 8 Verkaufsoffene Sonn- und Feiertage

(1) Abweichend von § 3 Abs. 2 dürfen Verkaufsstellen an jährlich bis zu vier Sonn- und Feiertagen zwischen 12 und 18 Uhr geöffnet sein.

(2) Die Gemeinden werden ermächtigt, die Tage nach Absatz 1 durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Bei der Freigabe kann die Öffnung auf bestimmte Ortsteile und Handelszweige beschränkt werden.

(3) Der Neujahrstag, der Karfreitag, der Ostersonntag, der Ostermontag, der 1. Mai, Christi Himmelfahrt, der Pfingstsonntag, der Pfingstmontag, der Tag der Deutschen Einheit, der Reformationstag, der Buß- und Bettag, der Volkstrauertag, der Totensonntag, der 24. Dezember, soweit er auf einen Sonntag fällt, der 1. und der 2. Weihnachtsfeiertag dürfen nicht freigegeben werden.

Am 4.12.2008 hat die Antragstellerin den Antrag auf Normenkontrolle gestellt, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen ausführt:

Sie sei gemäß § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, da sie geltend machen könne, durch die Verordnung oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. Subjektive Rechte ergäben sich für sie aus den Vorschriften des Evangelischen Kirchenvertrages Sachsen, insbesondere dem in Art. 21 des Vertrags verankerten Schutz des Sonntags.

Die Verordnung verstoße gegen höherrangiges Recht. Bereits die Rechtsgrundlage der Verordnung, § 8 Abs. 1 bis 3 SächsLadÖffG, sei verfassungswidrig, da sie sowohl das Gebot des Sonn- und Feiertagsschutzes als auch den Bestimmtheitsgrundsatz verletze.

Die Ausnahmeregelung in § 8 Abs 1 bis 3 SächsLadÖffG greife in unzulässiger Weise in den Kernbestand des Sonntagsschutzes ein und verstoße daher gegen Art. 140 GG bzw. Art. 109 Abs. 4 SächsVerf i. V. m. Art. 139 WRV. Die Ausnahmeregelung mache es möglich, eine Öffnung von Geschäften an vier Sonntagen in Folge zu gestatten. Dadurch könne der durch das verfassungsrechtliche Sonntagsgebot gewährleistete Wochenrhythmus für einen Zeitraum von fünf Wochen unterbrochen werden. Damit werde der kollektive Wochenrhythmus für einen erheblichen Anteil des Jahres außer Kraft gesetzt. Dies widerspreche dem grundlegenden Konzept der Sonntagsruhe. Einzelne Ausnahmen von dem Konzept der Sonntagsruhe müssten in einer Art und Weise erfolgen, die deutlich mache, dass es sich dabei um eine Ausnahme handele. Dies sei nur dann gegeben, wenn Ausnahmen jeweils Einzelfälle innerhalb der sonst geregelten Ordnung darstellen würden. Gerade dies sei nicht gewährleistet, wenn das Öffnen von Geschäften an vier Sonntagen in Folge möglich sei. Hier habe der Gesetzgeber zwingend eine Beschränkung derart ins Gesetz aufnehmen müssen, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraums maximal ein Sonntag verkaufsoffen sein könne. Die Möglichkeit, vier Sonntage in Folge als verkaufsoffen zu bestimmen, widerspreche der sozialen Dimension des Sonntagsschutzes.

Die Ausnahmeregelung ermögliche es weiter, auch die Sonntage im Advent als verkaufsoffen zu erklären. Dabei werde die Bedeutung der Adventssonntage nicht berücksichtigt. Dem Advent komme als Vorweihnachtszeit eine besondere Funktion innerhalb des christlichen Jahreskreises zu. Die Adventszeit stelle sowohl aufgrund der christlichen Tradition als auch in der gesellschaftlichen Praxis eine besondere Zeit der Besinnung und der familiären Ruhe dar und erfülle somit einen besonderen sozialen Zweck. Eine Öffnung der Geschäfte an den Adventssonntagen beeinträchtige im erheblichen Maße den spezifischen Charakter dieser Tage. Die besondere Bedeutung der Adventssonntage, der noch durch § 14 Abs. 3 Satz 1 LadSchlG (alt) Rechnung getragen worden sei, werde von der Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 1 bis 3 SächsLadÖffG vollständig außer Acht gelassen. Dies werde zusätzlich verstärkt durch die im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, eine Öffnung an allen Adventssonntagen in Folge zu gestatten.

Die Verwirklichung gleichwertiger Grundrechte könne durch die Ausnahmeregelung nicht bezweckt sein. Sofern die ökonomischen Interessen der Ladeninhaber oder der Gemeinden selbst entscheidend für die Sonderöffnungen wären, sei darauf hinzuweisen, dass diese Interessen eine Ausnahme von der Sonn- und Feiertagsruhe allein nicht rechtfertigen könnten. Auch das Bedürfnis von Teilen der Bevölkerung, an Sonn- und Feiertagen einkaufen zu gehen, rechtfertige eine Ausnahme trotz gewandelten Freizeitverhaltens nicht.

Die Verfassungswidrigkeit von § 8 Abs. 1 bis 3 SächsLadÖffG ergebe sich weiter daraus, dass diese Vorschrift nicht dem Bestimmtheitsgebot entspreche. Gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 2 SächsVerf müsse eine Ermächtigungsnorm Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung selbst hinreichend genau bestimmen. Vorliegend seien zwar Inhalt und Ausmaß der Regelung erkennbar, jedoch enthalte die Vorschrift keine Bestimmung bezüglich des Zwecks einer solchen Ausnahme. Sonderöffnungen an Sonntagen seien als intensiver Eingriff in Verfassungsrecht und sonstige Rechtspositionen einzustufen. Dementsprechend wäre es erforderlich gewesen, dass der Gesetzgeber den Zweck der Ausnahmeregelungen selbst in der Vorschrift hinreichend bestimme. Dies habe er vollständig unterlassen. Vielmehr sei es den Kommunen freigestellt, ohne Anlass beliebig von diesen Ausnahmeregelungen Gebrauch zu machen oder nicht. Einer verfassungskonformen Auslegung des § 8 Abs. 1 bis 3 SächsLadÖffG stehe der Wille des Gesetzgebers entgegen, der gerade darauf gerichtet gewesen sei, die Möglichkeit der Öffnung an allen vier Adventssonntagen zuzulassen. Soweit man die Rechtsgrundlage dagegen als verfassungsgemäß ansehe, weil der darin eröffnete Gestaltungsspielraum in verfassungskonformer Weise ausgeübt werden könne, sei die Verordnungsregelung, die es ermögliche, die Geschäfte in der Stadt Böhlen an allen vier Adventssonntagen im Jahr 2008 geöffnet zu halten, selbst rechtswidrig und verletze auch selbst den Kernbereich des Gebotes der Sonn- und Feiertagsruhe. Zur Verhinderung der Rechtswidrigkeit der Verordnung hätte die Antragsgegnerin ihren Gestaltungsspielraum dahin nutzen müssen, den Wertentscheidungen des Verfassungsrechts - Art. 140 GG bzw. Art. 109 Abs. 4 SächsVerf. i. V. m. Art. 139 WRV - durch eine Verteilung der verkaufsoffenen Sonntage auf das gesamte Jahr Rechnung zu tragen. Die Konzentration der Öffnungsmöglichkeiten auf die vier Adventssonntage verstoße zudem gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die besonders starke Beeinträchtigung des verfassungsrechtlichen Sonntagsschutzes stehe in keinem ausgeglichenen Verhältnis zu den damit verfolgten Zielen. Offensichtlich würden mit der Verordnung im Wesentlichen wirtschaftliche Zwecke verfolgt. Darüber hinaus sollten im Hinblick auf das Weihnachtsfest die Möglichkeiten des Einkaufens erweitert werden. Beides rechtfertige es jedoch nicht, gerade die vier Adventssonntage in Folge frei zu geben und dadurch eine ruhetagsfreie Zeit von mehr als fünf Wochen zu schaffen. Schließlich stehe die Rechtsverordnung auch im Widerspruch zu § 4 Abs. 1 und 2 SächsSFG.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass § 3 Abs. 3 der Verordnung der Stadt Böhlen über das Offenhalten der Verkaufsstellen zum Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen vom 17.10.2008 (Amtsblatt für Böhlen, Rötha und Espenhain, Nr.14/2008, S. 4) unwirksam war.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie macht geltend: Der Antrag sei unzulässig. Die Antragstellerin könne als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht Inhaberin von Grundrechten sein, insbesondere könne sie aus Art. 139 WRV i. V. m. Art. 140 GG keine Antragsbefugnis herleiten, da diese Verfassungsnormen lediglich eine objektiv-rechtliche institutionelle Garantie enthielten, ohne eine subjektive Berechtigung zu vermitteln. Auch das Sächsische Zustimmungsgesetz zum Kirchenvertrag vermöge eine Antragsbefugnis der Antragstellerin nicht zu begründen. Aus dem Schlussprotokoll zu Art. 21 Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen ergebe sich, dass die Vereinbarung dem Schutz der Religionsausübung diene, da der Freistaat gewährleiste, dass Schüler und Auszubildende sowie in einem Beschäftigungsverhältnis stehende Personen den Hauptgottesdienst besuchen und in dem dafür erforderlichen Umfang von ihrer Ausbildung oder Arbeitstelle fernbleiben könnten, soweit keine zwingenden betrieblichen Erfordernisse entgegenstehen würden. Diese Beschränkung auf den Besuch des Gottesdienstes lasse nur den Schluss zu, dass Sinn und Zweck des Zustimmungsgesetzes zum Kirchenvertrag nicht die Einräumung subjektiver Rechte in Bezug auf den Schutz der Sonntagsruhe sei, sondern allenfalls in Bezug auf die Religionsausübung. Da Art. 21 Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen keine Individualinteressen der Antragstellerin schützen solle, liege eine unzulässige Popularklage vor.

Das für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liege vor, da es auch nach Ablauf des Jahres 2008, für das die streitgegenständliche Verordnung die strittigen Sonderöffnungszeiten an Sonntagen geregelt habe, nicht ausgeschlossen sei, dass die Antragsgegnerin für das Jahr 2009 und die Folgejahre gleichlautende Regelungen treffe.

Die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der angegriffenen Verordnung in § 8 SächsLadÖffG sei verfassungsgemäß. Sie übernehme die seit Jahren geltende Regelung zur Öffnung an maximal vier Sonntagen im Jahr und billige den Gemeinden lediglich etwas größere Flexibilität bei der Bestimmung der vier Sonntage zur Ladenöffnung zu. Eine Verletzung des Kernbestandes der Sonntagsruhe ergebe sich daraus ebenso wenig wie aus dem Verzicht auf das Erfordernis eines besonderen Anlasses für die Öffnung von Geschäften an Sonntagen.

Dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe sei ausreichend durch die gesetzlichen Beschränkungen Rechnung getragen. So regele § 8 Abs. 1 SächsLadÖffG, dass die Öffnung jährlich an bis zu vier Sonn- und Feiertagen nur in der Zeit zwischen 12.00 und 18.00 Uhr und nicht zur Hauptgottesdienstzeit erfolgen dürfe. Darüber hinaus seien bestimmte kirchliche und staatliche Feiertage von der Ermächtigung zur Verkaufsöffnung am Sonntag ausdrücklich ausgenommen.

Durch das Offenhalten von Verkaufsstellen am Sonntag werde weder die soziale, noch die religiöse Dimension des Sonntagsschutzes beeinträchtigt. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Öffnung von Verkaufseinrichtungen am Sonntag gläubige Christen davon abhalte, den Gottesdienst zu besuchen. Im Übrigen könne auch das Einkaufen am Sonntag der seelischen Erhebung dienen, sofern es darauf ausgerichtet sei, eigenen Familienangehörigen, Verwandten und Freunden zum Weihnachtsfest Geschenke zu machen. Angesichts der durch das Arbeitsrecht gegebenen Möglichkeiten, Arbeitnehmer vor unzulässig langen Arbeitszeiten zu schützen, vermöge auch das Argument der Erschöpfung der Verkäufer kaum zu überzeugen. Sowohl das Einkaufen als auch die Inanspruchnahme von kulturellen Dienstleistungen gehörten nach der zwischenzeitlich in der Bevölkerung gewandelten Ansicht zu einer der Erholung dienenden Freizeitbeschäftigung.

Der Gesetzgeber habe mit den in § 8 Abs. 1 bis 3 SächsLadÖffG aufgenommenen Beschränkungen einen ausreichenden Schutz der Sonntagsruhe vorgesehen. Hinzukomme, dass er in § 15 SächsLadÖffG eine zeitliche Befristung bis zum 31.12.2010 in das Gesetz aufgenommen habe, um Erfahrungen mit den neuen Regelungen auszuwerten und ggf. Änderungen herbeizuführen. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber eine Beteiligung der Kirchen entsprechend den Staatskirchenverträgen lediglich bei der Bestimmung der Ausflugsorte mit besonderem Besucheraufkommen vorgesehen habe, in denen die von der Antragstellerin nicht angegriffenen Sonderrechte gemäß § 7 Abs. 2 SächsLadÖffG eingeräumt würden (Öffnung an allen 52 Sonntagen im Jahr für die Dauer von 8 Stunden). Aus dieser ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ergebe sich, dass der Gesetzgeber eine weitere Beteiligung der Kirchen bei der Regelung der verkaufsoffenen Sonn- und Feiertage gemäß § 8 SächsLadÖffG nicht für erforderlich gehalten habe.

Die Rechtsverordnung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen die Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Die Antragsgegnerin habe sich strikt an die gesetzlichen Vorgaben in § 8 SächsLadÖffG gehalten. Sie habe sich auch nicht schematisch dafür entschieden, für 2008 und alle weiteren Jahre jeweils alle vier Adventssonntage für den Verkauf freizugeben. Es gehe ihr auch nicht allein um ökonomische Interessen der Ladeninhaber, sondern um die Befriedigung des geänderten Freizeit- und Einkaufsverhaltens ihrer Bürger. Ausweislich der Begründung der Beschlussvorlage für den Stadtrat habe die Antragsgegnerin zunächst erwogen, Sonntagsöffnungen aufgrund von besonderen Anlässen (gesellschaftlichen Höhepunkten) zuzulassen. Da jedoch besondere Anlässe im Jahr 2008 nicht gegeben gewesen seien, habe man sich für die Zulässigkeit der Verkaufsöffnungen an allen vier Adventssonntagen entschieden. Gleichzeitig habe der Stadtrat dies auf 2008 beschränkt, um Erfahrungen aus 2008 auszuwerten und hierauf in den Folgejahren flexibel reagieren zu können.

Die Verordnung stehe auch nicht im Widerspruch zu § 4 SächsÖffG. Mit der Freigabe von lediglich vier Sonntagen bleibe der Kernbereich der durch diese Norm geschützten Sonntagesruhe gewahrt.

Dem Senat liegen die Akten der Antragsgegnerin (eine Heftung) und die Akten des Normenkontrollverfahrens vor, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Auf diese und die im vorliegenden Verfahren gewechselten Schriftsätze wird für die näheren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.

1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

a) Den Antrag kann nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO jede juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei ist ausreichend, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.1998, BVerwGE 108, 182). Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Antragstellerin kann sich gegenüber der Antragsgegnerin auf Art. 21 des Vertrages des Freistaates Sachsen mit den evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachsen (Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen) vom 24.3.1994 berufen, der durch das Zustimmungsgesetz vom 24.6.1994 (SächsGVBl. S. 1252) den Rang eines auch die Antragsgegnerin bindenden Landesgesetzes erlangt hat. Nach Art. 21 Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen wird der Schutz des Sonntags und der kirchlichen Feiertage gewährleistet. Damit wird der in Art. 140 GG bzw. 109 Abs. 4 SächsVerf i. V. m. Art. 139 Weimarer Verfassung verankerte Schutz des Sonntags und der staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung, der lediglich eine objektivrechtliche Institutsgarantie ohne subjektive Berechtigung darstellt (BVerfG, Beschl. v. 18.9.1995, NJW 1995, 3378), nicht einfach inhaltsgleich in den Vertrag aufgenommen. Vielmehr erfolgt dies mit der spezifisch religionsfördernden Zielrichtung, dass der Staat den Sonntagsschutz sowie den Schutz der - kirchlichen - Feiertage zu Gunsten der evangelischen Landeskirchen garantiert (vgl. bereits SächsOVG, Beschl. v. 8.5.2008, SächsVBl. 2008, 272 im Anschluss an OVG M-V, Beschl. v. 22.12.1999, NVwZ 2000, 948 zu Art. 7 bzw. Art. 23 der in Landesrecht transformierten Verträge zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und dem Heiligen Stuhl bzw. der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche; Westphal, Die Garantie der Sonn- und Feiertage als Grundlage subjektiver Rechte, Diss., Tübingen 2003, S. 182 ff.). Hiernach kann es nicht zweifelhaft sein, dass sich die Antragstellerin auf den Sonntagsschutz als subjektives Recht aus dem Kirchenvertrag berufen kann. Da eine Verletzung dieses Rechts durch die mit der Verordnung geschaffenen Sonderöffnungszeiten an Sonntagen auch zumindest möglich ist, ist die Antragsbefugnis der Antragstellerin für den Normenkontrollantrag zu bejahen.

Die von der Antragsgegnerin angesprochene Erklärung zu Art. 21 Evangelischer Vertrag Sachsen, die laut dessen Schlussprotokoll einen integrierenden Bestandteil des Vertrages bildet, steht der Antragsbefugnis nicht entgegen. Die Erklärung bezieht sich nicht auf den Sonntagsschutz, sondern betrifft nur die durch Landesgesetz zu treffende Festlegung gesetzlicher und kirchlicher Feiertage, bei deren Nichtkoinzidenz sie einen besonderen Schutz lediglich der Hauptgottesdienstzeiten vorsieht. Daraus lässt sich nicht schlussfolgern, dass es den evangelischen Landeskirchen verwehrt sein soll, sich auf den in Art. 21 des Kirchenvertrags geregelten Sonntagsschutz ohne diese Beschränkung zu berufen.

b) Der Antragstellerin fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse für ihren in der mündlichen Verhandlung auf die Feststellung umgestellten Antrag, dass die in § 3 Abs. 3 der angegriffenen Verordnung erfolgte und inzwischen durch Zeitablauf erledigte Freigabe der vier Adventssonntage des Jahres 2008 zur Ladenöffnung unwirksam war. Unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., 2007, § 47 Rn. 90) hat die Antragstellerin hinreichend konkreten - und von der Antragsgegnerin bestätigten - Anlass, mit einer vergleichbaren Verordnung zu rechnen.

2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

Die in § 3 Abs. 3 der Verordnung getroffene Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin, für ihr Stadtgebiet, den Stadtteil Großdeuben und den Ortsteil Gaulis von der durch § 8 Abs. 1 und 2 SächsLadÖffG eröffneten Möglichkeit durch Freigabe der vier Adventssonntage des Jahres 2008 Gebrauch zu machen, erweist sich als fehlerhaft, da sie der Bedeutung des verfassungsrechtlich garantierten Sonntagsschutzes nicht gerecht wird; die Regelung enthält keinen verhältnismäßigen Ausgleich mit mindestens gleichrangigen Verfassungsgütern und dient auch nicht einer regionalen Tradition.

a) Nach § 8 Abs. 1 SächsLadÖffG dürfen Verkaufsstellen abweichend von § 3 Abs. 1 an jährlich bis zu vier Sonn- oder Feiertagen zwischen 12 und 18 Uhr geöffnet sein. § 8 Abs. 2 Satz 1 SächsLadÖffG ermächtigt die Gemeinden, diese Tage durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Das der Antragsgegnerin hiernach eingeräumte Verordnungsermessen ist indes nicht unbeschränkt. Es ist auszurichten an den Zwecken der Ermächtigungsgrundlage, mithin in erster Linie an dem Ziel, von dem in § 3 Abs. 2 SächsLadÖffG zum Schutz des Sonntags festgelegten grundsätzlichen Verbot der Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen nur eng begrenzte, namentlich auf maximal vier Sonntage im Jahr beschränkte Ausnahmen zuzulassen. Daraus ergeben sich für die Ausübung des Ermessens folgende Maßstäbe:

aa) Die in Art. 139 WRV enthaltene Garantie des Sonntags als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung genießt aufgrund ihrer Inkorporation durch Art. 140 in das Grundgesetz und durch Art. 109 Abs. 4 in die Sächsische Verfassung selbst Verfassungsrang. Lediglich Art und Ausmaß des Schutzes bedürfen der gesetzlichen Ausgestaltung. Dabei kann der Gesetzgeber - von einem unantastbaren Kernbestand an Sonn- und Feiertagsruhe abgesehen - andere Belange als den Schutz der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung zur Geltung bringen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Schutz des Art. 139 WRV in der säkularisierten Gesellschafts- und Staatsordnung nicht auf einen religiösen oder weltanschaulichen Sinngehalt des Sonntags beschränkt. Neben der Möglichkeit der Religionsausübung zielt die Regelung auch auf die Verfolgung weltlicher Ziele wie der persönlichen Ruhe, Besinnung, Erholung und Zerstreuung. An den Sonn- und Feiertagen soll jedoch grundsätzlich die Geschäftstätigkeit in Form der Erwerbsarbeit ruhen, damit der Einzelne diese Tage allein oder in Gemeinschaft mit anderen ungehindert von werktäglichen Verpflichtungen und Beanspruchungen nutzen kann. Ausnahmeregelungen sind von Verfassungs wegen nur zur Wahrung höher- oder gleichwertiger Rechtsgüter möglich. Lässt der Gesetzgeber Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit zu, so ist ihm im Rahmen seines Gestaltungsermessens aufgegeben, dem Auftrag des Art. 139 WRV Rechnung zu tragen und einen Ausgleich mit den anderen durch die Verfassung geschützten Rechtsgütern unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes herzustellen. Dabei kann der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums auf eine geänderte soziale Wirklichkeit, wie z. B. Änderungen im Freizeitverhalten, Rücksicht nehmen. Im Falle der Arbeit für den Sonn- und Feiertag kann die Abwägung zwischen den Freizeitbelangen der Bevölkerung und der Belastung der Arbeitnehmer durch Arbeit eher zum Zurücktreten des Sonn- und Feiertagsschutzes der betreffenden Arbeitnehmer führen als bei der Arbeit trotz Sonn- und Feiertag. Stets aber muss ein hinreichendes Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes gewahrt bleiben (vgl. zu allem BVerfG, Urt. v. 9.6.2004, BVerfGE 111, 10; BVerwG, Urt. v. 25.8.1992, BVerwGE 90, 337 und Urt. v. 15.3.1988, BVerwGE 79, 118).

Dabei lässt es Art. 139 WRV i. V. m. Art. 140 GG und Art. 109 Abs. 4 SächsVerf grundsätzlich nicht zu, ein hinreichendes Schutzniveau nur bezogen auf den Zeitraum eines Kalenderjahres zu wahren. Durch die Garantie des Sonntagsschutzes beziehen sich die Verfassungsnormen vielmehr auf einen Sieben-Tages-Rhythmus (Morlok/Heinig, NVwZ 2001, 846 f.; vgl. hierzu und zum Folgenden Mosbacher, Sonntagsschutz und Ladenschluss, Diss., Berlin 2007, S. 202 ff.) mit der Folge, dass sie die Einhaltung dieses Wochenrhythmus grundsätzlich gebieten und nicht gestatten, den verfassungsrechtlichen Schutz des Sonntags für einige Wochen gleichsam zu suspendieren. Daraus ergibt sich das Gebot, bei geringerem Schutz mehrerer Sonntage durch ihre Freigabe zur Ladenöffnung zwischen weniger geschützten und mehr geschützten Sonntagen abzuwechseln. Zwar sind die Vorgaben des Art. 139 WRV nicht dahin verengt zu verstehen, dass der Gesetzgeber einem weniger geschützten Sonntag zwingend einen mehr geschützten Sonntag folgen lassen muss. Dem Grundgedanken der Rhythmisierung, der sich im Ladenschlussrecht auch zu Gunsten der Arbeitnehmer findet (vgl. § 10 Abs. 4 SächsLadÖffG bzw. § 17 Abs. 3 LadSchlG zur Beschäftigungsfreiheit an jedem dritten Sonntag), wird aber jedenfalls die Freigabe von vier aufeinander folgenden Sonntagen in aller Regel nicht mehr gerecht.

bb) Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung zum Ladenöffnungsgesetz (LT-Drs. 4/6839) ist es vorrangiges Ziel des Gesetzes, neben dem verfassungsrechtlich verankerten Schutz der Sonn- und Feiertage die Beschäftigten vor überlangen und sozial ungünstigen Arbeitszeiten zu schützen. Das Gesetz soll einen Ausgleich zwischen den Interessen der Verkaufsstelleninhaber, den im Einzelhandel Beschäftigten und den Verbrauchern herstellen. Dieser Interessenausgleich soll in erster Linie dadurch erreicht werden, dass die bisherigen Ladenöffnungszeiten an Werktagen erweitert werden. Den damit angesprochenen verfassungsrechtlich geschützten Interessen der Ladeninhaber (Art. 12 Abs. 1 GG) und der Verbraucher (Art. 2 Abs. 1 GG) soll nach dem Willen des Gesetzgebers zwar auch bei der Freigabe von Sonntagen Rechnung getragen werden. Dabei sollen aber "Ausnahmen nur in engen Grenzen möglich" sein. Zu den Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise die Ladenöffnung an Sonntagen möglich sein soll, soll zwar nicht mehr die bisher in § 14 Abs. 2 LadSchlG als Tatbestandsmerkmal geregelte Anlassbezogenheit ("aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen") zählen, da diese nicht mehr der gesellschaftlichen Wirklichkeit entspreche. Ausdrücklich benennt der Gesetzentwurf aber als Zweck der Ermächtigungsgrundlage zur ausnahmsweisen Freigabe von bis zu vier Sonn- oder Feiertagen, regionalen Besonderheiten Rechnung zu tragen (LT-Drs. 4/6839, S. 6). Der untergesetzliche Normgeber ist hiernach verpflichtet, von dem ihm eingeräumten Verordnungsermessen nur zum Zwecke der Berücksichtigung eines spezifischen örtlichen Bedarfs Gebrauch zu machen. Dabei kann er etwa eine unter den ansässigen Verbrauchern und Händlern besonders hohe Akzeptanz der ausnahmsweisen Sonntagsöffnung berücksichtigen oder auf besondere regionale Traditionen abstellen.

Soweit nach dem oben aa) Ausgeführten überhaupt die Freigabe mehrerer aufeinander folgender Sonntage möglich ist, gewinnt der besondere regionale Bedarf bei der Ausübung des dem Verordnungsgeber eingeräumten Freigabeermessens ein gesteigertes Gewicht. Das ist der Entstehungsgeschichte des Ladenöffnungsgesetzes zu entnehmen. Der Gesetzgeber hatte, soweit mehrere aufeinander folgende Sonntage für die Freigabe in Betracht kommen, die Adventszeit im Blick und wollte diese nicht mehr, wie bisher in § 14 Abs. 3 LadSchlG geregelt, von der Freigabemöglichkeit ausnehmen. Damit sollte der Landtagsbeschluss vom 22.9.2005 zum Thema "Ladenöffnung an Adventssonntagen im Rahmen traditioneller Weihnachtsmärkte insbesondere im Erzgebirge" (LT-Drs 4/2485; PlPr 4/28) umgesetzt werden, nach dem "die Staatsregierung alles unternehmen soll, damit in den Innenstädten des Weihnachtslandes Erzgebirge Ausnahmen zur Ladenöffnung an den Adventssonntagen ermöglicht werden" (LT-Drs. 4/6839, S. 6). Dementsprechend sollte durch die Ermächtigungsgrundlage vor allem den Gemeinden im Erzgebirge wieder die Möglichkeit eröffnet werden, "gemäß ihrer regionalen Tradition, an den Sonntagen im Advent die Läden aus Anlass von traditionellen Weihnachtsmärkten oder Bergparaden zu öffnen." In der Begründung des vom Landtag einstimmig beschlossenen Antrags werden des Weiteren der Gemeinwohlbelang der Wirtschaftsförderung im eher strukturschwachen Erzgebirge sowie die Interessen derjenigen Händler hervorgehoben, die sich - auch ohne ein eigens auf den Fremdenverkehr zugeschnittenes Warenangebot zu führen - in das örtliche Gesamtkonzept erheblich einbringen. Beide Belange sind insoweit jedoch nicht losgelöst, sondern nur mit der spezifischen Blickrichtung auf die regionale Weihnachtsmarkttradition zu beachten. Vor diesem entstehungsgeschichtlichen Hintergrund ist der Verordnungsgeber verpflichtet, wenn er mehrere aufeinander folgende Sonntage zur Freigabe wählen will, neben der Wahrung des in Art. 139 WRV verankerten Regel-Ausnahme-Verhältnisses die Förderung einer regionalen Tradition als leitenden Ermessenszweck anzustreben.

cc) Schließlich kann bei der Freigabe die Öffnung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 SächsLadÖffG auf bestimmte Ortsteile und Handelszweige beschränkt werden. Daraus folgt, dass der Verordnungsgeber bei der Freigabeentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen auch darüber zu befinden hat, ob ein Interessenausgleich schon durch diese Beschränkung herbeigeführt werden kann. Ist das der Fall, wäre eine weitergehende Öffnung nicht erforderlich und damit nicht verhältnismäßig.

b) Gemessen an diesen Maßstäben hat die Antragsgegnerin die Grenzen des ihr durch § 8 Abs. 1 und 2 SächsLadÖffG eingeräumten Normsetzungsermessens überschritten, indem sie mit § 3 Abs. 3 der angefochtenen Verordnung in ihrem Stadtgebiet, dem Stadtteil Großdeuben und dem Ortsteil Gaulis alle vier Adventssonntage des Jahres 2008 zur Ladenöffnung freigegeben hat.

Mit der Freigabe von vier aufeinander folgenden Sonntagen wurde das nach Art. 139 WRV i. V. m. Art. 140 GG bzw. Art. 109 Abs. 4 SächsVerf gebotene hinreichende Niveau des Sonntagsschutzes nicht mehr gewahrt. Nach der Begründung der Verordnung gab es im Jahr 2008 "keine gesellschaftlichen Höhepunkte", die eine Öffnung der Verkaufsstellen an einem Sonntag erforderlich gemacht hätten. Deshalb sollten "unter Berücksichtigung der Einkaufsbedürfnisse der Bürger (...) die jeweils vier Adventssonntage (umsatzstärkste Zeit) des Jahres" freigegeben werden. Damit wurde der Sonntagsschutz über den Zeitraum von vier aufeinander folgenden Sonntagen hinter den Interessen der Verbraucher und Händler sowie dem Belang der Umsatzförderung gänzlich zurückgestellt. Ein angemessener Interessenausgleich kann darin nicht mehr erblickt werden.

So fehlte es zudem an der von der Ermächtigungsgrundlage bezweckten Förderung einer regionalen Tradition. Ebenso wenig waren sonstige örtliche Besonderheiten zur Rechtfertigung der Sonntagsöffnung an allen Adventssonntagen ersichtlich. Nach den Angaben der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung findet in der Stadt Böhlen mit ca. 7.000 Einwohnern kein Weihnachtsmarkt statt. Für eine besonders hohe Akzeptanz der Öffnung aller Adventssonntage in ihrem Stadtgebiet gab es keinerlei Anhaltspunkte, zumal nach den weiteren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nur ein Supermarkt sowie ein Discounter von der Öffnungsmöglichkeit tatsächlich Gebrauch gemacht haben. Die von der Antragsgegnerin bezweckte Umsatzförderung war für sich genommen nicht gewichtig genug, um den Eingriff in den Sonntagsschutz zu rechtfertigen. Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, sie habe sich strikt an die Vorgaben des § 8 Abs. 1 SächsLadÖffG gehalten, berücksichtigt sie nicht, dass mit dem ausdrücklichen Verzicht auf die bisherige Anlassbezogenheit nicht zugleich auch das Erfordernis eines regionales Bedürfnisses für die Sonntagsöffnung aufgegeben wurde, ohne welches der parlamentarische Gesetzgeber keinen Anlass gehabt hätte, eigene Gestaltungsfreiräume an den örtlichen Normgeber weiterzuleiten. Fehlte es an einem solchen Bedürfnis, verstößt es gegen das in Art. 139 WRV verankerte und vom Gesetzgeber mit § 3 Abs. 2 und § 8 Abs. 1 und 2 SächsLadÖffG normierte Regel-Ausnahme-Verhältnis des Sonntagsschutzes, dass in dem angegriffenen Umfang Ausnahmen zugelassen wurden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist im Hinblick auf den Art. 139 WRV i. V. m. Art. 140 GG entnommenen Grundsatz, dass der Sonntagsschutz in Bezug auf den Sieben-Tages-Rhythmus garantiert und bei der Freigabe von vier aufeinander folgenden Sonntagen zur Ladenöffnung nicht mehr hinreichend gewahrt ist, gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Beschluss

Der Streitwert wird in Ermangelung genügender Anhaltspunkte für eine anderweitige Bestimmung gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,- € festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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