Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 05.03.2009
Aktenzeichen: 3 Sa 74/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 611 a a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 14.12.2007 - 5/4 Ca 330/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Entschädigung nach § 611 a BGB aF.

Die Klägerin absolvierte vom 01.09.1998 bis zum 14.08.2001 in L. (Hessen) im dort ansässigen P.-Institut eine Ausbildung zur Fachangestellten für Bürokommunikation. Sie wurde übernommen und arbeitet seitdem in ihrem erlernten Beruf zusammen mit der Verwaltungsfachangestellten Frau V., die Klägerin in dem Parallelverfahren 2 Sa 59/08.

Die Beklagte, die eine Spedition betreibt, beabsichtigte 2006 Neuanstellungen im kaufmännischen Bereich. Sie suchte über die O.-Zeitung (O.-Z) und deren Internetstellenmarkt "1 Speditionskaufmann/-frau in der Disposition" und "1 Bürokaufmann/-frau in der Abfertigung" (Anl. B 1; Bl. 48 d.A.; Anl. B 2; Bl. 49 d.A.). Zeitgleich wurde über das Internetportal der Bundesagentur für Arbeit die Stelle mit der "Tätigkeit" (...) "Bürokaufmann (Bürokaufmann/-frau), der "Stellenbeschreibung: (...) Bürokaufmann mit guten PC-Kenntnissen (...)" und "Sonstiges: (...) Geschlecht: männlich. (...)" angeboten (Anl. K 1; Bl. 6 d.A.).

Die Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 16.06.2006 auf diese Stellenanzeige. Die Bundesagentur für Arbeit nahm eine Vorauswahl unter den eingegangenen Bewerbungen vor. Frau V. erhielt mit Schreiben 30.06.2006 eine Absage. Mit Schreiben vom 11.06.2006 bewarb sich Frau B. um die Stelle einer "Bürokauffrau in der Abfertigung" (Anl. B 3; Bl. 102 d.A.). Die Beklagte legt einen von ihr und Frau B. unterzeichneten Arbeitsvertrag vor, nach dem Frau B. ab dem 01.08.2006 eingestellt wurde (Anl. B 5; Bl. 105-108 d.A.). Am 08.07.2006 bewarb sich auch Frau W. auf die Stelle "Bürokaufmann/-frau in der Abfertigung" (Anl. B 4; Bl. 19-20 d.A.). Die Beklagte legt einen von ihr und Frau W. unterzeichneten Arbeitsvertrag vom 04.08.2006 vor, nachdem diese ab dem 07.08.2006 eingestellt wurde (Anl. B 6; Bl. 109-112 d.A.). Mit Schreiben vom 04.08.2006, der Klägerin am 09.08.2006 zugegangen, teilte die Bundesagentur für Arbeit ihr mit, dass die Stelle anderweitig besetzt worden sei.

Mit ihrer am 30.11.2006 vor dem Arbeitsgericht Jena erhobenen Klage machte die Klägerin einen Entschädigungsanspruch nach § 611a BGB a. F. geltend. Ausweislich der Stellenausschreibung im Internetportal der Bundesagentur für Arbeit sei sie bei der Besetzung der dort ausgeschriebenen Stelle wegen ihres Geschlechtes diskriminiert worden. Die Stellenannoncen bei der O.-Z seien unerheblich. Es handele sich um völlig verschiedene Stellen. Ersichtlich seien drei Stellen ausgeschrieben, die Stelle in der Disposition und in der Abfertigung sowie die Stelle "Bürokaufmann mit guten PC-Kenntnissen", auf die sich die Klägerin beworben habe. Bei deren Besetzung sei sie trotz ihrer fachlichen Eignung und ihres dringlichen Wunsches, zu ihren Großeltern, Eltern und Bruder zurückzukehren, allein wegen ihres Geschlechtes nicht genommen worden. Während die Stellen in der Disposition und in der Abfertigung unbesetzt geblieben seien, sei zu vermuten, dass die Stelle "Bürokaufmann mit guten PC-Kenntnissen" mit einer dritten unbekannten, wohl männlichen Person besetzt wurde.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Die Stelle sei wegen eines Versehens über die Bundesagentur für Arbeit tatsächlich nicht geschlechtsneutral ausgeschrieben worden. Bei der Stellenbesetzung habe das Geschlecht der Bewerber bereits ausweislich der tatsächlichen Besetzung nur mit Frauen keine Rolle gespielt. Es seien auch keine "drei" Stellen ausgeschrieben bzw. besetzt worden. Es habe nur die Stelle in der Disposition und die Stelle in der Abfertigung gegeben. Auf beide Stellen hätten sich über 140 Personen beworben, u.a. 35 Männer. 20 Bewerber seien nach einer Vorauswahl der Bundesagentur für Arbeit vermittelt worden. Die geringer qualifizierte Frau V. habe bereits mit Schreiben vom 30.06.2006 eine Absage erhalten. Die Klägerin sei in die engere Auswahl gekommen. Mit zwölf Bewerbern, darunter zwei Männern habe man Bewerbungsgespräche geführt. In einem Gespräch mit der Bewerberin Frau B. habe man festgestellt, dass sie für die Stelle in der Abfertigung überqualifiziert sei, worauf man sie als Assistentin des Geschäftsführers angestellt habe. Die Stelle in der Abfertigung sei dann mit Frau W. besetzt worden. Nachdem ihr Arbeitsvertrag am 04.08.2006 unterzeichnet worden sei und sie ihre Arbeit vertragsgemäß aufgenommen habe, hätten die Klägerin und die anderen Bewerber eine Absage erhalten. Die Stelle in der Disposition sei wegen dieser Stellenbesetzungen zunächst frei geblieben und im Januar 2007 mit der vormaligen Auszubildenden Frau Z. besetzt worden. Eine weitere dritte Person sei nicht angestellt worden, erst recht kein Mann.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 14.12.2007 aus den in den Entscheidungsgründen ersichtlichen Gründen abgewiesen (Bl. 120-124 d.A.).

Gegen das ihr am 28.01.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin beim Thüringer Landesarbeitsgericht am 20.02.2008 Berufung eingelegt und diese am 26.02.2008 begründet. Die Klägerin nimmt im wesentlichen auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen Bezug. Sie ergänzt, dass das Arbeitsgericht fehlerhaft davon ausgegangen sei, dass sich auf die Stelle "Bürokaufmann mit guten PC-Kenntnissen" nur die Klägerin und ihre Kollegin Frau V. beworben hätten. Bei einem erforderlichen Hinweis hierauf nach § 139 ZPO hätte sie vorgetragen, dass die Bundesagentur für Arbeit schon nach dem Sachvortrag der Beklagten 20 Bewerber vorausgewählt habe. Sie hätte vortragen können, dass sich noch viel mehr Personen beworben hätten. Auch hätte das Arbeitsgericht auf ihr Bestreiten, dass Frau W. auf die Stelle "Bürokaufmann/-frau" eingestellt worden sei, in die Beweisaufnahme eintreten müssen. Zuletzt hat die Klägerin behauptet, dass sie ihrerseits nicht davon ausgehe, dass die Stelle "Bürokaufmann mit guten PC-Kenntnissen" tatsächlich besetzt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Jena - Az.: 5/4 Ca 330/06 - wird die Beklagte verurteilt,

1. an die Klägerin eine angemessene Entschädigung, die 10.000,00 EUR nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Hilfsweise:

2. Auskunft zu erteilen darüber, was der Klägerin bei regelmäßiger Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis hätte begründet werden sollen, als Monatsverdienst zugestanden hätte.

3. an die Klägerin nach Auskunftserteilung einen Geldbetrag in Höhe des 3-fachen des sich aus der Auskunft ergebenden Monatsverdienstes nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und würdigt die Berufungsangriffe als unbegründet. Sie wiederholt, dass im Jahr 2006 nur zwei Stellen in unterschiedlichen Medien mit verschiedenem Wortlaut ausgeschrieben worden seien. Die streitgegenständliche Anzeige habe sich auf dieselbe Stelle bezogen, wie das Stellenangebot in der O.-Z vom 10.06.2006, die letztlich mit Frau W. besetzt worden sei. Zum Beweis für diese Einstellung sei der Arbeitsvertrag von Frau W. vorgelegt worden. Aufgrund des vorgelegten Beweismittels war eine Beweisaufnahme entbehrlich.

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig.

B. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat aus zutreffenden Gründen, auf die nach § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen wird, die Klage als unbegründet abgewiesen. Insoweit wird insbesondere auf die Ausführungen zum zeitlichen Geltungsbereich des AGG und die zur Anwendung kommenden Vorschriften der §§ 611a und 611b BGB verwiesen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht im Rahmen der Tatbestandsprüfung des § 611a BGB zunächst die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, insbesondere seine Entscheidung vom 05.02.2004 (- 8 AZR 112/03 - juris) herangezogen, der sich auch die erkennende Kammer anschließt. Die Darlegungen der Parteien in der Berufungsinstanz geben weder hinsichtlich des herangezogenen Prüfungsmaßstabs noch hinsichtlich der vorgenommenen Sachverhaltssubsumtion des Arbeitsgerichtes Anlass für eine erneute ausführliche Stellungnahme durch das Berufungsgericht. Die Berufungsangriffe der Klägerin geben nur zu folgenden Ergänzungen Anlass:

Wie bereits die 2. Kammer des Thüringer Landesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 04.12.2008 (2 Sa 59/08) zu dem insoweit identischen Berufungsangriff der Mitbewerberin Frau V. ausführt, genügt die pauschale Behauptung einer "dritten Stelle" nicht, unabhängig davon, ob sich auf die von ihr behauptete dritte Stelle mehr als 20 Personen beworben haben. Im übrigen war vom Arbeitsgericht in beiden Verfahren ausweislich des Tatbestandes der angefochtenen Entscheidungen sehr wohl zur Kenntnis genommen worden, dass sich nach dem Sachvortrag der Beklagten "insgesamt über 140 Personen auf die Stelle beworben hätten, davon 35 männliche Personen, von denen 20 Bewerber über die Vorauswahl der ARGE S. gekommen seien". Wesentlich war für das Arbeitsgericht jedoch zu Recht der Umstand, dass sich diese Personen nach den Ausführungen der Beklagten auf die "in verschiedenen Medien ausgeschriebenen beiden Stellen" beworben hätten, während die Klägerin ihrerseits von einer dritten Stelle spricht. Anhaltspunkte für eine behauptete "dritte Stelle" sind jedoch nicht ersichtlich, worauf die Beklagte bereits erstinstanzlich hingewiesen hatte. Die Kammer schließt sich auch der Würdigung der 2. Kammer zu dem wiederum identischen Berufungsangriff an, dass das Arbeitsgericht zu einer Beweisaufnahme verpflichtet gewesen wäre. Entgegen der Annahme der Klägerin bestand kein Anlass, über die Frage einer Einstellung von Frau W. auf die Stelle "Bürokaufmann/-frau", Beweis zu erheben. Aus den Anlagen B 5 und B 6 (Bl. 105 - 112 d.A.) ergibt sich deren Einstellung. Die Klägerin ist dem insoweit substantiierten Sachvortrag der Beklagten nur mit einem pauschalen Bestreiten entgegengetreten. Eine Beweisaufnahme war damit entbehrlich.

C. Da die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel unterlegen ist, hat sie nach § 97 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

Zurück