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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.04.2007
Aktenzeichen: 1 U 446/06
Rechtsgebiete: ZGB


Vorschriften:

ZGB § 471 ff
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

1 U 446/06

verkündet am: 05.04.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch .................. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom ...........

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Schlussurteil des Landgerichts Mühlhausen vom 23.03.2006 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht erbrechtliche Ansprüche gegen die Beklagte geltend.

Mir ihrer ( im Wege der Stufenklage) erhobenen Klage hatte sie zunächst Auskunft von der Beklagten verlangt, um sodann einen Pflichtteilsanspruch wie Vermächtnisansprüche durchzusetzen. Mit Teilurteil vom 21.4.2005 hatte das Landgericht die Klage " in der ersten Stufe" abgewiesen, weil die (Haupt-) Ansprüche verjährt seien und deshalb auch der Auskunftsanspruch nicht bestehe. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hatte der Senat mit Beschluss vom 21.9.2005 gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Im weiteren Verfahrensgang stützte die Klägerin die nunmehr geltend gemachten Zahlungsansprüche auch darauf, dass sie Alleinerbin, jedenfalls Miterbin sei. Hilfsweise verfolgt sie ihr Begehren weiter aufgrund Pflichtteils- bzw. Vermächtnisanspruchs.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 20.000 € zu bezahlen zuzüglich fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (Leistungsantrag zum ursprünglichen Stufenklageantrag II Ziffer 3),

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die goldene Uhr, den Ring und den Schmuckanhänger der Verstorbenen Emma Katharina Hering, geborene Rogg, herauszugeben (Leistungsstufe zum ursprünglichen Klageantrag III),

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 50.000 € zzgl. fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen (Leistungsstufe zum ursprünglichen Klageantrag I).

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat mit Schlussurteil vom 23.3.2006 die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin.

Sie macht geltend, das Landgericht habe den Rechtsstreit nach Erlass des Teilurteils verfahrensfehlerhaft fortgesetzt, weil kein Fortsetzungsantrag gestellt gewesen sei.

Sie sei gesetzliche Alleinerbin geworden, was sich daraus ergebe, dass das Testament unwirksam sei. Denn die Erblasserin sei irrtümlich davon ausgegangen, dass es rechtlich nicht möglich sei, die in Italien lebende Klägerin als Alleinerbin einzusetzen.

Zumindest sei sie Miterbin. Insoweit habe das Landgericht ihren Sachvortrag hinsichtlich des Wertes der ihr zugedachten Nachlassgegenstände übergangen und versäumt, hierüber Beweis zu erheben. Aus der Höhe des Wertes würde sich ihre Einsetzung als Miterbin erschlossen haben. Den hohen Wert habe die Beklagte sogar eingeräumt.

Sie habe die mit der Klage herausverlangten Schmuckgegenstände - entgegen der Ansicht des Landgerichts - ausreichend bezeichnet. Die Beklagte wisse, um welche Gegenstände es sich handele und habe etwas anderes nicht behauptet. Diesbezüglich habe sie auch nicht die Einrede der Verjährung erhoben.

Hinsichtlich des mit der Klage hilfsweise geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs habe die Beklagte entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht bestritten, dass die Erblasserin gegenüber der Klägerin unterhaltspflichtig gewesen sei. Die tatsächlichen Voraussetzungen einer Unterhaltspflicht hätten vorgelegen.

Keiner der Klageansprüche sei verjährt. Denn ihr sei das Testament erst im Jahre 2004 übersandt worden. Vorher habe sie keine Kenntnis davon gehabt. Erst im Jahre 2004 sei daher die Verjährungsfrist in Lauf gesetzt worden, da sie erst zu diesem Zeitpunkt vom Entstehen ihrer Ansprüche und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt habe. Die zehnjährige Verjährungshöchstfrist für Pflichtteilsansprüche sei auf Vermächtnisansprüche nicht anwendbar. Die Beklagte könne sich hierauf auch nicht berufen, da die Erblasserin sie zur Herausgabe des Schmucks an die Klägerin angewiesen habe.

Die Parteien haben hinsichtlich der herausverlangten Schmuckgegenstände im Termin vom 15.03.2007 einen Teilvergleich abgeschlossen und den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt mit dem Antrag, in der Endentscheidung insoweit gemäß § 91 a ZPO über die Kosten zu entscheiden.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 23.03.2006 - 3 O 1523/04 - wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.000 € zu bezahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 50.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil als richtig.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe der Klägerin haben keinen Erfolg.

a.) Soweit die Klägerin einen Verfahrensfehler geltend macht, weil das Landgericht das Verfahren nach Erlass des Teilurteils nicht auf Antrag, sondern von Amts wegen fortgesetzt habe, liegt ein Verfahrensfehler nicht vor. Zwar ist umstritten, ob das Verfahren von Amts wegen oder nur auf Antrag einer der Parteien fortgesetzt werden darf (vgl. hierzu Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. , § 254 RdNr. 11). Im vorliegenden Fall hat aber die Beklagte nach der Terminierung dem Fortgang zugestimmt (Schriftsatz vom 06.02.2006), so dass ein möglicher Verfahrensmangel jedenfalls durch Rügeverzicht geheilt wäre (§ 295 ZPO).

b.) Entgegen der Ansicht der Klägerin brauchte das Landgericht über den Wert der der Klägerin testamentarisch zugewandten Nachlassgegenstände keinen Beweis zu erheben, um festzustellen, ob nicht doch eine Erbeinsetzung der Klägerin gemäß § 375 Abs. 1 ZGB (Zivilgesetzbuch der DDR) vorliegt. Denn auch ein etwaiger erbrechtlicher Herausgabeanspruch der Klägerin ist verjährt.

Gemäß Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB gilt im vorliegenden Fall für die erbrechtlichen Verhältnisse das Recht der früheren DDR, da die Erblasserin vor der Deutschen Wiedervereinigung verstorben ist. Somit gilt das Erbrecht des Zivilgesetzbuchs (ZGB) der DDR.

Ein Anspruch des Alleinerben auf Herausgabe der Nachlassgegenstände aus § 33 Abs. 2 Satz 1 ZGB (vgl. hierzu: Autorenkollektiv, Kommentar zum Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 19.Juni 1975, 1. Aufl. 1983, § 399 Anm. 2.2 ( fortan : ZGB-Kommentar)) verjährt gemäß § 474 Abs. 1 Nr. 5 ZGB in 10 Jahren (ZGB-Kommentar, a.a.O.; Göhring/Posch u.a., Zivilrecht, Lehrbuch, Teil 2, 1. Aufl. 1981, Abschnitt 9.5.1.3). Für den Beginn der Verjährungsfrist gilt § 475 Nr. 2 Satz 1 ZGB, denn die übrigen Nummern des § 475 ZGB betreffen vertragliche Ansprüche (Göhring/Posch u.a., Zivilrecht, Lehrbuch, Teil 1, 1. Aufl. 1981, Abschnitt 3.8.2.3). Sie begann mit dem Zeitpunkt zu laufen, in welchem die Klägerin vom Entstehen des Anspruchs und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt hat (§ 475 Nr. 2 Satz 1 ZGB). Die kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist des § 475 Nr. 2 Satz 2 ZGB ist nicht anwendbar, da sie nach dem Wortlaut nur bei schädigenden Handlungen gilt, um die es hier nicht geht. Die Klägerin hat mit Schreiben an das Staatliche Notariat vom 26.10.1978 (Bl. 6 der beigezogenen Nachlassakten des Amtsgerichts Nordhausen, AktZ. 3-60-500-78) bestätigt, dass sie das Schreiben des Staatlichen Notariats vom 21.09.1978 (Bl. 5 der beigezogenen Nachlassakten) erhalten hat. Darin wird ihr mitgeteilt, dass die Beklagte aufgrund eines Testaments einen Erbschein beantragt hat. Die Klägerin antwortete darauf in ihrem Schreiben vom 26.10.1978, dass sie selbst gesetzliche Alleinerbin sei. Die Klägerin wußte somit spätestens ab 26.10.1978, dass ihr erbrechtlicher Anspruch entstanden war, der nur mit dem Erbfall am 30.07.1978 entstanden sein konnte (§ 399 Abs. 1 Satz 1 ZGB). Sie kannte auch die Anspruchsgegnerin, nämlich die Beklagte, die das Erbe für sich beanspruchte. Denn der Herausgabeanspruch aus § 33 Abs. 2 Satz 1 ZGB richtet sich nach seinem Wortlaut gegen denjenigen, der dem Eigentümer das Eigentum unberechtigt vorenthält. Das konnte nur die Beklagte sein. Denn eine andere Person wird auch von der Klägerin nicht erwähnt. Dass diejenige Person den Nachlass bekommen würde, die die Erblasserin pflegte, hatte die Erblasserin der Klägerin auch bereits in einem Schreiben vom 07.07.1976 mitgeteilt (zitiert im Schriftsatz der Klägerin vom 19.06.2006, Seite 6). Die Klägerin räumt selbst ein, dass die Beklagte es gewesen ist, die die Erblasserin in den letzten dreißig Jahren vor ihrem Tod gepflegt hat (Schriftsatz vom 24.06.2005, Seite 2).

Der erbrechtliche Herausgabeanspruch verjährte daher 10 Jahre nach dem 26.10.1978, also am 26.10.1988 (§ 471 Abs. 1 Nr. 4 ZGB). Die vorliegende Klage ist aber erst 16 Jahre später und 26 Jahre nach dem Erbfall eingereicht worden, nämlich am 15.12.2004. Sie konnte den Ablauf der Verjährungsfrist daher nicht mehr rechtzeitig hemmen (§ 477 Abs. 1 Nr. 2 ZGB).

Der Ablauf der Verjährungsfrist ist auch nicht wegen Unmöglichkeit der Rechtsverfolgung gemäß § 477 Abs. 1 Nr. 4 ZGB gehemmt worden. Denn eine solche Unmöglichkeit lag nicht vor. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn ein Klageweg zur rechtsstaatlich gebotenen gerichtlichen Anspruchsdurchsetzung nicht zur Verfügung steht oder wenn gerichtliche Hilfe in der praktischen Lebenswirklichkeit der DDR wegen konkreter politischer Zwänge vom Betroffenen nicht in Anspruch genommen werden konnte (BGHZ 126, 87 ff.). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich und auch nichts dargelegt. Vielmehr konnten erbrechtliche Ansprüche auch von im Ausland lebenden Personen in der DDR gerichtlich durchgesetzt werden (BGH DtZ 1996, 207 f. = JZ 1996, 971 ff.). Der Hinweis der Klägerin darauf, dass man ihr keine Auskunft erteilt hätte, was durch die nicht rechtzeitige Übersendung des Testaments belegt werde, reicht für eine gegenteilige Feststellung nicht aus. Die Klägerin hat ausweislich Bl. 6 der beigezogenen Nachlassakten mit Schreiben vom 26.10.1978 um Übersendung des Testaments ersucht. Laut Aktenvermerk Bl. 1 Rückseite ist ihr dies am 09.11.1978 übersandt worden. In der Folgezeit hat sie erst wieder mit einem Schreiben vom 16.07.2004 (Bl. 4 der Nachlassakten) erneut um Übersendung des Testaments ersucht. In einem am 11.10.2004 beim Nachlassgericht eingegangenen Schreiben (Bl. 10 der Nachlassakten) räumt sie selber ein, dass ihr dieses dann übersandt worden ist. Eine Unmöglichkeit der Rechtsverfolgung könnte allenfalls dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Klägerin bereits zu DDR-Zeiten mehrmals erfolglos um Übersendung des Testaments ersucht hätte und auch eine gerichtliche Geltendmachung dieses Auskunftsersuchens unmöglich gewesen wäre. Dafür fehlen ausreichende Anhaltspunkte. Der ausweislich der Nachlassakten vom Nachlassgericht mit der Klägerin mehrfach geführte Schriftverkehr belegt das Gegenteil, nämlich dass eine Rechtsverfolgung möglich war. Die Klägerin hätte eben bereits im Jahre 1978 erneut um Übersendung des Testaments ersuchen müssen.

Auf die Frage, ob das Testament wirksam ist, kommt es deshalb nicht an.

c.) Auch ein etwaiger Pflichtteilsanspruch (hierzu Brenneisen, Die Abwicklung von Pflichtteilsansprüchen nach dem Einigungsvertrag, Diss. Jena, 1997) ist verjährt. Seine Verjährung richtet sich nach § 396 Abs. 3 Satz 3 ZGB. Danach verjährt der Anspruch 2 Jahre nach Kenntnis vom Erbfall und vom Inhalt des Testaments, spätestens aber 10 Jahre nach dem Erbfall. Der Erbfall trat am 30.07.1978 ein. Der Pflichtteilsanspruch verjährte daher 10 Jahre später, somit am 01.08.1988 (§ 471 Abs. 3 ZGB). Er war daher bei Klageeinreichung bereits verjährt.

Darüberhinaus scheitert der Pflichtteilsanspruch auch daran, dass die Klägerin eine Unterhaltsberechtigung gegenüber der Erblasserin trotz Bestreitens nicht dargelegt hat (§ 396 Abs. 1 Nr. 2 ZGB). Darauf hat der Senat bereits im Berufungsverfahren gegen das im vorliegenden Rechtsstreit ergangene Teilurteil vom 21.04.2005 hingewiesen. Soweit sie entsprechende Darlegungen im zweiten Rechtszug nachgeholt hat, können diese wegen Verspätung nicht mehr berücksichtigt werden (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Verspätung nicht auf Nachlässigkeit beruht.

d.) Ein vermächtnisrechtlicher Anspruch ist ebenfalls verjährt. Seine Verjährungsfrist beträgt gemäß § 474 Abs. 1 Nr. 2 ZGB wie bei vertraglichen Ansprüchen 2 Jahre, da § 380 Abs. 1 Satz 3 ZGB auf die allgemeinen Bestimmungen über Verträge verweist, zu denen auch die Verjährungsregelung zählt (ZGB-Kommentar, a.a.O., § 380 Anm. 1.3; Göhring/Posch u.a., Zivilrecht, Lehrbuch, Teil 2, 1. Aufl. 1981, Abschnitt 9.3.4.1). Die gegenteilige Auffassung der Klägerin wird von niemandem vertreten. Analog § 403 Abs. 1 Satz 2 ZGB begann der Lauf der Verjährungsfrist nicht vor der Testamentseröffnung (ZGB-Kommentar, a.a.O.). Die Testamentseröffnung erfolgte vorliegend am 22.08.1978 (Bl. 1 der beigezogenen Nachlassakten). Die Verjährungsfrist begann gemäß § 475 Nr. 3 ZGB mit dem 1. Tag des Monats zu laufen, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch objektiv geltend gemacht werden konnte (ZGB-Kommentar, a.a.O., § 475 Anm. 3). Der Anspruch konnte bereits mit der Testamentseröffnung objektiv geltend gemacht werden, somit am 22.08.1978. Er verjährte demnach 2 Jahre später, somit am 22.08.1980. Im übrigen gilt für den Anspruch die Verjährungsfrist des Pflichtteilsanspruchs (s. oben) analog, d.h. er verjährt ebenfalls spätestens 10 Jahre nach dem Erbfall (ZGB-Kommentar, a.a.O., § 380 Anm. 1.3). Im Ergebnis ist daher auch ein vermächtnisrechtlicher Anspruch verjährt.

Die Verjährung war nach dem Recht der DDR von Amts wegen zu berücksichtigen, nicht erst auf Einrede (ZGB-Kommentar, a.a.O., Vorbemerkung zu § 472; Göhring/Posch u.a., Zivilrecht, Lehrbuch, Teil 1, 1. Aufl. 1981, Abschnitt 3.8.2.1). Nach dem 03.10.1990 war sie jedoch nur noch auf Einrede zu berücksichtigen (BGHZ 122, 308 ff.). Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen und die Einrede der Verjährung erhoben.

Treu und Glauben stehen der Erhebung der Verjährungseinrede nicht entgegen. Hierbei kann dahinstehen, ob die Erblasserin die Beklagte angewiesen hat, die Schmuckgegenstände als Vermächtnis an die Klägerin herauszugeben. Denn eine solche Anweisung würde nicht ausreichen, die Erhebung der Verjährungseinrede als treuwidrig erscheinen zu lassen. Für einen Rechtsmißbrauch genügt sie nicht. Wer einen Anspruch verjähren läßt, ist insoweit auch nicht schutzwürdig. Es ist ferner nicht ersichtlich, dass die Anweisung über die Verjährungsfrist hinaus Wirkung haben sollte oder die Klägerin vor dem Eintritt der Verjährung schützen sollte. Davor konnte sich die Klägerin vielmehr selbst schützen, indem sie rechtzeitig verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergriff.

e.) Hinsichtlich des Klageantrags auf Herausgabe der Schmuckgegenstände haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt, so dass insoweit nur noch gemäß § 91a ZPO über die Kosten zu entscheiden ist. Die Entscheidung erfolgt nach billigem Ermessen, d.h. die Kosten sind derjenigen Partei aufzuerlegen, die insoweit voraussichtlich unterlegen wäre. Das ist die Klägerin. Das Landgericht hat den Anspruch auf Herausgabe des Schmucks zu Recht wegen Unbestimmtheit des Klageantrags abgewiesen. Dem stand nicht das Anerkenntnis der Beklagten entgegen. Bei einem Anerkenntnis sind nur die verzichtbaren Prozessvoraussetzungen nicht mehr zu prüfen, die unverzichtbaren aber sehr wohl (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 307 RdNr. 4). Zu letzteren gehört auch die bestimmte Bezeichnung der herausverlangten Gegenstände (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 295 RdNr. 4, vor § 253 RdNr. 9 ff., 14, § 253 RdNr. 7 ff., 13c). Damit soll z.B. dem Fall vorgebeugt werden, dass der Anerkennende nach Urteilserlass verstirbt, sein Erbe die Herausgabe verweigert und daher der Gerichtsvollzieher die Herausgabe vollstrecken muss. Da der Gerichtsvollzieher die herauszugebenden Gegenstände nicht kennt, müssen diese im Klageantrag genau bezeichnet werden. Nur dann können sie auch im Urteil genau bezeichnet werden. Daran fehlt es. Den entsprechenden Auskunftsanspruch gegen die Beklagte auf Bezeichnung der Schmuckgegenstände konnte die Klägerin wegen Verjährung nicht mehr geltend machen. Dies ist im vorliegenden Verfahren durch das Teilurteil vom 21.04.2005 rechtskräftig festgestellt worden.

Im übrigen ist der Herausgabeanspruch hinsichtlich der Schmuckgegenstände ebenfalls verjährt (s. oben). Soweit die Beklagte ihn im vorliegenden Rechtsstreit anerkannt hat, konnte dieses Anerkenntnis den Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB neu in Lauf setzen. Denn die Verjährung war bereits vor dem 03.10.1990 eingetreten, so dass das BGB insoweit nicht anzuwenden ist (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl. 2002, EGBGB Art. 231 § 6 RdNr. 2). Auch eine Unterbrechung der Verjährungsfrist nach § 476 Abs. 1 Nr. 1 ZGB scheidet aus. Denn eine bereits abgelaufene Verjährungsfrist kann nicht mehr durch Anerkenntnis unterbrochen werden.

Da sich die Beklagte im Verfahren der zweiten Stufe, als der Herausgabeantrag gestellt worden ist, gleichzeitig auf Verjährung berufen hat, kann das Anerkenntnis auch nicht als Verzicht auf die Verjährungseinrede ausgelegt werden. Denn es fehlt am Willen zum Verzicht. Wer die Verjährungseinrede erhebt, will eben nicht auf sie verzichten. Es kann daher dahinstehen, ob das Anerkenntnis aus dem Verfahren der ersten Stufe im Verfahren der zweiten Stufe, in der es nicht mehr wiederholt worden ist, noch fortgedauert hat.

Nebenentscheidungen:

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 2, 709 S. 2 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht auszusprechen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.



Ende der Entscheidung

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