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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 16.06.1999
Aktenzeichen: 9 Sa 786/97
Rechtsgebiete: ThürKO


Vorschriften:

ThürKO § 33
ThürKO § 111 Abs. 1
1. Rechtsanwälte, die in den Vermögensämtern der Landkreise der neuen Bundesländer an Aufgaben nach dem Vermögensgesetz mitwirken, können freie Mitarbeiter sein. (Im Anschluss an BAG Urteil vom 03. Juni 1998 - 5 AZR 656/97 -)

2. Bei der Frage, welches Rechtsverhältnis vorliegt, ist im Rahmen der Gesamtwürdigung auch die Höhe der gezahlten Vergütung mit zu berücksichtigen.

3. Übersteigt die gezahlte Vergütung das tarifliche Gehalt eines vergleichbaren Angestellten erheblich, spricht dies gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses.

4. Erhält ein Beschäftigter, der im öffentlichen Dienst eines Landes tätig ist - ohne die erforderliche Zustimmung des Innenministers (§§ 111 Abs. 1, 33 ThürKO) - eine Vergütung, die deutlich über der eines tariflich vergüteten vergleichbaren Angestellten liegt, spricht dies ebenfalls gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses.


Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Suhl, Außenkammer Sonneberg, vom 09.07.1997 - 6 (7) Ca 521/96 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das Vertragsverhältnis durch die Kündigung vom 25.06.1996 zum 01.07.1996 beendet wurde. In diesem Zusammenhang ist der arbeitsrechtliche Status des Klägers umstritten. Darüber hinaus macht der Kläger Vergütungsansprüche geltend.

Der Kläger, der sich in F. als Rechtsanwalt niedergelassen hat, war seit 01.07.1993 bei dem beklagten Landkreis auf Grund mehrerer, jeweils befristeter Verträge, im Amt zur Regelung offener Vermögensfragen tätig. Als Vergütung vereinbarten die Parteien im Honorarvertrag vom 06.07.1993 ein pauschales Honorar von monatlich 10.000,00 DM sowie eine pauschalierte Aufwandsentschädigung in Höhe von 1.500,00 DM jeweils einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer.

Dieser Vertrag lautet auszugsweise wie folgt:

Präambel

Nach § 28 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz) sind dem Auftraggeber bestimmte Aufgaben zugewiesen worden. Die Erfüllung dieser Aufgaben soll beschleunigt werden. Der Auftraggeber möchte deshalb zur Vorbereitung der Bescheide und zur Herbeiführung gütlicher Einigungen nach dem Vermögensgesetz Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Fachkräfte mit vergleichbarer Qualifikation einbeziehen.

§ 1 Aufgabenbereich

(1) Die Tätigkeit des Auftragnehmers umfasst die Mitwirkung an fachlichen Entscheidungen, die Beratung der zuständigen Mitarbeiter des Auftraggebers bei der Vorbereitung von Entscheidungen, gutachtliche Stellungnahmen, Durchführung von Schulungsmaßnahmen sowie die Herbeiführung gütlicher Einigungen. Die inhaltliche Ausgestaltung der Tätigkeit erfolgt in ständiger Absprache mit dem Auftraggeber, insbesondere mit dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen.

(2) Der Auftragnehmer nimmt seine Aufgaben in den Diensträumen des Auftraggebers war in S., B.-str. 66.

Die Änderung des Einsatzortes während der Vertragsdauer ist möglich.

§ 2 Zeitaufwand

Die Aufgabe erfordert, dass der Auftragnehmer zumindest während der normalen Dienststunden im Amt zur Regelung offener Vermögensfragen zur Verfügung steht. Die Einzelheiten können mit dem Auftraggeber abgestimmt werden.

...

§ 5 Interessenkollision

(1) Der Auftragnehmer verpflichtet sich, nicht in derselben Angelegenheit Berechtigte oder Verfügungsberechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes zu vertreten, in der er schon zuvor für den Auftraggeber tätig war. Der Auftragnehmer wird dieses Vertretungsverbot gegebenenfalls auch für die Sozietät, in der er tätig ist, beachten.

(2) Ist der Auftragnehmer bzw. seine Sozietät schon bei Vertragsbeginn in den in Absatz 1 genannten Angelegenheiten tätig gewesen, so verpflichtet er sich, solche Mandatsverhältnisse dem Auftraggeber anzuzeigen und in diesen Angelegenheiten für den Auftraggeber nicht tätig zu werden.

...

§ 7 Erholungszeiten

Der Auftragnehmer stimmt erholungsbedingte Abwesenheit mit dem Auftraggeber ab.

§ 8 Vermögensschadenshaftpflicht

Der Auftragnehmer hat eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung in Höhe von DM 1.000.000,- (eine Million) abgeschlossen; andernfalls wird er eine solche Versicherung zu Beginn seiner Tätigkeit abschließen. Die Kopie des Versicherungsscheins muss dem Auftraggeber spätestens 2 Wochen nach Beginn der Tätigkeit vorliegen.

Für die Jahre 1994 und 1995 wurden weitere befristete Honorarverträge geschlossen, die inhaltlich nur geringfügig von dem 1993 geschlossenen Honorarvertrag abweichen. Allerdings wurde das "pauschale Honorar" für das Jahr 1994 auf 10.500,00 DM und für das Jahr 1995 auf 11.000,00 DM angehoben. Die pauschalierte Aufwandsentschädigung entfiel im Jahre 1995. Außerdem enthalten beide Verträge unter § 6, der die Vertragsdauer und Kündigung regelt, folgenden Zusatz: "Vorbehaltlich der Gewährung von Personalkostenzuschuss für das Jahr 1994 bzw. 1995".

Schließlich unterzeichneten die Parteien im Januar 1996 einen weiteren befristeten "Beratervertrag". Dieser hat u. a. folgenden Inhalt:

§ 1 Aufgabenbereich

(1) Der Auftragnehmer berät den Auftraggeber anwaltlich in allen Fragen bei fachlichen Entscheidungen gemäß § 28 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz) sowie bei der Erstellung gutachtlicher Stellungnahmen.

(2) Der Auftragnehmer führt seine Beratung nach pflichtgemäßem Ermessen durch. Der Auftraggeber stellt dem Auftragnehmer zur Erfüllung seiner Aufgaben geeignete Räumlichkeiten in Landratsamt S. zur Verfügung.

§ 2 Honorar

(1) Der Auftragnehmer erhält zur Abrechnungsvereinfachung für die gesamte vertragsgemäße Beratung ein pauschales Honorar in Höhe von DM 11.000,00 in Worten:

Elftausend monatlich einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer von 15 % = 1.435,00 DM

...

(4) Nimmt der Auftragnehmer seine Aufgaben nicht oder nicht in vollem Umfang wahr, so ist der Auftraggeber berechtigt, das Honorar entsprechend der nicht erbrachten Beratertätigkeit angemessen zu mindern.

...

§ 4 Interessenkollision

(1) Der Auftragnehmer verpflichtet sich, Berechtigte oder Verfügungsberechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes nicht in derselben Angelegenheit zu vertreten, in der er schon zuvor für den Auftraggeber tätig war. Der Auftragnehmer wird dieses Vertretungsverbot gegebenenfalls auch für die Sozietät, in der er tätig ist, beachten.

...

§ 5

(1) Der Auftragnehmer beginnt seine Tätigkeit am (Vertragsbeginn) 01.01.1996

(2) Der Vertrag endet spätestens mit Ablauf des 31.12.1996

(3) Jede Vertragspartei ist berechtigt, das Vertragsverhältnis jederzeit zu beenden. Die Beendigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Hinsichtlich des Inhalts der schriftlichen Verträge der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Kopien (Bl. 12 - 23 d. A.) verwiesen.

Im Jahre 1994 zahlte der Beklagte monatlich ein Honorar in Höhe von 11.400,00 DM:

Im Dezember 1995 erhielt der Kläger lediglich 3.666,80 DM, da er in diesem Monat urlaubsbedingt abwesend war und der Beklagte das Honorar um 1/21 pro Tag der Abwesenheit kürzte.

Dagegen wurde dem Kläger während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit vom 04.03.1996 bis 15.03.1996 die Vergütung in voller Höhe gewährt. Auch für den Monat Mai 1996 zahlte der Beklagte das gesamte Honorar, obwohl der Kläger im Zeitraum vom 13.05.1996 bis 28.05.1996 arbeitsunfähig erkrankt war.

Der Beklagte stellte dem Kläger im Amt für offene Vermögensfragen ein möbliertes Dienstzimmer zur Verfügung, das mit Fachliteratur, Telekommunikationseinrichtungen, Diktiergerät sowie sonstigen sächlichen Mitteln ausgestattet war (Bl. 5 d. A.). Darüber hinaus stellte der Beklagte dem Kläger Fachbücher und Bürobedarf zur Verfügung.

In das Zeiterfassungssystem des Beklagten war der Kläger nicht eingebunden. Freitags war er nicht anwesend.

Dem Kläger wurden von der Amtsleiterin bestimmte Vorgänge zugeteilt, die er bis zur Entscheidungsreife bearbeitete und die entsprechenden Bescheide vorformulierte. Nach der Überprüfung dieser Entscheidungsentwürfe durch die Amtsleiterin wurden diese unterzeichnet und gesiegelt. Die Amtsleiterin besprach alle schwierigen juristischen Probleme mit den Rechtsanwälten, die im Amt für offene Vermögensfragen des Beklagten tätig waren. Auch die übrigen Mitarbeiter waren angehalten, sich bei juristischen Problemen direkt an die Rechtsanwälte zu wenden.

Die dem Kläger zur Bearbeitung vorgelegten Akten waren häufig mit Vermerken wie: "Bitte bearbeiten", "dringlich", "Termin zur Wiedervorlage" versehen. Außerdem wurden auf neue Richtlinien und ggf. einschlägige Rechtsprechung hingewiesen. Eine eigene Auswahlmöglichkeit hinsichtlich der zu bearbeitenden Akten und Vorgänge hatte der Kläger nicht.

Weiterhin war der Kläger für die zur Fertigung der Bescheidentwürfe im Wege der Amtsermittlung einzuholenden, entscheidungsrelevanten Daten verantwortlich. Die für die Anfertigung der Bescheide erforderlichen Recherchen bei Kataster- und Grundbuchamt delegierte der Kläger unter Verwendung des dienstlich vorgegebenen Formulars und nach Prüfung und Gegenzeichnung durch die Amtsleiterin auf die hierfür zuständigen Mitarbeiter des Beklagten (Bl. 137 d. A.).

Die Bescheide, die der Kläger entworfen hat, weisen ihn im Briefkopf als Ansprechpartner - unter seiner Telefonnummer - aus. Die die einzelnen Vorgänge betreffende Post wurde dem Kläger entsprechend der dienstlichen Organisation über die Amtsleiterin zur Akte gereicht. Sie war teilweise mit Rücksprachevermerken versehen. Die Aktenbearbeitung erfolgte ausschließlich in den von dem Beklagten zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten.

Auf Veranlassung des Beklagten nahm der Kläger an mindestens zwei Schulungsveranstaltungen teil. Die Teilnahmegebühren sowie die Reisekosten wurden von dem Beklagten getragen.

Unter dem 24.06.1996 erteilte die Amtsleiterin dem Kläger ein qualifiziertes Zeugnis.

Mit Schreiben vom 25.06.1996, dem Kläger zugegangen am 27.06.1996, kündigte der Beklagte den Beratervertrag zum 01.07.1996, ohne den Personalrat zu beteiligen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 15.07.1996 eingegangenen Klage. Darüber hinaus verlangt er noch ausstehende Vergütung für die Jahre 1994 und 1995 in Höhe von 14.533,20 DM. Mit der am 20.09.1996 bei Gericht eingegangenen Klageerweiterung hat der Kläger eine "Statusklage" erhoben sowie hilfsweise, für den Fall, dass es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handele, die Feststellung beantragt, dass die Kündigung frühestens zum 31.07.1996 wirksam ist. Schließlich beantragt der Kläger klageerweiternd die Vergütung für den Zeitraum vom Juni 96 bis März 97 und schließlich - in der mündlichen Verhandlung am 09.07.1997 - die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis über den 31.12.1996 hinaus unbefristet fortbesteht.

Der Beklagte rechnet mit einer Gegenforderung in Höhe von 10.476,20 DM auf. Mit dieser Gegenforderung hat es folgende Bewandtnis:

Der Beklagte zahlte dem Kläger in den Monaten März und Mai 96 die volle Vergütung, obwohl der Kläger in beiden Monaten insgesamt an 20 Werktagen seine Beratungsleistung urlaubs- bzw. krankheitsbedingt nicht erbrachte.

Der Kläger erklärte die Gegenaufrechnung und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger DM 7.939,30 zu zahlen. Er begründet dies damit, dass er auf dem Parkplatz des Beklagten mit seinem Pkw gegen einen 14 cm über dem Bodenniveau herausragenden Kanaldeckel fuhr. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Blatt 169 der Akten verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat festgestellt, dass es sich bei dem Vertragsverhältnis der Parteien um ein Arbeitsverhältnis handelt, das am 31.12.1996 endete. Bis zu diesem Zeitpunkt hat das Gericht dem Kläger die im Beratervertrag vereinbarte Vergütung zugesprochen sowie die volle Vergütung für die Jahre 1994 und 1995. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Über die "Gegenaufrechnung" bzw. den damit verbundenen Antrag entschied das Gericht nicht.

Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens, der konkreten erstinstanzlich gestellten Anträge, der richterlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe im Einzelnen wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Suhl, Außenkammer Sonneberg - vom 09.07.1997 gem. § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 14.10.1997 zugestellte Urteil mit bei Gericht am 13.11.1997 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit bei Gericht am 14.01.1998 eingegangenen Schriftsatz begründete, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.01.1998 verlängert wurde. Der Beklagte hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 06.10.1997 zugestellte Urteil mit bei Gericht am 03.11.1997 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit bei Gericht am 05.01.1998 eingegangenen Schriftsatz begründete, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Zeitpunkt verlängert wurde.

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsverhältnis der Parteien bestehe über den 31.12.1996 fort, da das Arbeitsverhältnis der Parteien stillschweigend fortgesetzt worden und damit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustandegekommen sei. Aus diesem Grund finde das Beschäftigungsförderungsgesetz vorliegend keine Anwendung, so daß es auf die Einhaltung der in § 1 Abs. 5 S. 1 und 2 BeschFG normierten Frist zur Erhebung der Feststellungsklage nicht ankomme.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht mit der Befristungsabrede zum 31.12.1996 geendet hat, sondern darüber hinaus fortbesteht,

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger für die Monate Januar 1997 bis März 1997 11.000,00 DM brutto monatlich, mithin weitere 33.000,00 DM zu zahlen,

3. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte hat zuletzt beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Suhl vom 09.07.1997 abzuändern und die Klage abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt der Beklagte,

festzustellen, dass an den Kläger für die Zeit vom 01.07.1996 bis 31.12.1996 Vergütung gemäß Vergütungsgruppe II BAT-O/VKA in Höhe von insgesamt 43.170,10 DM zu zahlen ist,

hilfsweise,

festzustellen, dass der Kläger ab 01.07.1996 Anspruch auf Vergütung gemäß Vergütungsgruppe II BAT-O/VKA hat.

Der Kläger beantragt,

die Hilfsanträge zurückzuweisen.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens vertritt der Beklagte die Auffassung, dass der Kläger nicht Arbeitnehmer des Beklagten geworden sei. Dies ergebe sich aus der Präambel, die den einzelnen Honorarverträgen vorangestellt worden sei. Im Lichte dieser Präambel und der zugrundeliegenden Solidaritätsaktion der Deutschen Anwaltschaft müssten die einzelnen Verträge beurteilt werden.

Von einer Weisungsgebundenheit des Klägers könne nicht ausgegangen werden, da sich der Kläger hinsichtlich seiner Arbeitszeit mit dem Beklagten lediglich habe abstimmen müssen, für den Kläger also keine festen Arbeitszeiten angeordnet worden seien. Vielmehr habe der Kläger seine Arbeitszeit flexibel einteilen können. Dies sei schon dadurch ersichtlich, dass der Kläger Freitags nicht gearbeitet habe, obwohl das Landratsamt auch Freitags geöffnet gewesen sei. Im Übrigen habe der Kläger auch weniger als 40 Stunden wöchentlich arbeiten können, da die Parteien in § 3 auf eine Verringerung der Vergütung für den Fall vereinbart haben, dass der Kläger seine Aufgaben nicht oder nicht in vollem Umfange wahrnimmt. Allein aus dem Umstand, dass dem Kläger Akten zur Bearbeitung vorgelegt worden seien, könne jedenfalls nicht auf eine Weisungsgebundenheit geschlossen werden, da der Kläger gerade für diese Tätigkeit eingestellt worden sei. Auch sei der Kläger nicht in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen, da die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit nicht der dienstlichen Organisation des Beklagten bedurft hätte. Insbesondere hätte der Kläger den Bediensteten des Landratsamts zuarbeiten sollen, nicht aber umgekehrt.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte Berufung der Parteien ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und damit insgesamt zulässig.

II.

Die Berufung des Beklagten ist auch begründet. Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis, so daß das Rechtsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 25.06.1996 am 01.07.1996 sein Ende gefunden hat. Diese Kündigung ist wirksam. Einer vorherigen Beteiligung des Personalrats bedurfte es nicht, weil das ThürPersVG auf den Kläger keine Anwendung findet, da er nicht Beschäftigter i. S. des § 4 ThürPersVG war.

Dem Kläger stehen deshalb auch keine weiteren Vergütungsansprüche zu. Sofern der Kläger für das Jahr 1994 eine weitergehende Vergütung begehrt, ist dieser Anspruch durch Aufrechnung erloschen.

1.

Mit den Parteien und dem Arbeitsgericht geht die Kammer von den Grundsätzen aus, die das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters aufgestellt hat (BAGE 78, 343 = NZA 95, 622 = AP Nr. 74 zu § 611 BGB, Abhängigkeit, m. w. N.).

Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Insoweit enthält § 84 Abs. 1 S. 2 HGB ein typisches Abgrenzungsmerkmal. Nach dieser Bestimmung ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbständig und deshalb persönlich abhängig ist dagegen der Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist. Zwar gilt diese Regelung unmittelbar nur für die Abgrenzung des selbständigen Handelsvertreters vom abhängig beschäftigten kaufmännischen Angestellten. Über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus enthält diese Norm jedoch eine allgemeine gesetzgeberische Bewertung, die bei der Abgrenzung des Dienstvertrages vom Arbeitsvertrag zu beachten ist, zumal diese Bestimmung die einzige Norm ist, die Kriterien dafür enthält.

Die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dieses Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Die fachliche Weisungsgebundenheit ist für Dienste höherer Art nicht immer typisch. Die Art der Tätigkeit kann es mit sich bringen, dass dem Dienstverpflichteten ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und fachlicher Selbständigkeit verbleibt.

Dabei kommt es nicht darauf an, wie die Parteien das Vertragsverhältnis bezeichnen. Der Status des Beschäftigten richtet sich nicht nach den Wünschen und Vorstellungen der Vertragspartner, sondern danach, wie die Vertragsbeziehungen nach ihrem Geschäftsinhalt objektiv einzuordnen sind. Denn durch eine Parteivereinbarung kann die Bewertung einer Rechtsbeziehung als Arbeitsverhältnis nicht abbedungen und der Geltungsbereich des Arbeitnehmerschutzrechtes nicht eingeschränkt werden. Der wirkliche Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Wenn der Vertrag abweichend von den ausdrücklichen Vereinbarungen vollzogen wird, ist die tatsächliche Durchführung maßgebend. Die praktische Handhabung lässt nämlich Rückschlüsse darauf zu, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien in Wirklichkeit ausgegangen sind (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BAG, Urteil vom 30.11.1994 - 5 AZR 704/93 - BAGE 78, 343, 347 = AP Nr. 47 zu § 611 BGB, Abhängigkeit, zu B I der Gründe).

Für die Abgrenzung entscheidend sind demnach die Umstände der Dienstleistung, nicht aber formelle Merkmale wie etwa die Modalitäten der Entgeltzahlung oder die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Bei der Frage, in welchem Maße der Mitarbeiter persönlich abhängig ist, ist vor allem die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit zu berücksichtigen. Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Kriterien lassen sich nicht aufstellen. Eine Anzahl von Tätigkeiten kann sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses erbracht werden. Umgekehrt gibt es Tätigkeiten, die für Dritte regelmäßig nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden können. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses kann also auch aus der Art der zu verrichtenden Tätigkeit folgen. Letztlich kommt es zur Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung der maßgebenden Umstände des Einzelfalls an (BAG, Urteil vom 03.06.1998 - 5 AZR 656/97 - EzA Nr. 70 zu § 611 BGB, Arbeitnehmerbegriff; Griebeling, Die Merkmale des Arbeitsverhältnisses, NZA 98, 1137; Reinecke, Neudefinition des Arbeitnehmerbegriffs durch Gesetz und Rechtsprechung?, ZIP 98, 581).

2.

In Anwendung dieser Grundsätze ist der Kläger als freier Mitarbeiter anzusehen.

a)

Mit dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 27.03.1991 - 5 AZR 194/90 - EzA Nr. 38 zu § 611 BGB, Arbeitnehmerbegriff zu III 7 der Gründe) geht die Kammer davon aus, dass die Beraterverträge von Rechtsanwälten grundsätzlich als freie Dienstverträge zu qualifizieren sind. Auch aus den zwischen den Parteien abgeschlossenen Honorar- und Beraterverträgen ergibt nichts anderes.

aa)

Dies ist schon der Präambel zu entnehmen, die zum Ausdruck bringt, dass sich der Auftraggeber - nicht der Arbeitgeber - an Rechtsanwälte und andere frei Berufe wendet. Darüber hinaus verwenden die Parteien in allen zwischen ihnen geschlossenen Verträgen nicht die Begriffe Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die auf ein Arbeitsverhältnis hindeuten würden, sondern Auftraggeber und Auftragnehmer. Dies spricht ebenso gegen den Arbeitnehmerstatus des Klägers wie die vom Kläger geschuldete Tätigkeit, die eine mitwirkende und beratende ist. Auch der Umstand, dass die Parteien eine Minderung der Vergütungsansprüche für den Fall vereinbarten, dass der Kläger seinen Aufgaben nicht oder nicht in vollem Umfange wahrnimmt und dabei Erholungszeiten und Zeiten krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ausdrücklich einschlossen, spricht gegen die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers. Das Gleiche gilt für die Verpflichtung des Klägers, eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung abzuschließen, die Kosten seiner Altersversorgung sowie der Kranken- und Unfallversicherung in vollem Umfange selbst zu tragen.

Für die Arbeitnehmerstellung des Klägers spricht dagegen nicht die von den Parteien getroffene Vereinbarung, wonach der Kläger während der normalen Dienststunden dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen zur Verfügung zu stehen hat; Einzelheiten sollten mit dem Beklagten abgestimmt werden können. Wie sich aus der tatsächlichen Handhabung ergibt, war diese Regelung aber nicht als ständige Präsenzpflicht zu verstehen. Der Kläger war Freitags abwesend, obwohl das Amt für offene Vermögensfragen geöffnet war. Insbesondere hat sich der Kläger standhaft geweigert, an der für alle Bediensteten des Beklagten vorgeschriebenen Zeiterfassung teilzunehmen. Dies spricht dafür, dass der Kläger nicht gewillt war, den zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit von dem Beklagten kontrollieren zu lassen. Wenn aber der Kläger nicht bereit war, den zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit überprüfen zu lassen und der Beklagte mit dieser Verfahrensweise einverstanden war, ist davon auszugehen, dass die Parteien mit der vertraglichen Regelung nur die Erwartung verbunden haben, dass der Kläger grundsätzlich während der Kernzeit für alle Mitarbeiter ansprechbar sein soll.

Die Parteien haben weder Angaben zum konkreten Umfang der "normalen Dienststunden" gemacht noch haben sie im Honorar- bzw. Beratervertrag genau festgelegt, wie lange der Kläger für den Beklagten tätig sein soll, so daß weder die zeitliche Lage noch die konkrete Dauer der vom Kläger geschuldeten Tätigkeit exakt fixiert ist. Da die Arbeitszeit aber durch ihre zeitliche Lage und Dauer bestimmt wird, ist den getroffenen Vereinbarungen nicht zu entnehmen, dass der Beklagte innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung des Mitarbeiters verfügen kann. Von einer Weisungsgebundenheit kann deshalb insoweit nicht die Rede sein.

Im Übrigen hätte der Kläger auf Grund des § 2 S. 2 der Honorarverträge die Möglichkeit gehabt, Einzelheiten bzgl. der zeitlichen Lage und Dauer der Arbeitszeit mit dem Beklagten abzustimmen. Davon haben die Parteien offenbar auch in der Weise Gebrauch gemacht, dass sie vereinbarten, dass der Kläger Freitags seiner Tätigkeit nicht nachzukommen brauchte. Selbst wenn in Einzelfällen mit dem Kläger Termine zur "Rücksprache" oder andere Gesprächstermine vereinbart wurden, gibt dies dem Vertrag der Parteien nicht das Gepräge eines Arbeitsverhältnisses, denn auch in einem freien Dienstverhältnis ist es typischer Geschäftsinhalt, dass Auftraggeber und Auftragnehmer Termine vereinbaren, in denen sie über erbrachte oder noch zu erbringende Leistungen des Auftragnehmers sprechen. Dies wäre allerdings dann anders zu beurteilen, wenn der Kläger einen von dem Beklagten vorgeschlagenen oder vereinbarten Termin nicht eingehalten und der Beklagte darauf beispielsweise mit einer Abmahnung reagiert hätte. Insoweit ist aber vorliegend weder vorgetragen noch aus der Akte ersichtlich, wie der Beklagte auf weisungswidriges Verhalten seitens des Klägers reagiert hat oder wie er sich verhalten haben würde.

bb)

Gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht auch, dass der Kläger - zumindest sporadisch - für seine Anwaltskanzlei in F. tätig war (vgl. Bl. 223).

Im Übrigen gingen die Parteien, was durch die Regelung über die Interessenkollision in § 5 des Honorarvertrages zum Ausdruck kommt, ganz offenbar davon aus, dass der Kläger weiterhin als niedergelassener Anwalt tätig sein werde, was ihm auf Grund der von den Parteien getroffenen Arbeitszeitregelung weder faktisch (freitags, samstags, sonntags) noch rechtlich verwehrt war.

cc)

Eine örtliche Weisungsgebundenheit des Klägers kann ebenfalls nicht angenommen werden. Die Parteien vereinbarten im Beratervertrag, dass der Beklagte dem Kläger zur Erfüllung seiner Aufgaben geeignete Räumlichkeiten im Landratsamt zur Verfügung stellt. Schon aus dieser Formulierung wird deutlich, dass eine Verpflichtung des Klägers, die Diensträume zu benutzen, nicht besteht, so daß der Kläger - auf eigene Kosten - auch ein eigenes Büro in S. hätte eröffnen können, um dort seiner Tätigkeit nachzugehen. Selbstverständlich hätte er auch einen Teil seiner Akten in F. oder zu Hause bearbeiten können.

Allerdings weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die Parteien in den Honorarverträgen (§ 1) eine Vereinbarung hinsichtlich der zu erbringenden Tätigkeit getroffen haben. Diese besagt, dass der Auftragnehmer seine Aufgaben in den Diensträumen des Auftraggebers wahrnimmt. Haben zwei Vertragspartner aber mehrere "aneinander gereihte Verträge" geschlossen, so ist für den Inhalt des Rechtsverhältnisses auf den Inhalt des letzten Vertrages abzustellen. Ob die vorangegangenen Verträge hinsichtlich eines bestimmtes Vertragsgegenstandes eine andere Regelung enthalten haben, ist grundsätzlich unerheblich. Durch den vorbehaltlosen Abschluss eines weiteren Vertrages stellen die Parteien ihr Vertragsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage, die fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll. Will ein Vertragspartner dieses Ergebnis vermeiden und sich Rechte aus einem vorangegangenen Vertragsverhältnis sichern, so muss dies in dem neuen Vertrag zum Ausdruck kommen (vgl. zur Befristungsrechtsprechung statt vieler: BAG, Urteil vom 31.01.1990 - 7 AZR 125/89 -, EzA Nr. 108 zu § 620 BGB zu I 1 der Gründe, m. w. N.). Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung kommt es deshalb auf den zuletzt geschlossenen Vertrag an, weil die Parteien damit zum Ausdruck gebracht haben, von welchen rechtlichen Beziehungen sie zum Zeitpunkt der Kündigung ausgegangen sind.

Sofern der Kläger meint, er sei durch angebliche Erklärungen des Herrn D. getäuscht worden, kommt es darauf nicht an. Der Kläger hat die Verträge mit dem Beklagten geschlossen, der durch den Landrat vertreten wird. Es ist nicht ersichtlich, dass Herr D. für den Beklagten irgendwelche verbindlichen Erklärungen hinsichtlich des Rechtsverhältnisses der Parteien abgeben kann. Im Übrigen wird auf § 109 ThürKO verwiesen, der die Vertretung der Landkreise regelt. Dort ist u. a. bestimmt, dass den Landkreis verpflichtende Erklärungen schriftlich abgegeben werden und vom Landrat handschriftlich unterzeichnet werden müssen, um Wirksamkeit zu entfalten.

Selbst wenn man insoweit anderer Auffassung wäre und eine örtliche Weisungsgebundenheit auf Grund der Honorarverträge annehmen würde, änderte dies an der Gesamtwürdigung des Rechtsverhältnisses nichts, da es den Parteien nicht entscheidend darauf ankam, wo der Kläger den überwiegenden Teil seiner Tätigkeit - nämlich die Aktenbearbeitung - ausübte. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass ein anderer Tätigkeitsort für einige der Aufgabenstellungen schon der Sache nach schlechterdings nicht in Betracht kam. Das trifft insbesondere für die beratende Tätigkeit des Klägers zu, die außerhalb des Landratsamtes aufwendiger gewesen wäre.

dd)

Auch von einer fachlichen Weisungsgebundenheit des Klägers ist ebenfalls nicht auszugehen. Wenn der Kläger vorträgt, ihm seien in Fragen der Auslegung von Gesetzen und anderen inhaltlichen Fragen Vorgaben gemacht worden, ist dieser Vortrag unsubstantiiert. Er lässt insbesondere nicht erkennen, wer ihm inhaltlich welche Vorgaben gemacht hat. Sofern man dem Kläger allerdings aufgab, einen zutreffenden Entscheidungsvorschlag zu entwerfen, ist dies jedenfalls keine Vorgabe, die allein für ein Arbeitsverhältnis kennzeichnend ist.

Zutreffend geht das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 27.03.1991 - 5 AZR 194/90-, EzA Nr. 38 zu § 611 BGB, Arbeitnehmerbegriff zu III 4 der Gründe) im Übrigen davon aus, dass zeitliche Vorgaben oder die Verpflichtung, bestimmte Termine für die Erledigung der übertragenen Aufgaben einzuhalten, kein wesentliches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis ist. Auch im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen können von dem Dienstberechtigten oder dem Besteller Termine für die Erledigung der Arbeit bestimmt werden, ohne dass daraus eine zeitliche Weisungsabhängigkeit folgt, wie sie für das Arbeitsverhältnis kennzeichnend ist. Schriftliche Vermerke der Amtsleiterin wie: "bitte bearbeiten", "dringlich", "Termin zur Wiedervorlage" sind sowohl in einem Arbeitsverhältnis wie in einem freien Dienstverhältnis üblich und sprechen deshalb nicht für einen bestimmten Vertragstyp. Im Übrigen ergibt sich aus § 1 des Beratervertrags, dass der Kläger den Beklagten anwaltlich zu beraten und gutachterliche Stellungnahmen abzugeben hat. Beide Tätigkeiten deuten nicht auf eine fachliche Weisungsgebundenheit hin. Dass der Kläger überwiegend mit dem Entwurf von Bescheiden beschäftigt war, steht dem nicht entgegen, da die anwaltliche Beratung und die gutachterliche Stellungnahme nicht mündlich, sondern durch Entwürfe von zu erstellenden Bescheiden erfolgen kann.

Insofern unterscheidet sich die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit - auf die es entscheidend ankommt - im Jahre 1996 nicht von der vorher ausgeübten Tätigkeit, so daß es auf die Änderung der Formulierung im Beratervertrag nicht ankommt.

ee)

Dass der Kläger bestimmte entscheidungsrelevante Daten zu ermitteln hatte und sich dabei der dienstlichen Formulare bediente und bestimmte Aufgaben auf Mitarbeiter des Beklagten delegieren konnte, spricht für eine gewissen Eingebundenheit des Klägers in die betriebliche Organisation des Beklagten. Diesen Umständen ist jedoch kein allzu großes Gewicht beizumessen, da die Mitarbeiter erst dann tätig wurden, wenn die Amtsleiterin eine Verfügung des Klägers gegengezeichnet hatte. Damit brachten die Parteien zum Ausdruck, dass der Kläger kein eigenes Weisungsrecht für Mitarbeiter des Beklagten haben sollte.

Auch dürfte der Umstand, dass der Kläger an Schulungsveranstaltungen teilnahm und der Beklagte die Kosten dafür übernahm, von geringer Relevanz sein. Auf Grund der Schwierigkeit der Materie und einer keineswegs gefestigten Rechtsprechung lag es im wohlverstandenen eigenen Interesse des Beklagten, wenn er den Kläger dazu veranlasste, an Schulungsmaßnahmen teilzunehmen. Da weder in dem Honorar- noch in dem Beratervertrag eine Rechtsgrundlage dafür ersichtlich ist, dass der Kläger die mit seiner Schulung verbundenen Kosten zu tragen hat, ist es folgerichtig, dass der Beklagte diese Kosten übernahm. Rückschlüsse auf den arbeitsrechtlichen Status des Klägers können daraus nicht gezogen werden.

ff)

Gegen den Arbeitnehmerstatus des Klägers spricht auch die von den Parteien getroffene Vergütungsregelung. Die Parteien haben ein Honorar und kein Gehalt vereinbart. Darüber hinaus haben sie für einen längeren Zeitraum eine Aufwandsentschädigung für die Tätigkeit des Klägers vorgesehen. Dies ist für ein Arbeitsverhältnis unüblich.

Maßgeblicher ist jedoch die Höhe der von den Parteien vereinbarten Vergütung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte Mitglied des Arbeitgeberverbandes ist. Als solcher ist er gehalten, tarifgerecht zu bezahlen. Dies schließt zwar nicht aus, dass der Beklagte auch übertarifliche Leistungen gewähren kann. Die Vergütung, die der Kläger erhalten hat, ist aber etwa doppelt so hoch wie die, die ein Angestellter der Vergütungsgruppe II a BAT-O erhalten haben würde. Die von den Parteien praktizierte Vergütungsregelung spricht daher entscheidend gegen einen Arbeitnehmerstatus des Klägers. Es kann einem an das Prinzip der Sparsamkeit und Haushaltsdisziplin gebundenen Arbeitgeber nicht unterstellt werden, dass er bereit ist, an einen Arbeitnehmer für eine Dienstleistung das Doppelte der im Tarifvertrag vorgesehenen Vergütung zu zahlen. Die Höhe der Vergütung des Klägers ist daher nur als Gegenleistung für ein freies Dienstverhältnis gerechtfertigt. Dies um so mehr, weil die Vereinbarung einer höheren als der tariflichen Vergütung eines Angestellten der Zustimmung des Innenministeriums bedarf (§§ 111 Abs. 1, 33 Abs. 3 ThürKO). Anhaltspunkte dafür, dass sich die Parteien über diese Bestimmungen hinwegsetzen wollten und damit zumindest der Landrat disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen sich in Kauf nehmen wollte, sind nicht ersichtlich, so daß die Höhe der vereinbarten und gezahlten Vergütung schwerwiegend gegen den Arbeitnehmerstatus des Klägers spricht.

Wäre man anderer Auffassung, würde sich die Frage stellen, ob eine derartige Vergütungsregelung - für ein Arbeitsverhältnis - wirksam wäre, da ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt.

gg)

Bei der abschließenden Gesamtwürdigung hat die Kammer neben dem zuletzt dargelegten Vergütungsaspekt auch berücksichtigt, dass der Kläger gerade deshalb eingestellt wurde, weil er bereits selbständiger Rechtsanwalt war. Es bestand ein Bedarf an selbständig arbeitenden Mitarbeitern. Der Kläger war kein Berufsanfänger, der sich unter Anleitung und Aufsicht erfahrener Rechtsanwälte oder anderer Mitarbeiter in die Materie einarbeiten sollte. Er hatte vielmehr von Anfang an selbständig zu arbeiten (vgl. BAG, Urteil vom 03.06.1998 - 5 AZR 556/97 - EzA Nr. 70 zu § 611 BGB, Arbeitnehmerbegriff zu III 2 der Gründe).

Weiterhin sind für die Kammer die Wünsche und Vorstellungen der Vertragspartner bei Abschluss des Beratervertrages von gewissem Gewicht. Zu diesem Zeitpunkt gingen die Parteien - wie sich aus dem Wortlaut ergibt - davon aus, dass es sich bei dem geschlossenen Vertrag um kein Arbeitsverhältnis handeln sollte. Hat aber der Kläger als Rechtsanwalt die Vertragsgestaltung bei Eingehung des Rechtsverhältnisses durchschaut, dann kann er sich nicht widerspruchsfrei auf einen angeblichen Arbeitnehmerstatus berufen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Parteien bei der tatsächlichen Durchführung des Vertrags nicht von dessen Inhalt abgewichen sind.

b)

Da die Rechtsbeziehungen der Parteien nicht solche arbeitsrechtlicher Natur waren, konnte der Beklagte dem Kläger eine Kündigung aussprechen, ohne dabei die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes beachten zu müssen. Dieses Gesetz ist auf die Rechtsverhältnisse freier Mitarbeiter nicht anwendbar (BAGE 39, 329, 336). Auch einer Beteiligung des Personalrats bedurfte es nicht. Da andere Unwirksamkeitsgründe nicht ersichtlich sind, war die Kündigung wirksam.

3)

Das Vertragsverhältnis ist auch zum 01.07.1996 beendet worden. Dem steht § 621 Nr. 3 BGB nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung ist bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis i. S. von § 622 BGB ist, die Kündigung zulässig, wenn die Vergütung nach Monaten bemessen ist, spätestens am 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats.

Die Kündigungsfristen des § 621 BGB sind jedoch uneingeschränkt abdingbar (Mü-Ko-Schwerdtner, BGB, 3. Aufl. 1997, § 622 Rz 22, m. w. N.). Von dieser Möglichkeit haben die Parteien Gebrauch gemacht, indem sie in § 5 Abs. 3 des Beratervertrages die "jederzeitige" Beendigung des Vertragsverhältnisses bestimmten. Damit haben die Parteien nicht nur eine Kündigung des befristeten Rechtsverhältnisses, sondern darüber hinaus die Beendigung ohne Einhaltung einer bestimmten Kündigungsfrist vereinbart. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.

4)

Auch steht dem Kläger kein weiterer Vergütungsanspruch für die Jahre 1994 und 1995 zu.

a)

Sofern sich der Kläger gegen die Kürzung seines Honorars für den Monat Dezember 95 wendet, ist dies nicht berechtigt. Die Parteien haben eine Kürzung des Honorars für urlaubsbedingte Abwesenheit im Honorarvertrag vorgesehen. Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte Gebrauch gemacht, so daß die Kürzung des Honorars zu Recht erfolgt ist.

b)

Für das Jahr 1994 hat der Kläger einen Anspruch auf eine monatliche Vergütung in Höhe von 12.000,00 DM. Davon hat der Beklagte nur 11.400,00 DM monatlich gezahlt, so daß sich für das Jahr 94 eine Vergütungsdifferenz in Höhe von 7.200,00 DM ergibt. Dieser Anspruch des Klägers ist jedoch durch Aufrechnung erloschen.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger vom 04.03.1996 bis 15.03.1996 urlaubsbedingt und vom 13.05.1996 bis 28.05.1996 auf Grund einer Erkrankung seiner Dienstverpflichtung nicht nachgekommen ist. Die zwischen den Parteien geschlossenen Verträge, insbesondere der insoweit einschlägige Beratervertrag vom Januar 1996 bestimmt, dass der Auftraggeber berechtigt ist, das Honorar entsprechend der nicht erbrachten Beratertätigkeit angemessen zu mindern. Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte Gebrauch gemacht, so daß es zu einer Überzahlung des Klägers in Höhe von 10.476,20 DM gekommen ist.

Im Zeitpunkt der Abgabe der Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB) standen sich damit zwei gegenseitige und gleichartige Forderungen gegenüber, die beide voll wirksam und fällig waren. Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen im Umfang ihrer Deckung als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in denen sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenüber getreten sind (§ 389 BGB). Dies hat zur Folge, dass der Vergütungsanspruch des Klägers für das Jahr 1994 insgesamt erloschen ist.

5)

Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass es sich bei dem der Tätigkeit des Kläger für den Beklagten zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses vom 01.07.1993 bis 31.12.1996 um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat, ist der Antrag unzulässig. Es fehlt an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse.

a)

Nach dieser Vorschrift kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Arbeitsverhältnis durch gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO ist als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Dabei hat das Gericht allerdings nicht den Sachverhalt von Amts wegen zu untersuchen. Vielmehr hat der Kläger die erforderlichen Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zuletzt BAG, Urteil vom 03.03.1999 - 5 AZR 275/98 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

Für Klagen, die auf Feststellung eines beendeten Rechtsverhältnisses gerichtet sind, treffen die Erwägungen, mit denen das Rechtsschutzbedürfnis für gegenwartsbezogene Feststellungsklagen zu bejahen ist, nicht zu. Das Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses bedarf daher einer besonderen Begründung. Es ist nach ständiger Rechtsprechung nur dann zu bejahen, wenn sich hieraus Folgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben (BAG, a. a. O. zu 2 der Gründe). Zutreffend hat der 5. Senat in der Entscheidung vom 23.04.1997 (BAG - 5 AZR 527/95 - BAGE 85, 347 = AP Nr. 40 zu § 256 ZPO 1977). Die pauschale Behauptung, die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses in der Vergangenheit hätte zu einem Anspruch auf eine höhere Erwerbsunfähigkeitsrente geführt, nicht ausreichen lassen, um das Feststellungsinteresse zu bejahen. Soweit dieses daraus hergeleitet werde, dass der Arbeitgeber ggf. Schadensersatz wegen Nichtabführung von Rentenbeiträgen und dadurch eingetretener Rentenkürzung schulde, müsse eine entsprechende Leistungsklage oder aber eine auf das Bestehen einer Schadensersatzpflicht gerichtete Feststellungsklage erhoben werden. Diese hätten Vorrang vor der Statusklage.

b)

Vorliegend begehrt der Kläger für einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraum die Feststellung eines Rechtsverhältnisses. Er hätte sein fortbestehendes Interesse hinreichend begründen müssen. Dies hat er jedoch nicht getan. Deshalb ist der Antrag unzulässig.

III.

Da die Kündigung - wie oben festgestellt - wirksam ist, ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

IV.

Der Kläger hat als unterlegene Partei auch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 ZPO).

V.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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