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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 14.09.2009
Aktenzeichen: NC 2 B 334/09
Rechtsgebiete: SächsZZVO


Vorschriften:

SächsZZVO § 2 Abs. 4 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: NC 2 B 334/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zulassung zum Studium Humanmedizin, 2. FS, SS 2009 Antrag nach § 123 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und den Richter am Verwaltungsgericht Jenkis

am 14. September 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 24. April 2009 - NC 2 L 54/09 - geändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe:

Der Senat hat das Rubrum dahingehend berichtigt, dass Antragsgegnerin die Universität Leipzig ist. Die Universität ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts selbst Antragsgegnerin (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO entsprechend) und nicht Vertreterin des Freistaates Sachsen. Auch soweit die Hochschule staatliche Aufgaben wahrnimmt, erfüllt sie ihre Aufgaben nach sächsischem Landesrecht "durch eine Einheitsverwaltung" (so explizit § 61 Abs. 4 SächsHG [a. F.]) im "Auftrag" des Freistaates Sachsen (vgl. § 62 Abs. 1 SächsHG [a. F.] sowie das Wort "Auftragsverwaltung" in der Überschrift von § 6 SächsHSG [n. F.]). Sie bleibt dabei selbstständige Rechtsperson und ist nicht in den allgemeinen staatlichen Behördenaufbau eingegliedert. Die begehrte vorläufige Zulassung zum Studium kann sich deshalb nur gegen die Hochschule selbst richten, da nur sie über die Studienplätze verfügt.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 24.4.2009 hat Erfolg.

Mit dem Beschluss hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, ein Losverfahren durchzuführen und die ersten zwölf ausgelosten Antragsteller oder deren Nachrücker vorläufig zum Medizinstudium nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2009 im 2. Fachsemester auf einen Teilstudienplatz an der Universität Leipzig zuzulassen. Das Verwaltungsgericht ermittelt für das 2. Fachsemester eine Auffüllgrenze von 331 und eine Studierendenzahl von 319. Dabei stellt das Verwaltungsgericht zur Ermittlung der Zahl der Studierenden auf die im Sommersemester 2009 im 2. Fachsemester eingeschriebenen Studenten ab. Eine wörtliche Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 2 SächsZZVO 2008/2009, wonach die Studentenzahl der vorausgegangenen zwei Fachsemester maßgeblich ist, sei nicht sachgerecht. Sie könne dazu führen, dass über die Auffüllgrenzen hinaus Studienbewerber aufzunehmen seien.

Hiergegen wendet die Antragsgegnerin in der Begründung ihrer Beschwerde u. a. ein, diese Auslegung und Anwendung widerspreche dem Wortlaut von § 2 Abs. 4 SächsZZVO 2008/2009. Stelle man für die Studierendenzahl nicht auf die tatsächlich eingeschriebenen Studenten, sondern auf die Studierenden im vorausgegangenen 1. Fachsemester 2008/2009 ab, sei die Auffüllgrenze überschritten. Im 1. Fachsemester hätten 335 Studenten, davon 316 auf Vollstudienplätzen und 19 auf Teilstudienplätzen, studiert.

Die von der Antragsgegnerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auch in Hochschulzulassungsverfahren grundsätzlich beschränkt ist (vgl. Beschl. v. 3.7.2002 - NC 2 C 2/02 - juris), führen zu einer Änderung des angegriffenen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht § 2 Abs. 4 Satz 2 SächsZZVO 2008/2009 außer Acht gelassen. Danach sind bei der Ermittlung der Zahl der Studierenden die Studentenzahlen der jeweils vorausgegangenen zwei Fachsemester zugrunde zu legen. Der Senat hat bereits in den Gründen seines Beschlusses vom 29.5.2008 - NC 2 B 9/08 - sowie mit Beschluss vom 30.7.2009 - NC 2 B 2/09 - (juris) ausgeführt, dass diese Vorschrift auch dann anzuwenden ist, wenn bereits die aktuellen Belegungslisten für das jeweilige Semester vorliegen. Auch dann bleiben nach dem eindeutigen Wortlaut der Sächsischen Zulassungszahlenverordnung 2008/2009 die Studentenzahlen der jeweils vorausgegangenen (niedrigeren) zwei Fachsemester maßgeblich. Mit dem Wortlaut "vorausgegangenen zwei Fachsemester" bringt der Verordnungsgeber zum Ausdruck, dass einerseits nicht die aktuellen Belegungslisten, sondern die Belegungslisten des vorausgegangenen Semesters und andererseits die Studentenzahlen in den jeweils niedrigeren Fachsemestern zugrunde zu legen sind. Die früheren und niedrigeren Fachsemester gehen dem nachfolgenden späteren und höheren Fachsemester - das Bezugspunkt der Betrachtung ist - sowohl zeitlich als auch sachlich "voraus".

Diese Regelung ist auch sachgerecht, weil regelmäßig bei der Zulassungsentscheidung die aktuellen Belegungslisten noch nicht vorliegen. Die Studenten des vorausgegangenen Fachsemesters treten - ggf. vermindert um einen gewissen Schwund, den die Verordnung aber ebenso vernachlässigt wie anderweitige Zugänge - in das aktuelle Semester über und bieten somit eine geeignete Grundlage für die Bestimmung der Zahl der im aktuellen Semester zu erwartenden Studenten. Da bei den zulassungsbeschränkten Studiengängen in Sachsen Studienplätze im 1. Fachsemester nur jedes Jahr angeboten werden und folglich auch die Lehrveranstaltungen in jährlichem Rhythmus wechseln, stellt die Verordnung nicht nur auf das vorausgegangene Fachsemester, sondern die beiden vorausgegangenen Fachsemester ab. Die Studenten der beiden vorausgegangenen niedrigeren Fachsemester werden nach ihrer Rückmeldung beide das Lehrangebot desselben höheren Semesters nachfragen.

Von dieser Regelung ist auch dann nicht abzuweichen, wenn feststeht, dass die Zahl der Studierenden der vorausgegangenen Fachsemester geringer war als die Zahl der tatsächlich im aktuellen Semester Studierenden. In diesem Fall führt die in der Sächsischen Zulassungszahlenverordnung getroffene Regelung zwar dazu, dass die tatsächliche Studierendenzahl oberhalb der jeweiligen Auffüllgrenze liegt. Dieses Ergebnis nimmt der Verordnungsgeber aber zugunsten eines einheitlichen und einfachen Verwaltungsvollzuges ebenso in Kauf wie den umgekehrten Fall, dass die tatsächliche Studierendenzahl unterhalb der Auffüllgrenze liegt, weil die Studierendenzahl der vorausgegangenen Fachsemester höher war als die der nunmehr tatsächlich Studierenden. Dem Verordnungsgeber ist es nicht verwehrt, aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität statt des Wirklichkeits- einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu verwenden. Auch ansonsten ist das Kapazitätsrecht durch typisierende und pauschalierende Regelungen geprägt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.9.1981 - 7 N 1.79 - juris).

Da es hier um die Studierendenzahl im 2. Fachsemester geht, dem nur ein Fachsemester vorausgeht, ist für die Studierendenzahl die Zahl der im 1. Fachsemester im Wintersemester 2008/2009 Studierenden maßgeblich. Diese betrug insgesamt 335, davon 316 auf Vollstudienplätzen. Ungeachtet der Frage, ob das Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Eilentscheidungen bei der Auffüllgrenze und der Studierendenzahl zu berücksichtigen ist, übersteigt die Studentenzahl die Auffüllgrenze.

Berücksichtigt man die verwaltungsgerichtliche Korrektur der Auffüllgrenze, muss man bei der Studentenzahl konsequenterweise auch die Studenten, die vorläufig aufgrund gerichtlicher Anordnung auf Teilstudienplätzen beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt studieren, berücksichtigen. Sie nehmen Kapazität in Anspruch und werden im Folgesemester - das Weiterbestehen der einstweiligen Anordnung unterstellt - weiterhin Kapazität in Anspruch nehmen. Die Zahl von 335 übersteigt die vom Verwaltungsgericht berechnete Auffüllgrenze von 331. Dass darüber hinaus weitere Studienplätze vorhanden sind, ist nicht erkennbar und wird auch vom Antragsteller, der sich im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht geäußert hat, nicht geltend gemacht.

Zu keinem anderen Ergebnis kommt man, wenn man mit dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (vgl. Beschl. v. 17.9.2008 - NC 9 S 1792/08 - juris) nicht von der vom Verwaltungsgericht im Eilverfahren korrigierten, sondern der in der Zulassungsverordnung normativ bestimmten Auffüllgrenze ausgeht und dieser Auffüllgrenze die auf Vollstudienplätzen eingeschriebenen Studenten gegenüberstellt. Im vorliegenden Fall stehen der normativ bestimmten Auffüllgrenze von 308 Studierenden (vgl. Anlage 3 zu § 2 Abs. 1 und 3 SächsZZVO 2008/2009) 316 auf Vollstudienplätzen Studierende gegenüber.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1 und § 52 Abs. 1, 2 GKG (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 13.7.2005, NVwZ-RR 2006, 219).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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