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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 09.03.2001
Aktenzeichen: 5 Sa 10/2001
Rechtsgebiete: BGB, Handwerksordnung


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt.
BGB § 817 S. 2
Handwerksordnung § 1 Abs. 1 S. 1
Handwerksordnung § 7 Abs. 4 S. 1
Eine Vereinbarung, durch die sich ein Handwerksmeister (Konzessionsträger) einer GmbH für eine Tätigkeit als Betriebsleiter nach § 7 Abs. 4 Satz 1 HwO zur Verfügung stellt, ist nach § 134 BGB nichtig, wenn diese nur den Zweck hatte, der GmbH die Eintragung in die Handwerksrolle und die Ausübung eines Handwerks zu ermöglichen, in Wirklichkeit aber eine den Erfordernissen der Handwerksordnung entsprechende Betriebsleitertätigkeit nicht beabsichtigt war.

Vergütungsansprüche des Konzessionsträgers entstehen weder aus einer solchen unwirksamen Vereinbarung noch aus dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung des Konzessionsnehmers.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt, 10 Ca 4035/99, vom 16.11.2000 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die beklagte GmbH ist im Zahntechnikerhandwerk tätig. Sie hat ihren Sitz in E.. Der Geschäftsführer der Beklagten hat die Meisterprüfung im Zahntechnikerhandwerk nicht abgelegt.

Aufgrund einer Prüfungsurkunde der Handwerkskammer R. vom 16.12.1995 hat er die Befähigung zur Ausbildung von Lehrlingen erworben. In H. betreibt er unter der Firma S. D. ein weiteres zahntechnisches Labor. Der in W. wohnhafte Kläger gab im Sommer 1998 sein eigenes zahntechnisches Labor auf, um sich zur Ruhe zu setzen. In der Folgezeit traf er mit dem Geschäftsführer der Beklagten zusammen.

Am 1.9.1998 schlossen die Parteien einen Vertrag, der soweit es für den Rechtsstreit von Belang ist, folgenden Wortlaut hat:

Arbeitsvertrag für Zahntechnikermeister

§ 1

1.Der Arbeitnehmer wird mit Wirkung vom 1.9.1998 als Zahntechnikermeister bei dem Arbeitgeber eingestellt

2.Er ist nach näherer Anweisung verpflichtet, alle verkehrsüblichen Arbeiten eines Zahntechnikers zu leisten. .................

............................

§ 3

1.Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden wöchentlich

2.Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit richten sich nach der Übung des Betriebes.

.............................

§ 4

1.Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit ab 1.9.1998 einen monatlichen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 1500,-- DM.

..............................

§ 6

1.Der Arbeitnehmer erhält kalenderjährlich einen Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen.

.................................

§ 9

.................................

(3) 1. Das vereinbarte Gehalt bezieht sich nur auf die aufsichtsführende Tätigkeit. Bei Mitarbeit erfolgt eine umsatzgemäße Abrechnung.

Gleichfalls am 1.9.1998 unterzeichneten die Parteien eine Betriebsleitererklärung zur Feststellung der Eintragungsvoraussetzungen nach § 7 iVm §§ 10, 17 der Handwerksordnung (HwO) zur Vorlage bei der Handwerkskammer. Die zu Ziffer 3. gestellte Frage nach der monatlichen Bruttovergütung blieb unbeantwortet. Die Frage nach dem Vorliegen weiterer Beschäftigungsverhältnisse des Klägers wurde mit "ja" beantwortet. Die Frage nach dem Arbeitgeber wurde nicht beantwortet, die Frage nach der Selbständigkeit wurde ebenfalls mit "ja" angegeben.

Bei einem Gespräch unmittelbar vor dem Besuch der Handwerkskammer wies der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger darauf hin, daß er schon seit Jahren sein Labor in H. mit einem im Ruhestand befindlichen Zahntechnikermeister betreibe. Dieser könne bestätigen, daß mit der Übernahme der Konzessionsträgerschaft keinerlei Arbeit verbunden sei. Selbstverständlich könne der Kläger auch aktiv mitarbeiten, wenn er dazu Lust habe, dann werde er auch für diese Tätigkeit zusätzlich vergütet.

Im weiteren Verlauf stellte der Beklagtengeschäftsführer den Kläger anläßlich eines Besuches in seinem Betrieb in E. als Meister vor.

Die Beklagte meldete den Kläger bei der Krankenkasse an und führte Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer ab.

Der Kläger nahm im Anschluss an den Vertragsschluss weder eine Tätigkeit in dem Betrieb der Beklagten auf, noch hat er den Betrieb ein weiteres Mal aufgesucht. Er war lediglich an 2 Tagen aushilfsweise in dem Betrieb der Firma S. D. GmbH tätig.

Für die Monate Januar und Februar 1999 bezahlte die Beklagte dem Kläger nur jeweils 1100,-- DM statt 1189,-- DM netto. Ab August 1999 leistete er keine Zahlungen mehr. Jedenfalls mit Schreiben vom 25.1.2000 kündigte der Beklagte den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag wegen Zahlungsverzuges fristlos.

Wegen der von ihm beanspruchten bis zum Kündigungszeitpunkt ausstehenden Vergütung erhob der Kläger am 17.12.1999 Klage beim Arbeitsgericht.

Der Kläger hat erstinstanzlich ausgeführt,

die Vergütung von 1500,-- DM habe lediglich für die Eintragung des Klägers in die Handwerksrolle gezahlt werden sollen, damit die Beklagte eine Konzession zum Betrieb des Handwerks erhalte. Eine Tätigkeit im Labor sei nicht vereinbart gewesen. Dies sei auch den Mitarbeitern des Betriebs bei dem Besuch nicht mitgeteilt worden. Eine Mitarbeit stehe auch in keinem Verhältnis zu einem Bruttolohn von 1500,-- DM.

Die Beklagte hat erstinstanzlich ausgeführt,

man habe sich darauf geeinigt, daß ein täglicher Einsatz des Klägers wegen der Auflösung dessen eigenen Labors zunächst nicht habe sein müssen. Mitarbeit und Hilfe bei den betrieblichen Aufgaben sei aber ganz klar gefordert gewesen. Der Kläger sei auch den anderen Angestellten als mitarbeitender Meister vorgestellt worden. Er sei aber von dem Kläger immer wieder mit der Begründung vertröstet worden, dieser müsse erst noch Räume renovieren und seine Mutter sei schwer erkrankt. Da außer Forderungen des Klägers verbunden mit Kündigungsandrohungen keine persönlichen Kontakte mit dem Kläger zustandegekommen seien, habe sie die Zahlungen eingestellt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, da der Kläger keine Arbeitsleistung erbracht habe, habe er auch keinen Lohnanspruch. Ein Fall des Annahmeverzuges der Beklagten sei nicht gegeben.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des Arbeitsgerichtsurteils Bezug genommen.

Gegen dieses dem Kläger am 18.12.2000 zugestellte Urteil hat er am 15.1.2001 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig wie folgt begründet:

Die im Arbeitsvertrag gewählte Formulierung habe einerseits den Parteiwillen wiedergeben, andererseits aber auch das Entstehen von Bedenken der Handwerkskammer verhindern sollen. Selbstverständlich sei der Kläger bereit gewesen, jederzeit bei Anforderung in H. oder E. aktiv gegen gesonderte Vergütung tätig zu werden, bis auf die zweitägige Aushilfe in H. sei er jedoch niemals angefordert worden. Da er in W. wohne, sei die Aufnahme einer 40 Wochenstunden betragenden Tätigkeit in E. für ihn in keiner Weise möglich gewesen. Auch aus den ohne Arbeitsleistungen erfolgten Zahlungen der Beklagten folge, daß eine Anwesenheit des Klägers im Betrieb nach dem Vertrag nicht die Voraussetzung für das Entstehen einer Zahlungsverpflichtung der Beklagten gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 16.11.2000, 10 Ca 4035/99 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9000,-- DM brutto, sowie weitere 179,00 netto nebst 4% Zinsen aus 179,--DM seit 6.5.1999 und aus jeweils 1500,-- DM seit Rechtshängigkeit sowie 20,-- DM vorgerichtliche Kosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Beklagte, in der Betriebsleitererklärung sei bei der Handwerkskammer nach dort erfolgter Rücksprache das dort bislang offengebliebene Arbeitsentgelt mit 1500,-- DM beziffert worden.

Entscheidungsgründe:

I. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Dem Beklagten steht der von ihm geltend gemachte Zahlungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1. a) Das Arbeitsgericht hat angenommen, zwischen den Parteien habe ein Arbeitsverhältnis bestanden. Aufgrund des Arbeitsvertrages sei der Kläger zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen. Diese habe in der Wahrnehmung einer aufsichtsführenden Tätigkeit bestanden. Weil der Kläger seine geschuldete Arbeitsleistung weder erbracht noch angeboten habe, könne er für den von ihm geltend gemachten Zeitraum eine Vergütung weder aus § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag als Gegenleistung für erbrachte Dienste noch als Annahmeverzugsanspruch nach § 615 BGB geltend machen.

b) Dem ist unter der vom Arbeitsgericht angenommenen Voraussetzung eines Arbeitsverhältnisses beizupflichten. Daß der Kläger nicht bei der Beklagten gearbeitet hat, ist auch in der Berufungsinstanz unstreitig gewesen. Die zweitägige Aushilfstätigkeit in H. betraf nicht die Beklagte, sondern die Firma S. D. GmbH. Das Arbeitsgericht durfte allerdings nicht ohne weiteres vom Vorliegen eines Arbeitsvertrages ausgehen. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts voraus, daß der Beschäftigte einem umfassenden Weisungsrecht eines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt. Dieses kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist danach namentlich der Mitarbeiter, der nicht im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt oder nicht, sind die tatsächlichen Umstände maßgeblich, die die Beziehung prägen und nach denen diese in Wirklichkeit durchgeführt wird. Wie die Parteien selbst ihr Rechtsverhältnis bezeichnet haben, ist nicht entscheidend (BAG, Urteil vom 6.5.1998, NZA 1999 S. 205 ff, Urteil vom 5.7.2000 - 5 AZR 888/98 -). Hierzu hat das Arbeitsgericht keine Feststellungen getroffen. Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis konnte es sich grundsätzlich auch um einen Dienstvertrag (§ 611 BGB), einen Dienstvertrag der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§ 675 BGB) oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 705 BGB) gehandelt haben.

2. Mit Urteil vom 2.2.1994 (NZA 1994 S 749) hat das Bundesarbeitsgericht für den Fall, daß sich ein Dachdeckermeister einem anderen gegen Entgelt (800,-- DM) als "Konzessionsträger" zur Verfügung stellt, um diesem die Eintragung seines Betriebes in die Handwerksrolle zu ermöglichen, entschieden, daß hierin die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zu sehen sei. Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt, eine GbR komme durch Abschluß eines Gesellschaftsvertrages zustande, mit dem sich mehrere Personen gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten. Seien diese tatbestandlichen Voraussetzungen objektiv erfüllt, entstehe die GbR als gesetzliche Folge unabhängig davon, ob die Beteiligten sich der Rechtsfolgen ihres Handelns bewußt waren. Bereits mit der (in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall) ausdrücklich bestehenden vertraglichen Zusage als Konzessionsträger zur Verfügung zu stehen, habe der betreffende Handwerksmeister die für die selbständige handwerkliche Ausübung des Gewerbes notwendigen handwerklichen Voraussetzungen beigesteuert. Der nach § 705 BGB erforderliche gemeinsame Zweck der Vertragschließenden habe darin gelegen, dem nicht im Besitze des Meistertitels befindlichen Vertragspartner des Handwerksmeisters die handwerksrechtlich zulässige Führung eines Dachdeckerbetriebs zu ermöglichen. Die Frage, ob der Konzessionsträger die ihm aus handwerklicher Sicht als Eintragungsvoraussetzung an sich obliegende technische Betriebsleitung (später) tatsächlich wahrgenommen hat, wahrnehmen konnte, sollte oder wollte, seien als gesellschaftbegründend im Sinne von § 705 BGB nicht maßgeblich.

3. Anders als in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall haben die Parteien des Streitfalles ihr Rechtsverhältnis nicht selbst als GbR, sondern als Arbeitsvertrag bezeichnet und ein diesem Vertragstypus entsprechendes Formular unterzeichnet. Allerdings können die in § 9 des "Arbeitsvertrages" getroffene Vereinbarung einer "aufsichtsführenden Tätigkeit" und optionell einer "Mitarbeit", nicht nur als arbeitsvertragstypische Handlungen gewertet werden, denn auch die nach § 705 BGB vorausgesetzte Förderung eines gemeinsamen Zwecks ist durch solche Tätigkeiten denkbar. Schon auf der Grundlage der vertraglichen Festlegungen bleibt daher offen, ob die Parteien überhaupt ein Arbeitsverhältnis bzw. ein sonstiges Dienstverhältnis beabsichtigt haben oder ob es zur Gründung einer GbR gekommen ist, bei der zusätzlich zu der schlichten Herbeiführung der Voraussetzungen zur Eintragung in die Handwerksrolle der gemeinsame Zweck auch noch durch aufsichtsführende Tätigkeiten bzw. Mitarbeit des Klägers in dem Betrieb gefördert werden sollte. Darauf kommt es - wie bereits gesagt - auch nicht an. Soweit der Vertragswortlaut Anhaltspunkte für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses aufweist, werden diese durch die für die rechtliche Würdigung maßgeblichen tatsächlichen Umstände, welche die Rechtsbeziehung der Parteien geprägt haben und nach denen diese in Wirklichkeit durchgeführt wurde, nicht bestätigt. Für das Nichtvorliegen eines Arbeitsverhältnisses spricht mit erheblichem Gewicht die Durchführung des Rechtsverhältnisses. Dieses war durch Nichtanwesenheit des Klägers und fehlenden betrieblichen Kontakt geprägt. Es erschöpfte sich de facto darin, daß der Name des Klägers in der Handwerksrolle eingetragen war und im Ergebnis hierfür monatlich an ihn 1500,-- DM brutto gezahlt wurden. Im Streitfall bedarf es aber deshalb keiner abschließenden Beantwortung der Frage, welcher Vertragstyp vorliegt, weil der Kläger unabhängig davon keinen Anspruch auf die eingeklagte Vergütung hat.

4. Die zwischen den Parteien am 1.9.1998 getroffene Vereinbarung kann deshalb keine Zahlungsansprüche des Klägers begründen, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt und demzufolge nach § 134 BGB nichtig ist.

a) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 HwO ist der selbständige Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften (selbständige Handwerker) gestattet. Eintragungsfähig ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HwO zunächst nur, wer in dem von ihm zu betreibenden Handwerk oder in einem diesem verwandten Handwerk die Meisterprüfung abgelegt hat. Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 HwO kann allerdings u.a. auch eine GmbH eingetragen werden. Die Vorschrift verlangt hierfür jedoch das Vorhandensein eines Betriebsleiters, der den Voraussetzungen der Absätze 1, 2, 3 oder 7 genügt. Danach kam für den Geschäftsführer der Beklagten die persönliche Eintragung in die Handwerksrolle nicht in Betracht. Denn mangels Meisterprüfung war er nicht in der Lage, für sich selbst den in § 7 Abs. 1 Satz 1 HwO geforderten Befähigungsnachweis zu erbringen. Ohne anderweitige Gestattung - etwa aufgrund einer Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO - war diesem deshalb die selbständige Ausübung des Zahntechnikerhandwerks rechtlich nur dadurch möglich, daß er sich mit einem Zahntechnikermeister als verantwortlichem Betriebsleiter zusammenschloß.

Der von § 7 Abs. 4 Satz 1 HwO vorausgesetzte Betriebsleiter ist verantwortlich für die Leitung, Führung und Beaufsichtigung des handwerklichen Sektors des Unternehmens. Der technische Bereich muß dem Betriebsleiter in fachlicher Hinsicht unterstehen und die dort Tätigen müssen seinen Anweisungen Folge zu leisten haben. Der Betriebsleiter muß rechtlich und tatsächlich in der Lage sein, an sämtlichen Arbeitstagen während der üblichen Arbeitszeit das Betriebsgeschehen zu lenken. An der rechtlichen Möglichkeit der erforderlichen Einflußnahme fehlt es regelmäßig, wenn er noch in einem anderen Arbeitsverhältnis steht und wegen der dortigen Residenzpflicht nicht jederzeit für Betriebsleiterzwecke abkömmlich ist. Die tatsächliche Wahrnehmung der Betriebsleiterfunktion scheitert z.B. in den Fällen, in denen der Betriebsleiter räumlich zu weit entfernt wohnt oder körperlich den Anforderungen eines Betriebsleiters nicht mehr genügen kann, wie es z.B. beim Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrente anzunehmen ist. Zu den Mindestanforderungen einer eintragungsfähigen Betriebsleiterstellung gehört nicht, daß der Betriebsleiter ständig im Betrieb anwesend ist. Er muß jedoch ständig das Betriebsgeschehen eigenverantwortlich wie ein typischer Handwerksmeister in seinem eigenen Betrieb leiten können. Dazu gehört, daß er insbesondere in Notfällen schnellstens und ohne Zeitverlust in das Betriebsgeschehen lenkend und korrigierend eingreifen und die erforderlichen Anordnungen treffen kann (Aberle, Die Deutsche Handwerksordnung, § 7 HwO Rn 26 - 28 mit weiteren Nachweisen).

Die Eintragung einer GmbH in die Handwerksrolle und damit die Gestattung des selbständigen Betriebes eines Handwerks als stehendes Gewerbe hat die Einhaltung der oben genannten Bedingungen zur Voraussetzung. Die Nichteinhaltung verstößt gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 4 Satz 1 HwO. Dient der die Tätigkeit des Betriebsleiters regelnde Vertrag nur zur Vorlage bei der Handwerkskammer zur Erlangung der Eintragung in die Handwerksrolle, nicht aber der nachfolgenden praktischen Umsetzung ("Strohmann-Verhältnis") kann dies neben der selbstverständlichen Ablehnung der Eintragung mindestens zu einem Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Beteiligten nach §§ 16 Abs. 2, 118 Abs. 1 Nr. 1 HwO führen. Teilweise erfolgt in diesen Fällen sogar eine strafrechtliche Verfolgung nach § 271 StGB (Aberle a.a.O. Rn 26 unter Bezugnahme auf BayOblG, GewArch 1971 S. 88; AG Heidelberg, Urteil vom 3.4.1978 - 15 Owi 1388/77; AG Fürstenfeldbruck, Urteil vom 5.8.1982 - 2 Ds 47 Js 7227/81 -). Bei Nichteinhaltung dieser Voraussetzungen kann bei bereits bestehender Eintragung die Fortsetzung des Betriebes nach § 16 Abs. 3 HwO untersagt werden. § 13 Abs. 1 HwO schreibt die Löschung der Eintragung in die Handwerksrolle vor, wenn die Eintragungsvoraussetzungen nicht vorliegen. Daß es sich bei § 1 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 4 Satz 1 HwO um ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB handelt, kann danach keinem Zweifel unterliegen. Das in diesen Vorschriften enthaltene Verbot richtet sich gegen alle Rechtsgeschäfte, die darauf abzielen, es zu unterlaufen.

b) Die Würdigung des Sachverhaltes ergibt, daß der am 1.9.1998 geschlossene Vertrag zu nichts weiterem diente, als die Eintragung der Beklagten in die Handwerksrolle zu bewirken, ohne das tatsächlich eine der Handwerksordnung entsprechende Betriebsleitertätigkeit des Klägers beabsichtigt war. Dies hat der Kläger mit seinem Vorbringen, die Vergütung von 1500,-- DM im Monat habe lediglich dafür erfolgen sollen, damit die Beklagte eine Konzession zum Betrieb des Handwerks erhalte, eine Mitarbeit habe in keinem Verhältnis zum Bruttolohn gestanden, die im Arbeitsvertrag gewählte Formulierung habe einerseits den Parteiwillen wiedergegeben, andererseits aber auch das Entstehen von Bedenken der Handwerkskammer verhindern sollen, auch selbst eingeräumt. Der Kläger war auch aufgrund seines ca. 250 km entfernten Wohnsitzes überhaupt nicht in der Lage gewesen, an jedem Arbeitstag die Betriebsleiteraufgaben dem Leitbild des Gesetzgebers entsprechend auszuüben. Die Kammer geht deshalb davon aus, daß der Abschluß und die Formulierungen des bei der Handwerkskammer vor der Eintragung in die Handwerksrolle vorzulegenden "Arbeitsvertrages" und die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen, sowie die Abführung von Lohnsteuer nur der Verschleierung einer gesetzwidrigen Durchführung einer unter den Bedingungen des § 7 Abs. 4 Satz 1 HwO grundsätzlich erlaubten Konzessionsträgerschaft diente. An dieser Bewertung ändert es auch nichts, daß der Kläger in der Berufungsinstanz vorgetragen hat, er sei jederzeit bereit gewesen, auf Anforderung gegen gesonderte Vergütung aktiv zu werden, eine solche Anforderung sei aber nicht erfolgt. Der Kläger hat eine solche Anforderung niemals initiiert. Er selbst war bei normgerechtem Verhalten ohne Anforderung zu einem den Erfordernissen des § 7 Abs. 4 Satz 1 HwO Rechnung tragendem Tätigwerden als Betriebsleiter verpflichtet. In der gesamten Vertragslaufzeit hat er hierzu nicht die geringsten Anstalten gemacht. Dies geschah nach Überzeugung der Kammer deshalb, weil er die an ihn monatlich gezahlte Vergütung von 1500,-- DM ausschließlich als Entgelt dafür ansah, daß er der Beklagten seinen Meistertitel als Voraussetzung zum Betrieb des Handwerks zur Verfügung stellte.

Die Beklagte hatte nach Überzeugung der Kammer die gleiche Zielsetzung wie der Kläger. Ihre Behauptung, eine Mitarbeit des Klägers sei ganz klar gefordert gewesen, ist unglaubwürdig. Der Kläger hat angegeben, bei einem Gespräch vor dem Besuch der Handwerkskammer hat der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger darauf hingewiesen, daß er schon seit Jahren in H. ein Labor mit einem in Ruhestand befindlichen Zahntechnikermeister betreibe, der bestätigen könne, daß mit der Übernahme der Konzessionsträgerschaft keinerlei Arbeit verbunden sei; wenn der Kläger Lust habe, könne er selbstverständlich auch gegen eine zusätzliche Vergütung auch aktiv mitarbeiten. Diese Behauptung hat der Beklagtengeschäftsführer in der Berufungsverhandlung unstreitig gestellt. Wenn dies gewollt gewesen wäre, hätte sich die von der Beklagten behauptete "Klarheit" unschwer durch eine entsprechende vertragliche Formulierung herbeiführen lassen. Der "Arbeitsvertrag" ist aber so formuliert, daß gerade das, was der Kläger zu tun haben sollte, im Dunkeln bleibt. Er ist auch bewußt so formuliert worden, weil die entsprechenden Formulierungen durch handschriftliche Ausfüllung des Vertragsformulars erfolgten. Auch die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, daß der Kläger bei seinem einzigen Besuch in dem Betrieb den Beschäftigten als mitarbeitender Meister vorgestellt wurde. Für die Behauptung es sei eine Mitarbeit des Klägers gefordert gewesen, spricht auch nicht zwingend die spätere Einstellung der Zahlungen. Wenn die Beklagte vorträgt, sie habe die Zahlungen deshalb eingestellt, weil der Kläger seine Arbeitsleistungen nicht erbracht habe, so ist dies zunächst plausibel. Denkbar ist aber auch die Erklärung, daß die Beklagte einfach nicht zur Zahlung in der Lage war. Bereits vorher hatte es Zahlungsprobleme gegeben. An keiner Stelle ist nachvollziehbar vorgetragen, daß die Beklagte den Kläger einmal zur Arbeitsaufnahme aufgefordert oder sogar wegen beharrlicher Verweigerung der Arbeitsaufnahme abgemahnt hat. Die Beklagte hat vielmehr monatelang jeweils 1500,-- DM brutto an den Kläger bezahlt ohne etwas von diesem gesehen oder gehört zu haben. Die Kammer glaubt angesichts der erheblichen Zahlungszeiträume der Beklagten nicht, daß dies auf schlichter Gutmütigkeit beruhte. Für die Überzeugung der Kammer spricht desweiteren die von der Beklagten zu den Akten gereichte, der Handwerkskammer im Zuge des Eintragungsverfahrens vorgelegte Betriebsleitererklärung des Klägers. Dort wurde nicht nur die für dessen Tätigkeit vorgesehene Bruttovergütung weggelassen. Es ist auch das Bestehen von Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente und das Bestehen eines weiteren Beschäftigungsverhältnisses des Klägers bejaht. Die Beklagte wußte auch, daß der Kläger seinen Wohnsitz in W. hatte und ohne Umzug seine Aufgaben als Betriebsleiter überhaupt nicht erfüllen konnte. Selbst wenn die in der Berufungsverhandlung erfolgte Behauptung, das für den Kläger vorgesehene Gehalt von 1500,-- DM sei in der Handwerkskammer Erfurt erst nach Rücksprache mit dem zuständigen Sachbearbeiter in die Betriebsleitererklärung eingetragen worden zuträfe, würde dies nichts an dem mit dem "Arbeitsvertrag" durch den Kläger und die Beklagte gemeinsam beabsichtigten Verstoß gegen §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 4 Satz 1 HwO ändern. Wenn dies tatsächlich so wäre, dann ließe dies allenfalls auf eine fragwürdige Dienstausübung des betreffenden Mitarbeiters der Handwerkskammer schließen. Bereits die Höhe der Vergütung läßt nämlich Rückschlüsse auf Art und Umfang der meisterlichen Aufsicht zu. Wer wenig erhält, wird wenig leisten. Es ist kaum anzunehmen, daß ein wirtschaftlich denkender Betriebsleiter für einen Betrag von monatlich 1500,-- DM brutto dazu bereit wäre, ständig das Geschehen in einem 250 km entfernten Betrieb eigenverantwortlich wie ein typischer Handwerksmeister in seinem eigenen Betrieb zu leiten. In derartigen Fällen wird in der Regel die Eintragung in die Handwerksrolle abgelehnt (Aberle a.a.O. Rn 26).

5. Die vom ihm geltend gemachten Zahlungsansprüche kann der Kläger auch nicht als quasi-Vertragsanspruch aus den Grundsätzen herleiten, welche die Rechtsprechung für die Behandlung fehlerhafter, in Vollzug gesetzter Dauerschuldverhältnisse entwickelt hat. Diese Grundsätze gelten nicht, wenn gewichtige Interessen der Allgemeinheit entgegenstehen. Dies ist grundsätzlich der der Fall, wenn das Rechtsgeschäft, mit dem das Dauerschuldverhältnis begründet wird, wegen § 134 BGB nichtig ist (vgl. nur Ulmer in Münchener Kommentar Bd. 5 §. Aufl, § 705 BGB Rn 243 ff, 252 für die fehlerhafte Gesellschaft und Preis in Erfurter Kommentar § 611 BGB Rn 170 ff für das fehlerhafte Arbeitsverhältnis, jeweils mit weiteren Nachweisen). Soweit unter Berücksichtigung der Besonderheiten eines Arbeitsverhältnisses auch bei Nichtigkeit des Arbeitsvertrages für die Abwicklung des Rechtsverhältnisses von einem sogenannten faktischen Arbeitsverhältnis auszugehen ist, gilt wie beim rechtswirksam zustandegekommen Arbeitsverhältnis das Grundprinzip "ohne Arbeit kein Lohn".

6. Der Anspruch des Klägers ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung der Beklagten (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB). Der Kläger hat zwar das Vermögen der Beklagten dadurch vermehrt, daß er sich dieser als Zahntechnikermeister und verantwortlicher Betriebsleiter zum Zwecke ihrer Eintragung in die Handwerksrolle zur Verfügung stellte und diese Dienstleistung nicht ohne angemessene Entschädigung erlangt werden kann. Hierfür bestand wegen des nach § 134 BGB nichtigen Vertrages vom 1.9.1998 auch kein Rechtsgrund und demzufolge wäre die Beklagte gemäß § 818 Abs. 2 BGB zum Ersatz des für diese Leistung zu veranschlagenden Wertes verpflichtet. Dem steht aber § 817 Satz 2 BGB entgegen. Danach ist ein solcher Bereicherungsanspruch grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Zweck einer Leistung zu einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot bestimmt war. Nicht erforderlich ist, daß - wie im Streitfall - auch der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat (Palandt-Thomas, § 817 Rn 2).

II. Der Kläger trägt die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels (§ 97 Abs. 1 ZPO).

III. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Insbesondere beruht die Entscheidung nicht auf einer Abweichung von der dem Sachverhalt nach anders gelagerten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, in der nicht über Ansprüche des Konzessionsträgers gegen den Konzessionsnehmer entschieden wurde.

Ende der Entscheidung

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