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Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 19.10.1998
Aktenzeichen: 8 Sa 126/98
Rechtsgebiete: BUrlG, BGB


Vorschriften:

BUrlG § 7
BGB § 613 a
1. Eine Abgeltung des Urlaubs- bzw. Teilurlaubsanspruchs, im Falle des Betriebsübergangs ist unzulässig.

2. Macht der Arbeitnehmer im Falle der unwirksamen Urlaubsabgeltung seinen entsprechenden Freizeitanspruch gegenüber dem Betriebserwerber geltend, kann ihm nur ausnahmsweise der Einwand des Rechtsmissbrauches entgegen gehalten werden.

Rechtsmissbräuchlich erscheint es aber, trotz des Erhaltes der Urlaubsabgeltung noch mal das gleichhohe Urlaubsentgelt für die spätere Gewährung von Freizeit zu verlangen.


Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gotha vom 10.12.1997, 1 Ca 797/97, abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Rahmen eines Musterprozesses um die Zahlung von Schadensersatz wegen der Nichtgewährung von vier Urlaubstagen aus dem Urlaubsjahr 1996.

Der Kläger war bei der Firma C. V. GmbH R. seit 1973 als Schweißer im Bereich Apparatebau beschäftigt.

Mit Wirkung vom 01.05.1996 ging dieser abtrennbare Betriebsteil im Rahmen eines Verkaufs auf die Beklagte gem. § 613 a BGB über; der Kläger ist bei der Beklagten im gleichen Bereich und in der gleichen Funktion weiterbeschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis mit der Vorgängerfirma wie auch auf das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten war bzw. ist kraft beiderseitiger Tarifbindung der Gemeinsame Manteltarifvertrag für Arbeiter und Angestellte in der Metall- und Elektroindustrie des Landes Thüringen vom 08.03.1991 (künftig: Manteltarifvertrag) anwendbar.

Nach § 16 Ziff. 1 dieses Tarifvertrages hatte der Kläger für das Urlaubsjahr 1996 einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen.

Von diesen 30 Urlaubstagen nahm der Kläger in der Zeit von Januar bis April 1996 zwei Tage in Freizeit; vier weitere Tage wurden von der Vorgängerfirma entsprechend einer Vereinbarung mit der Beklagten mit der Abrechnung für April 1996 (vgl. 64 d. A.) in Höhe von DM 1.017,04 abgegolten.

Auch gegenüber den anderen ca. 40 Arbeitnehmern aus dem Bereich Apparatebau fand eine Abgeltung von einigen Urlaubstagen im April 1996 statt. Vorher waren nach der Behauptung der Beklagten auf mehreren Belegschaftsveranstaltungen die Konditionen des Betriebsübergangs allen Mitarbeitern erläutert worden; Gespräche gleichen Inhalts fanden auch mit dem Betriebsrat der Vorgängerfirma statt.

Von den Resturlaubstagen aus dem Jahr 1996 nahm der Kläger 13 Tage im Zeitraum 15.07. bis 31.07.1996, zwei Tage am 01. und 02.08.1996, einen Tag am 11.10.1996, sieben Tage im Zeitraum 23.12.1996 bis 03.01.1997 (Betriebsferien) und einen Tag am 19.02.1997.

Mit Schreiben vom 27.12.1996, das der Beklagten wegen der Betriebsferien erst nach dem 03.01.1997 zuging, machte die zuständige Gewerkschaft, die IG-Metall, auf der Grundlage allgemein gehaltener Vollmachten der Mitglieder die restlichen Urlaubsansprüche "zur Übertragung auf das Jahr 1997 und zu deren Gewährung in dessen ersten Quartal" geltend; für den Kläger wurde der Resturlaubsanspruch mit sechs Tagen beziffert.

Mit Schreiben vom 31.01.1997 lehnte die Beklagte eine Übertragung noch offenen Urlaubs insoweit ab, als ihrer Meinung nach bereits "eine Abgeltung" durch die Vorgängerfirma erfolgt sei.

Mit der Klage begehrt der Kläger die Zahlung von Schadensersatz nach § 823 BGB wegen der nicht gewährten vier Urlaubstage in der nicht streitigen Höhe der Klageforderung und vertritt die Auffassung, dass die teilweise Abgeltung des Urlaubs während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses unwirksam gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz wegen nicht gewährtem Urlaub in Höhe von DM 1.017,04 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Gotha hat der Klage mit Urteil vom 10.12.1997 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger habe gem. §§ 249, 280 Abs. 1, 284 Abs. 1, 287 Abs. 2 BGB einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte, weil die Beklagte wegen der Nichtgewährung der streitigen Urlaubstage in Verzug geraten sei. Denn sie sei verpflichtet gewesen, die in Frage stehenden Urlaubstage noch zu gewähren, weil die Abgeltung durch die Vorgängerfirma gem. § 7 Abs. 4 BUrlG im Rahmen des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses unwirksam gewesen sei. Die Forderung des Klägers sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, weil dies voraussetzen würde, dass er die "Urlaubsabgeltung" in irgendeiner Weise gefordert, unterstützt oder zumindest begrüßt haben müsste. Hierfür fehle es aber an jeglichem Anhaltspunkt.

Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 22.01.1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 19.02.1998, der am 20.02.1998 beim Berufungsgericht einging, Berufung eingelegt und die Berufung mit dem am 17.03.1998 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 13.03.1998 begründet.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Kläger handele rechtsmissbräuchlich, weil er mit der Urlaubsabgeltung einverstanden gewesen sei, erklärt sich aber bereit, die in Frage stehenden Urlaubstage noch 1998 in Freizeit zu gewähren, allerdings ohne Bezahlung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Gotha vom 10.12.1997, 1 Ca 797/97, wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Er verteidigt die tragenden Gründe der angefochtenen Entscheidung unter Eingehens auf den Berufungsvortrag und behauptet, er habe die restlichen Urlaubstage Ende November 1996 dadurch gegenüber der Beklagten geltend gemacht, dass er den Antrag auf dem betriebsüblichen Formular gestellt und das Formular an den damaligen Vorarbeiter S. zur Weiterleitung an die Geschäftsleitung gegeben habe.

Das Berufungsgericht hat über die Frage der rechtzeitigen Geltendmachung des Resturlaubsanspruchs Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme der Lohn- und Finanzbuchhalterin J. S. und des Vorarbeiters S. S.; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bl. 66 ff d. A. verwiesen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthafte und form- und fristgerecht eingelegte und begründete und damit insgesamt zulässige Berufung ist begründet, weil das Arbeitsgericht der Klage zu Unrecht stattgegeben hat. Die Klage ist abzuweisen, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen Nichtgewährung der restlichen Urlaubstage hat.

Der Begründetheit der Klage stehen drei erhebliche Gesichtspunkte entgegen.

1.

Zum einen geht der Schadensersatzanspruch wegen Nichtgewährung von Urlaub nicht auf die Leistung von Geld, sondern auf die Leistung von Freizeit in entsprechender Höhe.

Denn der im Bundesurlaubsgesetz geregelte gesetzliche Mindesturlaub wie auch der in dem Manteltarifvertrag darüber hinausgehende tarifliche Urlaub besteht in einem Freistellungsanspruch von der Arbeitsverpflichtung und umfasst nicht den aus § 611 BGB folgenden Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung für die Urlaubszeit (vgl. Schütz in Kasseler Handbuch zum Arbeitsrecht unter 2.4 Rz. 597). Er ist darauf gerichtet, die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers für die sich nach dem Urlaubsanspruch ergebende Dauer auszuschließen (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit dem Urteil vom 28.01.1982 AP Nr. 11 zu § 3 BUrlG Rechtsmissbrauch; vgl. Leinemann in Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht § 87 Rz. 6 m. w. N.). Die Pflicht zur Leistung der Vergütung aus § 611 BGB bleibt daneben bestehen, er bleibt ein Lohnfortzahlungsanspruch, der infolge der Gewährung des Urlaubs trotz Nichtleistung der Arbeit gezahlt wird (vgl. Schütz a. a. O. Rz. 598).

Daraus folgt, dass der Arbeitnehmer, wenn er den Arbeitgeber hinsichtlich des Urlaubs-anspruchs in Verzug gesetzt hat, anstelle des ursprünglichen Urlaubsanspruchs als Schadensersatz im Wege der Naturalrestitution Ersatzurlaub, d. h. also Freizeit, verlangen kann (vgl. nur BAG Urteil vom 23.06.1988 - 8 AZR 459/86 - EzA § 7 BUrlG Entscheidung 62; BAG Urteil vom 23.06.1992 - 9 AZR 57/91 - EzA a. a. O. Entscheidung 85; vgl. Schütz a. a. O. Rz. 449). Nur wenn die Freizeitgewährung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich ist, wandelt sich der Ersatz-Freizeitanspruch in einen Geldanspruch nach § 251 Abs. 1 BGB um (vgl. BAG a. a. O.).

Da vorliegend aber das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fortbesteht, könnte der Kläger von vornherein bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen (Bestehen eines Urlaubsanspruchs, Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs, Verzug des Arbeitgebers) nur einen Anspruch auf Ersatz-Freizeit, nicht aber einen Anspruch auf Entschädigung in Geld für den Verlust der noch offenstehenden Urlaubstage begehren.

Da er aber das Angebot der Beklagten, die noch offenstehenden Urlaubstage in Freizeit zu gewähren, ausgeschlagen hat und statt dessen eine Entschädigung in Geld beansprucht, ist sein Begehren von vornherein unschlüssig und die Klage dementsprechend als unbegründet abzuweisen.

2.

Zum anderen könnte dem Kläger nur dann noch ein Schadensersatzanspruch zustehen, wenn der Resturlaub 1996 aus einem von der Beklagten zu vertretenden Grund verfallen ist und deshalb als Freizeitanspruch im Jahr 1996 nicht genommen werden konnte.

Denn der Urlaubsanspruch erlischt sowohl nach der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 3 BUrlG wie auch nach der tariflichen Regelung in § 15 Ziff. 6 Manteltarifvertrag am Ende des Kalenderjahres, wenn weder dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe für eine Übertragung des Urlaubsanspruches auf die ersten drei Monate des folgenden Kalenderjahres gegeben sind. Da es für die Übertragung des Urlaubs allein auf das Vorliegen der angeführten gesetzlichen oder tariflichen Merkmale ankommt, bedarf es dafür nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keiner weiteren Handlungen von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, um die Übertragung zu bewirken. Aus diesem Grund sind also weder ein Antrag des Arbeitnehmers auf Übertragung noch eine entsprechende Annahmeerklärung des Arbeitgebers erforderlich, um die Übertragung am Ende des Urlaubsjahres zu bewirken (vgl. BAG Urteil vom 25.08.1987 - 8 AZR 118/86 - EzA § 7 BUrlG Entscheidung 57; BAG Urteil vom 24.11.1987 - 8 AZR 140/87 - EzA a. a. O. Entscheidung 61).

Dringende betriebliche oder persönliche Gründe, die einer Freizeitnahme des Klägers noch im Jahr 1996 entgegenstanden, sind aber weder vorgetragen noch ersichtlich. Der noch offenstehende Freizeitanspruch ist damit am Ende des Jahres 1996 erloschen.

Sollte der Kläger den Resturlaub vor Ablauf des Urlaubsjahres ordnungsgemäß und rechtzeitig geltend gemacht haben - was nach der Aussage der beiden Zeugen wohl kaum bejaht werden könnte -, wäre die Beklagte mit der Gewährung des Urlaubs in Verzug geraten, wenn der Erteilung keine dringenden betrieblichen Gründe entgegengestanden hätten, wenn sie also die infolge Zeitablaufs eintretende Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung zu vertreten hatte.

Der originäre Erfüllungsanspruch wäre aber auf jeden Fall auch dadurch untergegangen, wenn der Kläger den Urlaub gefordert hätte, die Beklagte ihn aber zu Unrecht rechtzeitig nicht gewährt hätte (vgl. Dörner in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht Bundesurlaubsgesetz § 7 Rz. 60).

Dann hätte sich - wie ausgeführt - der Urlaubsanspruch in einen Ersatz-Freizeit-anspruch umgewandelt. Der begehrte Anspruch auf Leistung von Schadensersatz in Geld konnte also auch bei rechtzeitiger Geltendmachung des Freizeitanspruches nicht zur Entstehung gelangen.

Ob etwas anderes dann gelten könnte, wenn eine Regelung im Betrieb üblich war, quasi ohne jede Voraussetzung den Urlaub auf die ersten drei Monate des Folgejahres zu übertragen, kann dahingestellt bleiben. Denn das Bestehen einer solchen betriebsüblichen Regelung hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger weder behauptet noch bewiesen. Die von der Beklagten benannte Zeugin S. hat zwar bekundet, es habe die Regelung im Betrieb bestanden, dass Urlaubsansprüche aus einem bestimmten Urlaubsjahr automatisch bis zum 31.03. des Folgejahres übertragen würden, ohne dass es eines bestimmten Antrages des Arbeitnehmers bedurft hätte. Der Kläger hat sich aber diese Aussage in der sich an die Beweisaufnahme anschließenden Verhandlung nicht zu eigen gemacht und sie nicht in seinen Vortrag aufgenommen. Es ist auch nicht möglich, dass das Gericht von sich aus unterstellt, dass sich eine Partei jede ihr günstige Aussage eines - auch noch von der Gegenseite benannten - Zeugen zu eigen macht und in ihren Vortrag aufnimmt.

Darüber hinaus würde einer gerichtlichen Überzeugungsbildung vom Bestehen einer derartigen betrieblichen Üblichkeit auch die Aussage des Zeugen S. entgegenstehen, wonach wohl bei der Beklagten keine Regelung dieser Art bis 1996 bestanden hat, sondern eine solche erst durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung im Jahre 1997 eingeführt wurde.

3.

Und zum Dritten wäre dem Begehren des Klägers auch der Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB entgegenzuhalten.

Es entspricht der zutreffenden rechtlichen Überzeugung beider Parteien, dass sowohl nach der gesetzlich wie auch nach der tariflichen Regelung während des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses eine Abgeltung des Urlaubs nicht in Betracht kommt, sondern nur dann, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.

Eine Abgeltung bei Bestehen des Arbeitsverhältnisses ist also nicht zulässig (vgl. Steffen in Arbeitsrecht-Blattei Urlaub III (Lieferung 4/97) Rz. 45). Auch jede Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Abgeltung des Urlaubsanspruchs ist wegen der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs unwirksam (so BAG Urteil vom 31.05.1990 - 8 AZR 132/98 - EzA § 13 BUrlG Entscheidung 49; BAG Urteil vom 20.01.1998 - 9 AZR 812/96 - EzA § 13 BUrlG Entscheidung 57).

Ob tarifrechtlich eine andere Regelung möglich wäre (vgl. Dörner a. a. O. Rz. 85 ff m. w. N.), kann hier dahingestellt bleiben, weil vorliegend der Manteltarifvertrag keine andersartige Regelung aufweist, sondern die gesetzliche Regelung übernimmt.

Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die Parteien über den gesetzlichen oder tariflichen Mindesturlaub hinaus, unbeschadet des § 4 Abs. 4 Tarifvertragsgesetz, in einer Vereinbarung eine andere Regelung hinsichtlich der Urlaubsabgeltung treffen können. Denn eine solche Vereinbarung liegt hier nicht vor. Der Kläger hat offensichtlich den ihm überwiesenen Abgeltungsbetrag kommentarlos von seinem Bankkonto abgehoben; in dieser Handhabung liegt keine vom Gesetz oder Tarifvertrag abweichende Vereinbarung über die Regelung der Urlaubsabgeltung.

Diese Grundsätze gelten auch für den Fall des Betriebsüberganges, weil es hier gerade Sinn und Zweck des § 613 a Abs. 1 BGB ist, dass das Arbeitsverhältnis vom Veräußerer auf den Erwerber nahtlos übergeht, eine Beendigung und nachfolgende Neubegründung des Arbeitsverhältnisses also gerade nicht stattfindet (vgl. für die Urlaubsabgeltung Leinemann a. a. O. Rz. 79 ff; Schütz in HzA Urlaub Gruppe 4 Rz. 856 ff).

Wird der Urlaub - wie hier - dennoch ganz oder teilweise trotz Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses abgegolten, liegt darin keine Erfüllung des Urlaubsanspruches. Er kann weiterhin geltendgemacht werden, und der Arbeitgeber bleibt verpflichtet, ihn weiterhin in Freizeit zu gewähren (vgl. Schütz in HzA a. a. O. Rz. 669).

Auch wenn der Arbeitgeber dieser gesetz- und tarifwidrigen Urlaubsabgeltung zustimmt oder gegen sie keine Einwendungen erhebt, begründet dieses Verhalten nach ganz herrschender Meinung nicht ohne weiteres den Einwand der rechtsmissbräuchlichen weiteren Geltendmachung des Freizeitanspruches (so jedenfalls BAG Urteil vom 21.03.1968 - 5 AZR 270/67 - EzA § 5 BUrlG Entscheidung 7; vgl. auch LAG Hamm Urteil vom 19.08.1966 - 5 Sa 368/66 - Der Betrieb 66, 1570). Etwas anderes soll allerdings dann geltend, wenn der Arbeitnehmer auf Barabgeltung des Urlaubs gedrängt hat (vgl. LAG Frankfurt/Main Urteil vom 24.02.1969 - 1 Sa 753/68 - Arbeit und Recht 70, 91; LAG Düsseldorf Urteil vom 07.11.1965 - 8 Sa 420/64 - Der Betrieb 65, 560; vgl. Bachmann in GK-Bundesurlaubsgesetz 5. Aufl., § 7 Rz. 198).

Diese letztere Voraussetzung liegt hier zwar nicht vor. Aber der Kammer erscheint das Begehren des Klägers auf Zahlung von Geld dennoch rechtsmissbräuchlich.

Denn wie oben aufgeführt (unter 1.), ist der Urlaubsanspruch kein einheitlicher, aus Freizeitgewährung und Vergütungszahlung bestehender Anspruch, sondern nach der gesetzlichen Regelung ein reiner Freizeitanspruch. Durch die verbotswidrige Barabgeltung wird dieser Freizeitanspruch nicht erfüllt und geht damit nicht unter, er kann vom Arbeitnehmer weiterhin gefordert werden, der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann insoweit, von Ausnahmefallgestaltungen abgesehen, nicht erhoben werden.

Rechtsmissbräuchlich erscheint es aber, trotz des Erhaltes der Urlaubsabgeltung nochmals das gleichhohe Urlaubsentgelt für eine spätere Gewährung von Freizeit zu verlangen. Dies würde den Tatbestand eines widersprüchlichen Verhaltens erfüllen:

Wer eine zur Abgeltung des Urlaubs bestimmte Geldsumme, die ja dazu dient, sich die notwendige Erholung von der Arbeitsbelastung zu "kaufen", annimmt, kann nicht später, wenn ihm die entsprechende Freizeit danach zusätzlich gewährt wird, verlangen, dass ihm die gleiche Summe nochmals als Entgelt gezahlt wird. Auch wenn insoweit nicht von einer Erfüllung des Anspruchs auf Entgelt ausgegangen wird, würde eine solche Handlungsweise doch Treu und Glauben i. S. des § 242 BGB widersprechen (vgl. so auch Bachmann a. a. O. Rz. 199).

Aus alledem folgt also, dass das Klagebegehren entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht begründet ist. Die Klage ist deshalb in Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 ZPO).

Die Revision wird nach § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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