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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 02.08.2005
Aktenzeichen: 5 Sa 319/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
Zeigt ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeit deshalb nicht rechtzeitig an, weil er sich für eine durch Zahlungssäumnis von Kunden des Arbeitgebers zustande gekommenen Verzögerung der Zahlung seines Lohns revanchieren will, zerstört er damit unwiederbringlich das Vertrauen des Arbeitgebers in eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit. Ein solches schikanöses Verhalten berechtigt auch ohne Abmahnung zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Suhl vom 09.07.2004 - 3 Ca 3271/03 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

und

Entscheidungsgründe:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz lediglich noch um die Rechtswirksamkeit einer dem Kläger am 10.12.2003 hilfsweise fristgemäß ausgesprochenen Kündigung. Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils, sowie die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hatte mit Urteil vom 09.07.2004 die Rechtswirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung des Klägers festgestellt. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Berufung.

In der Berufungsverhandlung ist unstreitig gewesen, dass der Kläger die ihm am 22.10.2003 erteilte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst am 28.10.2003 bei der Beklagten vorgelegt hat. Hierfür erhielt er am 27.10 2003 eine Abmahnung der Beklagten, die allerdings für den Wiederholungsfall keine Kündigungsandrohung enthielt. Am Freitag, den 05.12.2003 fehlte der Kläger erneut unentschuldigt. Die ihm hierfür am 08.12.2003 erteilte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gab er seinem Arbeitskollegen W.. Dieser gab die Bescheinigung aber nicht, wie es im Betrieb der Beklagten üblich war, bei dem Geschäftsführer oder in dessen Sekretariat ab, sondern legte sie in ein Ablagefach für Stundenzettel im Aufenthaltsraum der Mitarbeiter. Der weitere Verbleib der Bescheinigung ist ungeklärt.

Die Berufung ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung des Klägers festgestellt. Auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen. Diese werden wie folgt ergänzt:

Die Kündigung scheitert nicht an der fehlenden Kündigungsandrohung in der dem Kläger am 27.10.2003 erteilten Abmahnung. Auch ohne eine solche Androhung musste der Kläger wissen, dass sein Verhalten am 05.12.2003 von keinem Arbeitgeber geduldet werden konnte. Seine fehlende Entschuldigung am 05.12.2003 beruht nicht etwa auf einem krankheitsbedingten Unvermögen oder sonstigen nachvollziehbaren und entschuldbaren Gründen, sondern einzig und allein zur Schikane seines Arbeitgebers. Dies ist in der Berufungsverhandlung deutlich geworden. Die verzögerte Krankmeldung war eine Retourkutsche des Klägers dafür, dass es in den Monaten zuvor zu einer verzögerten Lohnzahlung der Beklagten gekommen war. Ursache für die verzögerte Lohnzahlung waren verspätete Zahlungseingänge von Kunden. Die Frage des Vorsitzenden, ob seitens des Klägers am 05.12.2003 ein Hindernis bestand, die Beklagte telefonisch von seinem Nichterscheinen zu unterrichten, hat der Kläger verneint. Auf die Frage nach einer Erklärung für dieses Verhalten hat der Kläger geäußert: "Mir wurde ja auch kein Geld bezahlt." Ein Arbeitnehmer, der vorsätzlich und mit einer solchen Schikaneabsicht seinen Arbeitgeber über seinen Verbleib an einem Arbeitstag im Unklaren lässt, zerstört unwiederbringlich das für die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauensverhältnisses. Er muss bei einem solchen Verhalten zudem wissen, dass er seinen Arbeitgeber der Möglichkeit einer erheblichen Schädigung, z.B. in der Folge der Nichteinhaltung von Montage- oder Fertigstellungsterminen, aussetzt, ihn zumindest aber bzgl. seiner Personaleinsatzplanung in die Bredouille bringt. Der Kläger hat dies in Kauf genommen, weil er jetzt einmal den Spieß umdrehen und die Beklagte warten lassen wollte. Unter der Geltung des Rechts ist solch ein Verhalten nicht zu billigen. Es ist auch nicht etwa zu entschuldigen, weil der Kläger vorher seinen Lohn nur mit Verzögerung erhalten hatte. Die Beklagte ist ein kleiner Handwerksbetrieb. Zahlungsstockungen bei Kunden sind in der heutigen Zeit oft an der Tagesordnung. Bei kleinen Handwerksbetrieben kann dies nur schwer oder oft gar nicht mit Bankkrediten überbrückt werden. Ein Arbeitnehmer muss allerdings ohne Lohnzahlung keine Arbeitsleistungen erbringen. Dies kann aber nicht in der vom Kläger gewählten Weise einer die Beklagte überrumpelnden Retourkutsche erfolgen. Die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts an der Arbeitsleistung wegen ausstehender Löhne muss vorher angekündigt und mit einer angemessenen Frist zur Abhilfe versehen werden. Erst dann und nur, wenn die Zahlungsrückstände die Sicherung des Lebensunterhalts gefährden, kann das Zurückbehaltungsrecht ausgeübt werden. Dem Kläger ging es ausweislich seines Verhaltens aber darum, der Beklagten keine Chance zu geben, die Folgen seines Nichterscheinens am 05.12.2003 abzuwenden, sondern diese vor vollendete Tatsachen zu stellen. Einer vertrauensvollen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses hat er dadurch selbst den Boden entzogen.

Der Kläger trägt die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels (§ 97 Abs. 1 ZPO):

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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