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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 01.04.2009
Aktenzeichen: PL 9 A 78/08
Rechtsgebiete: BPersVG, SächsPersVG


Vorschriften:

BPersVG § 44 Abs. 1 S. 1
SächsPersVG § 45 Abs. 1
Grundsätzlich ist in einem gerichtlichen Verfahren aus Anlass der Durchsetzung, Klärung oder Wahrnehmung der dem Personalrat zustehenden personalvertretungsrechtlichen Befugnisse und Rechte die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts geboten und hat die Dienststelle die entstandenen Kosten des Rechtsanwalts zu tragen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren aus haltlosen Gründen oder mutwillig in Gang gesetzt worden ist (im Anschluss an BVerwG, Beschl. v. 9.3.1992, PersR 1992, 243). Von Haltlosigkeit ist auszugehen, wenn die Rechtsverfolgung von vornherein offensichtlich aussichtslos war. Das kann - von dem Ausnahmefall einer objektiv willkürlichen oder schlechthin unvertretbaren Entscheidung der Vorinstanz abgesehen - nicht angenommen werden, wenn der Personalrat mit seiner Rechtsauffassung im erstinstanzlichen Verfahren obsiegt hat.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: PL 9 A 78/08

In der Personalvertretungssache

wegen Erstattung von Anwaltskosten

hier: Antrag auf Zulassung der Beschwerde

hat der 9. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald, die ehrenamtliche Richterin Wießner und den ehrenamtlichen Richter Hehr

am 1. April 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beteiligten zu 1 auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 14. September 2007 - PL 9 K 1804/07 - wird abgelehnt.

Gründe:

Der zulässige Antrag ist nicht begründet. Die von dem Beteiligten zu 1 geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung nach § 88 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO und der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach § 88 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.

1. Die von dem Beteiligten zu 1 für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage nach der "Kostentragungspflicht der Dienststelle bei aussichtslosen, d. h. bereits höchstrichterlich entschiedenen Sachverhalten" rechtfertigt die Zulassung der Beschwerde schon deshalb nicht, weil sie im verneinenden Sinn bereits höchst- und obergerichtlich geklärt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist in einem gerichtlichen Verfahren aus Anlass der Durchsetzung, Klärung oder Wahrung der dem Personalrat zustehenden personalvertretungsrechtlichen Befugnisse und Rechte die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts grundsätzlich geboten und hat die Dienststelle daher ebenso grundsätzlich gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG die entstandenen Kosten des Rechtsanwalts zu tragen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren aus haltlosen Gründen oder mutwillig in Gang gesetzt worden ist. Von einer Haltlosigkeit des Unterfangens ist auszugehen, wenn die Rechtsverfolgung von vornherein offensichtlich aussichtslos war (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.3.1992, PersR 1992, 243 zu § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG). Diese Grundsätze legt das Sächsische Oberverwaltungsgericht auch bei der Kostentragungspflicht der Dienststelle nach § 45 Abs. 1 SächsPersVG zugrunde (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 16.12.1997, PersR 1999, 129). Entsprechend gelten sie für die Erstattung der Kosten, die einem einzelnen Mitglied des Personalrats durch Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts für die Durchführung eines gerichtlichen personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens entstanden sind (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26.11.2001 - 8 Bf 372/00 PVL - zitiert nach JURIS; BayVGH, Beschl. v. 23.4.1997, PersR 1997 S. 404; BVerwG, Beschl. v. 6.3.1959, BVerwGE 8, 202).

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach § 88 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen ebenfalls nicht. Ernstliche Zweifel im Normsinn liegen dann vor, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Beschwerdeverfahrens zumindest als ungewiss zu beurteilen ist. Der Beteiligte zu 1 macht insoweit geltend, das Verwaltungsgericht habe die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts zu Unrecht für erforderlich gehalten. Dem Ausgangsverfahren, in dem es um die Erstattung von dem Antragsteller im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als vollständig freigestelltes Personalratsmitglied für Fahrten von seinem Wohnort/seiner Dienststelle zum Sitz der Stufenvertretung entstandenen Reisekosten gegangen sei, habe ein einfacher Lebenssachverhalt zugrunde gelegen, zu dem bereits ausreichende höchstrichterliche Rechtsprechung existiere. Es sei daher von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung auszugehen. Dieser Einschätzung folgt der Senat nicht.

Nach dem unter 1. dargelegten Maßstab ist von einer Haltlosigkeit der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auszugehen, wenn die Rechtsverfolgung von vornherein offensichtlich aussichtslos war (BVerwG, Beschl. v. 9.3.1992, a. a. O.) Erfolgsaussichten sind im Sinne von Haltlosigkeit nicht gegeben, wenn es an jeglichem rechtlich vertretbaren Ansatz zur Stützung des geltend gemachten Anspruchs fehlt und ein verantwortungsbewusster Rechtsanwalt deswegen die Erfolgsaussichten als evident negativ beurteilt sowie von der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abgeraten hätte (OVG NRW, Beschl. v. 29.11.2001, PersR 2001, 214). Diese Voraussetzungen sind schon deshalb nicht erfüllt, weil der Antragsteller mit seiner Rechtsauffassung im erstinstanzlichen Verfahren obsiegt hat.

Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht deshalb veranlasst, weil der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts objektiv willkürlich oder schlechthin unvertretbar wäre. Hiervon kann keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht hat der zu einer nordrhein-westfälischen Vorschrift ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.11.2004 (PersR 2005, 75) entnommen, dass die Erstattung der dem vollständig freigestellten Personalratsmitglied entstandenen Mehraufwendungen allein auf der Grundlage trennungsgeldrechtlicher Vorschriften nicht sachgerecht sei. Auch wenn der Senat diese Auffassung im Ansatz nicht teilt (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 13.10.1998 - P 5 S 16/96 - sowie jüngst Beschl. v. 9.10.2008 - PL 9 A 219/08), kann nicht angenommen werden, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts offensichtlich unrichtig und die Erfolgsaussichten evident negativ einzuschätzen gewesen seien. Zwar hatte das Bundesverwaltungsgericht seine mit Beschluss vom 14.2.1990 (PersR 1990, 130) entwickelte Rechtsprechung zur Anwendung der Trennungsgeldregelungen - entgegen der Auffassung des Antragstellers - nicht aufgegeben, sondern bereits mit Beschluss vom 21.5.2007 (PersR2007, 387) ausdrücklich aufrechterhalten. Die mit Gründen versehene Entscheidung wurde in die Rechtsprechungsdatenbank des Bundesverwaltungsgerichts jedoch erst am 29.8.2007 aufgenommen. Sie lag mithin im Zeitpunkt der Antragstellung beim Verwaltungsgericht Dresden am 21.6.2007 noch nicht vor. In ihr führt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich aus, dass und warum kein Widerspruch zu dem zu Besonderheiten des nordrhein-westfälischen Landesrechts ergangenen Beschluss vom 25.11.2004 (a. a. O.) bestehe. Dieser Ausführungen hätte es nicht beduft, wenn die vom Antragsteller und vom Verwaltungsgericht vertretene, letztlich auf einem Missverständnis des genannten Beschlusses beruhende Auffassung völlig abwegig und haltlos wäre.

Ob - wie der Beteiligte zu 1 meint - in Verfahren einzelner Personalratsmitglieder wie in Streitigkeiten wegen Anwaltskosten des Personalrats als weitere Erstattungsvoraussetzung regelmäßig zudem ein ernsthafter Einigungsversuch mit dem Dienststellenleiter zu fordern ist (vgl. Ilbertz/Widmaier, BPersVG, § 44 Rn. 15 m. w. N.; nicht erörtert in: BVerwG, Beschl. v. 6.3.1959, a. a. O.; OVG NRW, Beschl. v. 29.11.2001, a. a. O.), kann offenbleiben. Jedenfalls wenn - wie hier - ein Verwaltungsverfahren vorausging, in dessen Rahmen der Beteiligte zu 1 dem Antragsteller nach Einholung einer Stellungnahme des zuständigen Staatsministeriums der Finanzen seine Auffassung erörtert hat, bleibt dem Antragsteller - will er an seiner gegenteiligen, wie dargelegt nicht evident unrichtigen Rechtsauffassung festhalten - kein anderer Weg als der der gerichtlichen Klärung, wozu er sich anwaltlicher Hilfe bedienen darf.

Eine Kostenentscheidung erübrigt sich (§ 88 Abs. 2 SächsPersVG i. V. m. § 80 Abs. 1, § 2a Abs. 1 und § 12 Abs. 5 ArbGG).

Mit dieser Entscheidung, die unanfechtbar ist, wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 88 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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