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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.01.2003
Aktenzeichen: 5 U 1473/01
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B, DÜG, ZPO, EGZPO, HGB


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 398
BGB § 399
BGB § 404
BGB § 406
BGB § 409
BGB § 812 Abs. 1
VOB/B § 16 Nr. 6
DÜG § 1
ZPO § 516
ZPO § 518
ZPO § 519 a.F.
EGZPO § 26 Nr. 5
HGB § 354 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 1473/01

Verkündet am: 21.01.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Ross, Richterin am Oberlandesgericht Rothe, Richter am Landgericht Lindner

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2002

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 15.11.2001, Az.: 6 O 263/01, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.300,-- € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Wert der Beschwer übersteigt für die Klägerin den Betrag von 20.000,-- €.

Für diese Berufung gelten die am 31.12.2001 geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung - ZPO -, weil die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil ergangen ist, vor dem 01.01.2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO).

Auf die streitgegenständlichen Schuldverhältnisse wird das Bürgerliche Gesetzbuch - BGB - in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung angewandt, weil diese Schuldverhältnisse vor dem 01.01.2002 entstanden sind (Art. 229 § 5 EGBGB).

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht im Wege der Teilklage bereicherungsrechtliche Ansprüche in Höhe von 35.708,72 € (= 69.840,18 DM) geltend.

Im Jahre 1995 erteilte die kreisfreie Stadt im Rahmen der Herstellung und des Ausbaus des Straßenmarktes im Ortsteil der mbH den Zuschlag zur Durchführung der Arbeiten für die Bauabschnitte IV und V. Hierbei handelte es sich insbesondere um die Verlegung von Wasser- und Abwasserleitungen. Grundlage des Zuschlags vom 30.01.1995 (Bl. 46 d.A.) für die Arbeiten im Bauabschnitt V war ein Angebot der o.g. Baugesellschaft vom 19.12.1994. Dem Zuschlag vom 27.02.1995 (Bl. 49 d.A.) hinsichtlich des Bauabschnitts IV lag ein Angebot der Baugesellschaft vom 11.01.1995 zugrunde. Gegenstand beider Angebote der mbH waren dabei insbesondere die zusätzlichen Vertragsbedingungen "EVM (B) ZVB/E". Wegen der Einzelheiten der Angebote wird auf Bl. 10 ff. und Bl. 28 ff. d.A. Bezug genommen.

Unter Ziffer 32 der besonderen Vertragsbedingungen "EVM (B) ZVB/E" heisst es:

"32 Abtretung (§ 16)

32.1 Forderungen des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber können ohne Zustimmung des Auftraggebers nur abgetreten werden, wenn die Abtretung sich auf alle Forderungen in voller Höhe aus dem genau bezeichneten Auftrag einschließlich aller etwaiger Nachträge erstreckt. Teilabtretungen sind nur mit schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers gegen ihn wirksam.

32.2 Eine Abtretung wirkt gegenüber dem Auftraggeber erst,

- wenn sie ihm vom alten Gläubiger (Auftragnehmer) und vom neuen Gläubiger unter genauer Bezeichnung der auftraggebenden Stelle und des Auftrags unter Verwendung des vorgegebenen Formblattes des Auftraggebers schriftlich angezeigt worden ist und

- wenn der neue Gläubiger dabei folgende Erklärung abgegeben hat: "Ich erkenne an,

a) dass die Erfüllung der Forderung nur nach Maßgabe der vertraglichen Bestimmungen beansprucht werden kann,

b) dass mir gemäß § 404 BGB die Einwendungen entgegengesetzt werden können, die zur Zeit der Abtretung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren,

c) dass die Aufrechnung mit Gegenforderungen in den Grenzen des § 406 BGB zulässig ist,

d) dass eine durch mich vorgenommene weitere Abtretung gegenüber dem Auftraggeber nicht wirksam ist.

Zahlungen, die der Auftraggeber nach der Abtretung an den Auftragnehmer leistet, lasse ich gegen mich gelten, wenn vom Zugang der Abtretungsanzeige beim Auftraggeber bis zum Tag der Zahlung (Tag der Hingabe oder Absendung des Überweisungsauftrags an die Post oder Geldanstalt) noch nicht 6 Werktage verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn der die Zahlung bearbeitende Kassenbeamte schon vor Ablauf dieser Frist von der Abtretungsanzeige Kenntnis hatte.

32.3 Abtretungen aus mehreren Aufträgen sind für jeden Auftrag gesondert anzuzeigen."

Wegen der weiteren Einzelheiten der besonderen Vertragsbedingungen "EVM (B) ZVB/E" wird auf Bl. 16 ff. d.A. Bezug genommen.

In der Folgezeit erbrachte die Klägerin die von der Stadt bei der mbH in Auftrag gegebenen Teilleistungen der Wasserversorgung und Entwässerung, wobei jedoch zwischen den Parteien umstritten ist, ob den Leistungen der Klägerin ein Subunternehmerauftrag der mbH zugrunde lag bzw. aufgrund welcher Absprachen die Klägerin überhaupt die bei der mbH in Auftrag gegebenen Leistungen erbracht hat.

Die mbH rechnete gegenüber der Stadt die erbrachten Leistungen in 4 Teilrechnungen im Einzelnen wie folgt ab:

Rechnung 150124 über 314.923,25 DM Rechnung 150125 über 149.364,78 DM Rechnung 150126 über 27.292,16 DM und Rechnung 150127 über 60.008,06 DM.

Wegen der Einzelheiten der Rechnungen wird auf Bl. 50 ff. d.A. Bezug genommen.

Im Rahmen einer bereits unter dem 07.12.1994 geschlossenen Globalabtretungsvereinbarung zwischen der mbH und der Beklagten hatte die sämtliche ihr gegen ihre Kunden bzw. Schuldner zustehenden Forderungen zur Sicherung aller zugunsten der Beklagten bereits bestehenden und künftig entstehenden Forderungen, die dieser gegen sie zustehen, abgetreten. In Ziffer 1.2 und in Ziffer 3. der Globalabtretung vom 07.12.1994 heisst es:

"1.2 Nachsicherungspflicht des Zedenten

Der Zedent ist zur Abtretung weiterer Forderungen oder - falls dies nicht möglich und er zugleich der Kreditnehmer ist - zur Bestellung anderer Zusatzsicherheiten verpflichtet, wenn der Gesamtbetrag der abgetretenen Forderungen, gerechnet nach dem Nennwert unter 100 + 80 v.H. des Betrags der Forderungen der Sparkasse aus Kredit-Konto-Nr. 38016829, 80055280, 80056494, 5700000697 liegt. Die Koppelung an die aufgeführten Forderungen dient lediglich der vereinfachten Berechnung des Mindestbetrages. Die Sicherungsabrede gem. Nr. 2 wird dadurch nicht eingeschränkt. Die Nachsicherungspflicht besteht nicht bei erkennbar nur kurzfristiger Unterschreitung des vorgenannten Betrages oder Vomhundertsatzes oder soweit eine Freigabepflicht nach Nr. 7 besteht oder hierdurch entstehen würde. Unberührt bleibt die Nachsicherungspflicht nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse. Forderungen, die aus anderen Gründen als noch nicht eingetretener Fälligkeit nicht oder z. Z. nicht geltend gemacht werden können (vgl. z. B. Nr. 1.4), bleiben bei der Ermittlung des o.g. Mindestbetrages unberücksichtigt. Dies gilt auch für der Sparkasse nicht geeignet erscheinende Forderungen, deren Rückübertragung von der Sparkasse angeboten oder angekündigt wird. Die Rückübertragung erfolgt erst nach Erfüllung der entsprechenden Nachsicherungspflicht. Für neu abgetretene Forderungen gelten die Bestimmungen dieses Vertrages entsprechend.

...

3. Besondere Vereinbarungen

Die als Sicherheit vereinbarte Globalzession bleibt erheblich unter dem benötigten Sicherungswert, so dass vom Zedenten weitere Sicherheiten zu stellen sind, sobald und soweit er hierzu in der Lage ist."

Wegen des weiteren Inhalts der Globalabtretungsvereinbarung wird auf Blatt 56 ff. d.A. Bezug genommen.

Mit Fax vom 26.07.1995 teilte die mbH ihrer Auftraggeberin, der Stadt mit, dass sie die Forderungen aus den vorgenannten Rechnungen am 07.12.1994 an die Beklagte abgetreten hat. Sogleich bat sie um Zustimmung zur Abtretung und gab die für eine Anweisung an die Beklagte maßgebliche Kontoverbindung bekannt. Wegen des Inhalts der Mitteilung vom 26.07.1995 wird auf Bl. 93 d.A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 07.08.1995 legte die Beklagte ihrerseits die Abtretung der Forderungen aus den von der mbH gelegten Rechnungen gegenüber der Stadt offen. Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 07.08.1995 wird auf Blatt 54 d.A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 17.08.1995 an die mbH, unterzeichnet durch den Baudezernenten der Stadt forderte letztere unter Bezugnahme auf die Mitteilung vom 26.07.1995 zur Überprüfung des Antrags auf Zahlung an die Beklagte weitere Unterlagen an. Zugleich wurde mitgeteilt, dass nach positiver Prüfung der Anordnungen der Baugesellschaft auf der Grundlage der einzureichenden Unterlagen dem Grunde nach den Überweisungen an die Beklagte nichts im Wege stehe. Wegen des weiteren Inhalts dieses Schreibens wird auf Blatt 63 f. d.A. verwiesen.

Nach Prüfung der Rechnungen der mbH zahlte die Stadt am 22.08.1995 einen Betrag in Höhe von insgesamt 441.270,60 DM an die Beklagte aus.

Die Klägerin nimmt nunmehr die Beklagte in Höhe eines Teilbetrages von 69.840,18 DM, resultierend aus den Überweisungen der Stadt auf die Rechnungen 150126 und 150127 in Höhe von 21.833,73 DM einerseits und 48.006,45 DM andererseits auf Rückzahlung in Anspruch. Entsprechende Ansprüche wurden ihr mit Schreiben der Stadt Suhl vom 17.04.1996, unterzeichnet durch den Rechtsamtsleiter, abgetreten. In dem Schreiben heisst es u.a.:

"Für den Fall, dass der Stadt gegenüber der Sparkasse aus der Bezahlung von Bauleistungen im IV. und V. Bauabschnitt der Baumaßnahme die letztlich von ihrer Mandantin erbracht worden sind, Rückforderungsansprüche zustehen sollten, werden diese hiermit an die von Ihnen anwaltlich vertretene Firma und GmbH abgetreten.

Diese Abtretung erfolgt ausdrücklich ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und unter Hinweis auf entgegenstehende hiesige Rechtsauffassungen."

Wegen der Einzelheiten des Schreibens der Stadt vom 17.04.1996 wird auf Bl. 65 d.A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Abtretung vom 17.04.1996 sei wirksam, weil der Rechtsamtsleiter der Stadt dazu aufgrund der ihm durch den Oberbürgermeister der Stadt am 24.10.1995 erteilten Generalvollmacht (Bl. 106 d.A.) berechtigt gewesen sei. Der Stadt stünden auch Rückgewähransprüche gegen die Beklagte zu, denn sie habe schon im Hinblick auf § 16 Nr. 6 VOB/B nicht mehr befreiend an die mbH bzw. aufgrund der Globalzession an die Beklagte leisten können. Aufgrund der in Ziffer 32 der Vertragsbedingungen "EVM (B) ZVB/E" enthaltenen Regelungen zur Abtretung könne die Globalzession vom 07.12.1994 ohnehin keine Grundlage für die Zahlungen der Stadt an die Beklagte bilden. Die Globalzession sei daher - jedenfalls im Verhältnis zur Stadt - unwirksam. Ferner könne in dem Schreiben der Stadt vom 17.08.1995 an die mbH keine Zustimmung zur Abtretung gesehen werden, da eine solche im Hinblick auf § 21 der Thüringer Kommunalordnung nur von dem Bürgermeister der Stadt oder seinem Stellvertreter habe erteilt werden können. Schließlich hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Globalabtretungsvereinbarung vom 07.12.1994 sei wegen offenkundiger Übersicherung der Beklagten gemäß § 138 BGB nichtig. Dies ergebe sich insbesondere aus Ziffer 1.2 der Abtretungsvereinbarung, wonach die seinerzeit zugunsten der Beklagten abgetretenen Forderungen mindestens 180 % der seitens der Beklagten gegenüber der mbH bestehenden Forderungen betragen habe. Dies gelte umso mehr, als die nach Ziffer 3 der Globalabtretung verpflichtet gewesen sei, über die Abtretung ihrer Forderungen in einer Höhe von mindestens 180 % hinaus weitere Sicherheiten zu stellen. Damit aber sei jeglicher Freigabeanspruch der gescheitert, was zu ihrer Knebelung führe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 69.840,18 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 09.06.1998 hieraus seit dem 04.08.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und dazu die Auffassung vertreten, der Rechtsamtsleiter sei aus kommunal- und dienstrechtlichen Gründen (§ 67 Thüringer Kommunalordnung) nicht berechtigt gewesen, die Abtretung etwaiger Bereicherungsansprüche in der behaupteten Höhe von 441.270,60 DM ohne Gegenleistung vorzunehmen. Die Vertretungsbefugnis des Herrn ergebe sich auch nicht aus der vorgelegten Generalvollmacht vom 24.10.1995. Auch sei die Abtretung aufgrund der Globalzession unter Zugrundelegung der Regelung in Ziffer 32 der besonderen Vertragsbedingungen "EVM (B) ZVB/E" wirksam zustandegekommen. Zudem sei die mbH sowie die Stadt berechtigt gewesen, die Formalitäten der Vertragsbedingungen einvernehmlich abzuändern. Eine Übersicherung der Beklagten infolge der Globalzession habe nicht bestanden, da sich das Kreditengagement für die mbH auf insgesamt 2.000.076,-- DM belaufen habe. Dieses Engagement sei nicht übermäßig mit Sicherheiten belegt gewesen. Insoweit sei sie nach der am 08.12.1995 erfolgten Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der mbH mit ihren Forderungen gegenüber der Baugesellschaft ausgefallen.

Mit seinem am 15.11.2001 verkündeten Urteil hat das Landgericht Mühlhausen die Klage abgewiesen. Es hat offengelassen, ob die streitgegenständliche Forderung der Klägerin wirksam von der Stadt abgetreten worden ist. Denn jedenfalls stehe der Klägerin gegen die Beklagte ein bereicherungsrechtlicher Anspruch (aus abgetretenem Recht) nicht zu, weil die Beklagte die streitgegenständliche Forderung nicht rechtsgrundlos erlangt habe. Die Globalzession verstoße nämlich nicht gegen § 138 BGB. Sie verstoße auch nicht gegen die Regelungen der besonderen Vertragsbedingungen "EVM (B) ZVB/E" zur Abtretung, weil die Vertragsparteien diese Regelungen konkludent abgeändert hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 21.11.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 21.12.2001 bei dem Thüringer Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Ihr Rechtsmittel hat sie mit einem am 21.01.2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin ficht das Urteil vollumfänglich an. Sie hält an ihrer erstinstanzlich bereits vertretenen Auffassung fest, dass die Globalzession gegen die Regelungen der besonderen Vertragsbedingungen "EVM (B) ZVB/E" zur Abtretung verstoße. Darüber hinaus sei die Globalzession wegen anfänglicher Übersicherung nichtig. Zwar habe sie, die Klägerin, keine konkreten Kenntnisse zu dem Missverhältnis zwischen dem Wert der Sicherheiten und der zu sichernden Forderung. Jedoch ergebe sich das Missverhältnis bei einer Gesamtabsicherung von 180 % aus dem Vertrag selbst. Darüber hinaus verlange der Vertrag, immerzu weitere Sicherheiten zu stellen und sei auch schon von daher unwirksam.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des am 15.11.2001 verkündeten Urteils des Landgerichtes Mühlhausen, Az.: 6 O 263/01, zu verurteilen, an sie 35.708,72 € (= 69.840,18 DM) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basissatz nach § 1 des Diskontsatzüberleistungsgesetzes vom 09.06.1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt sie das ihr günstige Urteil.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden, §§ 516, 518, 519 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Nr. 5 EGZPO.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein bereicherungsrechtlicher Anspruch (Leistungskondiktion) aus abgetretenem Recht gemäß §§ 812 Abs. 1, 398 BGB zu. Die Abtretung vom 17.04.1996 geht ins Leere, weil der Stadt im Hinblick auf die am 22.08.1995 an die Beklagte geleisteten Zahlungen keine Rückzahlungen von der Beklagten beanspruchen kann, die abgetretenen Ansprüche mithin nicht bestehen. Rückforderungsansprüche gegen die Beklagte wegen der am 22.08.1995 geleisteten Zahlungen i.H.v. 441.270,60 DM stehen der Stadt nicht zu, weil sie - entgegen der Ansicht der Klägerin - seinerzeit nicht ohne rechtlichen Grund gezahlt hat und die Zahlung auch nicht auf eine Nichtschuld erfolgt ist. Vielmehr hat die Beklagte die Leistungen der Stadt in Höhe von 441.270,60 DM aufgrund der zu ihren Gunsten bestehenden Globalzession vom 07.12.1994 mit rechtlichem Grund erworben. Die Globalzession ist nicht - auch nicht im Verhältnis zur Stadt - unwirksam.

1. Die Globalzession ist nicht aufgrund der Regelung zu § 16 VOB in Ziffer 32 der "EVM (B) ZVB/E" (Anforderungen an eine Forderungsabtretung, Zustimmungserfordernis) unwirksam. Allerdings sind entsprechende Regelungen zu den Anforderungen und Voraussetzungen einer Forderungsabtretung, wie sie in Ziffer 32 der "EVM (B) ZVB/E" enthalten sind, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wirksam und führt ein Verstoß gegen sie zur absoluten Unwirksamkeit der Abtretung (vgl.: BGH, ZIP 2000, S. 78 f.; BGH, NJW 1997, S. 3434, 3435; BGH, NJW-RR 1992, S. 790; BGHZ 102, S. 293, 300; BGHZ 112, S. 387, 389; BGHZ 56, S. 173, 175; BGHZ 40, S. 156, 161; Staudinger, Kommentar zum BGB, 13. Bearbeitung 1999, B.: Busche, Rn. 62 und Rn. 65 Zu § 399 BGB). Gleichwohl bedarf es hier keiner Klärung, ob die Globalzession den Anforderungen in Ziffer 32 der "EVM (B) ZVB/E" genügt oder ob die Parteien des Bauvertrages die Regelung wirksam konkludent abbedungen haben. Denn gemäß § 354 a HGB entfaltet die Regelung in Ziffer 32 der besonderen Vertragsbedingungen "EVM (B) ZVB/E" gegenüber der Beklagten keine Wirkung, worauf der Senat die Parteien mit Hinweisbeschluss vom 23.09.2002 (Bl. 226 ff. d.A.) hingewiesen hat. Gemäß § 354 a HGB ist, wenn die Abtretung einer Geldforderung durch Vereinbarung mit dem Schuldner gemäß § 399 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeschlossen und das Rechtsgeschäft, das diese Forderung begründet hat, für beide Teile ein Handelsgeschäft oder der Schuldner eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, eine Abtretung gleichwohl wirksam. Danach ist die Globalzession hier wirksam:

§ 354 a HGB wurde durch Gesetz vom 25.07.1994 (BGBl. I S. 1682) in das Handelsgesetzbuch eingeführt, ist seit dem 30.07.1994 gültig und erstreckt sich auf alle seit diesem Tage vereinbarten Abtretungsverbote (vgl.: Staudinger, Kommentar zum BGB, a.a.O., Rn. 72 zu § 399 BGB). Sie erfasst auch Klauseln, die - wie hier - die Abtretung nur unter bestimmten Zustimmungs-, Form- und Anzeigeerfordernissen zulassen (vgl.: OLG Köln, BB 1997, S. 2021, 2022; Staudinger, Kommentar zum BGB, a.a.O., Rn. 70 zu § 399 BGB; Glanegger/Güroff u.a., HGB, B.: Ruß, 6. Aufl. 2002, Rn. 3 zu § 354 a HGB; MüKo-Schmidt, HGB, Bearbeitung 2001, Rn. 11 zu § 354 a HGB). Grund der Einführung der Vorschrift war es, den Refinanzierungsspielraum für kleinere und mittlere Unternehmen zu verbessern. Dazu sah sich der Gesetzgeber veranlasst, weil in den Bauauftragsbedingungen öffentlicher und anderer Auftraggeber häufig vertragliche Abtretungsverbote enthalten sind, die es ausschließen, an sich abtretbare Geldforderungen als Kreditsicherheit für Banken pp. zu verwenden. Die Aufhebung das Abtretungsverbots nach § 354 a HGB hat zwingenden Charakter (vgl.: Staudinger, Kommentar zum BGB, a.a.O., Rn. 69 zu § 399 HGB). Wirkung der Vorschrift ist es, dass das Abtretungsverbot bzw. eingeschränkte Abtretungsverbot als solches zwar nicht unwirksam wird, der Forderung jedoch ihre Abtretbarkeit erhalten bleibt (vgl.: Staudinger, Kommentar zum BGB, a.a.O., Rn. 70 zu § 399 HGB).

§ 354 a HGB ist vorliegend anwendbar, weil die Verträge, die die Abtretung beschränkende Klausel enthalten, nach Inkrafttreten der Vorschrift geschlossen wurden. Da die Geldforderungen, die den Zahlungen der Stadt vom 22.08.1995 an die Beklagte zugrundeliegen, hier aus einem Handelsgeschäft der Firma mbH stammen und gegen die Stadt mithin eine juristische Person des öffentlichen Rechts gerichtet sind, erhält § 354 a HGB trotz der einschränkenden besonderen Vertragsbedingungen (Ziffer 32 der "EVM (B) ZVB/E") der Globalzession vom 07.12.1994 ihre Wirksamkeit (vgl. auch: Staudinger, Kommentar zum HGB, a.a.O., Rn. 70 zu § 399 HGB; MüKo-Schmidt, a.a.O., Rn. 9 zu § 654 a HGB).

2. Die Globalzession vom 07.12.1994 ist auch nicht gemäß § 138 BGB nichtig. Es kann hier offen bleiben, ob die Klägerin nicht ohnehin mit ihrem Einwand zu § 138 BGB aufgrund der Regelung in § 409 BGB, wonach der Gläubiger dem Schuldner gegenüber eine angezeigte Abtretung gegen sich gelten lassen muss, ausgeschlossen ist. Zwar ist die Beteiligtenkonstellation des § 409 BGB auf den ersten Blick nicht gegeben, jedoch ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit ihrem Berufen auf § 16 Nr. 6 VOB/B letztlich Rechte von der mbH ableitet. Diese Frage bedarf jedoch keiner weiteren Vertiefung, weil die Klägerin einen Verstoß der Globalzession nicht nachvollziehbar dargetan hat, worauf bereits das angefochtene Urteil zutreffend hingewiesen hat.

Allerdings ist die Regelung in der Globalabtretung, dass Sicherheiten von mindestens 100 + 80 % des Betrags der zu sichernden Forderungen zu stellen sind (Ziffer 1.2 der Globalzession - Bl. 56 d.A.), wobei eine Freigabe erst dann erteilt wird, wenn die Sicherheiten 120 % dieses Betrages übersteigen (Ziffer 7 der Globalzession - Bl. 58 d.A.), unwirksam. Solche formularmäßigen Bewertungs- und Freigabeklauseln sind, da grundsätzlich nur eine Deckungsgrenze von 110 % anzuerkennen ist, sittenwidrig (vgl.: BGHZ 137, S. 212, 218 ff.; BGH, NJW-RR 1998, S. 1123 f.; BGHZ 138, S. 367, 370 f.; Staudinger, Kommentar zum BGB, a.a.O., Einl. zu §§ 398 ff., Rn. 82 f.). Die Unwirksamkeit solcher formularmäßigen Bewertungs- und Freigabeklauseln führt aber nicht zur Nichtigkeit der Globalzession; nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat sie nur die isolierte Unwirksamkeit der Bewertungs- und Freigabeklausel zur Folge. Die bestellte Sicherheit selbst bleibt von der Unwirksamkeit unberührt (vgl.: BGH, ebenda; Staudinger, ebenda), weil sich schon aus dem Zweck der Globalzession als Treuhandvertrag ein Anspruch auf Freigabe der Sicherheiten bei Übersicherung ergibt. Zu Recht hat sich das Landgericht daher nur noch mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Globalabtretung wegen ursprünglicher Übersicherung nichtig ist. Eine ursprüngliche Übersicherung liegt vor, wenn bereits bei Vertragsschluss gewiss ist, dass im noch Ungewissen Verwertungsfall ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem realisierbaren Wert der Sicherheit und der gesicherten Forderung bestehen wird. Entscheidend für die Feststellung anfänglicher Übersicherung ist der realisierbare Wert nach den Ungewissen Marktverhältnissen im Falle einer Insolvenz des Schuldners (vgl.: BGH, NJW 1998, S. 2047 f.). Eine solche - anfängliche - Übersicherung kann hier schon mangels hinreichendem Vortrag der Klägerin nicht festgestellt werden. Entgegen ihre Ansicht ist die - nichtige - Bewertungsklausel 180 % hier kein geeigneter Faktor, um die anfängliche Übersicherung festzustellen, zumal schon Ziffer 3 der Globalzession zu entnehmen ist, dass Sicherheiten in dieser Höhe nicht vorlagen. Vielmehr sind nach der Rechtsprechung der realisierbare Wert der Sicherheiten zu der gesicherten Forderung ins Verhältnis zu setzen. Dazu fehlt Vortrag. Die Klägerin räumt insoweit selbst in der Berufungsbegründungsschrift ein, dass sie dazu keine nähere Kenntnis hat und sie letztlich insoweit nur spekuliert. Bei dieser Sachlage liefe die von ihr beantragte Vorlage von Kontounterlagen durch die Beklagte auf eine reine Ausforschung hinaus, was unzulässig ist (vgl.: BGH, NJW 1995, S. 2111; Zöller-Greger, ZPO, 23. Aufl. 2002, Rn. 5 vor § 284 ZPO - m.w.N.). Nach alledem vermag der Senat einen Verstoß der Globalzession gegen § 138 BGB nicht festzustellen.

3. Die Klägerin kann schließlich auch keine Rechte aus § 16 Nr. 6 VOB/B herleiten. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Voraussetzungen dieser Vorschrift hier überhaupt gegeben sind. Sie beinhaltet nämlich nur ein Wahlrecht des Auftraggebers ohne eine Verpflichtung zur Leistung an den Dritten (vgl.: Ingenstau/Korbion, Kommentar zur VOB, 12. Aufl. 1993, Rn. 316 zu § 16 Nr. 6 VOB/B), so dass die Regelung den aufgrund der Globalzession getätigten Zahlungen der Stadt an die Beklagte nicht entgegen steht.

Nach alledem war die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil weder die Bedeutung der Sache noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision erforderten (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F.).

Ende der Entscheidung

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