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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.05.2009
Aktenzeichen: 4 U 827/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280 Abs. 1
BGB § 823
1. Nach allgemeinen Haftungsgrundsätzen ist (auch) der Betreiber eines Erlebnisbades verpflichtet, seine Badegäste vor Gefahren zu schützen, denen diese beim Besuch des Bades und bei Nutzung dessen Einrichtungen ausgesetzt sein können, d.h. er muss die insoweit notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um eine Schädigung (der Badegäste) möglichst zu vermeiden. Die danach gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.

2. Auf der Grundlage dieses Haftungsmaßstabes müssen die Anlagen und Einrichtungen(eines Erlebnisbades) und deren Sicherheitsvorkehrungen so beschaffen sein, dass deren Benutzer vor vermeidbaren Gefahren bewahrt bleiben. Die Benutzer müssen daher vor solchen Gefahren geschützt werden, die über das übliche Risiko der Anlagennutzung hinausgehen, also von den Besuchern selbst nicht vorhersehbar und ohne weiteres erkennbar sind.

3. Bei DIN-gerechter Beschaffenheit einer Anlage - hier Wasserrutsche - schuldet der Betreiber aber keine "lückenlose Rundumkontrolle", d.h. keine ununterbrochene direkte Aufsicht vor Ort. Dieser für die allgemeine Badeaufsicht entwickelte Grundsatz gilt auch für Erlebnisbäder. Überwacht der Betreiber mittels Videoanlage den Badebetrieb und wird die Überwachung durch einzelne Kontrollgänge des Personals ergänzt, so genügt der Betreiber im Regelfall seiner Verkehrssicherungspflicht, wenn darüber hinaus die Benutzer durch deutlich sichtbare Warnhinweise auf die allgemeinen Gefahren der Benutzung der Wasserrutsche hingewiesen werden.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

4 U 827/08

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richterin am Oberlandesgericht Friebertshäuser und Richterin am Amtsgericht Hütte

am 15.05.2009

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 29.09.2008 - 3 O 1282/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 35.000,- € festgesetzt.

Gründe:

Die Berufung der Klägerin hat - nach einstimmiger Auffassung des Senats - keine Aussicht auf Erfolg. Der Rechtssache kommt auch keine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zu; sie erfordert zudem weder eine Entscheidung des Berufungsgerichts im Urteilsverfahren zur Fortbildung des Rechts, noch zur Sicherung einer einheitlichen (obergerichtlichen) Rechtsprechung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - 3 ZPO).

Der Senat hat bereits in seinem ausführlichen Hinweisbeschluss vom 17.03.2009 darauf hingewiesen, dass die Entscheidung des Landgerichts rechtlich nicht zu beanstanden ist und der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen des Vorfalls vom 07.02.2007 zu Recht abgewiesen wurde, weil für den beim Benutzen einer Wasserrutsche entstandenen Unfall der Klägerin keine Vertragsverletzung oder Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht der Beklagten schadensursächlich war.

Der Senat bleibt bei dieser Auffassung auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 06.04.2009.

Es bleibt festzuhalten, dass nicht die von der Klägerin gerügten - nach Auffassung des Senats aber in ausreichendem Maße von der Beklagten beachteten - Sicherheitsvorkehrungen - Einhaltung der Regelungen der Din-EN 1069-1, regelmäßige (Video-)Überwachung des Bade- und Rutschenbereichs (Badeaufsicht), ausführliche Benutzungs- und Warnhinweise am Eingang der Rutsche - schadensursächlich waren, sondern das Verhalten der Klägerin selbst bzw. das nicht rechtzeitige Verlassen des Auffangbeckens im Rutschenauslauf durch die Tochter der Klägerin bzw. andere Personen oder beides zusammen, also ein Fehlverhalten der Benutzer der Rutsche, für das die Beklagte nicht haftet.

Zunächst weist der Senat noch einmal darauf hin, dass nach allgemeinen Haftungsgrundsätzen die Beklagte als Betreiberin des Erlebnisbades verpflichtet war, ihre Badegäste vor Gefahren zu schützen, denen diese beim Besuch der Einrichtungen des Bades ausgesetzt sein können, d.h. sie musste die insoweit notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um eine Schädigung (der Badegäste) möglichst zu vermeiden (vgl. st. Rspr. des BGH, u.a. in VersR 1990, 498, 499; in VersR 2000, 984; in VersR 2002, 247, 248; BGHZ 121, 367 ff, 375). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasste danach diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Auf der Grundlage dieses allgemeinen Maßstabes bestimmt sich auch die Verkehrssicherungspflicht für Erlebnisbäder, d.h. deren Anlagen und Einrichtungen müssen so beschaffen sein, dass deren Benutzer vor vermeidbaren Gefahren bewahrt bleiben. Die Benutzer müssen vor solchen Gefahren geschützt werden, die über das übliche Risiko der Anlagenbenutzung hinausgehen, also von den Benutzern selbst nicht vorhersehbar und ohne weiteres erkennbar sind (vgl. hierzu BGH v. 03.02.2004 - VI ZR 95/03, zit. nach juris). Bei den hiernach notwendigen Sicherheitsvorkehrungen war auch zu beachten, dass insbesondere Kinder und Jugendliche dazu neigen, Vorschriften und Anordnungen zu ignorieren und sich unbesonnen zu verhalten; die Verkehrssicherungspflicht kann und soll daher auch die Vorbeugung gegenüber solch einem denkbaren missbräuchlichen Verhalten jugendlicher Benutzer umfassen (s. BGH v. 03.02.2004 aaO). Andererseits gibt es keinen Totalschutz für eigenes und gegen Fehlverhalten anderer Beteiligter.

Beim Betrieb und bei Benutzung einer Wasserrutsche sind vielfältige Gefahren denkbar. Neben Stürzen aus Röhrenrutschen - wie der streitgegenständlichen - kommt es oft auch zu Unfällen wegen falscher Körperhaltung oder durch Zusammenstoßen mit anderen Personen in der Rutsche selbst oder am Rutschenauslauf. Ursächlich hierfür sind oft unterschiedliche Rutschtechniken (der Benutzer), dadurch bedingte voneinander abweichende Rutschgeschwindigkeiten oder - häufig - ein zu geringer Abstand zum Vordermann bei Beginn des Rutschvorgangs (vgl. Tücks, VersR 2000, 422, 423).

Diese Gefahren hat die Beklagte - nach Auffassung des Senats - gesehen und ist ihnen durch ausreichende, ineinander greifende Sicherungsmaßnahmen auch gerecht geworden.

Der Senat hat dazu detailliert in seinem Hinweisbeschluss vom 17.03.2009 ausgeführt:

1. Die Behauptung der Klägerin, es seien im Erlebnisbad der Beklagten nicht die Regelungen der DIN-EN 1069-1 eingehalten worden, entbehrt jeder tatsächlichen Grundlage. Die Klägerin trägt schon nicht vor, welches angeblich fehlende "Schlußteil" bzw. welche "Auffangvorrichtung" bei der streitgegenständlichen Rutsche gefehlt habe.

In der in Bezug genommenen Ziffer 7.9.1 der entsprechenden DIN heißt es:

Das Schlußteil des Rutschbereichs muß so konstruiert sein, daß eine sichere Landung sichergestellt ist. Dies kann erreicht werden, indem der Benutzer abgebremst und auf die Landung in kontrollierter Haltung und mit besonderer Aufmerksamkeit auf Geschwindigkeit und Wachsamkeit vorbereitet wird.

Weiter heißt es im nächsten Absatz:

Aufgrund der verfügbaren Informationen sollte eine Auffangvorrichtung (siehe 8.2) bevorzugt werde, die zweitbeste Lösung ist ein besonderes Becken (siehe 8.3.2), und an dritter Stelle rangiert ein Mehrzweckbecken (siehe 8.3.3).

Die Beklagte hat unter Hinweis auf die TÜV-Prüfberichte vom 14.03.2007, in zweiter Instanz ergänzt um den Prüfbericht vom 16.03.2006 dargelegt, dass die Großwasserrutsche den entsprechenden DIN-Regelungen entspricht. In den Prüfberichten wird auf die genannten DIN-Regelungen Bezug genommen und es bestehen danach gegen den Betrieb der Großrutsche keine technischen Bedenken, soweit eine tägliche ordnungsgemäße Überprüfung durch sachkundiges Personal stattfindet.

Im Übrigen ergibt sich aus dem Abdruck der deutschen Fassung der "Europäischen Norm" zu Wasserrutschen ab 2 m Höhe (s. Bl. 116 ff/Bd. I d.A.), dass unter "Schlußteil" lediglich der Bestandteil des Rutschbereichs mit einem Gefälle von weniger als 5 % zu verstehen ist, der vorgesehen ist, um den Benutzer auf die Landung vorzubereiten (s. Ziff. 3.5 der Einleitung).

Das von der Klägerin vorgelegte Lichtbild Nr. 7 (Bl. 9 d.A.) zeigt anschaulich, dass es sich hierbei um den auslaufenden Teil der Rutschenführung in das Auslaufbecken handelt, der nahezu eben verläuft. Dass insoweit ein weiteres (Schluss)Teil fehlt, erschließt sich dem Senat nicht.

Bei der "Auffangvorrichtung" handelt es sich nach der "Europäischen Norm" (dort Ziff. 3.6 Einleitung) um den integrierten Bestandteil der Rutsche, jedoch keinen Teil des Rutschbereichs, der den Rutschenden zu einem Halt auf der Rutschoberfläche bringt". Auch danach ist nicht ersichtlich, welcher Teil in Bezug auf die streitgegenständliche Rutsche fehlen sollte, zumal hier ja ein Auffangbecken vorhanden war (s.o. Ziff. 7.9.1). Nach Ziff. 8.2 der oben genannten DIN sollte im Übrigen zwar für die Typen 2 bis 4 - bei der streitgegenständlichen Rutsche handelt es sich um eine des Typs 3 - eine "Auffangvorrichtung" verwendet werden, bei der der Benutzer zum Halten gebracht wird. Nach den Ausführungen der Beklagten besitzt die Rutsche - mit Ausnahme des Schlussteils ein Gefälle von 9,5 %, was eine mittlere Geschwindigkeit von ca. 5 m/sec und eine Höchstgeschwindigkeit von 7 m/sec ermöglicht. Vor dem Eintritt in das 6 m lange Auffangbecken wird der Benutzer durch das auf 5 % abgeminderte Gefälle abgebremst und dadurch auf die Landung im Auffangbecken vorbereitet. Danach geht der Senat - mit der Vorinstanz - davon aus, dass die einschlägigen Regelungen der DIN-Normen vorliegend eingehalten worden sind und die Rutsche dem Standard der gebotenen Verkehrssicherung entsprach.

Soweit die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 06.04.2009 auf den Hinweisbeschluss des Senats meint, die von der Beklagten vorgelegten TÜV-Berichte stellten unterschiedliche Sachverhältnisse fest und bestreitet, dass diese Berichte überhaupt die streitgegenständliche Rutsche beträfen, stellt dies neuen - unbeachtlichen, weil verspäteten - Vortrag dar, mit dem die Klägerin zweitinstanzlich präkludiert ist (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Im Übrigen hat die Beklagte aber, vom Senat zu einer Stellungnahme veranlasst, hierzu ausgeführt, dass alle 3 vorhandenen Rutschen (darunter die streitgegenständliche) jährlich auf der Prüfgrundlage der DIN EN 1069-01 und DIN EN 1069-02 kontrolliert werden und diese Kontrollen auch entsprechend dokumentiert würden. Sie hat erneut die - die streitgegenständliche Rutsche betreffenden - Prüfprotokolle für die Jahre 2006 und 2007 vorgelegt, aus denen sich die grundsätzliche Unbedenklichkeit der Rutsche und deren Übereinstimmung mit den einschlägigen DIN Normen ergibt. Soweit in den Protokollen einzelne - kleinere - (abzustellende) Mängel aufgelistet sind, betreffen diese erkennbar nicht die Verkehrstauglichkeit der Rutsche.

Das Gleiche gilt, soweit die Klägerin das Gefälle der Bahn und die richtige Ausgestaltung des Auffangbeckens bestreitet. Dass das Auffangbecken keine ordnungsgemäße Landung gewährleiste, ist so offensichtlich neben der Sache liegend, dass hierauf nicht näher eingegangen werden muss. Der Unfall vom 07.02.2007 beruht allein darauf, dass die Klägerin selbst nicht die erforderliche Zeit (nach ihrer Tochter) gewartet bzw. diese sich nicht rechtzeitig aus dem Auslaufbereich des Auffangbeckens entfernt hatte.

Einer weitergehenden Beweisaufnahme - Ortsbesichtigung/ Sachverständigenbeweis - bedarf es daher nicht.

2. Auch die nach wie vor aufrecht erhaltene Behauptung, die Beklagte habe es an einer ausreichenden Überwachung fehlen lassen, also letztlich, der streitgegenständliche Unfall habe durch entsprechende Überwachung vermieden werden können, geht fehl. Der Senat hat hierzu bereits ausgeführt:

Eine "lückenlose Rundumkontrolle" schuldet der Betreiber eines Erlebnisbades nicht. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung einer solchen Badeanlage umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Wird ein Schwimmbad - wie hier - nicht nur von Erwachsenen, sondern auch von Kindern und Jugendlichen besucht, die dazu neigen, Vorschriften und Anordnungen nicht zu beachten und sich unbesonnen zu verhalten, sind die zu beachtenden Sorgfaltsanforderungen zwar noch höher. Dennoch ist eine "ununterbrochene direkte Aufsicht vor Ort", hier durch ständige Überwachung der auf die Monitore übertragenen Bilder der Beklagten nicht geboten, da dies unzumutbar wäre.

Sie ist auch in solchen Erlebnisbädern nicht üblich und nach der - bisherigen obergerichtlichen - Rechtsprechung nicht notwendig (vgl. ausführlich BGH v. 03.02.2004, VI ZR 95/03, abgedruckt in VersR 2004, 647, zit. nach juris; BGH VersR 1980, 67; OLG Hamm VersR 1979, 943; OLG Köln VersR 1989, 159; KG VersR 1990, 186). Dieser für die allgemeine Badeaufsicht entwickelte Grundsatz gilt auch für die Aufsicht an besonderen Einrichtungen des Bades, wie hier für die streitgegenständliche Großrutsche (s. BGH aaO, VersR 2004, 647 ff). In Schwimmbädern, erst recht in Erlebnisbädern drohen an vielen Stellen Gefahren. Ihnen durch eine allgegenwärtige Aufsicht zu begegnen, ist nahezu unmöglich und deshalb nicht geboten. Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 BGB), deren Verletzung zur deliktischen Haftung (§ 823 BGB) führen kann, umfasst nicht jede denkmögliche Sicherheitsmaßnahme. Ihr ist vielmehr genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die im entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich erachtet. Der Besucher eines Bades kann eine Badeaufsicht, aber keine "lückenlose Rundum-Kontrolle" erwarten. Sie ist deshalb auch nicht vom Betreiber eines Erlebnisbades geschuldet.

Das Gleiche gilt, wenn - wie hier -Überwachungskameras und Kontrollgänge des Personals nebeneinander als Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen waren, Hier genügt der Betreiber eines Erlebnisbades den Sicherheitsstandards, wenn er beide Kontrollmaßnahmen, aufeinander abgestimmt, wahrnimmt. Das hat die Beklagte vorliegend getan. Eine ständige Beobachtung der Monitore durch einen speziell hierfür eingesetzten Mitarbeiter bedurfte es danach nicht.

3. Gleiche Anforderungen gelten für die Beachtung der Rutscheneinstiege und Auffangbecken. Auch hier ist eine lückenlose und ständige Überwachung nicht möglich, aber auch nicht notwendig. Auch bei Kontrollgängen kann nur für die Zeit der Kontrolle überprüft werden, ob sich die Benutzer an die Badevorschriften und Sicherheitshinweise halten, d.h. sich sicherheitsbewusst verhalten. Ob und wie sorgfältig ein Benutzer die jeweiligen Sicherheitshinweise dagegen liest und beachtet, kann sowieso nur mittelbar kontrolliert werden. Auch ein Bademeister vor Ort kann im Einzelfall nicht registrieren, wie der jeweilige Benutzer die angebrachten Hinweise aufnimmt und zum Gegenstand seines persönlichen Verhaltens macht; auch kann er nur bei Verstößen dagegen einschreiten. Die Verstöße selbst lassen sich auch bei sorgfältigster Kontrolle und Überwachung der Benutzer nicht verhindern; es liegt auf der Hand, dass das Aufsichtspersonal nicht gleichzeitig überall zugegen sein kann. Das bedeutet, dass auch ein (zusätzlicher) Monitor am Rutscheneinstieg allenfalls eine Verbesserung der Überwachungssituation dargestellt, Verstöße aber an dieser Stelle nicht zwingend verhindert hätte.

Weitere Feststellungen zur Frage der ausreichenden und zumutbaren Überwachung durch Videokamera und Personal, als es das Landgericht nach persönlicher Anhörung der Klägerin im Termin vom 21.04.2008, der Vernehmung der Tochter der Klägerin M. St. als Zeugin und des Zeugen N. B. am 08.09.2008 bedurfte es nicht. Nach Auffassung des Senats erscheinen die geschilderten Maßnahmen ausreichend. Im Übrigen hätte auch eine engmaschigere Kontrolle den Unfall nicht vermieden, weil die Klägerin nicht ausreichend lang gewartet hatte, bevor sie ihrerseits - ihrer Tochter folgend - die Rutsche benutzte.

Der Senat hat hierzu im Weiteren bereits in seinem Hinweisbeschluss ausgeführt:

4. Der Senat ist weiter der Auffassung, dass auch eine sensorgesteuerte Ampelanlage am Rutscheneingang zwar eine durchaus sinnvolle Sicherheitsmaßnahme darstellt, hier aber nicht zwingend erforderlich war, weil die Beklagte durch entsprechende Hinweis- und Warnschilder deutlich darauf aufmerksam gemacht hat, dass die Benutzer beim Benutzen der Rutsche ausreichend Abstand einzuhalten haben. Am Eingang der Rutsche findet sich der deutliche Hinweis darauf "ACHTUNG bitte nur EINZELN Rutschen !" Zugelassen ist nur eine Rutschhaltung "sitzend", Blickrichtung "vorwärts", Kinder unter 6 Jahren dürfen nur in Begleitung Erwachsener rutschen. Bei Beendigung des Rutschvorgangs findet sich der Warnhinweis "Vom Rutschenausstieg bitte sofort wegtreten, Verletzungsgefahr !". Diese Verhaltensaufforderungen stellen in Verbindung mit den schon genannten Überwachungsmaßnahmen nach Auffassung des Senats ausreichende Vorkehrungen dar, die im Zusammenwirken ein relativ hohes Maß an Verkehrssicherheit gewährleisten, auch wenn sie, wie der hier zu entscheidende Einzelfall zeigt, Unfälle durch Zusammenstöße nicht gänzlich verhindern können.

Auch bei einer am Rutscheneingang installierten Ampelanlage könnte ein solcher Zusammenstoß nicht gänzlich vermieden werden. Der BGH hat in einem 2004 entschiedenen Fall (BGH v. 03.02.2004 - VI ZR 95/03; s.o.) ausgeführt, dass in dem Fall, in dem ein Badegast schon bei "Rot" in die Rutsche einsteigt, damit nicht nur der erforderliche Sicherheitsabstand (zum Vorderbenutzer) unterschritten, sondern auch die Funktion der Signalgebung aufgehoben wird, denn die Ampel schaltet in einem solchen Fall schon auf "Grün", wenn der Vordermann den Rutschenauslauf erreicht, die Rutsche zu diesem Zeitpunkt also noch nicht frei ist. Der nächste Badegast läuft daher Gefahr, in der Rutsche mit dem "Rotlichtsünder" zu kollidieren. Bei einer entsprechend raschen Folge der Rutschenden kann es danach zu einer irreführenden Wirkung der Signalanzeige kommen, die das sinnvolle Funktionieren der Signalanlage infolge eines einzigen Rotlichtverstoßes auf Dauer einschränkt.

5. Welche Maßnahmen letztlich zur Wahrung der Verkehrssicherheit erforderlich sind, hängt - das ist ein allgemeiner Grundsatz - stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Das gilt auch im vorliegenden Fall. So richten sich Art und Umfang der gebotenen Sicherungsvorkehrungen u.a. nach der Größe des Bades, seiner Lage, der Überschaubarkeit der einzelnen Einrichtungen, dem Einsatz technischer Hilfsmittel (wie hier Videokameras) und dem eingesetzten Personal. Zu berücksichtigen sind aber auch die Anzahl der Besucher und hierdurch bedingte "Spitzenbelastungen" (vgl. hierzu etwa BGH VersR 1980, 67) und auch solche Gefahren, die wegen der Nichteinsehbarkeit des Rutschenverlaufs zusätzlich für die Benutzer eintreten können. Das alles hat das Erstgericht in ausreichendem Maße bedacht und - nach Beweisaufnahme - die getroffenen Sicherungsvorkehrungen in ihrer Gesamtschau als ausreichend gewürdigt. Dem schließt sich der Senat an.

Der Senat hat weiter ausgeführt:

6. Im Übrigen stellt der Senat fest, dass der (streitgegenständliche) Unfall dadurch entstanden ist, dass die Klägerin ihrerseits den Sicherheitsabstand zu ihrer Tochter nicht ausreichend eingehalten und die Tochter die Stelle des Auffangbeckens, die sie nach Verlassen der Rutsche erreicht hat, nicht umgehend verlassen hat, um ein Aufrutschen der nachfolgenden Mutter zu vermeiden. Möglicherweise haben auch beide "Verstöße" hier zusammengewirkt. Nach dem Ergebnis der Anhörung der Klägerin ist sie selbst ihrer Tochter bereits gefolgt und in die Rutsche gestiegen, als "diese um die erste Kurve herum war ... ". Die Klägerin hat weiter ausgeführt, dass vor ihnen eine Gruppe Jungs gerutscht sei, weshalb sie ihrer Tochter gesagt habe, lieber zu warten. Sie hätten dann etwa 2 bis 3 Minuten gewartet. Dann sei - zunächst - ihre Tochter gerutscht und sie sei ihr gefolgt, "als sie aus meinem Blickfeld war, habe ich noch einige Sekunden gewartet und bin dann gerutscht" (vgl. Anhörung der Klägerin im Termin vom 21.04.2008; Sitzungsprotokoll, Bl. 158, 159 d.A.). Wie sich weiter aus dem Lichtbild Nr. 5 (von der Klägerseite selbst vorgelegt) ergibt, hat die Klägerin die Rutsche schon bestiegen, als sich die Tochter noch ganz im oberen Bereich der mehrkurvigen Rutsche befand, also in einem Abstand, bei dem sie - bedingt durch ihr höheres Gewicht - ihre Tochter leicht erreichen konnte. Die Tochter hat ausgesagt (vgl. ihre Vernehmung vom 08.09.2008; T`prot. von diesem Tag, Bl. 187 d.A.), sie habe, da sie die Kinder vor ihr noch gesehen habe, bremsen müssen, sie sei aber schon im Becken gewesen, als ihre Mutter mit hoher Geschwindigkeit hinter ihr her kam und dann auf ihren Hinterkopf aufgeprallt sei.

Die übereinstimmenden Angaben von der Klägerin und ihrer Tochter belegen, dass jedenfalls die Klägerin selbst keinen ausreichenden Sicherheitsabstand zu ihrer Tochter eingehalten hatte und daher - eigenverschuldet - ihren Unfall verursacht hat. Obwohl ihr (der Klägerin) die Gefahr bewusst war - dies folgt schon daraus, dass sie ihre Tochter veranlasst hatte, zunächst zu warten - wollte sie ihre Tochter wohl "nicht aus den Augen lassen" und ist ihr in einem viel zu knappen zeitlichen Abstand gefolgt. Ob auch der Tochter (der Klägerin) darüber hinaus ein Vorwurf gemacht werden kann, sie habe das Auslaufbecken nicht sofort verlassen, weil sie etwa auf ihre Mutter gewartet habe, kann dahinstehen. In jedem Fall haben die Klägerin, ggf. auch die Tochter die Sicherheits- und Warnhinweise nicht ausreichend beachtet. Das hätte auch durch weitere Sicherheitsmaßnahmen nicht verhindert werden können. Die Klägerin hat sich daher ihren Unfall weitestgehend selbst zuzuschreiben.

Dabei bleibt es, unabhängig davon, dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 06.04.2009 meint, es sei nicht festgestellt, dass sich noch dritte Personen im Auffangbecken befunden hätten, ferner es sei der Klägerin unverständlich, wie der Senat dazu komme, sie habe keinen ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten. Es steht doch fest, dass der streitgegenständliche Unfall, d.h. der Zusammenstoß der Klägerin mit ihrer Tochter im Bereich des Auslaufbeckens stattgefunden hat. Das bedeutet zwingend, dass entweder der notwendige zeitliche (und räumliche) Abstand zwischen der Klägerin und ihrer Tochter als Benutzer der Rutsche von der Klägerin nicht eingehalten wurde oder, falls doch, sich die Tochter nicht unverzüglich aus dem Auffangbereich des Auffangbeckens entfernt hatte. Auf die Einhaltung des notwendigen Sicherheitsabstands hatte die Beklagte aber ausreichend durch entsprechende Warnhinweise hingewiesen. Wenn die Tochter ihrerseits am Wegtreten aus dem Gefährdungsbereich durch andere Kinder gehindert war, belegt dies doch, dass die Klägerin entweder zeitlich zu früh in die Rutsche eingestiegen ist, so dass die Kinder noch keine Gelegenheit hatten, den Auffangbereich des Auffangbeckens zu verlassen oder die Kinder, einschließlich der Tochter der Klägerin den in diesem Bereich deutlich sichtbaren Hinweis "Vom Rutschenausstieg bitte sofort wegtreten. Verletzungsgefahr!" ihrerseits ignoriert hatten. Dies hätte auch bei weiteren Sicherungsmaßnahmen wie Ampelschaltung, engmaschigere Sichtkontrollen durch Videoüberwachung bzw. Personal nicht zwingend vermieden werden können.

Die Sachfrage ist doch, ob aus dem Umstand, dass es hier zu dem streitgegenständlichen Unfall gekommen ist, eine weitergehende Kontrolle oder zusätzliche Sicherungsmaßnahmen notwendig und zumutbar waren. Der Senat verneint dies ausdrücklich, weil solche "Auflaufunfälle" letztlich nicht zwingend und umfassend ausgeschlossen werden können. Es handelt sich auch nicht um solche Gefahren, die dem - einsichtigen - Benutzer nicht vorhersehbar waren. Hier hat die Klägerin bei ihrer Anhörung selbst ausgesagt, dass sie in Bezug auf die anderen Kinder 2 bis 3 Minuten gewartet hätten. Das bedeutet, dass ihr die grundsätzliche Problematik bewusst war. Diesen zeitlichen Abstand hatte sie dann aber nicht bei ihrer Tochter eingehalten. Damit hat sie selbst die Ursache für den anschließenden "Aufrutschunfall" gesetzt.

Es bleibt daher dabei, dass angesichts fehlender Kausalität einer Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten als Betreiber des Bades eine (Mit)Haftung der Beklagten für den vorliegenden Unfall ausscheidet.

Die (aussichtslose) Berufung der Klägerin ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Den Berufungsstreitwert hat der Senat entsprechend den zweitinstanzlichen Sachanträgen der Klägerin festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 2, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. § 3 ZPO).

Ende der Entscheidung

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