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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.12.2006
Aktenzeichen: 4 U 101/06 (1)
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO


Vorschriften:

ZPO § 321 a
ZPO § 344
ZPO § 591
EGZPO § 26 Nr. 8
Die Gehörsrüge als außerordentlicher Rechtsbehelf ist unstatthaft und damit unzulässig, wenn gegen das Urteil des Berufungsgerichts ein anderer Rechtsbehelf - hier die Nichtzulassungsbeschwerde nach §§ 591, 344 ZPO - eröffnet ist.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

4 U 101/06

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richterin am Oberlandesgericht Billig und Richter am Oberlandesgericht Jahn

am 07.12.2006

beschlossen:

Tenor:

Die Gehörsrüge der Restitutionsklägerin gegen das Urteil des Senats vom 20.09.2006 - 4 U 101/06 - wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

Mit Urteil vom 20.09.2006 hat der Senat die Restitutionsklage, mit der die Restitutionsklägerin die Aufhebung des Urteils des Senats vom 2.2.2005 - 4 U 643/03 - begehrt hat, abgewiesen, weil er die im Restitutionsprozess von der Klägerseite vorgelegten Urkunden als nicht geeignet bewertet hat, eine andere richterliche Überzeugung der im Vorprozess entscheidungserheblichen Frage zu der durch die Parteien konkludent bestätigten Vereinbarung vom 24.9.1993 zu begründen. Auf die Urteilsgründe der Entscheidung vom 20.9.06 wird Bezug genommen. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen (vgl. S. 9 der EG). Das Urteil wurde der Restitutionsklägerin am 4.10.06 zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten zugestellt (EB Bl. 759 b, Bd. V d.A.)

Mit bei Gericht am 18.10.06 eingegangenem Schriftsatz (Fax) vom 16.10.06 erhebt die Restitutionsklägerin die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs und behauptet, der Senat habe den wesentlichen Kern ihres Vorbringens offenbar nicht (ausreichend) zur Kenntnis genommen, teilweise auch nicht berücksichtigt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 16.10.06 Bezug genommen. Die Restitutionsbeklagte hatte hierzu rechtliches Gehör, aber ihrerseits auf eine Stellungnahme zur Gehörsrüge verzichtet.

II.

Die gemäß § 321 a Abs. 2 ZPO in der gesetzlichen Form und Frist erhobene Rüge ist im vorliegenden Fall nicht statthaft und deshalb nicht zulässig, im Übrigen auch unbegründet.

Der außerordentliche Rechtsbehelf nach § 321 a ZPO ist nur dann statthaft, wenn das an sich einschlägige Rechtsmittel bzw. - in einem weiteren Sinn - ein anderer Rechtsbehelf gegen das Urteil nicht zulässig ist (ebenso OLG Frankfurt/M., OLGR 2006, 646; ähnlich BGH MDR 2004, 527, 528). Das ergibt sich zwingend aus § 321 a Abs. 1 Nr. 1 ZPO, wonach ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist. Diese kumulative (neben dem Erfordernis einer Gehörsverletzung; vgl. Nr. 2) und damit unverzichtbare Voraussetzung dieses Rechtsbehelfs ist vorliegend nicht gegeben.

Zwar hat der Senat gegen das Urteil vom 20.9.06 die Revision nicht zugelassen, so dass das an sich gegen das Restitutionsurteil einschlägige Rechtsmittel hier nicht gegeben und der Rechtsmittelweg nicht eröffnet ist (vgl. §§ 591, 543 ZPO). Eine Anfechtung des Urteils vom 20.9.06 ist aber über einen anderen Rechtsbehelf - die Nichtzulassungsbeschwerde nach §§ 591, 544 Abs. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO (der Streitwert liegt > 20.000,- €) - eröffnet. Die Nichtzulassungsbeschwerde ermöglicht eine Überprüfung des Urteils auch zum Gegenstand der Gehörsrüge. Zwar erfordert die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO nur eine Darlegung der Zulassungsgründe im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO und hat damit einen anderen - geringeren - Darlegungsumfang als die Revisionsbegründung nach § 551 Abs. 3 ZPO. Es ist aber anerkannt, dass die Revision auf die Nichtzulassungsbeschwerde auch dann zuzulassen ist, wenn das Berufungsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen des Beschwerdeführers überhaupt nicht zur Kenntnis genommen, sich ersichtlich damit nicht auseinandergesetzt und damit den Anspruch einer Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs (massiv) verletzt hat (vgl. z.B. BGHZ 154, 288 = BGH Report 2003, 686 mit Anm. Schultz in MDR 2003, 822; BVerfGE 47, 182; BVerfGE 86, 133, sämtlichst zit. nach OLG Ffm. aaO S. 647). Das behauptet aber die Restitutionsklägerin mit ihrer Gehörsrüge.

Zweck der Gehörsrüge ist es, dem erkennenden Gericht eine nochmalige Prüfung mit dem Ergebnis einer Selbstkorrektur seiner Entscheidung in der Hauptsache dann zu ermöglichen, wenn eine Prüfung nicht berücksichtigter Aspekte durch ein im Instanzenzug höheres Gericht überhaupt nicht mehr gegeben ist und die Folgen eines solchen Verstoßes nur noch durch das Bundesverfassungsgericht beseitigt werden könnten (so ausdr. OLG Ffm. aaO S. 647). Dem schließt sich der hier erkennende Senat an. Denn das erst mit dem ZPO-ReformG zum 1.1.2002 eingeführte Abhilfeverfahren, das erstmals die Möglichkeit einer Selbstkorrektur verfahrensabschließender Entscheidungen durch die erkennenden Gerichte ermöglicht hat, wenn gegen deren Urteile kein Rechtsmittel mehr möglich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers den Bedürfnissen der Gerichte, vorwiegend unbeabsichtigte Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei Beanstandungen selbst zu korrigieren, als auch das Bundesverfassungsgericht zu entlasten, Rechnung tragen. Damit hat der Gesetzgeber aber diesen außerordentlichen Rechtsbehelf ersichtlich auf solche Fälle beschränken wollen, in denen kein anderer Rechtsbehelf mehr gegeben ist. Es kann daher nicht Zweck dieses Rechtsbehelfs sein, verschiedenen Gerichten die Prüfung derselben Problematik zu ermöglichen und es vom Willen des Beschwerdeführers abhängig machen, welches Gericht er mit einer nochmaligen Überprüfung beauftragt.

III.

Im Übrigen wäre die Gehörsrüge auch unbegründet. Der Senat hat weder den Vortrag der Restitutionsklägerin nicht gewürdigt und schon gar nicht unberücksichtigt gelassen. Es hat vielmehr den Sachverhalt - in den im Restitutionsverfahren gezogenen engen Grenzen - anders als die Restitutionsklägerin gewürdigt. Die nachhaltige Wiederholung der gleichen Argumente unter Beibehaltung der anderen Auffassung durch die Beschwerdeführerin kann aber nicht zu einer anderen Bewertung durch den Senat führen, der in seinen Urteilsgründen ausführlich dargelegt hat, warum er anderer Auffassung als die Restitutionsklägerin ist. Die ständige Wiederholung des inhaltlich gleichen Vortrags machen die Argumente der Restitutionsklägerin eben nicht besser.

IV.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; die von der Restitutionsklägerin zu zahlende Gerichtsgebühr ergibt sich aus GKG-KV 1700. Zusätzliche Gebühren des/ der Prozessbevollmächtigten fallen im Abhilfeverfahren nicht an (Zöller-Vollkommer, 23. Aufl. § 321 a ZPO Rz. 19).

Ende der Entscheidung

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