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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 27.02.2008
Aktenzeichen: 4 U 2/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB §§ 823 ff a.F.
1. Steht die elterliche Sorge beiden Elternteilen gemeinsam zu, bedarf es grundsätzlich der Einwilligung beider Elternteile in einen ärztlichen Heileingriff. Jedoch kann jeder Elternteil den anderen ermächtigen, für ihn mit zu handeln; dies gilt auch für eine notwendige Einwilligung in eine ärztliche Behandlung.

2. Geht es um die ärztliche Behandlung eines minderjährigen Kindes, wird typischerweise davon ausgegangen, dass der mit dem Kind beim Arzt/Krankenhaus vorsprechende Elternteil (von dem anderen Elternteil) ermächtigt ist, für den Abwesenden dessen Einwilligung in eine ärztliche Behandlungsmaßnahme - nach Beratung des anwesenden Elternteils - zu erteilen.

3. Dabei bestimmt sich das Maß der von dem Arzt zu gebenden Aufklärung danach, dem anwesenden Elternteil eine - nach dessen Verständnis - ergebnisbezogene und zutreffende Entscheidungsgrundlage seiner (ihrer) Kompetenz zur Selbstbestimmung zu geben, die ihm (ihr) ein zutreffendes allgemeines Bild vom Schweregrad und der Tragweite des Eingriffs vermittelt und in die Lage versetzt, die Eingriffsrisiken vernünftig abzuschätzen.

4. An die Dokumentation einer für die Behandlung notwendigen arteriellen Blutdruckmessungen sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen.

5. Ist eine solche unterblieben, kann sich das Unterbleiben zwar zugunsten des Patienten für den Nachweis eines darauf beruhenden Behandlungsfehlers beweiserleichternd auswirken. Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Behandlungsfehler und einem eingetretenen Gesundheitsschaden führt ein diesbezüglicher Dokumentationsmangel aber nur dann zu einer Beweiserleichterung für die Patientenseite - bis zur Beweislastumkehr - wenn der wegen des Fehlens der gebotenen Aufzeichnung indizierte Behandlungsfehler als grob zu bewerten ist oder sich als Verstoß des Arztes gegen eine besondere Befundsicherungspflicht darstellt.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 2/04

Verkündet am: 27.02.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richter am Oberlandesgericht Jahn und Richterin am Landgericht Höfs

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.08.2007 und sodann im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichtes Erfurt vom 25.11.2003, Az.: 9 O 1962/01, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 271.118,20 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen (behaupteter) fehlerhafter ärztlicher Behandlung auf Zahlung von Schmerzensgeld, Schadensersatz und Feststellung der Einstandspflicht für künftige Schäden in Anspruch.

Der zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Operation (am 11.2.1999) 12 Jahre alte Kläger war nach einer Frühgeburt an einer Meningitis erkrankt und hat dadurch mannigfaltige Komplikationen erlitten. Er ist blind, leidet an einer geistigen Behinderung und zeigt ein sekundäres Anfallsleiden. Neben einer cerebralen Tetraparese, Inkontinenz und dem Anfallsleiden hatte sich bei ihm u. a. ein Lenden- und Brustwirbelsäulenleiden - linkskonvexe thorakolumbale Skoliose mit hochthorakaler Gegenkrümmung - gebildet. Deswegen wurde er von dem behandelnden Krankenhaus B. zu der Beklagten überwiesen. Nach einer Erstvorstellung am 14.10.1998 wurde er vom 1.2. bis zum 23.3.1999 stationär bei der Beklagten behandelt. Es war beabsichtigt, mit einer Operation, bei der ein dorsales Release mit dorsalem Schraubensitz Th2 bis L(S)1 angebracht werden sollte, die Sitz- und Liegefähigkeit des Klägers zu erhalten.

Am 10.2.1999 fand ein Aufklärungsgespräch über die Operations- und Narkoserisiken statt, welches jeweils durch einen Aufklärungsbogen dokumentiert worden ist (Bd. I, Bl. 23/24 und Bl. 70/72 d. A.). Die Aufklärungsbögen wurden (nur) von der Mutter des Klägers unterzeichnet.

Die Operation wurde am 11.2.1999 ab 9.45 Uhr durchgeführt. Der Kläger lag während des Eingriffs auf dem Bauch in einem speziellen Lagerungsrahmen (Halton-Frame). Es kam während der Operation zu insgesamt drei relevanten Blutdruckabfällen, erstmals gegen 11.45 Uhr und sodann gegen 12.40 Uhr. Ab ca. 13.00 Uhr zeigte sich der Kreislauf zunehmend instabil. Um 13.10 Uhr kam es zu einer Kreislaufdepression, die schließlich gegen 13.25 Uhr zu einem Kreislaufversagen führte. Dem konnte nur mit Herz-Druck-Massage und maximaler arzneimitteltherapeutischer Intervention begegnet werden. Nach erfolgreicher Wiederbelebung und Stabilisierung des Kreislaufs wurde die Operation abgebrochen.

Im Narkoseprotokoll (Bd. I, Bl. 22 d. A.) ist unter der Rubrik "Monitoring" das Kästchen "RR arteriell", durch welches die Vornahme einer arteriellen Blutdruckmessung dokumentiert werden soll, nicht angekreuzt. Bei dem Kläger wurde aber der dafür erforderliche arterielle Zugang gelegt und auch dokumentiert.

Des weiteren war bei dem Kläger ein zentralvenöser Katheder gelegt worden. Ob dieser ordnungsgemäß platziert war, ist zwischen den Parteien streitig.

Am 2.3.1999 wurde der Kläger erneut operiert, nunmehr in Seitenlage. Dieser Eingriff wurde erfolgreich beendet.

Der Kläger behauptet, dass sich sein Gesundheitszustand aufgrund des erlittenen Herz-/Kreislaufstillstandes massiv verschlechtert habe. Sei er vor der Operation vom 11.2.1999 noch in der Lage gewesen, mit Hilfe Dritter einen Rollstuhl zu benutzen und eine Schule für geistig Behinderte zu besuchen, entspreche sein jetziger Zustand dem eines Wachkoma-Patienten.

Der Kläger rügt bereits, dass eine sachgerechte und vollständige Aufklärung über die Operations- und Narkoserisiken nicht erfolgt sei. Auch sei die erforderliche Einwilligung seines Vaters nicht eingeholt worden. Bei richtiger und umfassender Aufklärung hätten seine Eltern die Zustimmung zur Operation nicht erteilt.

Den bei der (Erst)Operation eingetretenen Herz-/Kreislaufstillstand führt der Kläger auf ein fehlerhaftes Operations- und Narkosemanagement zurück, für das die Beklagte einstehen müsse. Im Einzelnen trägt er, gestützt auf die Ausführungen des von ihm herangezogenen Gutachters Dr. V., hierzu vor:

Dem Narkoseprotokoll sei zu entnehmen, dass zu Beginn der Operation noch ein anderer Arzt anwesend gewesen sei. Das könne bedeuten, dass der später übernehmende Anästhesist Dr. D. noch in der Ausbildung und damit nicht ausreichend qualifiziert für die komplizierte Operation gewesen sei.

Die Überwachung des Klägers während der Operation sei unzureichend gewesen, da - wie dokumentiert - nur eine (nichtinvasive) oszillatorische Blutdruckmessung statt der erforderlichen (invasiven) arteriellen Blutdruckmessung erfolgt sei. Kurzzeitige Blutdruckabfälle bzw. -schwankungen hätten deswegen nicht rechtzeitig erkannt werden können. Für die Anwendung der ungenauen nichtinvasiven Messung spreche außer der fehlenden Ankreuzung des Kästchens "RR arteriell" im Narkoseprotokoll auch, dass die Blutdruckwertewerte nur im 5-Minuten-Raster eingetragen sind. Schließlich seien über einen längeren Zeitraum (von 50 Minuten ab 11.20 Uhr) gar keine Einträge mehr zum Blutdruck erfolgt, was darauf hindeute, dass der Blutdruck wegen der ungenauen Messmethode nicht mehr ausreichend habe kontrolliert werden können.

Auch der Volumenverlust des Klägers sei während der Operation nur unzureichend überwacht worden, es sei zu wenig Volumen zugeführt worden. Der fehlende Flüssigkeitsausgleich habe zu einem schweren, nicht mehr korrigierbaren Defizit geführt, was letztlich den völligen Kreislaufzusammenbruch herbeigeführt habe. Warnzeichen, die auf den bestehenden Volumenmangel hingewiesen hätten - so insbesondere die von Beginn an fehlende Urinausscheidung - seien von den behandelnden Ärzten der Beklagten nicht beachtet worden.

Die Lage des zentralvenösen Katheders sei vor Beginn der Operation nicht überprüft worden. Es sei davon auszugehen, dass er nicht richtig platziert gewesen sei. Denn die zu Beginn der Operation gemessenen Werte von 14 bis 16 seien ungewöhnlich hoch gewesen, weshalb jedenfalls Anlass zu weiterem Tätigwerden bestanden habe.

Der Kläger vermutet ferner, dass es während der Operation - bedingt durch die Lagerung auf dem Bauch - zu einer Kompression der Cava-Vene (große Hohlvene) gekommen sein könne, was den Blutrückfluss zum Herzen unterbrochen habe. Im Zusammenhang mit dem bestehenden Volumendefizit habe dies zu dem nicht mehr beherrschbaren Kreislaufzusammenbruch geführt.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 25.11.2003 die Klage abgewiesen.

Nach Einholung schriftlicher Gutachten vom 1.7.2002 und 20.5.2003 und mündlicher Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. L. (Bd. I., Bl. 182 ff. d. A.) hat es ausgeführt, dass weder ein Aufklärungsverschulden noch ein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen der Beklagten festgestellt werden könne.

Allein aus dem Umstand, dass das Kästchen für die arterielle Blutdruckmessung nicht angekreuzt sei, könne nicht auf ein Unterlassen dieser Überwachungsmethode geschlossen werden. Denn immerhin sei der hierfür erforderliche Zugang gelegt worden. Auch habe der Sachverständige weder ein erhebliches Volumendefizit, noch eine Cava-Kompression als ursächlich für den Kreislaufzusammenbruch gewertet. Als Ursache käme eher das Auftreten einer Luftembolie in Betracht. Insoweit seien aber der Beklagten keine Säumnisse anzulasten, da dieses Risiko 1999 in den ärztlichen Fachkreisen nicht allgemein bekannt gewesen sei. Ferner sei die für die Narkose gewählte Medikation, u.a. das Verabreichen von Propofol in niedriger Dosierung, nicht zu beanstanden.

Dem Kläger kämen daher keine Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zugute.

Gegen dieses, ihm am 4.12.2003 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 2.1.2004 eingelegten und am 26.1.2004 begründeten Berufung.

Der Kläger rügt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens auch eine fehlerhafte - unvollständige - Tatsachenfeststellung durch das Landgericht.

Das Landgericht habe bereits übersehen, dass es sich bei dem Vermerk der arteriellen Blutdruckmessung im Narkoseprotokoll um eine dokumentationspflichtige Maßnahme handele. Die Nichtdokumentation führe zu einer Beweiserleichterung für die Patientenseite, dass eine invasive Blutdruckmessung nicht erfolgt sei. Hierfür spreche auch, dass der arterielle Mitteldruck, der bei der arteriellen Messung auf dem Monitor angezeigt werde, nicht in das Protokoll eingetragen worden sei.

Der Kläger hält daran fest, dass ihm während der Operation zu wenig Volumen zugeführt worden ist. Entgegen den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. L. sei die fehlende Harnausscheidung für die Überwachung der Volumenzufuhr von Bedeutung. Zudem sei die Messung des zentralen Venendrucks fehlerhaft erfolgt, so dass die Nutzung dieser Ergebnisse zu einer falschen Bewertung der Situation geführt habe.

Darüber hinaus habe das Landgericht den Vortrag des Klägers, bei ihm sei überhaupt keine kontrollierte Hypotension (Blutdruckabsenkung) vorgenommen worden, nicht gewürdigt. Dem Kläger seien von Anfang an kontinuierlich nur geringe Mengen Narkosemittel verabreicht worden. Diese hätten nach Aussage des Sachverständigen am untersten Niveau der bekannten Erfahrungen für Operationen ohne Blutdrucksenkung bei Kindern gelegen, so dass die Annahme einer gewollten Blutdruckabsenkung hierzu im Widerspruch stehe.

Der Kläger beantragt - unter Abänderung des Urteil des Landgerichtes Erfurt vom 25.11.2003 (Az.: 9 O 1962/01) -

1. die Beklagte zu verurteilen,

a.) an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum vom 11.02.1999 bis zum 30.08.2001 nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

b.) an ihn 12.404,51 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 306,78 € ab dem 01.09.2001 vierteljährlich im voraus jeweils zum 01.01., 01.04., 01.07., und 01.10 eines jeden Jahres zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden - letztere, soweit diese nach dem 30.08.2001 entstehen - aus der fehlerhaften Behandlung anlässlich der Operation vom 11.02.1999 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Die Beklagte verteidigt - unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben.

Gemäß Beschluss vom 29.9.2004 (Bd. II, Bl. 305 ff. d.A.) wurde zunächst der Sachverständige Prof. Dr. L. mündlich angehört. Wegen des Ergebnisses dieser Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 2.2.2005 (Bd. II, Bl. 311 ff. d. A.) Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 20.4.2005 (Bd. II, Bl. 345 ff. d.A.) wurde ein weiteres schriftliches Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L. eingeholt; diesbezüglich wird auf das Gutachten vom 30.6.2005 (Bd. II, Bl. 352 ff. d.A.) Bezug genommen.

Trotz Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs (des Klägers) gegen den Sachverständigen Dr. L. durch Beschluss vom 1.2.2006 (Bd. III, Bl. 527 ff, d.A.) hat der Senat mit weiterem Beschluss vom 1.2.2006 (Bd. III, Bl. 532 ff. d.A.) zu den aus der Sicht des Senats noch nicht ausreichend beantworteten Beweisfragen ein weiteres neues Sachverständigengutachten angeordnet. Mit der Erstattung des neuen Gutachtens hat der Senat mit Beschluss vom 21.3.2006 (Bd. III, Bl. 559 f d.A.) Prof. Dr. Z., Universitätsklinik Ffm., beauftragt. Wegen des Ergebnisses wird Bezug genommen auf die Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Z. vom 15.1.2007 (Bd. IV, 570 ff. d.A.) und vom 5.6.2007 (Bd. IV, Bl. 685 ff. d.A.).

Am 15.8.2007 wurde der Sachverständige Prof. Dr. Z. zusätzlich mündlich angehört, weswegen auf das Sitzungsprotokoll (Bd. IV., Bl. 794 ff. d.) und seine hieran anschließende ergänzende schriftliche Stellungnahme vom 23.8.2007 (Bd. IV., Bl. 758 ff. d.A.) Bezug genommen wird.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist statthaft (§ 511 ZPO) und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

Die Berufung hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Das Landgericht hat - im Ergebnis der ergänzenden Beweisaufnahme - die Klage zu Recht abgewiesen.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte weder auf vertraglicher noch auf deliktischer Grundlage ein Anspruch auf Schmerzensgeld (§ 847 BGB a. F.) und Schadenersatz zu. Weder greift die erhobene Aufklärungsrüge, auch nicht der Einwand fehlender Einwilligung des Vaters, durch, noch hat die vom Senat ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme einen Behandlungsfehler - erst recht keinen "groben" - ergeben. Es liegen auch keine derartigen Dokumentationsmängel vor, die zugunsten des Klägers Beweiserleichterungen rechtfertigten oder gar zu einer Beweislastumkehr führen.

Im Einzelnen:

1. Von einer fehlenden Einwilligung des Vaters (des Klägers) in die Erstoperation geht der Senat nicht aus. Zwar könnte dessen fehlende Unterschrift unter dem Aufklärungsbogen hierfür ein Indiz sein. Doch ist ein solcher Schluss nicht zwingend und vorliegend schon gar nicht geboten. Vielmehr durften die behandelnden Ärzte nach den gegebenen Umständen darauf vertrauen, dass die Mutter des Klägers zugleich im Einverständnis mit dem Vater gehandelt und für die fragliche Operation mit ihrer Unterschrift auch für diesen die Einwilligung zur Operation gegeben hat.

Dass am 10.02.1999 ein umfassendes Aufklärungsgespräch mit der Mutter des Kläger sowohl über die Operation selbst als auch über die mit der Narkose verbundenen Risiken stattgefunden hat, ist durch die von der Mutter unterzeichneten Aufklärungsbögen dokumentiert (Bd. I, Bl. 23/24 und 70/72 d. A.).

Zwar bedarf es in Fällen, in denen - wie hier - die elterliche Sorge beiden Elternteilen gemeinsam zusteht (§ 1626 ff. BGB) zu einem ärztlichen Heileingriff grundsätzlich der Einwilligung beider Elternteile. Jedoch kann jeder Elternteil den anderen ermächtigen, im Einzelfall oder in bestimmten abgegrenzten Bereichen für ihn mitzuhandeln, was - wie auch sonst im Rechtsverkehr - ausdrücklich oder durch schlüssiges Handeln geschehen kann. Geht es um die ärztliche Behandlung eines minderjährigen Kindes, wird typischerweise davon ausgegangen, dass der mit dem Kind beim Arzt oder im Krankenhaus vorsprechende Elternteil aufgrund einer allgemeinen Funktionsaufteilung zwischen den Eltern auf diesem Teilgebiet der Personensorge oder einer konkreten Absprache ermächtigt ist, für den Abwesenden die erforderliche Einwilligung in ärztliche Heileingriffe nach Beratung durch den Arzt mit zu erteilen. Der Arzt darf in Grenzen auf eine solche Ermächtigung vertrauen, insbesondere, so lange ihm keine entgegenstehenden Umstände bekannt sind. Denn es widerspräche dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen dem Arzt und den Sorgeberechtigten eines behandlungsbedürftigen Kindes, stets den Nachweis einer irgendwie gearteten Ermächtigung oder Einverständniserklärung des nicht anwesenden Elternteiles beim Arzt zu verlangen. Eine derartig Handlung wäre nicht nur ganz unpraktikabel, sie würde in der Regel auch nicht der Interessenlage der Eltern gerecht (BGHZ 105, 45 - 51; BGHZ 144, 1 - 14).

Vorliegend handelte es sich bei dem geplanten Eingriff zwar um eine außergewöhnlich schwierige und risikoreiche Operation, bei der der Arzt grundsätzlich verpflichtet gewesen wäre, das Einverständnis beider Elternteile in die Operation einzuholen. Es bestanden jedoch besondere Umstände, angesichts derer die behandelnden Ärzte der Beklagten darauf vertrauen durften, die Mutter des Klägers sei ermächtigt, für beide Elternteile die Einwilligung zu erklären. Am 14.10.1998 erfolgte in der Klinik der Beklagten mit beiden Elternteilen ein ausführliches Beratungsgespräch über den geplanten Eingriff, wie sich dem Arztbrief vom 18.11.1998 (Anlage 3, Bd. I, Bl. 68 d.A.) entnehmen lässt. Bereits im Rahmen dieses Gesprächs erklärten beide Elternteile dem Grunde nach ihr Einverständnis mit der Operation, wollten jedoch nochmals mit den behandelnden Ärzten im Klinikum B. Rücksprache nehmen. Auch diese hielten eine Operation für erforderlich (Anlage 2, Bd. I, Bl. 67 d.A.). Die Eltern des Klägers suchten sodann mit dem bereits gefassten Entschluss zur Operation wiederum die Klinik der Beklagten auf, wobei die stationäre Aufnahme des Klägers bereits am 1.2.1999 erfolgte. In dieser Situation muss die Mutter des Klägers als bevollmächtigt angesehen werden, den Vater bei dem Aufklärungsgespräch am 10.2.1999 zu vertreten und für ihn die Einwilligung zur Operation zu erklären. Dies muss umso mehr gelten, als der Kläger während des stationären Aufenthaltes wechselweise von seiner Mutter bzw. seinem Vater betreut wurde. Hinzu kommt, dass - entsprechend des hervorgehobenen Hinweises im Aufklärungsbogen - die Mutter des Klägers mit ihrer Unterschrift zugleich erklärt hat, im Einverständnis mit dem anderen Elternteil zu handeln.

2. Es liegt im gegebenen Fall auch keine inhaltlich unzureichende Aufklärung über die Risiken der streitgegenständlichen Operation vor.

Das "Wie" der Aufklärung wird bestimmt und begrenzt von der Notwendigkeit, dem Patienten - hier den Eltern - in einer seinem (ihrem) Verständnis als medizinischen Laien zugänglichen Weise eine allgemeine Vorstellung zu vermitteln, von dem Schweregrad der in Betracht stehenden ärztlichen Behandlung, von den Belastungen und von den Risiken - nach Richtung und Gewicht -, denen er sich in der Behandlung ausgesetzt sieht. Aufklärung soll nicht medizinisches Detailwissen vermitteln, sondern dem Patienten (hier den Eltern) eine ergebnisbezogene zutreffende Entscheidungsgrundlage seiner (ihrer) Kompetenz zur Selbstbestimmung geben. Die Risiken müssen deshalb nicht medizinisch exakt und in allen denkbaren Entscheidungsformen mitgeteilt werden. Es genügt, wenn die Stoßrichtung der Risiken zutreffend dargestellt wird. Die Aufklärung ist also inhaltlich nicht gehalten, auch die entfernteste Möglichkeit eines ungünstigen Behandlungsverlaufs im medizinischen Detail darzustellen oder ein Behandlungsrisiko ungefragt bis in die letzte Komplikationsrate aufzuschlüsseln, sondern muss nur leisten, dass der Patient ein zutreffendes allgemeines Bild von Schweregrad und Tragweite des Eingriffs und von Richtung und Gewicht der Eingriffsrisiken gewinnt. Der Patient ist also über die Art, Schwere und die wesentlichen Risiken in einer Weise zu unterrichten, für die die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung die Formel, dass der Patient "im Großen und Ganzen" aufzuklären ist, verwendet (vgl. BGH NJW 2000, 1784 - 1788 m. w. N.). Dagegen ist nicht erforderlich, ihm die Risiken (der Behandlung/Operation) in allen denkbaren Erscheinungsformen darzustellen.

Diesen Anforderungen wird die Aufklärung der Eltern des Klägers, wie sie in den Aufklärungsbögen dokumentiert ist, gerecht. Insbesondere ist im Rahmen der Narkoseaufklärung auf das Risiko schwerer lebensbedrohlicher Anästhesiezwischenfälle (z. B. Herz- oder Atemstillstand und Herz- und Kreislaufprobleme) hingewiesen worden. Soweit der Kläger einwendet, es hätte (zusätzlich) auf das Risiko einer sog. Cava-Kompression bzw. einer Luftembolie hingewiesen werden müssen, fehlt es schon an sicheren Nachweisen, dass eine Kompression der großen Hohlvene bzw. eine Luftembolie zu dem Kreislaufzusammenbruch geführt hat. Hinsichtlich letzteren Risikos fehlte es 1999 zudem an ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnissen. Auch eine Aufklärung kann sich nur an dem Wissensstand orientieren, der für die konkrete Behandlung zum Zeitpunkt dieser Behandlung Standard war.

Der Sachverständige Prof. Dr. L. hat hierzu ausgeführt, dass die Gefahr einer Cava-Kompression zwar durchaus bei solchen Operationen in früheren Zeiten bestanden habe, dieser Gefahr habe man hier aber durch die Verwendung des bei der Operation benutzten Haltungsrahmens vorgebeugt. Der Bauch des Klägers habe - bedingt durch diesen Rahmen - gar nicht mehr aufgelegen, so dass sich die Gefahr einer Kompression der großen Hohlvene gar nicht mehr habe verwirklichen können. Der Auffassung des Privatgutachters Dr. V., dass diese Komplikation gerade in der Wirbelsäulenchirurgie in Bauchlage im Rahmen der Mobilisationsversuche typisch sei und dementsprechend auch in jedem Standardwerk aufgeführt werde, ist damit bereits der Boden entzogen. Im Übrigen hat V. (nur) Bezug auf Literatur aus dem Jahr 1988 genommen, die sich nach den ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. L. aber gerade auf solche Operationen bezieht, bei denen der Bauch selbst aufliegt.

Soweit der Privatgutachter Dr. V. sodann in seiner Stellungnahme vom 16.7.2003 wieder nur ausführt, dass eine Cava-Kompression dann nicht sicher ausgeschlossen werden könne, "wenn man nur die Literatur, nicht aber die aktuellen Lagerungsvorgänge im OP zur Bewertung heranziehe", kommt es hierauf nach den vorstehend ausgeführten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Aufklärung nicht an.

Die Beklagte schuldete auch keine (zusätzliche) Aufklärung über das Risiko einer Luftembolie, die von den beiden Gerichtssachverständigen als eine von mehreren möglichen Ursachen des reanimationspflichtigen Kreislaufzusammenbruchs diskutiert worden ist. Denn der im Arzthaftungsrecht zugrunde zu legende Sorgfaltsmaßstab orientiert sich an der Aufgabe, Qualitätsmängel gegenüber dem anerkannten und gesicherten Standard der ärztlichen Wissenschaft im Zeitpunkt der Behandlung haftungsrechtlich zu sanktionieren (Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 5. Auflage 2006, B I. Rn. 2 und 9 m.w.N.). Das bedeutet für die Aufklärung, dass nur solche Risiken mitzuteilen sind, hinsichtlich derer zum Zeitpunkt der Behandlung sichere und wissenschaftlich fundierte Kenntnis vorliegt.

Nach den Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. L. wurde in der anästhesiologischen Lehrbuchlandschaft erstmals in einem amerikanischen Lehrbuch (Miller "Anesthesia", 5. Aufl., Churchill Livingstone 2000, S. 2120) auf dieses Risiko aufmerksam gemacht. Dieses Buch war 1999 noch nicht erschienen, so dass es zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Operation noch keine konkreten Hinweise auf das Risiko einer Luftembolie gab. Damit war eine Aufklärung über diesen Umstand nicht geschuldet. Soweit der Privatgutachter Dr. V. in seiner (gutachtlichen) Stellungnahme vom 16.9.2002 noch die Auffassung vertreten hat, das Risiko einer Luftembolie würde durchaus zum "Standardwissen jedes Anästhesisten" gehören, widerspricht dies seiner eigenen ergänzenden Stellungnahme vom 16.7.2003, in der er ausführt, er könne nicht nachvollziehen, dass "die 1999 - wie ausführlich erläutert - weitgehend unbekannte Differenzialdiagnose einer Luftembolie, die auch später als extrem selten in der Literatur zitiert werde, nach Auffassung des Gerichtsgutachters trotzdem den Beklagten von dem naheliegenden Vorwurf einer hochgradigen Volumenentgleisung entlasten" soll.

Fehlt es hier bereits an einer Aufklärungspflicht, müsste eine Aufklärungspflichtverletzung - gleich einem Behandlungsfehler - in einem haftungsrelevanten ursächlichen Zusammenhang zu dem geltend gemachten Schaden des Patienten stehen. Weitere Voraussetzung für die Haftung aus einem Aufklärungsfehler wäre zudem, dass der Patient bei richtiger Aufklärung die Behandlungszustimmung nicht erteilt hätte (Geiß/Greiner, a. a. O. , C III. Rn. 120 - 121).

Weder liegt hier ein solcher Ursachenzusammenhang vor, noch hat der Kläger einen solchen ernsthaften Entscheidungskonflikt substanziiert dargelegt. Die Eltern des Klägers haben ihre Einwilligung zu der Operation in Kenntnis einer Reihe von schweren bis schwersten Risiken (u.a. auch einer Querschnittlähmung) erteilt. Zudem war nach den Feststellungen beider gerichtlicher Sachverständiger der operative Eingriff absolut indiziert, was auch von dem Privatgutachter Dr. V. nicht in Abrede gestellt wird. Eine echte Behandlungsalternative bestand nicht. Das beweist schon die zweite Operation vom 2.3.1999. Angesicht dessen erscheint die pauschal behauptete Zustimmungsverweigerung (der Eltern für die Erstoperation) dem Senat nicht plausibel, so dass eine Haftung wegen Aufklärungsverschuldens in jedem Fall ausscheidet.

3. Soweit der Kläger die mangelhafte Ausbildung des Anästhesisten Dr. D. behauptet (vermutet) hat, bestehen bereits Bedenken an der Relevanz dieses Vortrags. Im Übrigen hat die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag durch Vorlage der Approbationsurkunde vom 15.2.1994 (Bd. IV, Bl. 672 d.A.) und der Facharzturkunde vom 21.5.1997 (Bd. IV, Bl. 674 d.A.) derart substanziiert, dass - seitens des Senats - keine Zweifel an der Fachkunde des Dr. D. bestehen.

Der Kläger hat seine "Vermutung" auch nicht weiter vertieft. Da die Qualifikation des die Narkose einleitenden Oberarztes Dr. A. unstreitig ist, muss auch nicht durch Einsichtnahme in die Dienstpläne überprüft werden, wann genau - die Beklagte hat insofern vorgetragen, dass Dr. D. ab 10.45 Uhr die Narkose geführt habe - die Übernahme des Patienten durch Dr. D. erfolgt ist. Soweit beide Ärzte während der Operation anwesend waren und damit eine ausreichende Kontrolle durch einen 2. Anästhesisten erfolgte, fehlen für ein Organisationsverschulden der Beklagten erst recht jegliche Anhaltspunkte.

4. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Senat einen relevanten Behandlungsfehler nicht feststellen können. Insbesondere hat auch die umfassende ergänzende Beweisaufnahme durch den Senat nicht zu dem Ergebnis geführt, dass - wie der Kläger behauptet - seine Vitalwerte während der Operation nur unzureichend überwacht worden sind. Bleibt es danach dabei, dass der Kläger für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers die Beweislast trägt, ist ihm ein solcher Beweis jedenfalls nicht gelungen.

4.1 Zutreffend weist die Berufung zwar darauf hin, dass dem Grunde nach ein grober Behandlungsfehler dann in Betracht zu ziehen wäre, wenn die bei solchen Skolioseoperationen zum Standard gehörende arterielle Blutdruckmessung tatsächlich unterblieben wäre. Allein aus dem Umstand, dass im Operationsbericht die entsprechende Rubrik für die arterielle Blutdruckmessung nicht angekreuzt worden ist, kann indes (noch) nicht darauf geschlossen werden, dass diese Maßnahme auch tatsächlich nicht durchgeführt worden ist. Auch führt die fehlende Dokumentation in dem Formular Bl. 22 (Bd. I d.A.) hier noch nicht dazu, dass die Beklagte nunmehr beweisen müsste, dass (auch) diese Art der Blutdruckkontrolle - neben der noninvasiven - durchgeführt worden ist.

Ist es grundsätzlich Sache des klagenden Patienten, einen von ihm behaupteten Behandlungsfehler des Arztes nachzuweisen, können nach der Rechtsprechung des BGH zugunsten des Patienten Beweiserleichterungen dann in Betracht kommen, wenn die gebotene ärztliche Dokumentation lückenhaft bzw. unzulänglich ist und deswegen für den Patienten im Falle einer Schädigung die Aufklärung des Sachverhaltes unzumutbar erschwert wird. In erster Linie indiziert zwar das Fehlen eines Vermerks über eine dokumentationspflichtige Behandlungsmaßnahme, dass diese Maßnahme unterblieben ist, kann sich also zugunsten des Patienten auf den Nachweis eines - darauf beruhenden - Behandlungsfehlers auswirken. Andererseits sind Beweiserleichterungen hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Behandlungsfehler und dem eingetretenen Gesundheitsschaden mit dem Dokumentationsmangel nur dann verbunden, wenn der wegen des Fehlens der gebotenen Aufzeichnung indizierte Behandlungsfehler als grob zu bewerten ist oder sich als Verstoß des Arztes gegen eine besondere Befundsicherungspflicht darstellt und aus diesem Grund dem Patienten auch insoweit Erleichterungen für den Kausalitätsnachweis zuzubilligen sind. Aufzuzeichnen sind indessen nur die für die ärztliche Diagnose und die Therapie wesentlichen medizinischen Fakten in einer für den Fachmann hinreichend klaren Form. Die ärztliche Dokumentation dient vor allem therapeutischen Belangen. Ihr Inhalt und Umfang richtet sich daher nicht danach, wie am besten Beweise für einen späteren Arzthaftungsprozess zu sichern sind (BGH VersR 1989, 512 - 514; BGHZ 72, 132 - 141).

Ausgehend von diesen Grundsätzen teilt der Senat die Schlussfolgerung des Klägers, es sei keine arterielle Blutdruckmessung erfolgt, nicht, die der Kläger allein daraus zieht, dass im Narkoseprotokoll das Kästchen für die invasive Blutdruckmessung nicht angekreuzt ist.

Denn unstreitig ist bei dem Kläger der für eine invasive Blutdruckmessung erforderliche Zugang in der Speichenarterie (arteria radialis) am linken Arm gelegt worden, was im Operationsprotokoll auch dokumentiert worden ist. Ein solcher Zugang dient nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. L. vorrangig dazu, die bei derartigen Skolioseoperationen zum absoluten Standard gehörende arterielle Blutdruckmessung mittels Einbringung eines Drucksensors durchführen zu können, selbst wenn dieser Zugang auch zur erleichterten Blutabnahme zwecks Bestimmung von Blutgaswerten u.ä. genutzt wird. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. L. ist "Hemmschwelle" bei der Entscheidung zur arteriellen Druckmessung die Anlage einer arteriellen Kanüle. Sie besitzt ein gewisses Eigenrisiko (Durchblutungsstörungen der Hand), ist nur zum Zwecke einer indizierten arteriellen Blutdruckmessung erlaubt und indiziert diese.

Dass die gemessenen Werte in einem 5-Minuten-Raster in das Narkoseprotokoll eingetragen sind, spricht ebenso wenig gegen eine arterielle Messung wie der Umstand, dass ab ca. 13.25 Uhr bis 14.00 Uhr Blutdruckwerte völlig fehlen. Wie die Gerichtssachverständigen übereinstimmend dargelegt haben, war 1999 die On-Line-Aufzeichnung der fortlaufenden Messwerte bei der arteriellen Messung (noch) nicht Standard und wird auch heute nur an wenigen großen Kliniken praktiziert. Die diskontinuierliche Dokumentation im Protokoll steht damit nicht im Widerspruch zu einer kontinuierlichen Registrierung. Insofern darf auch auf das Protokoll der 2. Operation vom 2.3.1999 verwiesen werden, worin die Eintragung der Blutdruckwerte ebenfalls in fünfminütigen Abständen erfolgt ist, jedoch bei unbestritten blutiger (arterieller) Druckmessung.

Soweit Blutdruckwerte nicht protokolliert worden sind, ist auch hieraus - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht der Schluss zu ziehen, dass nur eine "ungenauere" nichtinvasive Messung erfolgt ist, mithin sehr niedrige Blutdruckwerte nicht mehr fassbar waren. Wie der Sachverständige Prof. Dr. L. überzeugend ausgeführt hat, ist Ziel und Vorteil der blutigen Druckmessung gegenüber der nichtinvavsiven lediglich die Kontinuität und nicht die (rein akademische) Genauigkeit in katastrophal niedrigen Messbereichen unter 30 mmHg. Hier ist jeder Versuch einer präzisen Messung - mit welcher Methode auch immer - zum Scheitern verurteilt. Die bei der streitgegen-ständlichen Operation erfolgte Annahme und Dokumentation eines nicht mehr messbaren Blutdrucks war damit in der sofortigen therapeutischen Konsequenz zielführender als das Festhalten an einem angezeigten pseudopräzisen Zahlenwert. War mithin fast kein Blutdruck mehr vorhanden, war er auch mit der arteriellen Messung nicht mehr sinnvoll messbar.

Ein relevantes Dokumentationsversäumnis ergibt sich auch nicht im Hinblick darauf, dass der arterielle Mitteldruck (sog. MAP) nicht (mit)protokolliert worden ist. Den Ausführungen der beiden Gerichtssachverständigen zufolge errechnet sich der MAP leicht aus den abgelesenen Werten des systolischen und des diastolischen Drucks. Dabei ist es weder Standard noch nach der Fachliteratur zwingend, dass der arterielle Mitteldruck in das Operationsprotokoll eingetragen werden muss. Ist eine zusätzliche Dokumentation des arteriellen Mitteldrucks demnach nicht erforderlich, kann auch aus der unterlassenen Protokollierung (des MAP) nicht gefolgert werden, dass eine arterielle Blutdruckmessung tatsächlich unterblieben ist.

Schließlich spricht auch der von der Beklagten vorgelegte Ausdruck der Patientendokumentation (sog. elektronisches Archiv, Bd. I, Bl. 141, 142 d.A., Zeile 107), in dem die arterielle Blutdruckmessung dokumentiert worden ist, dafür, dass diese Art der Blutdruckmessung tatsächlich durchgeführt worden ist.

4.2 Die Berufung rügt ferner ohne Erfolg, dass die Lage des zentralen Venenkatheters vor der Operation nicht ausreichend kontrolliert worden sei, was letztlich dazu habe geführt habe, dass die weitgehend konstanten Werte irrigerweise als ein gegen einen Volumenmangel sprechendes Kriterium gewertet worden seien. Hierauf kommt es nicht entscheidend an.

Zwar hat der Sachverständige Prof. Dr. L. hierzu ausgeführt, dass eine sofortige Lagekontrolle des Venenkatheders sachgerecht gewesen wäre. Jedoch diene eine solche Kontrolle in erster Linie der Vermeidung von Irritationen der Herzinnenwand durch die Kathederspitze, Thrombenbildung und von Perforationen; solche Risiken hätten sich vorliegend aber nicht verwirklicht. Dient die Lagekontrolle damit weniger (oder gar nicht) dem Ziel, den zentralen Venendruck besser zu erfassen, ist weiter zu berücksichtigen, dass nach den weiteren Ausführungen beider Gerichtssachverständiger die Messung des zentralen Venendrucks zahlreichen Einflüssen unterliegt und daher gerade unter Bauchlage eine bedingte Aussagekraft zukommen kann. Hieraus folgt im Ergebnis, dass weniger den Absolutwerten Aufmerksamkeit zu schenken ist als der Beobachtung des Verlaufs des zentralen Venendrucks, um einen Volumenmangel zu erkennen. Dem hat auch der von dem Kläger hinzu gezogene Privatgutachter Dr. V. zugestimmt.

Indes kann nicht festgestellt werden, dass den behandelnden Ärzte der Beklagten eine Fehleinschätzung unterlaufen ist, indem sie vorrangig den Absolutwert zur Steuerung der Volumentherapie verwandt haben. Zwar ist mit den Ausführungen der beiden Gerichtssachverständigen davon auszugehen, dass der absolute Wert zur Volumensteuerung (eher) nicht verwendet werden könne, sondern dass die Tendenz und die Amplitude der Druckveränderung maßgeblich seien. Auch handelt es sich bei der Messung des zentralen Venendrucks um eine äußerst sensible Messung. Andererseits hat der Sachverständige Prof. Dr. Z. ergänzend dargelegt, dass auch das Absinken um 2 cm Wassersäule von 16 mmHg (gegen 12.30 Uhr) auf 14 mmHg (gegen 12.45 Uhr) keine klinische Relevanz habe und damit kein sicheres Indiz für einen zu diesem Zeitpunkt bestehenden Volumenmangel sei.

4.3 Schließlich kommt der unterbliebenen Dokumentation, dass ab ca. 13.00 Uhr im Narkoseprotokoll keine zentralen Venendruckwerte mehr eingetragen worden sind, hier keine Relevanz zu. Den Erläuterungen der Sachverständigen zufolge wurde der Venenkatheter ab diesem Zeitpunkt als Notfallzugang wegen der bestehenden Kreislaufinstabilität zur Verabreichung der erforderlichen Medikamente genutzt. Damit war "die Leitung belegt". Eine Pflicht, diese Art der Nutzung des Katheters - wie vom Kläger gefordert - zu dokumentieren, besteht indes nicht.

4.4 Den Ärzten der Beklagten ist auch im Zusammenhang mit dem behaupteten Volumenmangel wegen der fehlenden Urinausscheidung (während der Operation) kein Überwachungsfehler anzulasten.

Dem Narkoseprotokoll lässt sich entnehmen, dass zwischen dem Beginn der eigentlichen Operation (d.h. dem Hautschnitt) um 11.15 Uhr bis 13.00 Uhr kein Urin im Sammelbehälter aufgefangen wurde. Bei adäquater Harnproduktion hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Z. innerhalb dieses Zeitraumes von 1 Stunde und 45 Minuten die Ausscheidungsmenge etwa 50 ml betragen müssen (vgl. GA v. 15.1.2007, Bl. 11). Dies entspricht in etwa dem Wert, der bei der nachfolgenden Operation am 2.3.1999 nach der 2. Stunde abgelesen worden ist. Perioperativ eintretende Oligurie (Abnahme des Harnflusses) oder Anurie (fehlender Harnfluss) könnten nach Z. auch Anzeichen für einen Volumenmangel sein; andererseits kämen für die fehlende Urinausscheidung eine Reihe weiterer Ursachen in Betracht. Daher sei der mangelnde bzw. fehlende Urinabfluss kein definitiver Beleg eines relevanten Volumendefizits. Insoweit stimmen die Ausführungen des Gutachters Dr. Z. mit denen des Gutachters Dr. L. überein. Danach kann die Harnproduktion unter der Wirkung von Anästhetika, die den Perfusionsdruck der Nieren absenken, erheblich (bis zu 90 %) zurückgehen, so dass bei umfangreichen Operationen unter Beatmung der fehlende Harnfluss vorübergehend - der Sachverständige Prof. Dr. Z. hat insofern eine zeitliche Dauer von 1 - 3 Stunden genannt - auftreten kann, ohne dass zwingend ein Volumenmangel vorliegen muss. Dies hat auch der Privatgutachter des Klägers (V.) in seinem Ergänzungsgutachten vom 16.07.2003 eingeräumt, wenn er schreibt, dass bei einer geplanten und sog. kontrollierten Blutdrucksenkung eine sistierende Urinausscheidung vorübergehend toleriert werden könne.

Im Umkehrschluss folgt hieraus, dass eine mangelnde bzw. fehlende Harnausscheidung auch bei völlig normalem Volumenstatus auftreten kann.

Soweit der Sachverständige Prof. Dr. Z. weiter ausgeführt hat, dass bei einem - wie hier - über mehrere Stunden gänzlich fehlenden Harnabfluss ohne bekannte Nierenfunktionsstörungen an einen Volumenmangel hätte gedacht und therapiert werden müssen, ist andererseits zu berücksichtigen, dass hier tatsächlich von Beginn an Volumen substituiert worden ist, wie sich den Angaben im Narkoseprotokoll und den Berechnungen im Ergänzungsgutachten vom 23.08.2007 (Bd. IV, Bl. 758 ff. d. A.) im Einzelnen entnehmen lässt. Der zugleich inzident erhobene Vorwurf des Klägers, die behandelnden Ärzte der Beklagten seien bis zum völligen Kreislaufzusammenbruch quasi tatenlos geblieben, ist damit widerlegt.

Sofern der Kläger im Zusammenhang mit der fehlenden Harnausscheidung auf einen Dokumentationsmangel hinweisen will, da der Anlagezeitpunkt des Katheters bzw. ggf. vorausgegangene Entleerungen im Narkoseprotokoll nicht vermerkt sind, sind derartige Angaben nach den überzeugenden Ausführungen der Gerichtssachverständigen, denen sich der Senat anschließt, nicht in das Protokoll aufzunehmen.

4.5 Dem Kläger ist nicht der Beweis gelungen, dass allein ein vorbestehendes Volumendefizit und eine damit einhergehende, den Ärzten anzulastende unzureichende Volumenzufuhr während der Operation zu dem reanimationspflichtigen Kreislaufzusammenbruch (gegen 13.25 Uhr) geführt hat.

Sichere Anzeichen für ein bereits vor Beginn der Operation bestehendes Volumendefizit fehlen - entgegen dem Vorbringen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 10.10.2007 (Bd. V, Bl. 788 ff. d. A.). Als solche "frühzeitigen", d.h. vor Beginn der eigentlichen Operation liegenden Indizien, wertet die Berufung das Absinken des Blutdruckes nach der Narkoseeinleitung mittels der Gabe von Propofol sowie den Anstieg der Herzfrequenz auf die in der Zeit zwischen 10.45 Uhr und 11.00 Uhr erfolgte Umlagerung.

Wie der Sachverständige Prof. Dr. Z. in Übereinstimmung mit Prof. Dr. L. festgestellt hat, lassen sich aus den erhobenen Vitalparametern bis zum Beginn der Operation (Hautschnitt) aber keine Hinweise für ein vorbestehendes Volumendefizit entnehmen. Vielmehr ist das gezeigte Kreislaufverhalten des Klägers bis zum Hautschnitt vereinbar mit einem normalen Narkoseverlauf und bietet keinerlei konkreten Anhalt für eine vorbestehende Hypovolämie. Wegen der Einzelheiten wird insbesondere auf die Gutachten Dr. L. vom 1.7.2002 und vom 20.5.2003 und Dr. Z. vom 15.1.2007 (Bl. 570 ff,. Bd. IV d.A.) und 5.6.2007 (Bl. 685 ff, Bd. IV d.A.) Bezug genommen.

Die nach der Narkoseeinleitung beobachtete Abnahme der Herzfrequenz auf Werte um 60/min und das Absinken des Blutdruckes auf Werte um 95/55 mmHg sind nach den weiteren Ausführungen der Sachverständigen für ein 12jähriges Kind als normal zu werten und stellen damit kein überdurchschnittliches Absinken des Blutdruckes dar. Auch die nach der Umlagerung von der Rücken- in die Bauchlage kurzfristige Absenkung des Blutdrucks auf Werte um 80/40 mmHG stelle unter Narkose und der damit einhergehenden verminderten Stoffwechselaktivität mit reduziertem Sauerstoffbedarf noch keinen kritischen Blutdruckabfall dar (vgl. Bl. 3, 4 des GAs vom 15.1.1007).

Darüber hinaus hat der Sachverständige Prof. Dr. Z. unter Bezugnahme auf die Herstellerangaben (ca. 2,5 mg/kg bei Kindern über 8 Jahren) überzeugend dargelegt, dass es sich bei der dem Kläger im Rahmen der Narkoseeinleitung verabreichten Menge Propofol von 60 mg (entsprechend 2 mg/kg) um eine adäquate und klinisch übliche Dosis gehandelt hat. Dies steht auch nicht zu den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. L., der die Dosierung insgesamt noch als "im untersten Bereich liegend" bezeichnet hatte, in Widerspruch. Denn L. hat, wie sich insbesondere auch dem Protokoll seiner mündlichen Anhörung vom 2.2.2005 entnehmen lässt, stets (nur) auf die Mengenangaben für Erwachsene Bezug genommen. Ist somit davon auszugehen, dass die Narkoseeinleitung mittels Propofol in einer für Kinder üblichen Dosierung erfolgte, kann aus dem erwünschten und (weitgehend) im Normbereich liegenden Absinken des Blutdrucks nicht auf einen - fehlerhaft - unbehandelt gebliebenen Volumenmangel geschlossen werden.

4.6 Auch der im Rahmen der Umlagerung gesehene Anstieg der Herzfrequenz um lediglich 5 Schläge pro Minute ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Z. nicht als Demaskierung eines Volumenmangels anzusehen. Wahrscheinlicher sei insofern, dass der Anstieg der Herzfrequenz auf den Stimulus der Umlagerung zurückzuführen sei. Im Übrigen besitze eine derartige Zunahme der Herzfrequenz keinerlei klinische Relevanz. Dem schließt sich der Senat an.

4.7 Wenn auch im Weiteren der Berufung im Ergebnis der ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme darin zuzustimmen ist, dass entgegen den erstinstanzlichen Feststellungen nicht sicher von einer kontrollierten Hypotension - der zeitweise niedrige Blutdruck wäre dann absichtlich und gezielt herbeigeführt worden - ausgegangen werden kann, führt dies allerdings noch nicht dazu, dass die Narkoseeinleitung bzw. weitere Durchführung der Narkose als fehlerhaft zu bewerten ist.

Auch dies folgt aus den Ausführungen beider gerichtlich bestellten Sachverständigen. Dem Sachverständigen Prof. Dr. L. waren bei Erstellung seines Erstgutachtens vom 1.7.2002 zunächst die genauen Dosierungsangaben der verabreichten Anästhetika nicht bekannt. Nachdem diese Angaben nachgereicht worden sind, kam er zu der Einschätzung, dass - ausgehend von den Dosierungsangaben für Erwachsene - die Erhaltungsdosis von 3,3 mg/kg/h Propofol zwar eher im untersten Normbereich gelegen hätten. Unter Berücksichtigung der weiteren Faktoren erschien ihm eine kontrollierte Hypotension aber (noch) plausibel; er bezeichnete sie als lege artis. Zur Begründung hat er angeführt, dass niedrige Blutdruckwerte im Protokoll vermerkt und die eingesetzten Medikamente zur Blutdrucksenkung geeignet sind, die niedrige Dosierung sich mit der (kombinierten) Verwendung von Lachgas erklären lässt und der Kläger wohl besonders sensibel auf die Medikamente reagiert habe. Zwar hat der Sachverständige Prof. Dr. Z. demgegenüber ausgeführt, dass ihm die aus den Unterlagen zu entnehmenden Angaben nicht ausreichend für eine absichtlich und gezielt herbeigeführten Hypotension erschienen. Nach seiner Auffassung sei wegen der in der Narkose zum Einsatz gekommenen Medikamente eher davon auszugehen, dass eine kontrollierte Hypotension nicht aktiv vorgenommen wurde; er definierte die niedrigeren Werte des Blutdruckes vielmehr als im Rahmen der Allgemeinnarkose bewusst toleriert und bezeichnete dies als permissive Hypotension.

Aber auch ein solches Vorgehen sei völlig legitim, da lange bekannt sei, dass sowohl durch die Herbeiführung, als auch durch die Tolerierung eines niedrigen Blutdrucks bei einer Reihe von operativen Eingriffen der Blutverlust und damit das Transfusionsrisiko signifikant gesenkt werden könne. Hiervon ausgehend, stellen sich beide Vorgehensweisen für den Senat nicht als fehlerhaft dar.

4.8 Weiter ausgehend davon, dass weder die Verabreichung dieser Narkosemittel in ihrer Kombination, noch in der vorgenommenen Dosierung zu beanstanden sind, ist mit den überzeugenden Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen auch festzustellen, dass die Ärzte auf die gemessenen niedrigen Blutdruckwerte (des Klägers) während des Operationsverlaufs adäquat reagiert haben und im Übrigen die dokumentierten Werte nicht für einen erheblichen (lebensbedrohlichen) - unbehandelt gebliebenen - Volumenmangel sprechen.

Wie die Gerichtssachverständigen übereinstimmend erläutert haben, bewegte sich der mittlere Blutdruck bis 11.30 Uhr im für Erwachsene als sicher geltenden Bereich nicht unter 50 mmHg. Bei Kindern könnten sogar Werte bis zu 40 mmHg Mitteldruck akzeptiert werden. Erstmalig um 11.45 Uhr zeigte sich ein (kritischer) Blutdruckabfall unter 40 mmHg, der jedoch nur von kurzer Dauer (10 Minuten) gewesen sei und keiner weitergehenden Intervention bedurft hätte; schon dies spreche gegen einen relevanten Flüssigkeitsmangel. Zudem enthalte die Auswertung der in dieser Situation durchgeführten Blutgasanalyse keine derartigen Auffälligkeiten, dass hieraus auf eine generalisierte Unterversorgung des Gesamtorganismus mit Sauerstoff im Sinne eines Schocks geschlossen werden könnte. Ebenso habe der Säure-Basen-Haushalt keinen Hinweis auf einen relevanten, länger bestehenden Volumenmangel zu diesem Zeitpunkt ergeben (vgl. hierzu insbesondere das GA Dr. Z. vom 15.1.2007, dort ab Bl. 5, Bl. 570, 574 ff, Bd. IV d.A.).

Die um 12.40 Uhr aufgetretene Kreislaufdepression sei primär durch die Gabe einer vasoaktiven Substanz (Akrinor) reversibel und damit beherrschbar gewesen. Die dramatische Entwicklung des dritten Kreislaufabfalls ab 13.10 Uhr und der damit einhergehende Herzstillstand sei demnach nicht vorhersehbar und auch nicht vermeidbar gewesen. Im Übrigen habe man durch die hochdosierte Gabe von Adrenalin und Herzkompression adäquat reagiert, so dass der Kreislauf wiederhergestellt werden konnte. Soweit um 13.31 Uhr eine weitere Blutgasanalyse erfolgt sei, sei zwar nicht bekannt, ob diese Analyse vor oder nach der Reanimation durchgeführt wurde. Dies bleibe im Ergebnis jedoch ohne Belang. Denn sofern sie nach der Reanimation erfolgte, wären die gemessenen Veränderungen des Säure-Basen-Haushalts typisch für diese Situation und ließen keine Rückschlüsse auf eine inadäquate Narkose- oder Kreislaufführung zu. Sollte diese Blutgasanalyse hingegen vor der Reanimation erfolgt sein, wäre der negative Basenüberschuss vorrangig mit dem ab 12.00 Uhr durch den Cell-Saver transfundierten Blut zu erklären, das einen sehr starken Base Excess besitze. Nach diesen Ausführungen kann aus den gemessenen Werten nach beiden Varianten nicht auf einen erheblichen Volumenmangel geschlossen werden.

4.8 Der im Zusammenhang mit den Wiederbelebungsmaßnahmen erhobene Vorwurf des Klägers, ihm sei während der kritischen Phase zu wenig Sauerstoff zugeführt worden, jedenfalls seien auch die Daten der Atemgaszusammensetzung nur unzureichend und damit fehlerhaft dokumentiert, ist nach den ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Z. ebenfalls als widerlegt anzusehen. Ist die Sauerstoffgabe ausreichend (und zutreffend) dokumentiert, so kann nach den Angaben des Sachverständigen, die inspiratorische Konzentration von Sauerstoff im Rahmen des ersten Blutdruckabfalls zunächst zu erhöhen, nicht auf einen Behandlungsfehler geschlossen werden. Auch die dann erfolgte Reduzierung des Sauerstoffanteils in der Atemluft sei nicht zu beanstanden, da eine längerfristige Beatmung mit 100 % Sauerstoff eigene Risiken birgt. Insbesondere sei - entgegen der Auffassung des Privatgutachters (V.) - eine Beatmung mit 100% Sauerstoff nach erfolgreicher Reanimation keinesfalls Bestandteil von Leitlinien.

4.9 Auch ergibt sich aufgrund der protokollierten Daten zur Volumengabe bzw. zu den Volumenverlusten nach Auffassung des Senats kein erhebliches und damit lebensbedrohliches Defizit, dass zu dem völligen Kreislaufzusammenbruch (des Klägers) geführt haben könnte. Der Senat verweist insofern auf die umfänglichen Berechnungen der beiden Gerichtssachverständigen, die ein solches relevantes Flüssigkeitsdefizit ausgeschlossen haben. Danach ist eine unzureichende Volumenzufuhr (Substitution) nicht bewiesen.

5. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang wiederholt - zuletzt mit Schriftsatz vom 10.10.2007 - eine lücken- und damit mangelhafte Dokumentation im Narkoseprotokoll rügt, folgt dem der Senat nicht.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Operationsbericht nicht auf die Abwehr oder Erleichterung von Arzthaftungsprozessen zielt, mithin der Arzt nicht gehalten ist, detailgetreu an jeder Stelle festzuhalten, dass er sämtliche jeweils in Betracht kommenden Fehler und Versäumnisse vermieden hat. Sähe man das anders, würden Operationsberichte bei komplexen und lang dauernden Eingriffen zu Rechtfertigungsschriften ausufern, ohne damit einen Informationsgewinn zu verschaffen. In der Regel ergibt sich nämlich aus dem Schweigen des Berichts zu den üblichen, jedoch medizinisch unwesentlichen Zwischenschritten, dass diese unter Beachtung der erforderlichen Sorgfalt durchgeführt worden sind (OLG Oldenburg, Urteil vom 30.1.2008, Az.: 5 U 92/06, zitiert nach juris; OLG Koblenz, NJW-RR 2007, 405 - 406).

Gleiches muss im Hinblick auf das streitgegenständliche Narkoseprotokoll gelten. Der Senat ist der Rüge des Klägers zwar nachgegangen, jedoch nach den Ausführungen der auch hierzu gehörten Sachverständigen zu dem Ergebnis gekommen, dass das vorliegende Narkoseprotokoll auch im Hinblick auf die protokollierten Volumengaben und Volumenverluste den Anforderungen genügt. Insbesondere konnte der Blutverlust nicht genauer dokumentiert werden, da er letztlich auf einer Schätzung, ausgehend von den gemessenen Werten unter Berücksichtigung der eingeleiteten Therapiemaßnahmen, beruht.

Insofern nützt dem Kläger auch nicht der Hinweis auf die bei der 2. Operation präziser dokumentierten Volumengaben. Denn diese (zweite) Operation ist unter Berücksichtigung der gewonnenen Erfahrungen der streitgegenständlichen (ersten) Operation erfolgt. Ein weiterer Abbruch bzw. Misserfolg konnte nicht mehr verantwortet werden. Danach kann die zweite Operation nicht als Maßstab für die erste herangezogen werden.

6. Auch der zuletzt wiederholte Vorwurf (des Klägers), bei früherem Abbruch der Operation wäre es nicht zu dem reanimationspflichtigen Kreislaufzusammenbruch (um 13.25 Uhr) gekommen, führt nach Auffassung des Senats nicht zu einer Haftung der Beklagten. Beide Gerichtssachverständigen haben das Vorgehen der Beklagten, die Operation erst nach Auftreten des dritten relevanten Blutdruckabfalls abzubrechen, nicht beanstandet. Denn der Abbruch der Operation bei eröffnetem Wundgebiet - und der hier zu berücksichtigenden Instabilität der Wirbelsäule - stellt ein erhebliches Risiko dar, weil er seinerseits zu nicht unerheblichen Komplikationen führen kann. Der Entschluss zu einem Abbruch einer - insbesondere wie hier risikoträchtigen - Operation bedarf einer gründlichen Abwägung aller Umstände; er darf daher nicht leichtfertig erfolgen. Weder der erstmalige Blutdruckabfall um 11.45 Uhr, noch die zweite Kreislaufdepression um 12.40 Uhr hätten nach den Angaben der gerichtlichen Sachverständigen einen solchen Abbruch rechtfertigen können.

Der Senat verweist ergänzend darauf, dass es auch bei der zweiten vom Kläger nicht beanstandeten Operation mehrere Blutdruckabfälle (11.00 Uhr, 11.55 Uhr, 16.10 Uhr und 17.00 Uhr) gegeben hat, ohne dass Anzeichen für eine unzureichende Überwachung bzw. ein Volumendefizit ersichtlich sind und denen erfolgreich mittels der Gabe von Medikamenten entgegengesteuert werden konnte.

III.

Da die Berufung des Klägers ohne Erfolg bleibt, hat er die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich vorliegend um einen Einzelfall. Der Rechtssache kommt darüber hinaus keine grundlegende Bedeutung zu; auch andere Revisionsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO sind erkennbar nicht gegeben. Alle rechtlichen Ausführungen des Senats befinden sich im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (insbesondere des BGH).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde gemäß §§ 3 ZPO, 47 Abs. 1 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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