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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 09.10.2001
Aktenzeichen: 7 Sa 345/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 1
Ob Rechtsanwälte, die in den Vermögensämtern der neuen Bundesländer an Aufgaben nach dem Vermögensgesetz mitwirken, als Arbeitnehmer oder freie Mitarbeiter anzusehen sind, bestimmt sich nach dem Grad der persönlichen Abhängigkeit (im Anschluß an BAG vom 05.07.2000, 5 AZR 888/98).
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Suhl vom 08.12.1998 - 4 Ca 3145/97 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Der Kläger ist Rechtsanwalt. Vom 01.05.1992 bis 31.12.1996 stand er im Dienst des Landkreises G. Er war im Amt zur Regelung offener Vermögensfragen (künftig: ARoV) eingesetzt. Grundlage seiner Tätigkeit waren mehrere befristete Honorarverträge (Bl. 27 bis 39 d. A.). Mit Wirkung vom 01.01.1997 trat er in den Dienst des Beklagten. Auf den zum 31.12.1997 befristeten Beratervertrag vom 18.12.1996 wird Bezug genommen (Bl. 40 bis 42 d. A.). Er war gegen ein Pauschalhonorar von 10.000,00 DM zunächst im ARoV A., ab 1997 im ARoV I. tätig.

Das Arbeitsgericht hat seine am 30.12.1997 erhobene Entfristungsklage mit Urteil vom 08.12.1998 mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei als freier Mitarbeiter und nicht als Arbeitnehmer beschäftigt worden.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

A)

Die Berufung ist unbegründet. Zwischen den Parteien bestand kein Arbeitsverhältnis. Der Kläger war als freier Anwalt für den Beklagten tätig. Der Beratungsvertrag vom 18.12.1996 ist freier Dienstvertrag und unterliegt daher keine Befristungskontrolle. Das Arbeitsgericht hat richtig entschieden.

I.

Für den Rechtsstreit ist nur erheblich, ob zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestand. Auf die Rechtsnatur der vorausgehenden Vertragsbeziehung zum Landkreis G. kommt es nicht an.

II.

Die Gerichte für Arbeitssachen hatten sich wiederholt mit der Frage zu befassen, ob Rechtsanwälte, die in den Vermögensämtern der neuen Bundesländer an Aufgaben nach dem Vermögensgesetz mitwirken, als Arbeitnehmer oder als freie Mitarbeiter anzusehen sind. Mit Urteil vom 03.06.1998 (AP Nr. 97 zu § 611 BGB) hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass seine zur Abgrenzung eines Arbeitnehmers vom freien Mitarbeiter entwickelten Rechtsgrundsätze heranzuziehen sind, es also auf den Grad der persönlichen Abhängigkeit im konkreten Fall ankommt. Zur Bewertung der Abgrenzungskriterien im Einzelnen hat es mit Urteil vom 05.07.2000 (5 AZR 888/98) Stellung genommen (vgl. dazu auch das Urteil der erkennenden Kammer vom 16.03.1999, 7 Sa 595/98, rk). In Anziehung dieser Rechtsprechung war der Kläger kein Arbeitnehmer. Sein Sachvortrag lässt den Schluss auf die gewünschte Rechtsfolge nicht zu. Die Klage ist also schon unschlüssig.

III.

Der Kläger wurde nicht in persönlicher Abhängigkeit beschäftigt:

1.

Eine fachliche und inhaltliche Weisungsgebundenheit will der Kläger daraus herleiten, dass er die ihm zugewiesenen Vorgänge bis zur Unterschriftsreife zu bearbeiten hatte und der Beklagte Kontrollrechte ausübte. Er übersieht, dass er dem Beklagten seine Dienste als Kundiger der vom Vermögensgesetz geregelten Rechtsmaterie zur Verfügung gestellt hatte. Seine Aufgabe bestand nach der vertraglichen Vereinbarung darin, den Beklagten bei fachlichen Entscheidungen nach dem Vermögensgesetz nach pflichtgemäßem Ermessen anwaltlich zu beraten, nicht aber, diese Entscheidungen endgültig und alleinverantwortlich zu treffen. Die Zuweisung bestimmter Vorgänge zur unterschriftsreifen Bearbeitung erfolgte in Konkretisierung dieser abstrakt vereinbarten Tätigkeit und betrifft nicht ihre Gestaltung - nach Formulierung des Klägers: das "wie" der Tätigkeit - sondern ihren Inhalt. Eine solche Konkretisierung der vertraglich zu erbringenden Leistung ist auch bei einem freien Mitarbeiter notwendig. Mit der Kontrolle der Qualität und Richtigkeit seiner Arbeit muss auch ein freier Mitarbeiter rechnen.

2.

Auch wenn vom Kläger erwartet wurde, die Arbeit vor Ort in den Diensträumen des ARoV I. zu erbringen, kommt dieser örtlichen Beschränkung bei Ausübung der geschuldeten Tätigkeit nur untergeordnete Bedeutung zu. Immerhin war Zweck des Beratungsvertrages, der Amtsleitung und den Sachbearbeitern einen erfahrenen Juristen als Ansprechpartner zur Seite zu stellen.

3.

Eine für die Abgrenzung entscheidende zeitliche Bindung bestand nicht. Der Honorarvertrag enthält keine Präsenzpflicht. Auch wenn vom Kläger nach seiner Behauptung erwartet wurde, in der Woche durchschnittlich 40 Stunden zur Verfügung zu stehen, ergibt sich nichts anderes. Mit Urteil vom 05.07.2000 (a. a. O.) hat das Bundesarbeitsgericht die ausdrückliche Vereinbarung über eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden mit Blick auf die auch hier vereinbarte Möglichkeit einer Honorarkürzung bei geringerem Arbeitsumfang für unerheblich gehalten (ebenso schon LAG Thüringen vom 16.03.1999, a. a. O.). Selbst eine vertragliche Vereinbarung über eine Anwesenheit während der üblichen Dienststunden hat das Bundesarbeitsgericht nicht im Sinne einer Präsenzpflicht verstanden (Urteil vom 03.06.1998, a. a. O.). Der Kläger war um den Preis einer Honorarkürzung nicht verpflichtet, wöchentlich 40 Stunden zu arbeiten. Ein Arbeitnehmer kann aber nicht frei darüber entscheiden, ob er die Arbeitsleistung erbringen und damit Geld verdienen will oder nicht.

B)

Die Kosten seiner erfolglosen Berufung hat der Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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