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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.12.2007
Aktenzeichen: 4 U 484/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 514 Abs. 2
1. Ein zweites Versäumnisurteil kann nur mit der Begründung angefochten werden, dass die Säumnis, die zum Erlass dieses VU geführt hat, unverschuldet war (§ 514 Abs. 2 ZPO).

2. Ein wiederholt (vom Beklagten) gestellter Antrag auf PKH, über den noch nicht rechtskräftig entschieden ist, rechtfertigt eine Terminssäumnis nicht, auch wenn die Partei selbst kostenarm ist und sich außerstande sieht, die Reisekosten ihres Anwalts zu tragen. Nimmt der Prozessbevollmächtigte gleichwohl einen auf den Einspruch gegen das erste VU anberaumten Verhandlungstermin unter Berufung auf die Mittellosigkeit seines Mandanten nicht wahr, so ist gegen den Erlass eines zweiten VU nichts zu erinnern.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 484/07

Verkündet am: 19.12.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richter am Oberlandesgericht Jahn und Richterin am Landgericht Höfs

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Senatsbeschluss vom 13.09.2007 (Zurückweisung der Berufung des Beklagten) wird aufrecht erhalten.

Die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat den Beklagten erstinstanzlich auf Feststellung verklagt, dass die von diesem für seine Personalleasingfirma in der Zeit vom 1.5. bis 31.7.2003 nicht abgeführten Sozialversicherungsabgaben auf unerlaubter Handlung beruhen.

Nach Ablauf der Einlassungsfrist hat der Beklagte am 21.12.2006 einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Diesen Antrag hat das Landgericht durch Beschluss vom 11.01.2007 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist durch Senatsbeschluss vom 13.02.2007 ebenfalls zurückgewiesen worden. Darauf hat der (zunächst mandatierte) Prozessbevollmächtigte des Beklagten das Mandat niedergelegt. Im Termin am 07.03.2007 hat das Landgericht ein erstes - der Klage stattgebendes - Versäumnisurteil erlassen. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 30.03.2007 hat der Beklagte - vertreten durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten - gegen dieses Versäumnisurteil Einspruch eingelegt und einen neuen Prozesskostenhilfeantrag gestellt. In dem Einspruchsschriftsatz hat sich der Beklagte zur Klage eingelassen. Das Landgericht hat daraufhin Termin bestimmt auf den 07.05.2007. Auf Anregung des Beklagten hat das Gericht noch vor dem Termin über den neuen Prozesskostenhilfeantrag am 02.05.2007 - erneut abschlägig - entschieden. Gegen diese Entscheidung hat der Beklagte wiederum sofortige Beschwerde eingelegt. Auf telefonische Anfrage des Prozessbevollmächtigten des Beklagten am Terminstag (07.05.2007) hat der Kammervorsitzende erklärt, der Termin werde stattfinden. Der Beklagtenvertreter hat angekündigt, nicht zum Termin zu erscheinen, da sein Mandant ihm keine Kostendeckung gewähren könne. Im Termin hat das Landgericht ein zweites Versäumnisurteil verkündet. Die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung des zweiten Prozesskostenhilfeantrages ist durch Senatsbeschluss vom 15.06.2007 zurückgewiesen worden.

Mit am 14.06.2007 eingelegter und begründeter Berufung wendet sich der Beklagte gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 14.05.2007 zugestellte zweite Versäumnisurteil. Er ist vor allem der Meinung, die Säumnis am 07.05.2007 sei unverschuldet, weil er mittellos sei.

Die Berufung des Beklagten hat der Senat nach Hinweisbeschluss vom 22.08.2007 durch weiteren Beschluss vom 13.09.2007 zurückgewiesen. Der Senat hat ausgeführt, der Beklagte habe mit dem Erlass eines zweiten Versäumnisurteils rechnen, sein Prozessbevollmächtigter deshalb im Termin erscheinen müssen. Auf die vom Beklagten gerügte fehlende Schlüssigkeit (der Klage) komme es nicht an, wenn mit dem zweiten Versäumnisurteil der Einspruch gegen das erste Versäumnisurteil zurückgewiesen werde. Im Einzelnen nimmt der Senat auf den Zurückweisungsbeschluss vom 13.09.2007 Bezug. Auf die Anhörungsrüge des Beklagten vom 02.10.2007 hat der Senatsvorsitzende Termin bestimmt mit dem Hinweis, dass der Senat - trotz Aufrechterhaltung der im Beschluss vom 22.08.2007 geäußerten Auffassung - die Zulassung der Revision erwäge.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg (vgl. § 321a Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 343 Satz 1 ZPO) aus den weiter zutreffenden Gründen des Senatsbeschlusses vom 13.09.2007 und der Hinweise im Senatsbeschluss vom 22.08.2007. Ein wiederholt gestellter Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann für das Gericht kein Anlass sein, von einer Endentscheidung durch zweites Versäumnisurteil abzusehen. Andernfalls wäre es in das Benehmen der kostenarmen Partei gestellt, durch die Wiederholung von Prozesskostenhilfeanträgen bzw. sofortigen Beschwerden gegen Zurückweisungen und ihre - der kostenarmen Partei - nachfolgende Säumnis im Termin die Endentscheidung beliebig zu verzögern. Das gilt vor allem - wie hier - in Passivprozessen, in denen der Beklagte kostenarm ist, in der Sache sich bereits nicht rechtzeitig eingelassen hat, "in die Säumnis geflüchtet" ist und durch wiederholte Anträge auf Prozesskostenhilfe und Beschwerden gegen die abweisenden Entscheidungen den Prozess bewusst verzögert.

Auch das Vorbringen des Beklagten in der Gehörsrüge führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Beklagte verkennt, dass es seinem Prozessbevollmächtigten obliegt, den Termin wahrzunehmen, wenn er davon absieht, das Mandat niederzulegen. Denn dazu ist er als Organ der Rechtspflege aufgrund des ihm erteilten Mandats grundsätzlich verpflichtet, und er kann die Terminswahrnehmung auch nicht ablehnen unter Hinweis auf erhebliche - ungedeckte - Reisekosten, denn solche würden ihm auch im Falle einer Prozesskostenhilfebewilligung - zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts - in keinem Fall erstattet (vgl. § 121 Abs. 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

Auch nach nochmaliger Prüfung, ob die Revisionsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO vorliegen, bleibt der Senat bei der Nichtzulassung aus den im Senatsbeschluss vom 13.09.2007 genannten Gründen für die Zurückweisung der Berufung im Beschlusswege, die hier entsprechend gelten. Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die dort aufgeworfene Rechtsfrage auch künftig wiederholt auftreten wird, denn aus den oben genannten Gründen steht einem Erscheinen des weiter Prozessbevollmächtigten im Termin die Kostenarmut der Partei nicht entgegen.

Eine Streitwertfestsetzung war nicht veranlasst; auch insoweit gilt die Aufrechterhaltung des Senatsbeschlusses vom 13.09.2007.

Ende der Entscheidung

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