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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 15.03.2005
Aktenzeichen: 4 B 436/04
Rechtsgebiete: GG, VwGO, SächsVerf, SächsGemO


Vorschriften:

GG Art. 20
GG Art. 28 Abs. 1 Satz 2
VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 43
VwGO § 61 Nr. 2
VwGO § 91
VwGO § 116 Abs. 1 Satz 1
VwGO § 154
SächsVerf Art. 1
SächsVerf Art. 3 Abs. 1
SächsVerf Art. 86 Abs. 1
SächsGemO § 56 Abs. 1
SächsGemO § 56 Abs. 2

Entscheidung wurde am 06.04.2005 korrigiert: das Verkündungsdatum im Rubrum wurde hinzugefügt
1. Das Gebot zur Berücksichtigung der Vorschläge entsprechend der Sitzverhältnisse in § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO bezieht sich auf einen Gesichtspunkt des inneren Willensbildungsprozesses des Wählers; für eine rechtliche Überprüfung dieses Willensbildungsprozesses ist kein Raum.

2. Beigeordnete sind nicht nur der "Form" nach Beamte und vor allem Kommunalpolitiker, die einen von den Gemeindebürgern und Wahlberechtigten i.S.v. § 30 Abs. 1 SächsGemO erteilten Repräsentaionsauftrag zu erfüllen hätten. Ihre Amtsüfhrung unterliegt vielmehr der Sache nach, vergleichbar derjenigen eines politischen Beamten, aufgrund der beamtenrechtlichen Pflichtenbindung einer sachverpflichteten Unabhängigkeit.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 4 B 436/04

Verkündet am 15.3.2005

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Feststellung der Unwirksamkeit einer Beigeordnetenwahl

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Rottmann und den Richter am Verwaltungsgericht Wefer auf die mündliche Verhandlung

vom 15. März 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 27. Januar 2004 - 12 K 2496/01 - geändert.

Die Klage der Klägerin zu 1. wird verworfen.

Die Klage der Klägerin zu 2. wird abgewiesen.

Die Klägerinnen zu 1. und 2. tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Beklagte und die Beigeladenen begehren die Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Dresden vom 27.1.2004, durch das die Unwirksamkeit der Wahl der Beigeordneten der Landeshauptstadt Dresden vom 23.8.2001 festgestellt wurde und die Abweisung der auf diese Feststellung gerichteten Klage. Die Klage wurde von der Klägerin zu 1. - einer im Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden in der Wahlperiode 1999/2004 vertretenen Fraktion - erhoben; die Klägerin zu 2. - die als Fraktion in diesem Stadtrat seit der am 1.7.2004 begonnenen Wahlperiode vertreten ist - hat im Berufungsverfahren ihren Beitritt zu diesem Rechtsstreit erklärt.

Der beklagte Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden wählte in seiner Wahlperiode 1999/2004 am 23.8.2001 die Beigeladenen zu Beigeordneten. Der Wahl vorausgegangen waren mehrere Sitzungen der Personalfindungskommission, an denen u.a. Vertreter der während der angesprochenen Wahlperiode gebildeten Fraktionen des Stadtrates teilgenommen hatten. Diese Sitzungen hatten zum Ziel, nach der Ausschreibung von sechs Beigeordnetenstellen die eingegangenen Bewerbungen zu sichten und dem Stadtrat einen gemeinsamen Wahlvorschlag zu unterbreiten. Eine Einigung auf einen Wahlvorschlag wurde nicht erreicht; zwischen den Beteiligten ist streitig, welche Gründe hierfür verantwortlich waren.

Am 2.8.2001 beantragten die CDU-Fraktion und die FDP/DSU-Fraktion des Stadtrates, den Verhandlungsgegenstand "Wahl der Beigeordneten" auf die Tagesordnung der Stadtratssitzung zu setzen. Nachdem eine solche Aufnahme nicht erfolgte, beantragten die angesprochenen Fraktionen sowie mehrere Mitglieder von ihnen, den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Dresden durch eine einstweilige Anordnung zu verpflichten, den beantragten Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung der Stadtratssitzung am 23.8.2001 zu setzen. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 22.8.2001 - 12 K 1944/01 - wurde diesem Antrag entsprochen; der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Beschwerde wurde mit Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 23.8.2001 - 3 BS 201/01 - abgelehnt.

Nach der daraufhin erfolgten Aufnahme des Tagesordnungspunktes "Wahl der Beigeordneten" in die Sitzung des Stadtrates am 23.8.2001 wurden die von den Fraktionen der CDU und der FDP/DSU vorgeschlagenen Wahlbewerber und nicht die von den weiteren Fraktionen unterstützten Wahlbewerber gewählt. Der Stadtrat hatte zum damaligen Zeitpunkt siebzig Mitglieder, wovon auf die Fraktionen der CDU und der FDP/DSU insgesamt achtunddreißig (CDU: dreiunddreißig, FDP/DSU: fünf) und auf diejenigen der SPD, PDS und von BündnisGrüne/Parteilose zweiunddreißig (SPD: neun, PDS: achtzehn und BündnisGrüne/Parteilose: fünf) entfielen.

Die Klägerin zu 1. hat mit Schriftsatz vom 12.10.2001 am 17.10.2001 gegen diese Wahl Klage erhoben und die Feststellung der Unwirksamkeit, hilfsweise der Rechtswidrigkeit der Beigeordnetenwahl beantragt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgebracht:

Sie sei als Fraktion im Stadtrat Teilorgan dieses Kommunalorgans und in einem Kommunalverfassungsstreit beteiligungsfähig sowie klagebefugt, weil bei der Beigeordnetenwahl keiner ihrer Vorschläge, entgegen der Regelung in § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO, berücksichtigt worden sei. Nach dieser Regelung hätte entsprechend der Anzahl ihrer Fraktionsmitglieder mindestens ein von ihr vorgeschlagener Beigeordneter bei der Wahl berücksichtigt werden müssen. Da eine Wiederholungsgefahr bestehe, habe sie ein besonderes Feststellungsinteresse an der Unwirksamkeit der Beigeordnetenwahl. § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO sei weder eine Wunschvorstellung noch eine Empfehlung des Gesetzgebers. Die Regelung enthalte, wie auch § 42 Abs. 2 Satz 1 SächsGemO, wonach die Zusammensetzung der Ausschüsse der Mandatsverteilung entsprechen solle, eine konkrete Vorgabe. Es liege damit im Ermessen des Gemeinderates, ein Verfahren zu entwickeln, um zu dem geforderten Ausgleich zu kommen. Die - hier festzustellende - mangelnde Ausgestaltung eines solchen Verfahrens käme einer Ermessensverweigerung, einem Ermessensnichtgebrauch gleich. Den Fraktionen der CDU und FDP/DSU - und damit der Mehrheit des Stadtrates - sei es darum gegangen, keinen anderen Vorschlag zu berücksichtigen und das Verfahren nach § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO nicht zu beachten. Dass § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO eine materiell bindende Ermessensvorschrift sei, die auf die Zusammensetzung der Beigeordneten entsprechend derjenigen des Gemeinderates abhebe, ergebe sich aus dem gesetzgeberischen Willen.

Der Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Er hat hierzu ausgeführt, dass der Oberbürgermeister sich die Vorbereitung und die Wahl der Beigeordneten zwar ähnlich, wie von der Klägerin beschrieben, vorgestellt habe. Gleichwohl habe er der Wahl nicht widersprochen, weil diese entsprechend den Formvorschriften durchgeführt worden sei. Es bestehe kein Zweifel daran, dass die Wahl rechtsgültig und nicht mehr anfechtbar sei.

Die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 26.10.2001 - 12 K 2496/01 - beigeladenen Bürgermeister der Landeshauptstadt Dresden haben die Klageabweisung beantragt und hierzu im Wesentlichen vorgebracht:

Die Klage sei unzulässig, da die Klägerin kein Feststellungsinteresse habe; sofern das Klagebegehren als allgemeine Leistungsklage verstanden werde, fehle die Klagebefugnis. § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO vermittle der Klägerin kein organschaftliches Recht; in dieser Regelung sei eine nicht einklagbare politische Verpflichtung angesprochen. Andernfalls sei diese Norm nicht mit § 12 SächsBG vereinbar, wonach auch Beigeordnete als kommunale Wahlbeamte auf Zeit nur nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung berufen werden dürften. Darüber hinaus wäre die praktische Umsetzung der Norm nicht möglich. Die Regelung könne auch nicht als Verfahrensregel verstanden werden; das Gesetz gebe hierfür keine Anhaltspunkte. Wenn der Gesetzgeber ein Verfahren bei der Besetzung der Ausschüsse in § 42 Abs. 2 SächsGemO geregelt habe, nicht jedoch bei der Besetzung der Beigeordnetenstellen, folge daraus, dass ein bestimmtes Verfahren durch § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO gerade nicht habe angeordnet werden sollen. Die Fraktionen hätten auch entgegen der Auffassung der Klägerin lange und ernsthaft über einen einvernehmlichen Vorschlag zur Besetzung der Beigeordnetenstellen verhandelt. Der Antrag der Klägerin sei der Sache nach nichts anderes als eine Wahlanfechtung. Würde diese Erfolg haben, wären die beamtenrechtlichen Ernennungen der Beigeordneten nach § 14 SächsBG nichtig, was zu weit reichenden Konsequenzen für die Beigeordneten und für die Landeshauptstadt Dresden führen würde.

Das Verwaltungsgericht hat, nachdem es mit Beschlüssen vom 13.1.2003 und 27.1.2004 - 12 K 2496/01 - die weiteren im Stadtrat vertretenen Fraktionen beigeladen hatte, mit Urteil vom 27.1.2004, das am 14.4.2004 verkündet wurde, festgestellt, dass die angesprochene Beigeordnetenwahl unwirksam sei. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei als Feststellungsklage in einem Kommunalverfassungsstreitverfahren zulässig und begründet, weil § 56 Abs. 2 SächsGemO als ergebnisbezogenes Verfahrensrecht den Gemeinderat verpflichte, einen der Vorschrift entsprechenden Proporz zu gewährleisten. Dies folge zunächst aus einer wörtlichen Auslegung der Norm. Die politische Verpflichtung verlange ein aufgrund der Zusammensetzung konkret bestimmbares Ergebnis, was durch ein Einigungsverfahren erzielt werden könne. Dabei könne offen bleiben, ob in der Regelung durch das angesprochene "soll" eine regelmäßige Verpflichtung zum Ausdruck komme oder ein "intendiertes Ermessen" angesprochen sei. In beiden Fällen habe der Gesetzgeber ein bestimmtes Ergebnis als gewollt vorgegeben. Dieser Regelungsinhalt ergebe sich auch aus einer historischen Auslegung. § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO entspreche wortgleich der Regelung in § 50 Abs. 2 Satz 2 der Gemeindeordnung von Baden-Württemberg. Den Beratungen anlässlich des Gesetzgebungsverfahrens in Baden-Württemberg könne die Normvorstellung entnommen werden, dass jeder im Gemeinderat vertretenen Gruppe die Möglichkeit der Wahl gesichert habe werden sollen, um eine politische Mehrheitsdominanz zu vermeiden. Der damalige Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Dresden habe zudem bei seiner Anhörung zu den Gesetzentwürfen der SächsGemO ausdrücklich eine politische Polarisierung als nicht wünschenswert erachtet. Die teleologische Auslegung bestätige diesen Inhalt, der auf eine politische Gleichgestimmtheit zwischen den Mehrheiten des Gemeinderates und der Verwaltungsspitze abziele. Ein Widerspruch zum Grundsatz des freien Mandats bestehe nicht, da eine Verpflichtung, vor einer Wahl einen Konsens über die zu wählenden Persönlichkeiten herzustellen, der Verfassungs- und Rechtsordnung nicht fremd sei. Das Prinzip der beamtenrechtlichen Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG stehe der vertretenen Auslegung von § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO ebenfalls nicht entgegen. Diese Entscheidungsmaßstäbe träten bei der Wahl von kommunalen Wahlbeamten bis zu einem gewissen Grad zurück. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gegen dieses Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Der Beklagte hat gegen das ihm im Verkündungstermin am 14.4.2004 übergebene Urteil am 11.5.2004 Berufung beim Verwaltungsgericht Dresden eingelegt.

Zur Begründung trägt er vor, die Soll-Vorschrift des § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO sei bei einer Wahlentscheidung nicht in einem verwaltungsverfahrensrechtlichen Sinn zu verstehen, zumal die Stadträte bei ihrer Wahlentscheidung insbesondere dem freien Mandat unterlägen. Da der Gesetzgeber anders als bei der Zusammensetzung der beschließenden Ausschüsse eine anteilige Bestellung nach dem Verhältnis der Stärke der im Stadtrat vertretenen Parteien nicht zwingend vorgeschrieben habe, könne ein entsprechendes Ergebnis auch nicht durch die Konstruktion einer Verpflichtung auf Findung und Durchführung eines nicht in der Sächsischen Gemeindeordnung geregelten Verfahrens erzwungen werden. Die Beigeordneten gehörten dem Verwaltungsbereich des Oberbürgermeisters an. Dessen Entscheidungen seien als Geschäfte der laufenden Verwaltung und als dauerhaft nach der Hauptsatzung übertragene Aufgaben der Mitwirkung des Stadtrates weitgehend entzogen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 27.1.2004 - 12 K 2496/01 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Im Berufungsverfahren hat die im Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden der Wahlperiode 2004/2009 vertretene SPD-Fraktion als Klägerin zu 2. ihren Beitritt zu diesem Rechtsstreit erklärt.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bekräftigen das bisherige Klagevorbringen. Ein formelles Verfahren, das § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO entsprochen habe, sei nicht durchgeführt worden. Der Gesetzgeber habe bewusst kein konkretes Verfahren vorgeschrieben, sondern es dem Gemeinderat überlassen, ein geeignetes Verfahren zu entwickeln, um eine möglichst konsensuale Lösung herbeizuführen. Das Vorschlagsrecht trete gleichrangig neben die übrigen beamtenrechtlichen Kriterien.

Die Beigeladenen zu 1. bis 6. haben gegen das ihnen im Verkündungstermin am 14.4.2004 übergebene Urteil am 11.5.2004 ebenfalls Berufung beim Verwaltungsgericht Dresden eingelegt und diese mit am 10.6.2004 bei dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 27.1.2004 - 12 K 2496/01 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung tragen sie vor, dass § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO eine nicht einklagbare politische Verpflichtung sei, weshalb schon keine mögliche Verletzung eines organschaftlichen Rechts vorliegen könne. Die deshalb unzulässige Klage sei jedenfalls unbegründet, weil sich daraus kein Anspruch auf Einhaltung eines bestimmten Einigungsverfahrens ergebe. Aus dem Wortlaut der Regelung ergebe sich, dass Vorschläge der Parteien und Wählervereinigungen im Verhältnis ihrer Sitze im Gemeinderat berücksichtigt werden müssten. Diese Verfahrensweise sei hier eingehalten worden, da alle Fraktionen ein Vorschlagsrecht gehabt hätten. Diese Auslegung folge auch aus einem Vergleich mit der Regelung in § 42 Abs. 2 Satz 1 SächsGemO, in der - anders als in der Regelung in § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO - eine der Mandatsverteilung entsprechende Bestimmung getroffen worden sei. Mit beamtenrechtlichen Grundsätzen sei es nicht vereinbar, die Parteizugehörigkeit eines Bewerbers in den Mittelpunkt zu stellen. Eine Stimmbindung und Stimmkontrolle verstoße gegen den Grundsatz des freien Mandats. Aus den vom Verwaltungsgericht herangezogenen Materialien zum Gesetzgebungsverfahren in Baden-Württemberg ergebe sich nichts anderes. Das von dem Verwaltungsgericht entwickelte Konzept eines ergebnisorientierten Verfahrens als Kerngehalt des § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO könne nicht umgesetzt werden. Dem Beitritt der Klägerin zu 2. werde nicht zugestimmt, da eine solche Klageänderung in einem Berufungsverfahren unzulässig sei.

Der Senat hat mit Beschluss vom 17. Februar 2005 - 4 B 435/04 - das Berufungsverfahren der berufungsklagenden Beigeladenen zu 1. bis 6. mit demjenigen des berufungsklagenden Beklagten - 4 B 436/04 - nach § 125 Abs. 1 i.V.m. § 93 Satz 1 VwGO verbunden. Mit weiterem Beschluss vom 18. Februar 2005 - 4 B 436/04 - wurde in diesem verbundenen Verfahren die Unwirksamkeit der Beiladungen durch das Verwaltungsgericht von mehreren im Stadtrat der Wahlperiode 1999/2004 vertretenen Fraktionen in dem Berufungsverfahren zur Klarstellung des wirklichen Prozessverhältnisses ausgesprochen, weil diese nach Ablauf der Wahlperiode ihre Beteiligungsfähigkeit verloren hätten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in den verbundenen Berufungsverfahren - 4 B 435/04 und 4 B 436/04 - und dem Klageverfahren - 12 K 2496/01 - gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf deren Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 15.3.2005 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. bis 6. sind zulässig (sh. I.) und begründet; die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Feststellung der Unwirksamkeit der Beigeordnetenwahl des Stadtrates vom 23.8.2001 (sh. II).

I. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. bis 6. sind nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1, 2 und 3 VwGO zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt wurden. Insbesondere waren die nach § 65 VwGO Beigeladenen zu 1. bis 6. zur Einlegung dieses Rechtsmittels befugt, weil sie durch das angefochtene Urteil beschwert sind (§ 66 VwGO). Die dort festgestellte Unwirksamkeit ihrer Wahl zu Beigeordneten der Landeshauptstadt Dresden hätte für diese zur Folge, dass ihre Ernennung als hauptamtliche Beamte auf Zeit (§ 163 Abs. 1 Satz 1 SächsBG) nichtig wäre ( § 14 Abs. 2 SächsBG). Sie können daher geltend machen, dass sie bei einer eintretenden Bindungswirkung des angefochtenen Urteils nach § 121 VwGO unmittelbar in ihren Rechten verletzt wären.

II. Die zulässigen Berufungen sind begründet, wobei der Senat offen lässt, ob hier noch davon ausgegangen werden kann, dass das angefochtene Urteil auf Grund der mündlichen Verhandlung (§ 101 Abs. 1 VwGO) getroffen wurde, weil die Verkündung (§ 116 Abs. 1 Satz 1 VwGO) etwa zweieinhalb Monate danach erfolgte (sh. dazu etwa: Kuntze, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, § 116 RdNr. 5). Auch bei Annahme eines daraus möglicherweise folgenden wesentlichen Mangels des angefochtenen Urteils hätte der Senat gleichwohl in der Sache zu entscheiden und das Verfahren nicht an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen ( §§ 128, 130 Abs. 1 VwGO). Das angefochtene Urteil ist demnach durch den Senat zu ändern, weil zum einen die Klage der Klägerin zu 1. unzulässig (sh. II.1.) und des Weiteren die geänderte Feststellungsklage durch den zulässigen Klägerbeitritt der Klägerin zu 2. zwar zulässig (sh. II.2.), jedoch unbegründet (sh. II.3.) ist.

II.1. Die Klage der Klägerin zu 1. ist unzulässig, weil sie im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung als Fraktion aufgelöst ist und damit ungeachtet der Frage, ob sie in dieser prozessualen Stellung gleichwohl als beteiligungsfähig nach § 61 Nr. 2 VwGO für dieses Verfahren gelten könnte, jedenfalls kein berechtigtes Interesse an der von ihr begehrten Feststellung hat.

Die Klägerin zu 1. hat mit Ablauf der Wahlperiode des Stadtrates der Landeshauptstadt Dresden 1999/2004 als dort vertretene kommunalrechtliche Fraktion ihren Zweck erfüllt und sich aufgelöst.

Fraktionen in einem Gemeinde- oder Stadtrat (§ 27 Abs. 2 SächsGemO) sind, obgleich sie in den Regelungen der SächsGemO nicht ausdrücklich angesprochen werden, als vertragliche Zusammenschlüsse von mindestens zwei Gemeinderäten zulässig. Sie dienen der Effizienz und Optimierung der Gemeinderatsarbeit, indem sie die Vorarbeit für eine sachgerechte und zügige Behandlung von Verhandlungsgegenständen im Rat leisten (Gern, Sächsisches Kommunalrecht, 2. Aufl., RdNr. 460 m.w.N.). Zweck einer Fraktionsbildung ist vor allem die Gewährleistung einer gleichgerichteten und damit wirksamen politischen Ausübung der ihren Mitgliedern zustehenden Befugnisse sowie die Steuerung des Ablaufs der Meinungsbildung und Beschlussfassung im Gemeinderat. Aus dieser Zwecksetzung folgt, dass eine Fraktion nur für die Dauer der Wahlperiode eines Gemeinderates angelegt sein kann und demgemäß mit deren Ablauf ihren Zweck erreicht und als Träger gemeindeinterner Mitwirkungsbefugnisse nicht mehr weiter bestehen kann. Mit dem Ende der Wahlperiode endet damit die rechtliche Existenz einer Fraktion in einem Gemeinderat und damit an sich auch ihre Beteiligungsfähigkeit nach § 61 Nr. 2 VwGO. Folge dieser fehlenden Sachentscheidungsvoraussetzung wäre die Verwerfung der unzulässigen Klage, zumal auch eine Fortführung des Verfahrens aus der Erwägung eines mit dem Wegfall der Beteiligungsfähigkeit verbundenen Wegfalls des Beteiligten i.S.v. § 63 Nr. 1 VwGO nach den Regelungen gem. § 173 VwGO i.V.m. §§ 239, 246 ZPO mangels des für deren Anwendung erforderlichen Nachfolgetatbestandes einer Rechtsnachfolge nicht in Betracht kommt (sh. dazu den in diesem Verfahren ergangenen Beschluss des Senats vom 18.2.2005 zur Aufhebung von Beiladungen in diesem Berufungsverfahren).

Ob dagegen eingewandt werden kann, dass möglicherweise in einem kommunalrechtlichen Organstreitverfahren eine Fraktion, die - wie hier - bei Erhebung ihrer Klage beteiligungsfähig war und diese Beteiligungsfähigkeit im Verlauf des Verwaltungsstreitverfahrens verloren hat, weiterhin als beteiligungsfähig gilt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Soweit dies - mit Einschränkungen - angenommen wird (ThürOVG, Beschl. v. 30.9.1999, DVBl 2000, 935), sind hierfür Erwägungen eines objektiven Interesses an einer verfassungsrechtlichen Klarstellung einer von einem Antragsteller aufgeworfenen Frage in einem Verfassungsorganstreit maßgeblich (SächsVerfGH, Urt. v. 17.2.1995, JbSächsOVG 3, 71; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Stand: Juli 2002, § 63 RdNrn. 80 ff). Vorliegend bedarf es keiner weiteren Erörterung, ob wegen dieser Erwägungen auch in einem kommunalen Organstreit, der in der Fachgerichtsbarkeit geführt wird, die Beteiligungsfähigkeit eines beteiligungsunfähig gewordenen Klägers fingiert werden könnte. Die Klage der Klägerin zu 1. ist ungeachtet dessen jedenfalls deshalb unzulässig, weil sie kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Beigeordnetenwahl vom 23.8.2001 hat.

Da die Klägerin zu 1. mit ihrem Feststellungsantrag in diesem kommunalrechtlichen Organstreitverfahren die von ihr geltend gemachten innerorganisatorischen Kompetenzen verteidigt, kann sich ein berechtigtes Interesse an der Unwirksamkeit der durchgeführten Wahl nur ergeben, wenn diese innerorganisatorischen Kompetenzen der Klägerin zu 1. erneut durch den Beklagten beeinträchtigt werden könnten. Dies wäre dann der Fall, wenn bei einer zukünftigen Wahl von Beigeordneten in ähnlicher Weise verfahren würde, wie bei der Wahl am 23.8.2001 und damit die Klägerin zu 1. eine Wiederholung der von ihr geltend gemachten Verletzung ihrer Kompetenzrechte zu erwarten hätte. Eine solche Wiederholungsgefahr besteht für die Klägerin zu 1. nicht, da sie - wie ausgeführt - aufgelöst ist und dem neuen Stadtrat nicht mehr angehört. Damit ist eine erneute Verletzung ihrer Kompetenzen bei einer zukünftigen Beigeordnetenwahl nicht möglich. Dass eine solche Wiederholungsgefahr für die Klägerin zu 2. besteht, weil diese sich einer vergleichbaren Verfahrensweise des Beklagten während der Wahlperiode 2004/2009 ausgesetzt sehen könnte, kann nur deren Interesse an der Feststellung des zwischen der Klägerin zu 1. und dem Beklagten streitigen Rechtsverhältnisses begründen, jedoch nicht dasjenige der Klägerin zu 1. (sh. dazu: II.2.).

Die Klage der Klägerin zu 1. ist demzufolge jedenfalls wegen Fehlens eines berechtigten Feststellungsinteresses unzulässig (NdsOVG, Beschl. v. 17.1.2002, NdsVBl. 2002, 135; OVG NW, Beschl. v. 27.3.1990, NVwZ-RR 1990, 505; HessVGH, Urt. v. 3.9.1985, NVwZ 1986, 328).

II.2. Die von der Klägerin zu 2. durch ihren zulässigen Klägerbeitritt im Berufungsverfahren zusätzlich geführte Feststellungsklage in diesem Organstreitverfahren ist zulässig.

Der von der Klägerin zu 2. im Berufungsverfahren erklärte Parteibeitritt ist als Klägerbeitritt eine subjektive Klageänderung nach § 91 VwGO (BVerwG, Urt. v. 3.7.1987, NJW 1988, 1228; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 91 RdNrn. 20 ff m.w.N.). Da die Beigeladenen dieser Klageänderung nicht zugestimmt haben, beurteilt sich demgemäß deren Zulässigkeit nach ihrer Sachdienlichkeit, die hier gerade im Interesse der Verfahrensökonomie anzunehmen ist.

Die Klageänderung nach § 91 VwGO ermöglicht die Veränderung eines Streitgegenstandes nach Rechtshängigkeit durch eine Erklärung des Klägers gegenüber dem Gericht aus prozessökonomischen Gründen, da dadurch Streitfälle zwischen den Beteiligten in möglichst einem Prozess unter Verwertung bislang erzielter Prozessergebnisse entschieden werden können. Wegen dieser Zwecksetzung der Regelung wird auch der Begriff der Sachdienlichkeit weitgehend von Erwägungen der Prozessökonomie beherrscht. Regelmäßig ist daher eine Klageänderung sachdienlich, wenn sie der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streits der Beteiligten dient oder zumindest geeignet ist, diese zu fördern. Allerdings darf durch eine Klageänderung die Verteidigung eines Beklagten nicht unzumutbar erschwert und sein Interesse an einer Entscheidung über den zunächst zur Entscheidung gestellten Klageanspruch nicht missachtet werden. Demzufolge kann eine Klageänderung in der Berufungsinstanz nur dann sachdienlich sein, wenn dem Beklagten durch den Instanzverlust kein prozessualer Nachteil droht. Dies ist etwa anzunehmen, wenn der wesentliche Sachverhalt feststeht und von den Beteiligten nicht bestritten wird. Würde in einem solchen Fall die Zulässigkeit einer Klageänderung wegen einer vermeintlich fehlenden Sachdienlichkeit abgelehnt und ein Verwaltungsrechtsstreit durch ein Prozessurteil beendet werden, obgleich die Verfahrensbeteiligten im Anschluss daran wegen der nicht entschiedenen streitigen Sachfrage einer erneuten Klage mit demselben Streitstoff ausgesetzt wären, stünde dies in Widerspruch zu der prozessökonomischen Erwägung, einen weitgehend geförderten und in der Sache entscheidungsreifen Rechtsstreit auch durch eine Sachentscheidung zu beenden (BVerwG, Beschl. v. 16.12.1998 - 7 B 252/98 - zitiert nach juris). Davon ausgehend ist die von der Klägerin zu 2. vorgenommene subjektive Klageänderung sachdienlich.

Diese Klageänderung ermöglicht, den aufgrund des im Wesentlichen unstreitigen Sachverhaltes zwischen den Beteiligten gegebenen Streitfall über die Rechtmäßigkeit der Beigeordnetenwahl vom 23.8.2001 durch eine gerichtliche Sachentscheidung auszuräumen. Die im Berufungsverfahren in das Klageverfahren eingetretene Klägerin zu 2. hat aufgrund dieser eigenen Prozesshandlung auf eine Tatsacheninstanz verzichtet und vertritt als amtierende Fraktion dieselbe Auffassung zu dem Streitfall wie die aufgelöste gleichnamige Fraktion. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte und die Beigeladenen durch den Eintritt der Klägerin zu 2. in den Verwaltungsrechtsstreit in ihrer Rechtsverteidigung beeinträchtigt würden, liegen nicht vor. Diese auch erstinstanzlich Beteiligten hatten ausreichend Gelegenheit, zu der umstrittenen Sachfrage vorzutragen und auf den Prozessverlauf Einfluss zu nehmen. Bei dieser Sachlage würde es der Prozessökonomie widersprechen, den Verwaltungsrechtsstreit durch ein Prozessurteil und nicht durch eine Sachentscheidung zu beenden. Folge hiervon wäre, dass die Klägerin zu 2. wegen der nach wie vor umstrittenen Sachfrage gehalten wäre, bei der nächsten Beigeordnetenwahl im Jahre 2008 wiederum ein Klageverfahren zur Klärung dieser Sachfrage anzustrengen, wenn diese Wahl erneut entgegen dem von ihr vertretenen Regelungsinhalt von § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO durchgeführt würde. Dass eine solche Folge einer vermeintlich fehlenden Sachdienlichkeit allen Maßstäben einer prozessökonomischen Beendigung eines verwaltungsgerichtlichen Streitverfahrens durch eine Sachentscheidung widersprechen würde, kann ernstlich nicht bezweifelt werden.

Gegen die Zulässigkeit dieser geänderten Klage bestehen keine Bedenken. Die Klägerin zu 2. ist als klagende Fraktion und damit als eine organschaftliche Vereinigung im Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden nach § 61 Nr. 2 VwGO in diesem kommunalrechtlichen Organstreitverfahren beteiligungsfähig (Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 11. Auflage, § 61 RdNr. 10 m.w.N.). Statthafte Klageart in diesem Organstreitverfahren ist die Feststellungsklage und nicht eine kassatorische Leistungsklage, die auf die Aufhebung der angesprochenen Beigeordnetenwahl gerichtet wäre. Abgesehen von der Frage, ob diese Klageart durch die Regelungen der VwGO zugelassen ist (sh. dazu: Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb. § 42 Abs. 1, RdNrn. 19 ff; Papier, DÖV 1980, 292, 299), bedarf es jedenfalls hier einer solchen Klageart nicht, weil mit der Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl auch die Ernennung der Beigeordneten zu Beamten nichtig wäre (§ 14 Abs. 2 SächsBG) und damit die Feststellungsklage für die Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes für die Klägerin zu 2. geeignet ist.

Die Klägerin zu 2. begehrt auch die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO, weil sie geltend macht, dass die Beigeordnetenwahl unter Verletzung des gesetzlichen Rechts auf Berücksichtigung der Wahlvorschläge der Klägerin zu 1. erfolgt ist. Dass sie dabei zum einen eine Rechtsbeziehung zu dem beklagten Stadtrat und mithin kein Außenrechtsverhältnis anspricht, steht dem nicht entgegen, da der Begriff des Rechtsverhältnisses sich auch auf Innenrechtsverhältnisse zwischen Organen bzw. Organteilen bezieht (Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 43 RdNr. 11). Des Weiteren steht dem nicht entgegen, dass die Klägerin zu 2. ein Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin zu 1. und dem Beklagten zur Entscheidung stellt, da sie das von dem Beklagten ihrer Auffassung nach verletzte Recht der Klägerin zu 1. auf Berücksichtigung von deren Vorschlägen zur Wahl der Beigeordneten geltend macht. Das Rechtsverhältnis i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO muss nicht notwendig zwischen den Prozessbeteiligten bestehen, es genügt auch ein zwischen anderen Betroffenen bestehendes Rechtsverhältnis, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der auf ein solches Rechtsverhältnis bezogenen Feststellung hat (BVerwG, Urt. v. 18.12.1975, BVerwGE 50, 60).

Ein solches Feststellungsinteresse besteht hier für die Klägerin zu 2., da der beklagte Stadtrat nach wie vor seine Rechtsauffassung nicht geändert hat und unter Beantragung der Abweisung der Klage geltend macht, dass die Beigeordnetenwahl am 28.6.2001 rechtmäßig war. Die Klägerin zu 2. muss daher davon ausgehen, dass bei der nächsten Wahl von Beigeordneten im Jahre 2008 das von ihr geltend gemachte Recht auf Berücksichtigung ihrer Wahlvorschläge wiederum unberücksichtigt bleibt und der Streitfall sich wiederholen wird. Dagegen spricht nicht, dass sich die Zusammensetzung des beklagten Stadtrates seit der Wahl des derzeit amtierenden Stadtrates am 13.6.2004 geändert hat und möglicherweise offen ist, wie sich dieser neue Stadtrat bei einer zukünftigen Beigeordnetenwahl zu der hier umstrittenen Frage verhalten wird. Eine solche Betrachtungsweise entspricht nicht der prozessualen Beteiligtenstellung des beklagten Stadtrates. Der Stadtrat ist als Hauptorgan nach § 27 Abs. 1 SächsGemO auf Dauer eingerichtet und in dieser rechtlichen Existenz unabhängig von einem Wechsel der zugehörigen Personen und Vereinigungen. In dieser unabhängigen und dauerhaften rechtlichen Existenz ist er nach wie vor als Beklagter Beteiligter dieses Verfahrens im Sinne von § 63 Nr. 2 VwGO. Der tatsächliche Wechsel der diesem Beteiligten zugehörigen Personen und Vereinigungen des Stadtrates hat keine prozessuale Bedeutung für die von ihm bestrittene Berechtigung der Klägerin zu 2. aus § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO; der Umfang innerorganschaftlicher Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte ist nicht von der jeweiligen Zusammensetzung einer Gemeindevertretung abhängig.

Schließlich kann offen bleiben, ob für diese Feststellungsklage eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderlich ist (sh. dazu: Sodan, in: NK-VwGO, § 42 RdNr. 363 ff m.w.N.). Denn jedenfalls erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Klägerin zu 2. nach § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO ein Recht auf Berücksichtigung ihrer Wahlvorschläge entsprechend dem Verhältnis ihrer Sitze im Stadtrat zustehen könnte. Ob dieses Recht - wie die Beigeladenen dagegen einwenden - nicht gegeben ist, weil diese Regelung zum einen Parteien und Wählervereinigungen und nicht Fraktionen anspricht und des Weiteren keinen Anspruch vermittle, ist eine Frage der Begründetheit. Ob den Fraktionen als Zusammenschluss der im Stadtrat vertretenen Stadträte insbesondere von Parteien und Wählervereinigungen ein solches Recht zusteht, erschließt sich nicht offensichtlich, sondern kann nur aufgrund einer Auslegung des Inhalts und Zwecks dieser Bestimmung geklärt werden. Die prozessuale Prüfung einer möglichen Rechtsverletzung i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO verbietet es, eine gebotene Sachprüfung als Frage der Zulässigkeit einer Klage zu erörtern (SächsOVG, Urt. v. 27.1.2004, VIZ 2004, 236).

II.3. Die zulässige Feststellungsklage ist nicht begründet, weil § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO weder den dort genannten Parteien und Wählervereinigungen noch den Fraktionen, als deren Vertreter im Gemeinderat, einen Anspruch vermittelt - sei er auf Besetzung von Beigeordnetenstellen oder - wie das Verwaltungsgericht meint - auf Einhaltung eines angemessenen Verfahrens der konsensualen Vorschläge gerichtet. Die Regelung enthält ein an die Gemeinderäte gerichtetes Gebot, bei einer Wahl auch die Vorschläge der Parteien und Wählervereinigungen entsprechend dem Verhältnis ihrer Sitze im Gemeinderat zu berücksichtigen; mit dem Wesen einer Wahl als freier, nur den Bindungen des Gesetzes unterworfener Entscheidung des Wählers wäre eine rechtliche Überprüfung von dessen Wahlerwägungen nicht vereinbar. Dieser Regelungsinhalt folgt aus dem Wortsinn von § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO, aus dem sich auch der Regelungszweck erschließt. Gegenteiliges ergibt sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht aus der Normvorstellung des Sächsischen Gesetzgebers.

Nach § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO sollen die Vorschläge der Parteien und Wählervereinigungen nach dem Verhältnis ihrer Sitze im Gemeinderat berücksichtigt werden, wenn die Hauptsatzung mehrere Beigeordnete vorsieht. Dass sich dieses Gebot zur Berücksichtigung auf die Wahl des Gemeinderates, somit auf den freien Willensbildungs- und Willensäußerungsprozess des Gemeinderates (§ 37 Abs. 7 SächsGemO) bezieht, erschließt sich aus dem Zusammenhang mit der vorangestellten Regelung in § 56 Abs. 2 Satz 1 SächsGemO, wonach die Beigeordneten vom Gemeinderat je in einem besonderen Wahlgang zu wählen sind. Eine rechtliche Pflichtenbindung, wie etwa bei einer behördlichen Entscheidung über eine beamtenrechtlichen Ernennung nach § 10 SächsBG insbesondere im Hinblick auf die dabei zu beachtenden Ermessens- und Beurteilungsspielräume (Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 90 Abs. 2 SächsVerf, § 12 SächsBG) besteht bei einer Wahl nicht. Die Einhaltung dieser Pflichtenbindung bei einer Wahl und deren gerichtliche Überprüfung in den rechtlichen Grenzen aus § 114 VwGO wären widersprüchlich, weil nur eine freie Wahl als Akt der Demokratie angesehen werden kann; andernfalls wäre sie keine echte Wahl, sondern eine behördliche Entscheidung (NdsOVG, Beschl. v. 25.6.1992, NVwZ 1993, 1124; Pappermann, ZBR 1968, 297; Rüfner, DÖV 1962, 801).

Allerdings ist auch die freie und dem Gewissen unterworfene Wahlentscheidung nur in den gesetzlichen Bindungen zulässig. Solche Bindungen können etwa für ein Wahlergebnis bestehen, wenn ein gesetzlicher Ergebnisrahmen vorgegeben wird, innerhalb dessen eine freie Wahlentscheidung eröffnet ist. Eine gesetzliche Vorgabe in diesem Sinn besteht etwa für einen Ausschuss einer Gemeinde. Für die Zusammensetzung dieses Ausschusses folgt wegen des Prinzips der demokratischen Repräsentation und der Einbeziehung der Ratsausschüsse - als verkleinertes Bild des Rates - in dieses Prinzip, dass die Ausschusssitze nicht unabhängig von dem Stärkeverhältnis der Fraktionen vergeben werden können, sondern entsprechend der Zusammensetzung des Rates spiegelbildlich zu vergeben sind (sh. etwa: BVerwG, Urt. v. 10.12.2003, NVwZ 2004, 621; Beschl. v. 7.12.1992, NVwZ-RR 1993, 209). § 42 Abs. 2 Satz 1 SächsGemO bringt dieses Prinzip der demokratischen Repräsentation zum Ausdruck, wenn dort geregelt ist, dass die Zusammensetzung der beschließenden Ausschüsse der Mandatsverteilung entsprechen soll. Mit diesem auf die Mandatsverteilung bezogenen Wortlaut wird eine gesetzliche Bindung im Hinblick auf ein rechtlich vorgegebenes Ergebnis zum Ausdruck gebracht; nur innerhalb dieses Entscheidungsbereiches kann eine freie Entscheidung über die Zusammensetzung der Ausschussmitglieder erfolgen (zur Frage der Vereinbarkeit mit der in § 42 Abs. 2 Satz 3 SächsGemO angesprochenen Mehrheitswahl: Schaffarzik, in: Quecke/Schmid, Sächsische Gemeindeordnung, Band 1, § 42 RdNrn. 45 ff). Eine entsprechende ausdrückliche Vorgabe für die Zusammensetzung der Beigeordnetenstellen enthält § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO nicht. Die dort angesprochene Berücksichtigung der Vorschläge der Parteien und Wählervereinigungen bezieht sich nicht - in Anlehnung an die Formulierung in § 42 Abs. 2 Satz 1 SächsGemO - auf einen vorgegebenen Bereich für ein Wahlergebnis, sondern auf die Wahl an sich, somit auf den Willensbildungs- und Willensäußerungsprozess des Gemeinderates, bei dem die Vorschläge entsprechend einem Sitzverhältnis berücksichtigt werden sollen. Mit der Formulierung "berücksichtigen" kommt dabei nach dem Wortsinn - etwa gegenüber einer Formulierung, wonach die Sitzverhältnisse zu "beachten" wären - eine geringere normative Bindungswirkung zum Ausdruck (sh. dazu: Pieroth, in: Jarass, Grundgesetz, 7. Auflage, Art. 33 RdNr. 36). Nicht das Wahlergebnis hat die Sitzverhältnisse zu beachten und muss diesen spiegelbildlich entsprechen, sondern in den freien Willensbildungsprozess des Gemeinderates (§ 35 Abs. 3 SächsGemO) sind diese Sitzverhältnisse einzubeziehen und zu erwägen, somit zu berücksichtigen (OVG NW, Urt. v. 14.10.1988, DÖV 1989, 591). Damit bezieht sich das Gebot zur Berücksichtigung der Vorschläge entsprechend der Sitzverhältnisse in § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO auf einen Gesichtspunkt des inneren Willensbildungsprozesses des Wählers. Für eine rechtliche Überprüfung dieses Willensbildungsprozesses ist kein Raum. Mit dem Wesen jeder freien Wahl wäre es unvereinbar, die einer freien Gewissensentscheidung zugrunde liegenden Erwägungen eines Wählers einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen.

Folgt aus dem Wortlaut der Regelung und dem sich daraus gleichfalls erschließenden Regelungszweck nicht, dass sich daraus der von der Klägerin zu 2. behauptete Anspruch ergibt, so erfordert des Weiteren auch das Demokratieprinzip i.S.v. Art. 20 Abs. 1 und 2 GG, Art. 1 und 3 Abs. 1 SächsVerf keine gegenteilige Auslegung.

Die in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG, Art. 1 und 3 Abs. 1 SächsVerf getroffene verfassungsrechtliche Grundentscheidung für die Prinzipien der Volkssouveränität und der Demokratie wird durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 86 Abs. 1 SächsVerf, wonach das Volk auch in den Gemeinden eine gewählte Vertretung haben muss, auf die Ebene der Gemeinde übertragen. Daraus folgt, dass der Gemeinderat, auch wenn er kein Parlament, sondern Organ einer kommunalen Selbstverwaltungskörperschaft ist, die Gemeindebürger repräsentiert. Diese Repräsentation durch die Gemeindevertretung ist der Gesamtheit aller Mitglieder übertragen; durch die Entscheidung aller Mitglieder als Repräsentanten der Wähler sind die von der Gemeindevertretung zu treffenden Entscheidungen demokratisch legitimiert. Da sich diese Repräsentation nicht nur im Gemeinderat, sondern auch in dessen Ausschüssen vollzieht, muss auch deren Zusammensetzung, ebenso wie diejenige des Gemeinderates, die Mehrheitsverhältnisse widerspiegeln. Daher hat eine Ausschussbesetzung nach Maßgabe der Sitzverhältnisse im Gemeinderat zu erfolgen (sh. dazu etwa: BVerwG, Urt. v. 10.12.2003, aaO; Beschl. v. 7.12.1992, aaO; Urt. v. 27.3.1992, NVwZ 1993, 375). Angesprochen ist damit eine Weitergabe der Repräsentation, damit das Kräfteverhältnis der gewählten Ratsmitglieder auch in den Ausschüssen als fachlich spezialisierte Untergliederungen des Gemeinderates repräsentativ zur Geltung kommt. Aus dem Grundsatz der demokratischen Repräsentation folgt demnach eine zwingende Besetzung entsprechend dem durch eine Wahl sich ergebenden Kräfteverhältnis, wenn in den zu besetzenden Stellen die Wahlentscheidung repräsentativ zur Geltung zu bringen ist.

Eine solche Weitergabe der Repräsentation an Beigeordnete - wie sie hier die Klägerin mit ihrem Hinweis auf einen Minderheitenschutz der Sache nach anspricht - erfordert das Demokratieprinzip nicht. Eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit, einen der Gemeindevertretung erteilten Repräsentationsauftrag an Beigeordnete weiterzugeben, besteht nicht, weil diese der behördenmäßig organisierten Gemeindeverwaltung und nicht der bürgerschaftlichen Vertretung zugehörig und in ihrer Funktion als leitende Kommunalbeamte zu einer sachverpflichteten Unabhängigkeit verpflichtet sind.

Die Beigeordneten werden nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SächsGemO von dem Gemeinderat gewählt, somit von der aufgrund einer Wahl i.S.v. § 30 Abs. 1 SächsGemO hervorgegangenen bürgerschaftlichen Vertretung einer Gemeinde (§ 27 Abs. 1 SächsGemO). Neben dieser den Beigeordneten dadurch vermittelten demokratischen Legitimation ist zur Begründung des nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SächsGemO für eine Bestellung zum Beigeordneten erforderlichen Beamtenverhältnisses die Ernennung zum Beamten auf Zeit erforderlich (§ 163 Abs. 1 i.V.m. § 160 Abs. 1 Satz 1, § 138 Abs. 1, § 10 Nr. 1 SächsBG). Die schon dadurch deutlich werdende Verzahnung eines beamtenrechtlichen Verhältnisses mit der durch die repräsentative Gemeindevertretung vermittelten demokratischen Legitimation kommt des Weiteren auch in der Abwahlregelung des § 56 Abs. 4 SächsGemO zum Ausdruck, wonach Beigeordnete vom Gemeinderat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln abgewählt werden können. Dieser Regelung liegt die Erwägung zugrunde, dass ein Beigeordneter, der sein Amt auf Grund eines politisch motivierten Vertrauens der Gemeindevertretung gewonnen hat, in diesem kommunalpolitischen Wirkungsfeld steht und von dem Fortbestand des Vertrauens abhängig ist. Wegen dieser politischen Gleichgestimmtheit zwischen dem Gemeinderat und der kommunalen Verwaltungsspitze der Beigeordneten kann deren Amtsführung sich nicht auf eine ausschließlich sachbezogen-unpolitische Aufgabenerfüllung beschränken. Vielmehr vollzieht sich diese Amtsführung sowohl durch die sachliche Notwendigkeit guter Zusammenarbeit wie auch dem Wunsch, wiedergewählt zu werden, in einer gewissen Abhängigkeit von der Gemeindevertretung (BVerfG, Beschl. v. 17.10.1957, BVerfGE 7, 155). Dieser politische Einschlag ändert jedoch nichts an der beamtenrechtlichen Pflichtenbindung der Beigeordneten zu einer unabhängigen und unparteiischen Amtsführung. Den Beigeordneten sind als hauptamtlichen Beamten auf Zeit in ihren Geschäftskreisen Leitungs- und Entscheidungszuständigkeiten zugewiesen (§ 55 Abs. 3 Satz 1, § 56 Abs. 1 SächsGemO). In dieser Funktion sind sie der behördenmäßigen Verwaltung und nicht der bürgerschaftlichen Vertretung zugehörig und zu einer unabhängigen und unparteiischen Amtsführung verpflichtet. Die Beigeordneten sind nicht nur der "Form" nach Beamte und vor allem Kommunalpolitiker, die einen von den Gemeindebürgern und Wahlberechtigten i.S.v. § 30 Abs. 1 SächsGemO erteilten Repräsentationsauftrag als deren Vertreter zu erfüllen hätten. Ihre Amtsführung unterliegt vielmehr der Sache nach, vergleichbar derjenigen eines politischen Beamten, aufgrund der beamtenrechtlichen Pflichtenbindung einer sachverpflichteten Unabhängigkeit. Zwar wäre es aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht ausgeschlossen, von der Verbeamtung von Beigeordneten abzusehen, wodurch die Grenze von deren Amtsführung zugunsten des politischen Postulats verschoben werden könnte (BVerwG, Urt. v. 15.3.1989, NVwZ 1989, 972). Wenn der Gesetzgeber aber durch die Regelung in § 56 Abs. 1 SächsGemO gleichwohl in Kenntnis der politischen Ausrichtung der Amtsführung von Beigeordneten eine beamtenrechtliche Ernennung vorgibt, dann wird daraus ersichtlich, dass er eine solche Grenzziehung zugunsten der Geltung des politischen Postulats nicht hat vornehmen wollen, sondern die Amtsführung von Beigeladenen nach wie vor an die beamtenrechtlich begründete sachverpflichtete Unabhängigkeit gebunden hat (vgl. dazu BVerwG, aaO). In dieser beamtenrechtlichen Pflichtenbindung haben Beigeordnete ihrer Amtsführung unabhängig und unparteiisch nachzugehen und damit insbesondere auch eine Neutralität zu der repräsentativen Vertretung im Gemeinderat zu wahren (sh. dazu: BVerwG, Urt. v. 27.3.1992, NVwZ 1993, 375). Eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit, eine Gruppe von gemeindlichen Beigeordneten entsprechend den Sitzverhältnissen in der Gemeindevertretung zu bilden, besteht demnach nicht.

Der von der Klägerin zu 2. vertretene Regelungsinhalt von § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO ergibt sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht aufgrund einer Auslegung nach der Normvorstellung des Gesetzgebers. Abgesehen davon, dass eine solche Auslegung nur dann angezeigt ist, wenn sich ein Norminhalt nicht schon aus dem Regelungswortlaut erschließt, ergibt sich das von der Klägerin zu 2. und dem Verwaltungsgericht vertretene Normverständnis aus den angesprochenen Normvorstellungen auch in der Sache nicht. In dem Gesetzgebungsverfahren zur Sächsischen Gemeindeordnung wurde eine solche Normvorstellung nicht angesprochen (sh. etwa: 1. Lesung der Entwürfe - Sächsische Gemeindeordnung in der 43. Sitzung des Sächsischen Landtags, Plenarprotokoll 1/43, S. 2853 ff; 2. Lesung der Entwürfe - Sächsische Gemeindeordnung in der 64. Sitzung des Sächsischen Landtags, Plenarprotokoll 1/64, S. 4495). Soweit das Verwaltungsgericht dabei auf von ihm angenommene Normvorstellungen des Gesetzgebers der Gemeindeordnung von Baden-Württemberg zu der dortigen entsprechenden Regelung in § 50 Abs. 2 abgehoben hat, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass solche Normvorstellungen für diejenigen des Sächsischen Gesetzgebers nicht maßgebend sind. Anhaltspunkte dafür, dass der Sächsische Gesetzgeber diese Normvorstellungen übernommen und damit als eigene Vorstellung aufgenommen haben könnte, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Ergänzend hierzu sei angemerkt, dass sich auch aus den von dem Verwaltungsgericht angeführten Normvorstellungen des Gesetzgebers von Baden-Württemberg das vermeintliche Normverständnis nicht erschließt, da sich die in der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Redebeiträge im Landtag von Baden-Württemberg mit der Berücksichtigung der beamtenrechtlichen Zugangsvoraussetzungen zu einem Amt bei der Wahl von Beigeordneten befassen, nicht jedoch mit der Frage, ob die angesprochene Norm einen klagbaren Anspruch vermittelt. Soweit das Verwaltungsgericht schließlich auch auf Äußerungen anlässlich einer Anhörung von Sachverständigen im Sächsischen Landtag hinweist, sind solche Äußerungen - abgesehen davon, dass dort ebenfalls keine Vorstellungen zu einer Anspruchsvermittlung geäußert wurden - zur Bestimmung einer Normvorstellung des Gesetzgebers nicht einschlägig; anderes würde nur dann gelten, wenn der Gesetzgeber entsprechende Äußerungen in seine Vorstellungen zum Inhalt einer Norm aufgenommen hätte, was hier im Übrigen auch nicht ersichtlich ist.

Da somit die Klage der Klägerin zu 1. unzulässig und diejenige der Klägerin zu 2. unbegründet ist, weil sie aus § 56 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO keinen der Durchführung der Wahl der Beigeordneten vom 23.8.2001 entgegenstehenden Anspruch hat, sind diese Klagen mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO - die Beigeladenen haben sich durch eine Antragstellung einem Kostenrisiko ausgesetzt - zum einen zu verwerfen und des Weiteren abzuweisen. Der Kostentragungspflicht der Klägerin zu 1. steht nicht entgegen, dass diese aufgelöst ist. Die etwa in § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO geregelte Kostenerstattung folgt dem Unterliegensprinzip, wonach erstattungspflichtig ist, wer in einem Prozessrechtsverhältnis unterliegt. Soweit teilweise vertreten wird, dass die Erstattungspflicht bei fehlender Beteiligungsfähigkeit denjenigen treffe, der als Vertreter für den nicht Beteiligungsfähigen den Verwaltungsrechtsstreit geführt habe, folgt dem der Senat jedenfalls in Fällen wie hier nicht (sh. dazu: BGH, Beschl. v. 4.3.1993, NJW 1993, 1865; Neumann, in: NK-VwGO, § 154 RdNr. 60; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 11. Auflage, vor § 154 RdNr. 4). Eine Erstattungspflicht des Vertreters kann allenfalls dann in Erwägung gezogen werden, wenn dieser ein Verfahren für einen nicht Beteiligungsfähigen eingeleitet oder fortgeführt hat und durch dieses Verhalten somit entstandene Kosten veranlasst hat. In diesen Fällen mag gegebenenfalls in Betracht kommen, aufgrund des Veranlasserprinzips, wie es etwa in § 154 Abs. 4, § 155 Abs. 3 und 4 VwGO zum Ausdruck kommt, dem Vertreter wegen einer ihm zurechenbaren Kostenveranlassung eine Kostenverpflichtung aufzuerlegen. Eine solche dem Vertreter der Klägerin zu 1. zurechenbare Kostenveranlassung liegt hier jedoch nicht vor. Die Klägerin zu 1. war bei Erhebung ihrer Klage als Fraktion rechtlich existent und beteiligungsfähig. Dass sie diese rechtliche Existenz gleichsam unmittelbar nach Einlegung ihrer Berufung wegen der abgelaufenen Wahlperiode verloren hat, war im Wesentlichen dem Umstand geschuldet, dass die erstinstanzliche Entscheidung über die bereits im Oktober 2001 erhobene Klage im Januar 2004 erging, wobei die Verkündung aufgrund der mündlichen Verhandlung zudem im April 2004 (sh. dazu: § 116 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und damit nur wenige Wochen vor Ablauf der Wahlperiode, erfolgte. Bei einer solchen Sachlage kann jedenfalls eine Kostenverpflichtung des Vertreters aus dem Gesichtspunkt einer ihm zurechenbaren Kostenveranlassung nicht angenommen werden.

Die Revision ist mangels Vorliegen von Gründen nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO nicht zuzulassen.

Beschluss vom 15. März 2005

Der Streitwert des Verfahrens wird unter Änderung der Festsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 17. Mai 2004 - 12 K 2496/01 - für beide Instanzen auf jeweils 20.000,- € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.12.1975 (BGBl. I S. 390), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 12.3.2004 (BGBl. I S. 390), da der Rechtsstreit vor dem 1.7.2004 anhängig und die Berufung ebenfalls zuvor eingelegt wurde (§ 72 Nr. 1 GKG vom 5.5.2004). Das danach maßgebende Interesse eines Klägers bemisst der Senat in diesem kommunalrechtlichen Organstreitverfahren mit 10.000 €. Wegen der Anzahl der Kläger hier ist dieser Betrag zu verdoppeln.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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