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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 11.11.2008
Aktenzeichen: 4 A 520/08
Rechtsgebiete: BImSchG, ZPO


Vorschriften:

BImSchG § 24
BImSchG § 25 Abs. 1
ZPO § 43
1. Eine Verfügung gemäß § 25 Abs. 1 BImSchG kann unverhältnismäßig sein, wenn die Immissionsschutzbehörde durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben hat, aus besonderen Gründen den unerlaubten Betrieb einer Anlage einstweilen zu dulden, und der Anlagenbetreiber im Hinblick darauf vertrauen durfte, dass eine Untersagung einer Anlage unterbleibt.

2. Hatten wiederholte Maßnahmen zur Vollstreckung einer Anordnung nach § 24 Satz 1 BImSchG nicht dazu geführt, dass die Anlage zumindest über einen größeren Zeitraum hinweg ohne Verstoß gegen Maßgaben einer solchen Anordnung betrieben wurde, steht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einer Verfügung zur vollständigen oder teilweisen Untersagung gemäß § 25 Abs. 1 BImSchG nur unter besonderen Umständen entgegen. Die Annahme solcher Umstände ist ausgeschlossen, wenn erkennbar ist, dass der Betreiber gar nicht willens oder in der Lage ist, seinen Verpflichtungen aus einer Anordnung gemäß § 24 Satz 1 BImSchG nachzukommen. Dies gilt auch für den Fall, dass die Untersagung des Betriebs mit erheblichen negativen wirtschaftlichen Folgen verbunden ist.

3. Ist ein Ablehnungsgesuch unzulässig, kann der betroffene Richter bei einem Urteil auch dann mitwirken, wenn er sich zu dem Befangenheitsantrag nicht geäußert hat und eine gesonderte Entscheidung nach § 45 Abs. 1 ZPO zuvor nicht ergangen ist.

4. Ein Ablehnungsgrund ist im Sinne des § 43 ZPO geltend gemacht, wenn der Betroffene einen hierauf gestützten Ablehnungsantrag gestellt hat.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 4 A 520/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Immissionsschutzrechts

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein und die Richterin am Verwaltungsgericht von Wedel

am 11. November 2008

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 23. Juli 2008 - 2 K 680/08 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 102.600,- € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Antragsbegründungsfrist vorgebrachten, den Prüfungsumfang des Senats begrenzenden (§ 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) Darlegungen der Klägerin lassen das Vorliegen der geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 VwGO nicht erkennen.

1. Der Landkreis Chemnitzer Land (Landkreis) untersagte der Klägerin im Jahre 2002 im Wege einer nachträglichen Anordnung gemäß § 24 BImSchG die Überschreitung eines Immissionsrichtwerts von 45 dB (A) und einzelnen Geräuschspitzen von 65 dB (A) beim nächtlichen Betrieb ihrer sich in einem Mischgebiet befindlichen Anlage zum Putzen und zur Oberflächenbehandlung von Gussteilen. Das sich anschließende Klageverfahren endete im Jahre 2004 mit einem gerichtlichen Vergleich. Dabei verpflichtete sich der Landkreis, von Vollstreckungsmaßnahmen bis 30.4.2005 abzusehen. Hintergrund hierfür war eine seitens der Klägerin bekundete Standortverlegung, zu der es jedoch bis heute nicht gekommen ist. Wegen Überschreitung der zulässigen Grenzwerte beim Nachtbetrieb setzte der Landkreis in der Folgezeit gegen die Antragstellerin Zwangsgeld in Höhe von 2.000 €, 3.000 € und 6.000 € fest. Mit Bescheid vom 24.1.2008 untersagte er gemäß § 25 BImSchG den nächtlichen Betrieb der in Rede stehenden Anlage und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Verfügung an. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 6.6.2008 zurückgewiesen. Den anschließenden Antrag der Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung ihrer Anfechtungsklage wiederherzustellen, lehnte das Verwaltungsgericht Chemnitz ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die angefochtene Verfügung sei offensichtlich rechtmäßig und ihre sofortige Vollziehung nicht mit unzumutbaren wirtschaftlichen Folgen für die Klägerin verbunden. Kurz darauf wies es die Klage unter Bezugnahme auf den Beschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO ab und führte dabei ergänzend aus, die geltend gemachten wirtschaftlichen Folgen der streitgegenständlichen Verfügung stünden der Annahme ihrer Verhältnismäßigkeit nicht entgegen.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Verfahrens zumindest als ungewiss anzusehen ist. Dies ist hier nicht der Fall.

Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, das Verwaltungsgericht habe die Verhältnismäßigkeit der angefochtenen Verfügung gemäß § 25 Abs. 1 BImSchG zu Unrecht bejaht, weil der Beklagte die Überschreitung der festgesetzten Grenzwerte beim nächtlichen Betrieb der Anlage durch die Klägerin über einen längeren Zeitraum hinweg geduldet (sh. 2.1) und nicht berücksichtigt habe, dass die wirtschaftlichen Folgen dieser Verfügung für die Klägerin unzumutbar seien. (sh. 2.2).

2.1 Zwar kann eine Verfügung gemäß § 25 Abs. 1 BImSchG unverhältnismäßig sein, wenn die Immissionsschutzbehörde durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben hat, aus besonderen Gründen den unerlaubten Betrieb einer Anlage einstweilen zu dulden, und der Anlagenbetreiber im Hinblick darauf vertrauen durfte, dass eine Untersagung einer Anlage unterbleibt. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Die Klägerin hatte bei Erlass der streitgegenständlichen Verfügung keinen Anlass darauf zu vertrauen, dass die Untersagung des nächtlichen Betriebs wegen der Überschreitung der in Rede stehenden Grenzwerte unterbleibt. Der Landkreis hatte einen entsprechenden Vertrauenstatbestand nicht geschaffen. Die Untersagung des nächtlichen Betriebs der Anlage erfolgte vielmehr, nachdem dieser zum dritten Mal der Klägerin gegenüber Zwangsgeld wegen Verstoßes gegen seine Verfügung gemäß § 24 Satz 1 BImSchG festgesetzt und schließlich die Untersagung der Nachtschicht angekündigt hatte.

2.2 Das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsantrag zu den wirtschaftlichen Folgen und der Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden Anordnung gemäß § 25 Abs. 1 BImSchG, wonach der Betrieb einer Anlage ganz oder teilweise bis zur Erfüllung einer vollziehbaren Anordnung gemäß § 24 Satz 1 BImSchG untersagt werden kann, ist nicht geeignet, die gerügte Auffassung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis in Frage zu stellen.

Bei der Frage, ob bzw. inwieweit negative wirtschaftliche Folgen für den Betreiber der Anlage der Verhältnismäßigkeit einer Anordnung gemäß § 25 Abs. 1 BImSchG entgegen stehen können, ist zunächst das System der Regelungen der §§ 24 und 25 BImSchG zur Durchsetzung von Pflichten des Anlagenbetreibers gemäß § 22 BImSchG in den Blick zu nehmen. Zur Durchsetzung der Pflichten des Anlagenbetreibers gemäß § 22 BImSchG kann die Behörde eine Anordnung nach § 24 Satz 1 BImSchG treffen. Eine solche Anordnung kommt nur in Betracht, wenn konkret schädliche Umwelteinwirkungen vorliegen (Jarass, BImSchG, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Kommentar, 7. Aufl. 2007, § 24 Rn. 6), der Betreiber seinen Pflichten aus § 22 BImSchG also nicht von selbst nachkommt. Bei der Frage, ob und welche Anordnung nach § 24 BImSchG ergehen soll, muss die Behörde im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten. Kommt der Anlagenbetreiber nach Erlass einer vollziehbaren Anordnung gemäß § 24 BImSchG seinen hierdurch näher bestimmten Pflichten im Sinne des § 22 BImSchG nicht nach, kann diese vollstreckt werden. In der Regel kommt hier die Festsetzung von Zwangsgeld in Betracht; die Behörde kann den Betrieb der Anlage nach § 25 Abs. 1 BImSchG aber auch ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der vollziehbaren Anordnung im Sinne des § 24 Satz 1 BImSchG untersagen (Jarass, a. a. O, § 25 Rn. 7). Dabei muss sie jedoch beachten, dass eine Untersagungsverfügung nach § 25 Abs. 1 BImSchG schon deswegen unverhältnismäßig sein kann, weil Maßnahmen zur Vollstreckung einer Anordnung nach § 24 Satz 1 BImSchG zuvor noch nicht getroffen wurden. Hatten wiederholte Maßnahmen zur Vollstreckung einer Anordnung nach § 24 Satz 1 BImSchG nicht dazu geführt, dass die Anlage zumindest über einen größeren Zeitraum hinweg ohne Verstoß gegen Maßgaben einer solchen Anordnung betrieben wurde, steht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einer Verfügung zur vollständigen oder teilweisen Untersagung nur unter besonderen Umständen entgegen. Die Annahme solcher Umstände ist jedoch ausgeschlossen, wenn erkennbar ist, dass der Betreiber gar nicht willens oder in der Lage ist, seinen Verpflichtungen aus einer Anordnung gemäß § 24 Satz 1 BImSchG nachzukommen. Dies gilt auch für den Fall, dass die Untersagung des Betriebs mit erheblichen negativen wirtschaftlichen Folgen verbunden ist. Denn grundsätzlich besteht kein Recht dazu, eine Anlage im Sinne der §§ 22 ff BImSchG auf unbestimmte Zeit entgegen den gesetzlichen Verpflichtungen zu betreiben.

Hiervon ausgehend stehen die geltend gemachten wirtschaftlichen Konsequenzen des Verbots zum nächtlichen Betrieb der Anlage der Klägerin gemäß § 25 Abs. 1 BImSchG der Annahme ihrer Verhältnismäßigkeit nicht entgegen.

2.2.1 Weder die Festsetzung von Zwangsgeld in Höhe von 3.000 € mit Bescheid vom 5.10.2006 noch die Festsetzung von Zwangsgeld in Höhe von 6.000 € mit Bescheid vom 10.4.2007 hatten dazu geführt, dass die Anlage der Klägerin nachts über einen größeren Zeitraum hinweg ohne Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einhaltung der in Rede stehenden Geräuschemissionen betrieben wurde. Die Schallgutachten vom 6.3.2007 und vom 21.5.2008 kamen zum Ergebnis, dass die zulässigen Grenzwerte beim Nachtbetrieb der Anlage überschritten waren. Bedenken gegen die Verwertbarkeit dieser Gutachten hat die Klägerin nicht hinreichend substanziiert vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

2.2.2 Des Weiteren ist erkennbar, dass die Klägerin nicht willens oder in der Lage ist, die Verpflichtungen aus der hier in Rede stehenden Anordnung einzuhalten. Dies ergibt sich aus ihren Einlassungen im Zusammenhang mit dem schon seit Jahren dauernden Konflikt über die Geräuschemissionen bei Nacht. Sie ist den Vorwürfen wegen zu hoher Emissionen seit 2004 stets mit der Ankündigung entgegen getreten, dass sie den Betrieb verlagern will. Belastbare Stellungnahmen zu Investitionen für Schallschutzmaßnahmen, die die Einhaltung der Grenzwerte nachhaltig sicherstellen würden, gab sie in diesem Zusammenhang nicht ab, und räumte im Gegenteil ein, dass sich solche Investitionen am bisherigen Standort nicht lohnen würden. Soweit sie im Zusammenhang mit dem Widerspruchverfahren wiederum darauf verweist, dass sie alsbald eine Standortverlagerung vornehme und zudem geltend macht, dass das Verbot der Nachtschicht zur Insolvenz führen würde, zeigt auch dies ihre mangelnde Bereitschaft zur Einhaltung der zulässigen Emissionswerte. Die in Rede stehende Untersagung der Nachtschicht gemäß § 25 Abs. 1 BImSchG könnte nicht aufrecht erhalten werden, wenn die Klägerin glaubhaft gemacht hätte, dass sie ihren Pflichten nunmehr nachkommen würde (Jarass, a. a. O., § 25, Rn. 7).

3. Soweit die Klägerin sich auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO stützt, kann ihr Vorbringen dem Antrag ebenfalls zu keinem Erfolg verhelfen.

3.1 Die Klägerin hat zur Begründung eines Verfahrensfehlers zunächst geltend gemacht, sie habe in der mündlichen Verhandlung am 23.7.2008 einen gegen die Vorsitzende Richterin gerichteten Befangenheitsantrag gestellt. Hierüber hätte ohne diese Richterin gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 45 ZPO entschieden werden müssen, weil er - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht unzulässig im Sinne des § 43 ZPO gewesen sei. Der Zulässigkeit des Antrages stünde diese Vorschrift nicht entgegen, weil die Klägerin den Sach- und Streitstand in der mündlichen Verhandlung lediglich unter dem Vorbehalt der Gewährung einer Schriftsatzfrist erörtert habe. Des Weiteren sei der Antrag auch begründet gewesen und die Vorsitzende Richterin hätte dementsprechend nicht bei dem angefochtenen Urteil mitwirken dürfen, weil an der Neutralität der Vorsitzenden Richterin zu zweifeln Anlass bestanden habe. Die Klägerin habe mit den Schreiben vom 16.7.2008 und vom 18.7.2008 die Verlegung des anberaumten Termins am 23.7.2008 und eine entsprechende Schriftsatzfrist beantragt, weil es ihr nicht möglich bzw. zumutbar gewesen sei, auf den Schriftsatz des Beklagten vom 4.7.2008 bis zum anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung angemessen Stellung zu nehmen. Diesem Anliegen habe die Vorsitzende Richterin nicht Rechnung getragen.

Dieses Vorbringen der Klägerin rechtfertigt die Annahme eines Verfahrensfehlers nicht. Zwar sieht § 45 Abs. 1 ZPO vor, dass über das Ablehnungsgesuch ohne den betroffenen Richter entschieden wird. Ist das Ablehnungsgesuch unzulässig, ist eine gesonderte Entscheidung über das Ablehnungsgesuch unter Ausschluss des betroffenen Richters nicht notwendig. In diesem Fall kann der Richter - wie hier - bei einem Urteil auch dann mitwirken, wenn er sich zu dem Befangenheitsantrag nicht geäußert hat (sh. Czybulka, a. a. O., § 54 Rn. 105) und eine gesonderte Entscheidung nach § 45 Abs. 1 ZPO zuvor nicht ergangen ist (sh. hierzu BVerwG, Beschl. v. 7.10.1987 - 9 CB 20/87 - zit. nach juris; BVerwG, Urt. v. 5.12.1975 - zit. nach juris; Czybulka, a. a. O., § 54 Rn. 121; Günter, NJW 1986, 281[289]). Dass das Verwaltungs-gericht hier zu Unrecht von einem unzulässigen Ablehnungsantrag im Sinne des § 43 ZPO ausgegangen ist, kann dem Zulassungsantrag nicht entnommen werden. Nach dieser Vorschrift kann eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Diese Regelung bezweckt im Interesse der Rechtssicherheit und der Prozessökonomie, eine Partei anzuhalten, ihre Zweifel an der Unbefangenheit des Richters alsbald kundzutun, damit ein Rechtsstreit nicht verzögert und bereits geleistete prozessuale Arbeit nutzlos wird. Im Hinblick darauf ist ein Ablehnungsgrund im Sinne des § 43 ZPO geltend gemacht, wenn der Betroffene einen hierauf gestützten Ablehnungsantrag gestellt hat (sh. Czybulka: in Sodann/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 54 Rn. 91).

Hiervon ausgehend steht das Vorbringen der Klägerin der Annahme der Voraussetzungen des § 43 ZPO nicht entgegen. Der von ihr geltend gemachte Ablehnungsgrund war ihr bereits nach ihrem eigenen Vorbringen vor Beginn der mündlichen Verhandlung am 23.7.2008 bekannt. Des Weiteren hat sie sich auch im Sinne des § 43 ZPO in eine Verhandlung eingelassen bzw. ihren Klageantrag gestellt, ohne zuvor den Ablehnungsgrund geltend gemacht zu haben. Soweit sie demgegenüber meint, sie habe den angesprochenen Ablehnungsgrund rechtzeitig geltend gemacht, weil sie sich nur unter Vorbehalt in eine mündliche Verhandlung eingelassen habe, kann der Senat ihr nicht folgen. Dieses Vorbringen ist insoweit für die Beurteilung der Frage, ob sie den Ablehnungsgrund tatsächlich rechtzeitig geltend gemacht hat, zu unbestimmt und dementsprechend nicht geeignet, die gerügte Auffassung des Verwaltungsgerichts mit Erfolg in Frage zu stellen; hieraus wird nicht deutlich, ob sie rechtzeitig einen Ablehnungsantrag gestellt hat. Dessen ungeachtet ergibt sich dies auch nicht aus der insoweit nicht beanstandeten Niederschrift über die mündliche Verhandlung zugunsten der Klägerin. Zwar geht hieraus hervor, dass die Klägerin ihren Antrag auf Gewährung einer Schriftsatzfrist wiederholt hat, nicht jedoch, dass sie vor Stellung des Klageantrags bzw. vor Erörterung der Sach- und Rechtslage zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die Vorsitzende Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnt.

3.2 Soweit die Klägerin zur Begründung eines Verfahrensfehlers des Weiteren geltend macht, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO sei verletzt, weil das Verwaltungsgericht ihrem Antrag auf Gewährung einer Schriftsatzfrist nicht entsprochen habe, kann ihr Vorbringen dem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen.

Das Gebot zur Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Beteiligten müssen demnach auch Gelegenheit erhalten, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen und zu den entscheidungserheblichen Rechtsfragen sachgemäß, zweckentsprechend und erschöpfend erklären zu können (BVerwG, Beschl. v. 15.7.2008 - 8 B 24/08 - zit. nach juris). Das Gebot zur Gewährung rechtlichen Gehörs kann verletzt sein, wenn das Gericht eine Entscheidung gefällt hat, ohne zuvor einem Antrag auf Einräumung einer beantragten Schriftsatzfrist stattgegeben zu haben. Voraussetzung dafür ist, dass die Einräumung dieser Frist notwendig gewesen ist, um dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, sich zu den entscheidungserheblichen Fragen des Rechtsstreits in der angesprochenen Weise zu erklären. Ob dies hier der Fall war, kann dem Vorbringen der Klägerin im Zulassungsantrag nicht entnommen werden. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zur Begründung der Gehörsrüge geltend gemacht, dass ihm eine sachgerechte Stellungnahme zu dem ihr am 9.7.2008 zugegangenen Schriftsatz der Beklagten vom 4.7.2008 bis zur mündlichen Verhandlung am 23.7.2008 wegen akuter Arbeitsüberlastung und der Erforderlichkeit einer Konsultation mit dem zuständigen Steuerberater sowie weiterer Recherchen und Besprechungen mit der Klägerin nicht möglich gewesen sei. Allerdings hat dieser nicht angegeben, ob in dem angesprochenen Schriftsatz der Beklagten überhaupt bislang nicht erörterte entscheidungserhebliche Tatsachen- und Rechtsfragen angesprochen worden waren. Des Weiteren enthält der Zulassungsantrag keine hinreichenden Ausführungen, warum ungeachtet der seit langem bestehenden Konfliktlage und einem Erörterungstermin beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht am 7.7.2008 zu dem die streitgegenständliche Verfügung betreffenden Eilverfahren (4 B 227/08) die angesprochenen Gespräche und Recherchen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung notwendig gewesen sein sollten. Schließlich ergeben sich aus dem Vorbringen der Klägerin keine Anhaltspunkte dafür, dass in der mündlichen Verhandlung am 23.7.2008 bislang nicht erörterte entscheidungserhebliche Fragen aufgeworfen worden wären, die die Einräumung der beantragten Schriftsatzfrist notwendig gemacht hätten.

Schließlich kann die Klägerin die Gehörsrüge nicht mit Erfolg darauf stützen, dass das Verwaltungsgericht das Vorbringen der Klägerin zu ihren Umzugsbemühungen und zu den Folgen der streitgegenständlichen Verfügung außer Acht gelassen habe. Die Entscheidungserheblichkeit dieses Vorbringens ist im Zulassungsantrag weder substanziiert dargelegt worden noch ersichtlich.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an der Festsetzung des Streitwerts durch das Verwaltungsgericht, gegen die die Beteiligten Einwände nicht erhoben haben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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