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Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 05.03.2009
Aktenzeichen: 3 Sa 41/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 123
BGB § 626 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 28.09.2007 - 5 Ca 157/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Kläger einen Aufhebungsvertrag mit der Beklagten wirksam angefochten hat und seine Weiterbeschäftigung verlangen kann.

Der am 0.0.1965 geborene Kläger war seit dem 01.03.1991 bei der Beklagten, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, als Abteilungsleiter Marketing/Vertrieb zu 4.683,88 Euro brutto in der Regionalgeschäftsstelle J. beschäftigt. Die Beklagte untersagte ihren Mitarbeitern aus Gründen des Datenschutzes und der Datensicherheit mit der IDV- Richtlinien (Bl. 54-57 d.A.), die zu dienstlichen Zwecken bereitgestellten Internetzugänge für private Zwecke zu nutzen. Der Kläger wusste, dass er diese auch außerhalb seiner Arbeitszeit nicht privat nutzen darf und dass er als Abteilungsleiter verpflichtet ist, jede Privatnutzung zu unterbinden.

Der Internet-PC der Vertriebsabteilung steht im allgemein zugänglichen Vertriebsbüro. Er ist durch ein nur dem Kläger und den weiteren vier Vertriebsmitarbeitern bekanntes Passwort geschützt. Im März 2005 wurden in dem ihm zugeordneten Drucker pornografische Bilder gefunden, die keinem Mitarbeiter zugeordnet werden konnten. Die Beklagte unterstrich in einem Führungskräftetreffen in Anwesenheit des Klägers nochmals, dass sie eine Privatnutzung des Internets zumal zu pornografischen Zwecken nicht hinnehme. Der Kläger wurde als Vertriebsleiter vom Regionalgeschäftsführer Herr L. beauftragt, den Umfang der Privatnutzung des fraglichen PCs zu prüfen. Der Auftrag erstreckte sich nicht auf den erneuten Aufruf der pornografischen Seiten. Der Kläger tat dies dennoch und fand hieran Gefallen. Er verfügte über ein Einzelbüro, in dem sich ein abschließbarer Schrank befindet. Dieser ist Teil eines Schließsystems mit drei Schlüsselvarianten. Der Kläger verwahrte hierin eine Mappe. Jedenfalls seit Sommer 2006 nutzte er den Internetanschluss zu privaten Zwecken. Hierzu nahm er die Mappe aus dem verschlossenen Schrank, ging in den Vertriebsraum, legte die Mappe neben den PC und surfte jedenfalls bis zu 30 Minuten pro Woche im Internet. Er druckte Routenplanungen oder Hotelbeschreibungen aus und besuchte wiederholt Internetseiten mit pornografischen Inhalt. Dort betrachtete er die Bilder und druckte jedenfalls 12 Fotos auf dem Vertriebsdrucker aus. Er löschte die temporären Internetdateien und legte die Ausdrucke nebst seinen handschriftlichen Notizen einschlägiger Internetadressen in die Mappe, die er wieder im Schrank verschloss.

Am 22.01.2007 fand eine Mitarbeiterin neben dem PC die Mappe mit den handschriftlichen Notizen und 89 Computerausdrucken pornografischer Bilder, vorzüglich von weiblichen Geschlechtsorganen in Detailansicht, die in der Zeit vom 06.10.2006 bis zum 19.01.2007 auf dem Farbdrucker der Vertriebsabteilung gedruckt worden waren. Am 16.02.2007 erfuhr Herr L. vom Fund der Mappe, der die Hauptverwaltung der Beklagten informierte.

Nach einem Vergleich der Handschriften der in Betracht kommenden Vertriebsmitarbeiter mit den aufgefundenen Notizen bestellte die Beklagte den Kläger zu einer Anhörung am 21.02.2007 in die Hauptverwaltung. Neben dem Kläger und der Personalsachbearbeiterin Frau Br. nahmen die Revisoren Herr H. und Herr B. teil. Sie legten dem Kläger die Mappe vor, die er als seine identifizierte. Herr H. öffnete sie. Im Übrigen ist streitig, ob er mit dem Kläger jeden einzelnen Ausdruck sichtete oder willkürlich in den Stapel der 89 pornografischen Bilder griff und mit dem Kläger jedenfalls fünf Bilder sichtete. Der Kläger war sichtlich peinlich berührt und erklärte, dass es sich um von ihm ausgedruckte Bilder handele. Auf die Frage, ob er die Ausdrucke während seiner Arbeitszeit gefertigt habe, antwortete er, dass er pro Woche maximal 30 Minuten hauptsächlich in den Abendstunden zu privaten Zwecken im Internet gewesen sei. Das Gespräch wurde mit dem Abteilungsleiter Personal, Herrn Be., fortgesetzt. Er fragte den Kläger, ob er bereit sei, gegebenenfalls eine andere Tätigkeit zu übernehmen, wobei die Entscheidung über arbeitsrechtliche Konsequenzen dem Vorstand vorbehalten bleibe. Etwa 45 Minuten nach dem Gespräch teilte der Kläger Frau Br. telefonisch mit, dass er das Internet nicht während der Arbeitszeit, sondern erst genutzt habe, nachdem er sich seine Arbeit mit der Zeitwertkarte beendet habe.

Am 22.02.2007 wurde der Kläger erneut in die Hauptverwaltung geladen. Herr Be. erklärte ihm, dass der Vorstand eine weitere Zusammenarbeit ablehne, wegen der speziellen Art der privaten Internetnutzung eine außerordentliche Kündigung erwäge und man ihm dringend anrate, zur Vermeidung einer solchen Kündigung einen Aufhebungsvertrag abzuschließen. Der Kläger erhielt eine Bedenkzeit von zehn Minuten. Er unterzeichnete den Aufhebungsvertrag vom 22.01.2007 mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2007.

Mit seiner am 30.04.2007 beim Arbeitsgericht Jena erhobenen Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis über den 31.03.2007 hinaus fortbesteht und seine Weiterbeschäftigung. Zunächst hatte er vorgetragen, dass er wie bestimmte Internetseiten auch privat habe nutzen dürfen, die Privatnutzung jedenfalls nicht verboten gewesen sei und er von einem Verbot nichts gewusst habe. Wenn die Beklagte ihm vorwerfe, dass er 89 Bilder ausgedruckt habe, seien die Druckkosten von 8,01 Euro angesichts der vielen hundert täglichen Ausdrucke belanglos. Er habe das Internet erst nach seiner Arbeitszeit genutzt, allein schon, um nicht von seinen Kollegen überrascht zu werden. Sodann bestritt er, 89 Bilder ausgedruckt zu haben. Die Mappe habe sich mangels Notizen nicht mehr im Originalzustand befunden. Mehr als 100 Personen hätten Zugang zum Vertriebsbüro gehabt. Er habe nur die Fotos vom 06.10.2006, 29.11.2006, 30.11.2006, teilweise vom 13.12.2006, teilweise vom 14.12.2006 und vom 10.01.2007 ausgedruckt. Am 27.10.2006 habe er schon nicht im Büro gearbeitet. Möge die Beklagte doch die genauen Daten und Zeiten vortragen. Wegen der geringen Kosten und seiner sofortigen Einsicht hätte ein verständiger Arbeitgeber wegen der positiven Zukunftsprognose keine außerordentliche Kündigung erwogen, zumal er nie abgemahnt worden sei.

Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage. Alle Mitarbeiter hätten gewusst, dass die Privatnutzung des Internets aus guten Gründen streng verboten sei. Der Kläger sei im Führungskräftetreffen im März 2005 darauf hingewiesen worden, dass ein Verstoß arbeitsvertragliche Konsequenzen nach sich ziehen werde. Gleichwohl habe er umfangreich und hartnäckig gegen das Verbot verstoßen. In der Anhörung am 21.02.2007 habe er zugegeben, das Internet hauptsächlich, also nicht nur, in den Abendstunden genutzt zu haben. Da die weiteren Vertriebsmitarbeiter im Außendienst tätig seien, habe er dies auch ohne Entdeckungsgefahr wagen können. Als Vorgesetzten seien ihm die Abwesenheitszeiten seiner Mitarbeiter bekannt gewesen, die zudem an sämtlichen Ausdrucktagen nicht im Büro gewesen seien, wohl aber der Kläger. Er habe auch nicht zuvor ausgestempelt. Die Zeiterfassung weise häufig Arbeitszeiten des Klägers auch noch nach 18:00 Uhr aus. In der Anhörung habe er die Urheberschaft aller einzeln mit ihm durchgesehenen 89 Ausdrucke zugegeben. Seine jetzigen Einschränkungen seien nach seinem Erkennen der prekären Situation reine Schutzbehauptungen. Angesichts der unabsehbaren Gefahr für die Datensicherheit der Kunden, der Beklagten und ihrer Rufschädigung als Körperschaft des Öffentlichen Rechts bei Bekanntwerden derartiger Vorfälle, gerade durch einen ihrer Führungskräfte, habe die Beklagte auch aus Gründen der Betriebsdisziplin die außerordentliche Kündigung des Klägers erwägen dürfen. Die mit der Unterschlagung der Betriebsmittel entstandenen Kosten gingen schließlich zu Lasten der Solidargemeinschaft, was nicht akzeptabel sei.

Das Arbeitsgericht hat mit seinem am 28.09.2007 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Es fehle ein Anfechtungsgrund. Die Beklagte habe zwar mit einer außerordentlichen Kündigung als empfindliches Übel gemäß § 123 BGB gedroht. Diese sei aber nicht widerrechtlich gewesen. Angesichts der Umstände des vorliegenden Einzelfalls habe ein verständig abwägender Arbeitgeber eine fristlose Kündigung erwägen dürfen. Der Kläger habe die Betriebsmittel der Beklagten zu privaten Zwecken missbraucht, um sich Zugang zum Internet zu verschaffen. Aufgrund der Richtlinie zur Datensicherheit sei allen Mitarbeitern die Privatnutzung des Internets verboten gewesen, ohne dass der Kläger seine Behauptung, ihm sei dies gleichwohl erlaubt gewesen, schlüssig dargelegt habe. Zwar habe die Beklagte keine Privatnutzung während der Arbeitszeit nachweisen können, doch spreche für die Berechtigung, eine außerordentliche Kündigung zu erwägen, dass der Kläger pornografische Seiten aufgerufen und mindestens 14 einschlägige Ausdrucke ausgedruckt habe. Wegen der Gefahr der Rufschädigung und der Vorbildfunktion des Klägers als Vorgesetzter habe die Beklagte nicht damit rechnen müssen, dass die in Erwägung gezogene Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig sein würde.

Der Kläger hat gegen das ihm am 28.12.2007 zugestellte Urteil am 22.01.2008 beim Thüringer Landesarbeitsgericht am 12.12.2007 Berufung eingelegt und diese nach einer am 28.02.2008 beantragten und bis zum 28.03.2008 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 25.03.2008 begründet. Er gebe zu, dass er den Internetzugang der Beklagten wiederholt verbotswidrig privat genutzt und hierbei auch pornografische Internetseiten aufgerufen habe. Er habe aber nur zwölf pornografische Bilder ausgedruckt. Er habe eine Theorie, wie die große Zahl weiterer Bilder in seine Mappe gelangt sein könnten. Ein unbekannter Dritter habe sie dort abgelegt und zwar jene Person, der er seit seinen Ermittlungen im März 2005 auf der Spur gewesen sei. Entsprechend der unterschiedlichen Ausdruckdaten der Bilder habe der unbekannte Dritte in der Zeit vom 06.10.2006 bis zum 19.01.2007 die Bilder nach und nach ausgedruckt, gesammelt und sie dann in die Mappe des Klägers gelegt. Hierzu habe sich der unbekannte Dritte aus dem Schließsystem der Beklagten den passenden Schlüssel zu seinem stets verschlossenen Schrank besorgt, sich in sein Zimmer geschlichen, den Schrank geöffnet, die zusätzlichen Bilder in die Mappe gelegt und diese dann so platziert, dass sie gefunden werden können. Um die vom Kläger genutzten einschlägigen Seiten besuchen und die entsprechenden Bilder ausdrucken zu können, habe er sich zuvor auf gleiche Weise Kenntnis von den handschriftlichen Notizen des Klägers zu den Pornoseiten verschafft. Herr L. habe ihn loshaben wollen. Er habe ihn mit der Recherche zum Vorfall im März 2005 beauftragt und daher annehmen können, dass der Kläger künftig nun selbst die Pornoseiten aufsuchen werde. Daher habe Herr L. die Bilder vorsorglich nach und nach ausgedruckt, gesammelt und sie dann dem Kläger untergejubelt, um ihn bloßzustellen.

Der Kläger hat beantragt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts wird abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31.03.2007 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger in der Abteilungsleiterfunktion Marketing und Vertrieb der Regionalgeschäftsstelle J. zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 15.02.1991 zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil und wiederholt ihre bisherigen Ausführungen, nach denen der Kläger im Rahmen der Anhörung am 21.02.2007 selbst zugegeben habe, alle 89 Ausdrucke gefertigt zu haben. Von einem unbekannten Dritten sei damals nicht die Rede gewesen. Hätte er tatsächlich nur 12 Ausdrucke gefertigt, hätte er in der Anhörung den großen im Einzelnen mit ihm durchgegangenen Stapel an Ausdrucken empört zurückweisen müssen. Scheinbar habe den Kläger die Größe des Stapels damals aber nicht beeindruckt, da er ihn widerspruchslos als seinen anerkannt habe. Die Verantwortung einem unbekannten Dritten anzulasten, sei nur eine weitere nachträglich erhobene Schutzbehauptung. Allein schon die verbotswidrige Verwendung der Betriebsmittel der Beklagten stelle eine schwere Pflichtverletzung des Klägers dar. Dass er sich als Vorgesetzter besonders vorbildlich hätte verhalten müssen, habe im Rahmen der Erwägung einer außerordentlichen Kündigung und der hierbei vorzunehmenden Interessenabwägung besonders schwer zu seinen Lasten gewogen. Der Kläger könne dem eminenten Interesse der Beklagten an der Sicherheit der Daten ihrer Versicherten gegen Angriffe von Außen und ihr Interesse einer korrekten Außendarstellung nicht damit begegnen, dass er keine Downloads vorgenommen habe. Jeder Zugriff auf eine Internetseite eröffne Zugänge und hinterlasse Spuren, die zurückverfolgt werden könnten.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

A. Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig.

B. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis besteht nicht über den 31.03.2007 hinaus fort. Der zwischen den Parteien am 22.02.2007 unterzeichnete Aufhebungsvertrag ist wirksam zustande gekommen. Er wurde nicht mit Erfolg angefochten. Die Beklagte hat den Kläger nicht durch eine widerrechtliche Drohung zum Abschluss des Aufhebungsvertrags veranlasst. Aus diesem Grund scheidet auch ein Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung aus.

I. Der Aufhebungsvertrag vom 22.02.2007 ist wirksam zustande gekommen. Mit der beiderseitigen Unterzeichung der Vertragsurkunde ist insbesondere das Schriftformerfordernis des § 623 BGB gewahrt.

II. Der Aufhebungsvertrag ist nicht infolge der Anfechtungserklärung des Klägers vom 08.03.2007 wegen einer widerrechtlichen Drohung der Beklagten am 22.02.2007 nach § 123 BGB wirksam angefochten und nach § 142 BGB nichtig. Die Beklagte handelte nicht widerrechtlich, als sie dem Kläger alternativ zum Aufhebungsvertrag eine außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses in Aussicht stellte.

1. Nach § 123 Abs. 1 BGB kann derjenige, der widerrechtlich durch Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt worden ist, diese mit der Nichtigkeitsfolge des § 142 Abs. 1 BGB anfechten. Eine Drohung setzt die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung als von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird. Die Androhung, das Arbeitsverhältnis außerordentlich kündigen zu wollen, falls der Arbeitnehmer keinen Aufhebungsvertrag abschließt, stellt die Ankündigung eines zukünftigen empfindlichen Übels dar, dessen Verwirklichung in der Macht des ankündigenden Arbeitgebers liegt (BAG 15.12.2005 - 6 AZR 197/05 - juris). In diesem Sinne hat die Beklagte dem Kläger am 22.02.2007 mit einer außerordentlichen Kündigung gedroht, sollte er den angebotenen Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnen.

2. Es muss sich aber um eine widerrechtliche Drohung handeln. Die Widerrechtlichkeit kann aus der Widerrechtlichkeit des eingesetzten Mittels, des verfolgten Zwecks oder der Unangemessenheit des gewählten Mittels im Verhältnis zum verfolgten Zweck folgen. Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks kein berechtigtes Interesse oder ist die Drohung nicht mehr als angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen, ist die Drohung rechtswidrig. Die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, der sich die Kammer anschließt, widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber die Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Ist Zweck der Drohung, den Arbeitnehmer zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu veranlassen, muss der Drohende an der Erreichung dieses Zweckes ein berechtigtes Interesse haben. Die in Aussicht gestellte außerordentliche Kündigung muss zudem ein angemessenes Mittel zur Erreichung des Zweckes sein (BAG 15.12.2005 - 6 AZR 197/05 - aaO; mwN). Nach Maßstab des § 626 BGB darf der Arbeitgeber nur mit einer außerordentlichen Kündigung drohen, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer es ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Er muss prüfen, ob die angedrohte Kündigung im Einzelfall die mildeste angemessene Reaktion auf die Pflichtwidrigkeit des Arbeitnehmers ist. Die Drohung kann auch widerrechtlich sein, wenn er davon ausgehen muss, dass die Kündigung der arbeitsgerichtlichen Prüfung wegen der Versäumung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten werde (BAG 28.11.2007 - 6 AZR 1108/06 - juris).

Als Anfechtender trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für alle Voraussetzungen einer wirksamen Anfechtung. Er muss darlegen, dass ein verständiger Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht hätte annehmen dürfen, die angedrohte Kündigung halte der gerichtlichen Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit stand. Wegen der Darlegung negativer Tatsachen genügt er dem zunächst durch einen pauschalen Vortrag. Die Beklagte muss dann durch substantiiertes Bestreiten darlegen, dass sie einen Kündigungsgrund annehmen durfte, worauf wiederum der beweispflichtige Kläger substantiiert erwidern muss (BAG 28.11.2007 - 6 AZR 1108/06 - aaO). Die Beklagte musste also darlegen, dass angesichts der bei der Drohung bekannten Tatsachen aufgrund von Zeugenaussagen, Beweismitteln oder Einlassungen des Klägers auch ein verständiger Arbeitgeber die außerordentliche Kündigung ernsthaft erwogen hätte (BAG 27.11.2003 - 2 AZR 135/0 - juris). Es ist aber nicht erforderlich, dass die angedrohte Kündigung sich, wäre sie ausgesprochen worden, in einem späteren Kündigungsschutzprozess tatsächlich als rechtswirksam erwiesen hätte. Maßgeblich ist nicht nur die objektive Rechtslage, wie sie der Beklagten zum Zeitpunkt der Drohung bekannt war. Auch erst nachträglich gewonnene Ergebnisse weiterer Ermittlungen sind zu berücksichtigen, wenn sie ein verständiger Arbeitgeber zur Aufklärung des Sachverhalts angestellt hätte (BAG 16.11.1979 - 2 AZR 1041/77 - juris; 30.01.1986 - 2 AZR 196/85 - juris). Da der Arbeitgeber bei seinen Erwägungen die letztendliche Beurteilung der Kündigung durch die Tatsachengerichte nicht zu hundert Prozent vorweg kennen kann, darf er nur dann nicht mit der Kündigung drohen, wenn er unter Abwägung aller hiernach maßgebenden Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, dass die von ihm angedrohte Kündigung einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten würde (BAG 15.12.2005 - 6 AZR 197/05 - aaO).

Nach diesen Grundsätzen lag unter Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt des 22.02.2007 bekannten und vorliegend relevanten Umständen kein Sachverhalt vor, bei dessen Abwägung ein verständiger Arbeitgeber den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nicht ernsthaft in Betracht gezogen hätte.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei der privaten Nutzung des Internets eines Arbeitgebers unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls eine kündigungsrechtlich relevante Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dann anzunehmen, wenn ein Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit im Internet surft und die Funktionsfähigkeit der Datensysteme seines Arbeitgebers durch das Downloaden erheblicher Mengen schädigt oder stört, wenn er den Ruf seines Arbeitgebers schädigt, indem er etwa pornografische Daten abruft, die eine Rückverfolgbarkeit zu seinem Arbeitgeber ermöglicht oder wenn er das zu dienstlichen Zwecken zur Verfügung gestellte Internet unerlaubt zu privaten Zwecken nutzt, weil er hierdurch möglicherweise zusätzliche Kosten verursacht und schlicht unberechtigt die Betriebsmittel seines Arbeitgebers missbraucht. Liegt eine schwere Pflichtverletzung vor, kann dies im Einzelfall auch ohne vorher angeordnete Beschränkung der privaten Nutzung des Internetzugangs durch den Arbeitgeber und ohne vorherigen Ausspruch einer einschlägigen Abmahnung zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen. In einem solchen Fall ist dem Arbeitnehmer nämlich regelmäßig die Rechtswidrigkeit seines Handelns ohne weiteres genauso erkennbar, wie der Umstand, dass eine Hinnahme seines Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 27.04.2006 - 2 AZR 386/05 - juris; 21.01.2006 - 2 AZR 179/05 - juris; vgl. auch 31.05.2007 - 2 AZR 200/06 - juris). Je nach Schwere und Hartnäckigkeit eines der vorgenannten Verstöße bei der Privatnutzung des Internetanschlusses des Arbeitgebers kann auch eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein (BAG 27.04.2007 - 2 386/05 - aaO).

Vorliegend hatte eine unbeteiligte Mitarbeiterin am 22.01.2007 neben dem PC im Vertriebsraum eine Mappe mit pornografischen Darstellungen, ausgedruckt auf dem Drucker der Vertriebsabteilung, gefunden. Da der Kläger zuletzt nicht behaupten wollte, dass die Beklagte die Mappe aus prozesstaktischen Gründen "aufgestockt" habe, ist davon auszugehen, dass am 19.01.2007 tatsächlich 89 pornografische Ausdrucke nebst den handschriftlichen Notizen gefunden wurden. Es handelte sich in 14 Fällen um Fotografien nackter Frauen. In den anderen Fällen sind, im ureigensten Sinne, in aller Offenheit weibliche Geschlechtsorgane dargestellt. Die Beklagte veranlasste einen Handschriftenvergleich zwischen den handschriftlichen Notizen die gleichfalls in der Mappe gefunden wurden und den Handschriften der Vertriebsmitarbeiter. Sie ermittelte eine Ähnlichkeit mit der Handschrift des Klägers und konfrontierte ihn am 21.02.2007 mit dem Fund der Mappe und deren Inhalt. Der Kläger reklamierte die handschriftlichen Notizen zu 43 Internetadressen mit einschlägig pornografischen Inhalt als seine (Bl. 258-259 d.A.). Er erklärte, dass er die Adressen im März 2005 bei der Überprüfung der noch vorhandenen temporären Internetdateien notiert und an ihrem Inhalt Gefallen gefunden habe. Er habe die Seiten in der Zeit von Oktober 2006 bis Januar 2007 über den Internetzugang der Beklagten aufgesucht und betrachtet. Dieser Zeitraum entsprach auch objektiv der Zeitspanne, innerhalb derer die 89 Bilder auf dem Vertriebsdrucker ausgedruckt worden waren. In diesem Zeitraum habe er allgemein zu privaten Zwecken in der Woche bis zu 30 Minuten gesurft. Die Beklagte konfrontierte den Kläger mit den 89 Ausdrucken. Zwar hat der Kläger zwischenzeitlich gerichtlich vortragen lassen, dass er nicht alle 89 Bilder ausgedruckt habe, doch entsprach dies nicht seinen Einlassungen in der Anhörung am 21.02.2007. Nach der Sachverhaltsdarstellung der Beklagten sei man Bild für Bild durchgegangen, ohne dass der Kläger seine Urheberschaft für die Ausdrucke bestritten habe. Er habe sie vielmehr peinlich berührt bestätigt. Nach der Behauptung des Klägers habe die Beklagte am 21.02.2007 nicht von einem Zugeständnis aller 89 Bilder ausgehen dürfen, da Herr H. die Mappe geöffnet, willkürlich in den Stapel gegriffen und allenfalls fünf Bilder aufgedeckt habe. Da diese zufällig tatsächlich von ihm ausgedruckt worden waren, habe er sie als seine bestätigt. Er habe aber nur 12 Bilder ausgedruckt. Von mehr habe auch die Beklagte nicht ausgehen dürfen. Unterstellt man die Sachverhaltsschilderung des Klägers als richtig, durfte ein verständiger Arbeitgeber davon ausgehen, dass der Kläger jedes der willkürlich ausgewählten Bilder aus einem großen Stapel von Bildern eingeräumt hat. Zugleich hatte er trotz der erkennbar großen Zahl weiterer vor ihm aufgestapelter Ausdrucke offensichtlich keinerlei Anlass gesehen, sich gegen die Urheberschaft der vielen anderen Ausdrucke zu verwehren oder jedenfalls hinsichtlich der weiteren vor ihm liegenden nackten Tatsachen nachzufragen. Anlass hätte hierfür allemal bestanden, da die 89 Ausdrucke entsprechend der zu den Gerichtsakten gereichten Kopien einen ca. 1,5 cm hohen Stapel bildeten, der nicht mit einem Häufchen zugestandener 12 Bilder zu verwechseln gewesen wäre. Anhaltspunkte, dass ein unbekannter Dritter die Mappe des Klägers auf 89 Bilder aufgestockt haben könnte, mussten sich der Beklagten zum Zeitpunkt der angekündigten außerordentlichen Kündigung nicht aufdrängen. Der Kläger selbst hatte im Rahmen der Anhörung am 21.02.2007 trotz der vor ihm liegenden 89 Bildern und der vermeintlichen Urheberschaft für nur 12 Ausdrucke nicht auf eine mögliche Manipulation verwiesen, auch nicht, dass Herr L. ihn habe loswerden wollen. Angesichts der eigenen Einlassungen des Klägers am 21.02.2007 bestand daher auch aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers kein Anlass für weitere Ermittlungen zur Feststellung der Urheberschaft der Ausdrucke. Allerdings hat das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt, dass die Beklagte bei verständiger Würdigung der ihr bekannten Umstände nicht davon ausgehen konnte, er habe auch zugestanden, während der Arbeitszeit den Internetzugang privat genutzt zu haben. Insoweit wird gemäß § 62 Abs. 2 ArbGG auf die einschlägigen Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen. Zwar hatte sich der Kläger zunächst etwas unklar dahin eingelassen, das Internet "hauptsächlich in den Abendstunden" besucht zu haben. Er stellte jedoch noch vor dem 22.02.2007 klar, dass dies nicht als Eingeständnis eines Internetbesuchs während der Arbeitszeit verstanden werden sollte, er vielmehr zunächst ausgestempelt habe. Den Umstand, dass der Kläger tatsächlich während der Arbeitszeit das Internet zu privaten Zwecken besucht habe, hat die Beklagte weder durch weitere Ermittlungen erhärtet noch prozessual schlüssig dargelegt.

Damit war aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Drohung erkennbar, dass der Kläger nachhaltig und wider besseren Wissens gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat, indem er nicht nur gelegentlich, sondern regelmäßig bis zu 30 Minuten wöchentlich zu privaten Zwecken den Internetanschluss und die weiteren damit verbundenen Betriebsmittel der Beklagten missbrauchte, u.a. um über 40 pornografische Seiten aufzusuchen und zu diesem Zeitpunkt nicht bestrittene 89 pornografische Farbausdrucke zu fertigen. Schwer wiegt, dass der Kläger angesichts seiner Teilnahme an dem Führungskräftetreffen seit März 2005 annehmen musste, dass die Beklagte insbesondere die Nutzung ihres Internetanschlusses zum sexuellen Vergnügen ihrer Mitarbeiter nicht akzeptieren und das Aufrufen pornografischer Internetseiten keinesfalls hinnehmen werde, selbst wenn die Internetnutzung außerhalb der Arbeitszeit erfolgen sollte. Ein verständig abwägender Arbeitgeber musste daher nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass in einem solchen Fall, stets zunächst eine Abmahnung erforderlich sei. Der Ausdruck der am 22.12.2007 nicht in Abrede gestellten 89 Bilder und die zusätzlichen nicht pornografischen Ausdrucke haben zusätzliche Betriebs- und Druckkosten verursacht. Der Kläger wusste auch, dass er als Vorgesetzter eine Vorbildfunktion bei der Bekämpfung der unerlaubten Internetnutzung innehat. Da seine Pflichtverletzungen jedenfalls betriebsintern bekannt geworden waren, durfte die Beklagte vor diesem Hintergrund auch das Interesse an einer funktionierenden Betriebsdisziplin in ihre Überlegung einbeziehen. Wie jede größere und langjährig im Internet vertretene Firma verfügt die Beklagte über eine feste und damit identifizierbare IP-Adresse, über die der Datenaustausch mit einer anderen Internetadresse mittels gespeicherter Internetprotokolle erfolgt. Der Datenaustausch ist damit nicht anonym, sondern über den Provider auf die Beklagte zurück verfolgbar. Auch beim Aufruf von Bildern aus dem Internet werden Daten über den eröffneten Internetzugang ausgetauscht und die bezogenen Daten beim Drucken über die Software des Rechners bzw. Druckers in Bilder umgewandelt. Bei einem solchen Datenaustausch kann daher die IP-Adresse der Beklagten identifiziert werden. Sollte bekannt werden, dass Mitarbeiter der Beklagten mit den durch die Solidargemeinschaft jedenfalls mitfinanzierten dienstlichen Betriebsmitteln ihrer Freude an pornografischen Darstellungen nachgehen, kann dies zu einer ernsthaften Schädigung des Ansehens der Beklagten in der Öffentlichkeit führen. Letztlich kann jedoch der Gesichtspunkt einer Rufschädigung bei einer Rückverfolgung der IP-Adresse auch ohne Download dahin stehen. Zum einen kann eine Rufschädigung schlicht auch durch das Weitererzählen des bekannt gewordenen Fundes der Mappe des Klägers neben dem Vertriebscomputer durch die Belegschaft eintreten. Zum anderen hätte auch ohne Gefahr einer Rufschädigung das Verhalten des Klägers aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers nicht nur einen an sich geeigneten wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB dargestellt, sondern auch die Abwägung der übrigen beiderseitigen Interessen für ein Überwiegen des sofortigen Beendigungsinteresses der Beklagten gesprochen. Angesichts der einzuhaltenden Kündigungsfrist von einem Jahr hätte auch unter der Berücksichtigung der Beschäftigungszeit seit 1991 und des Alters des Klägers ein verständig abwägender Arbeitgeber nicht davon ausgehen müssen, dass die von ihm aufgrund der Gesamtabwägung aller vorgenannter Gesichtspunkte erwogene außerordentlichen Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten wird.

II. Da der Aufhebungsvertrag wirksam ist, hat er das Arbeitsverhältnis zum dort vorgesehenen Zeitpunkt 31.03.2007 beendet. Der Kläger hat damit keinen vertraglichen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung.

C. Da der Kläger mit seinem Rechtsmittel unterlegen ist, hat er nach § 97 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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