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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 25.03.2009
Aktenzeichen: 5 B 409/07
Rechtsgebiete: VwGO, SächsBrandSchG, ZPO, SächsVwKG


Vorschriften:

VwGO § 124
SächsBrandSchG § 21
ZPO § 318
SächsVwKG § 22
Zur Kostenfreiheit eines Feuerwehreinsatzes:

Von einer unrichtigen Sachbehandlung ist bei einem Feuerwehreinsatz dann auszugehen, wenn bei der Durchführung des Einsatzes offensichtliche und schwere Fehler unterlaufen sind und diese zu vermeidbaren (Mehr-)Kosten geführt haben.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 5 B 409/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Kosten für einen Feuerwehreinsatz

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Düvelshaupt und die Richterin am Verwaltungsgericht von Wedel

am 25. März 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Kläger, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 14. Mai 2007 - 3 K 936/05 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 1.844,96 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 14.5.2007, mit dem dieses die Klage abgewiesen hat, hat keinen Erfolg. Aus dem Vorbringen des Zulassungsantrags ergeben sich weder Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) noch besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Auch die erhobene Divergenzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) verhilft dem Zulassungsbegehren nicht zum Erfolg.

1. Der Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) ist nicht gegeben.

Ein Verfahrensmangel liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht gegen eine Vorschrift verstoßen hat, die das verwaltungsgerichtliche Verfahren regelt. Dabei geht es nicht um die Richtigkeit des Urteils, sondern um Mängel bei dem prozessualen Vorgehen des Verwaltungsgerichts auf dem Weg zum Urteil oder um die Zulässigkeit des Urteils selbst (Meyer-Ladewig/ Rudisile in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 124 Rn. 50).

Derartige prozessuale Mängel haben die Kläger nicht dargelegt. Die Kläger führen in diesem Zusammenhang aus, dass das Verwaltungsgericht die von den Zeugen und ....... während des Einsatzes am.....2004 mit dem Kläger zu 2 und anderen Anwesenden geführten Gespräche weiter hätte aufklären müssen. Dann hätte sich herausgestellt, dass der Zeuge ....... den Einsatz tatsächlich als kostenfrei hingestellt habe. Dieser Vortrag ist jedoch nicht geeignet, die Aufklärungsrüge zu stützen. Auch wenn der Zeuge ....... die angeführte Auskunft gegeben haben sollte, folgt daraus nicht die Kostenfreiheit des Einsatzes. Der Beweis einer mündlichen Zusage ist nicht erforderlich.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein Unterlassen der Kostenfestsetzung nach § 21 Abs. 6 SächsBrandSchG nicht schriftlich zugesichert (§ 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) worden ist. Ob § 21 Abs. 7 SächsBrandSchG eingreift, wonach ein Ersatz der Kosten nicht verlangt werden soll, soweit dies eine unbillige Härte wäre, hat das Verwaltungsgericht zu Recht bereits unter Hinweis darauf offen gelassen, dass dies bis zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 26.5.2005 nicht thematisiert worden sei - auch nicht mit der am 17.1.2007 zur Gerichtsakte gereichten, in den Verwaltungsvorgängen nicht vorhandenen, Widerspruchsbegründung vom 10.5.2005. Wie der Senat in seinem Urt. v. 29.1.2009 - 5 B 205/07 - zu § 21 Abs. 7 SächsBrandschG ausgeführt hat, ist im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen den Kostenersatzbescheid ohnehin nicht zu prüfen, ob ein Erlassanspruch besteht, weil ein solcher Anspruch den angegriffenen Bescheid nicht rechtswidrig machte. Ein Verzichtsanspruch wäre vielmehr in einem gesonderten Verfahren im Wege des Antrages, gegebenenfalls Widerspruches und der Verpflichtungsklage durchzusetzen. In der Sache handelt es sich bei § 21 Abs. 7 SächsBrandschG um einen Billigkeitserlass (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.6.1994, NVwZ 1995, 1213 zu § 135 Abs. 5 Satz 1 BauGB; SächsOVG, Urt. v. 4.6.2008 - 5 B 65/06 -; Urt. v. 19.3.2008 - 5 B 840/05 - sowie Urt. v. 28.3.2007 - 5 B 855/04 - jeweils zitiert nach juris; Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand: November 2006, § 227 AO Rn. 145 zu § 227 AO; a. A., allerdings ohne nähere Begründung zum bayerischen Landesrecht wohl: VG Regensburg, Urt. v. 24.1.2006 - RN 11 K 05.315 -, zitiert nach juris).

Weiterhin ist eine fehlerhafte mündliche Zusage der Kostenfreiheit des Einsatzes nicht als unrichtige Sachbehandlung anzusehen. Nach § 21 Abs. 4 SächsBrandSchG i. V. m. § 22 SächsVwKG werden Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung durch die Behörde nicht entstanden wären, nicht erhoben. Von einer insoweit unrichtigen Sachbehandlung ist bei einem Feuerwehreinsatz dann auszugehen, wenn bei der Durchführung des Einsatzes offensichtliche und schwere Fehler unterlaufen sind und diese zu vermeidbaren (Mehr-)Kosten geführt haben. So könnte hier eine unrichtige Sachbehandlung lediglich dann in Betracht kommen, wenn es nicht erforderlich gewesen sein sollte, den Baum zu entfernen. Ob vor Ort eine Kostenfreiheit des Einsatzes zugesagt worden ist, ist dagegen keine Frage der zutreffenden Sachbehandlung.

Die Kläger sehen zudem darin einen Verfahrensmangel, dass das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen des Urteils zur Frage einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung Stellung genommen hat. Die prozessuale Behandlung des am 25.5.2007 um 10.35 Uhr per Telefax an das Verwaltungsgericht übermittelten (AS 391 ff.) und der Berichterstatterin um 11.50 Uhr (AS 404, 418) - und damit 10 Minuten nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle (AS 315) - vorgelegten Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten der Kläger ist unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des rechtlichen Gehörs jedoch nicht zu beanstanden.

Das Verwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil, das es am 8.6.2007 vollständig abgefasst der Geschäftsstelle übergeben hat (AS 389), mit der im Schriftsatz vom 25.5.2007 angeregten Wiedereröffnung befasst und ausgeführt, dass es sie nicht für erforderlich hält. Selbst wenn es bereits allein durch die Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle (§ 116 Abs. 2 VwGO) - ohne zusätzliche informelle Bekanntgabe an einen der Beteiligten - nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 318 ZPO an seine Entscheidung gebunden und eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung infolgedessen ausgeschlossen gewesen sein sollte, liegt in der Befassung mit der Wiedereröffnung kein Gehörsverstoß. Die Berücksichtigung ihres nachgereichten Vortrags verletzt die Kläger nicht in ihren prozessualen Rechten.

2. Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nicht dargelegt.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann auf, wenn sie voraussichtlich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, d. h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht. Die besonderen Schwierigkeiten müssen sich auf Fragen beziehen, die für das konkrete Verfahren entscheidungserheblich sind (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 124 Rn. 9; Meyer-Ladewig/Rudisile in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 124 Rn. 28).

Die Kläger rügen im Rahmen dieses Zulassungsgrundes, dass das Verwaltungsgericht zu den "komplexen und überaus streitigen Vorgängen" nur den Kläger zu 2 sowie die parteinahen Zeugen ....... und gehört habe. Zudem habe es sich weder mit den weiteren Umständen des Einsatzes noch mit den Widersprüchen in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten befasst. Der Umfang der Gefahrenlage sei nicht geklärt worden. Mit diesem Vorbringen legen die Kläger keine übermäßig schwierigen entscheidungserheblichen Fragen dar. Sie kritisieren lediglich die richterliche Rechtsanwendung und die vom Verwaltungsgericht im Ergebnis vorgenommene rechtliche Bewertung. Für derartige Rügen ist im Rahmen des Zulassungsgrundes der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten kein Raum. Schwierigkeiten, die über die übliche richterliche Anwendung des Rechts auf den konkreten Fall hinausgehen, sind dem Vorbringen nicht zu entnehmen.

3. Die erhobene Divergenzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist nicht ausreichend begründet.

Die Berufung ist nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen, wenn das anzufechtende Urteil von einer Entscheidung u. a. des Oberverwaltungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Die Regelung dient dem Allgemeininte-resse an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Die Abweichung kann sich auf eine Rechtsfrage oder auf eine Tatsachenfrage beziehen, wenn diese ihrer Natur nach verallgemeinerungsfähig und nicht fallspezifisch ist. Erforderlich ist, dass ein tragender Grund der Entscheidung im Widerspruch steht zu einem tragenden Grund der Entscheidung eines der genannten Obergerichte und dieser Widerspruch dieselbe Rechtsvorschrift betrifft (Kopp/ Schenke, a. a. O., § 124 Rn. 11).

Um eine Divergenzrüge ordnungsgemäß zu begründen, muss der Beschwerdeführer darlegen, welcher abstrakte Rechtssatz in der herangezogenen Entscheidung enthalten ist und welcher im angegriffenen Urteil in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellte abstrakte Rechtssatz hierzu im Widerspruch steht. Zudem muss aufgezeigt werden, dass der Rechtssatz sowohl für die angegriffene als auch für die herangezogene Entscheidung entscheidungserheblich ist (SächsOVG, Beschl. v. 16.4.2007 - 5 B 445/06 -). Eine Divergenzrüge kann darüber hinaus nur auf die Abweichung von einer Entscheidung des dem Verwaltungsgericht, dessen Entscheidung angegriffen wird, im Rechtszug übergeordneten Oberverwaltungsgerichts ("des Oberverwaltungsgerichts") gestützt werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, a. a. O., § 124 Rn. 12).

Die Kläger legen in der Begründung ihres Zulassungsantrags bereits keinen abstrakten Rechtssatz dar. Zudem zeigen sie nicht auf, dass die tragenden Gründe der angefochtenen Entscheidung den tragenden Gründen einer Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts widersprechen.

4. Dem weiteren - keinem Zulassungsgrund zugeordneten - Vorbringen der Kläger im Schriftsatz vom 16.1.2008 ist nicht näher nachzugehen. Dieses Vorbringen ist unbeachtlich, weil es nicht innerhalb der zweimonatigen Begründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) des Antrags auf Zulassung der Berufung erfolgt ist. Der genannte Schriftsatz ging erst am 16.1.2008 per Telefax beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht ein. Die Frist zur Begründung des Zulassungsantrags war aber bereits am Montag, den 13.8.2007, abgelaufen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 3 und Abs. 1, § 52 Abs. 3 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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