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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 27.11.2003
Aktenzeichen: 1 Ws 359/03
Rechtsgebiete: StVollzG, StPO


Vorschriften:

StVollzG § 116
StVollzG § 118 Abs. 3
StVollzG § 120 Abs. 1
StPO §§ 137 ff.
Zur Notwendigkeit des Nachweises der Bevollmächtigung des Rechtsanwalts im Rechtsbeschwerdeverfahren nach §§ 116 ff StVollzG.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

1 Ws 359/03

In der Strafvollzugssache

wegen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 109 ff. StVollzG

hier: nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt Untermaßfeld,

hat auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Meiningen vom 18.09.2003 der 1. Strafsenat des Thüringer Oberlandesgerichts durch

Richter am Oberlandesgericht Dr. Schwerdtfeger als Vorsitzenden, Richter am Oberlandesgericht Schulze und Richterin am Landgericht Diedrich

am 27. November 2003

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde wird verworfen.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers, Rechtsanwalt Rieger, hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Beteiligten zu tragen.

Der Gebührenstreitwert wird auf 3.000,- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Meiningen verwarf durch Beschluss vom 18.09.2003 den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung, dass die Unterbringung des Antragstellers in der Justizvollzugsanstalt U. in einem näher bezeichneten Haftraum zusammen mit einer weiteren Person in der Zeit vom 14.11.2000 bis zum 12.01.2001 rechtswidrig gewesen sei, wegen Verwirkung als unzulässig. Der Antragsteller war vor dem Landgericht Gera nicht anwaltlich vertreten. Der Beschluss des Landgerichts Meiningen wurde dem Antragsteller ausweislich der bei der Akte befindlichen Zustellungsurkunde am 30.09.2003 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 28.10.2003, der per Telefax am 29.10.2003 bei dem Landgericht Meiningen einging, zeigte Rechtsanwalt J. R. aus Hamburg die Vertretung des Antragstellers an und erklärte, für diesen gegen den Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 18.09.2003 Rechtsbeschwerde einzulegen. Die Rechtsbeschwerde wurde zugleich begründet. Dem Schriftsatz war eine schriftliche Vollmachtsurkunde beigefügt, in der als Gegenstand der Bevollmächtigung angegeben ist: "Strafvollstreckungssache VAS 6/03".

Aufgrund Verfügung des Vorsitzenden der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Meiningen vom 10.11.2003 wurden die Akten dem Thüringer Oberlandesgericht zugeleitet und gingen dort am 18.11.2003 ein. Mit Schreiben des Vorsitzenden des 1. Strafsenats vom 10.11.2003, das dem Antragsteller am 20.11.2003 zugestellt und das auch Rechtsanwalt R. zur Kenntnis übersandt wurde, wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass der Rechtsbeschwerdeschrift eine Vollmacht beigefügt gewesen sei, die sich auf ein anderes als das hiesige Verfahren beziehe. Dem Antragsteller wurde Gelegenheit gegeben, binnen einer Woche ab Zustellung des gerichtlichen Schreibens zu erklären und ggf. nachzuweisen, ob und ggf. wann der Antragsteller Rechtsanwalt R. in vorliegender Sache Vollmacht erteilt habe.

Mit Schriftsatz vom 26.11.2003, der per Telefax beim Thüringer Oberlandesgericht am 26.11.2003 einging, teilte Rechtsanwalt R. zum hiesigen Aktenzeichen mit, dass er in der Rechtsbeschwerdesache M. als Anlage Vollmacht übersende. Bei der Anlage handelt es sich um eine mit "Prozessvollmacht" überschriebene Vollmachtsurkunde, in der der Antragsteller Rechtsanwalt J. R. eine umfassende Prozessvollmacht erteilt. Als Gegenstand der Vollmacht ist bezeichnet: "Rechtsbeschwerde beim Thüringer Oberlandesgericht". Die Vollmachtsurkunde trägt das Datum "20.11.03".

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

Ist der Antragsteller, wie hier, der Beschwerdeführer, kann gem. § 118 Abs. 3 StVollzG die Beschwerde nur mittels einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt und begründet werden. Gemäß § 118 Abs. 1 StVollzG haben die Einlegung sowie die Begründung der Rechtsbeschwerde binnen eines Monats nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen.

Da die mit der Rechtsbeschwerde anfechtbare Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Meiningen vom 18.09.2003 dem Antragsteller am 30.09.2003 zugestellt wurde, lief die Monatsfrist am Donnerstag, dem 30.10.2003, ab. Innerhalb dieser Frist ging der Schriftsatz von Rechtsanwalt R. vom 28.10.2003 beim Landgericht Meiningen ein, in dem dieser erklärt, den Antragsteller zu vertreten und für diesen Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 18.09.2003 einzulegen. Darin liegt jedoch keine wirksame Einlegung der Rechtsbeschwerde für den Antragsteller, denn es fehlte bei Einlegung der Rechtsbeschwerde durch Rechtsanwalt R. an der erforderlichen Vollmacht.

Für die Vertretung der Beteiligten in Verfahren nach § 109 ff. StVollzG gelten gemäß § 120 Abs. 1 StVollzG die Vorschriften der Strafprozessordnung entsprechend, soweit sich aus dem StVollzG nichts anderes ergibt. Mangels abweichender Regelung im StVollzG sind für die Vertretung in Verfahren nach § 109 ff. StVollzG die Vorschriften der StPO über die Verteidigung (§ 137 ff. StPO) maßgeblich.

Zur wirksamen Vertretung eines Verfahrensbeteiligten durch einen Vertreter, insbesondere durch einen Rechtsanwalt, bedarf dieser der Vollmacht. Eine besondere Form dieser Vollmacht ist im Anwendungsbereich der StPO nicht vorgeschrieben (KK-Laufhütte, StPO, 5. Aufl., § 138 Rn. 15, vor § 137 Rn. 3). Sie braucht auch nicht in bestimmter Form nachgewiesen zu sein (BGHSt 36, 259, 260; KK-Laufhütte, a. a. O., vor 3 137 Rn. 3). Davon unberührt bleibt die Notwendigkeit des Nachweises der Bevollmächtigung, wenn hieran im Einzelfall Zweifel bestehen (Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl. vor § 137 Rn. 9).

Solche Zweifel bestanden bezüglich der Bevollmächtigung von Rechtsanwalt R. hinsichtlich der Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 18.09.2003 deshalb, weil die mit der Rechtsbeschwerdeschrift vorgelegte Prozessvollmacht vom 28.09.2003 ausdrücklich nur das Strafvollstreckungsverfahren zum Az.: VAS 6/03, das ebenfalls bei dem 1. Strafsenat des Thüringer Oberlandesgerichts anhängig ist, betraf. Deshalb forderte der Vorsitzende des 1. Strafsenats den Beschwerdeführer persönlich mit Schreiben vom 18.11.2003, das Rechtsanwalt R. ebenfalls mitgeteilt wurde, auf, binnen einer Woche ab Zustellung des Schreibens zu erklären und ggf. nachzuweisen, ob und ggf. wann der Beschwerdeführer Rechtsanwalt R. in der vorliegenden Sache Vollmacht erteilt habe. Das Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am 20.11.2003 in der Justizvollzugsanstalt Untermaßfeld zugestellt. Am 26.11.2003 ging beim Thüringer Oberlandesgericht ein von Rechtsanwalt R. verfasster Schriftsatz vom 26.11.2003 ein, dessen Inhalt sich auf den Hinweis auf eine anliegende Vollmacht beschränkt. Bei dieser Vollmacht handelt es sich um die bereits oben beschriebene Vollmachtsurkunde mit Datum 20.11.2003. Danach hat der Antragsteller Rechtsanwalt R. in vorliegender Sache erst am 20.11.2003 Vollmacht erteilt. Im Zeitpunkt der Einlegung der Rechtsbeschwerde war Rechtsanwalt R. folglich zur Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht bevollmächtigt.

Zwar mag in der nachträglichen Erteilung der Vollmacht eine Genehmigung des vollmachtlosen Handelns des Rechtsanwalts gesehen werden. Das führt aber nicht zur nachträglichen Wirksamkeit der zunächst unwirksamen Einlegung der Rechtsbeschwerde für den Antragsteller. Im Falle fristgebundener Prozesserklärungen, insbesondere bei der Einlegung von Rechtsmitteln, muss die Vollmacht vor Abgabe der Prozesserklärung erteilt worden sein. Die nachträgliche Genehmigung der Rechtsmitteleinlegung innerhalb oder außerhalb der Rechtsmittelfrist genügt nicht (RGSt 66, 265, 267; LR-Hanack, StPO, 25. Aufl., § 297 Rn. 5; Meyer-Goßner, a. a. O., § 297 Rn. 2).

Da die Rechtsbeschwerde mithin nicht wirksam für den Antragsteller erhoben wurde, war sie als unzulässig zu verwerfen.

Die Kosten der Rechtsbeschwerde und die notwendigen Auslagen der Beteiligten waren dem vollmachtlos handelnden anwaltlichen Vertreter aufzuerlegen (OLG Celle, Urteil vom 2.4.1997, Az. 1 Ss 350/96, zit. n. Juris; KK-Laufhütte, StPO, 5. Aufl. vor § 137 Rn. 3; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 473 Rn. 8 jeweils m.w.N:).

Die Festsetzung des Gebührenstreitwertes folgt aus §§ 48a, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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