Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 20.11.2003
Aktenzeichen: 5 W 288/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 4
Bei den Kosten des selbständigen Beweisverfahrens handelt es sich im Rahmen des nachfolgenden Hauptsacheprozesses um Nebenforderungen i.S.d. § 4 ZPO, selbst wenn sie in den bezifferten Hauptantrag eingerechnet wurden.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

5 W 288/03

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Ross als Einzelrichterin gemäß § 568 Abs.1 ZPO

am 20.11.2003

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 08.04.2003 dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für die I.Instanz festgesetzt wird auf 4.550,09 €.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Kläger haben zunächst mit der Klageschrift beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 12.272 ,- DM ( 6.274,57 € ) nebst Zinsen zu verurteilen. In diesem Schadensersatzbetrag waren Kosten des selbständigen Beweissicherungsverfahrens i.H.v. insgesamt 3.372,79 DM ( 2.161,81 DM Sachverständigenkosten und 1.210,98 DM Anwaltskosten) enthalten.

Mit Schriftsatz vom 09.01.2002 beantragten die Kläger nunmehr, die Beklagte zur Zahlung von 8.899,21 DM nebst Zinsen zu verurteilen und dieser darüber hinaus auch die Kosten des selbständigen Beweissicherungsverfahrens in Höhe von insgesamt 2.712,45 DM ( 2.161,80 DM Sachverständigenkosten und 550,65 DM Anwaltskosten) aufzuerlegen. Ferner führten sie aus, dass in der Antragsumstellung keine teilweise Klagerücknahme zu sehen sei, da lediglich zwischen Hauptsache und Nebenkosten unterschieden worden sei.

Mit Beschluss vom 08.04.2003 hat das Landgericht den Streitwert für die I.Instanz auf 6.274,57 € ( 12.272,- DM ) festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, dass die Kosten des selbständigen Beweissicherungsverfahrens nicht als Nebenforderung, sondern als Hauptforderung geltend gemacht worden seien und eine teilweise Klagerücknahme ausweislich des ausdrücklichen Vortrags der Kläger nicht erfolgt sei.

Gegen diesen Beschluss haben die Kläger mit Schriftsatz vom 28.04.2003 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 4.550,09 € festzusetzen, da es sich bei den Kosten des selbständigen Beweissicherungsverfahrens um Nebenkosten gehandelt habe, für die nichts anderes gelten könne als für im Klageantrag kapitalisierte Zinsen.

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die gemäß § 25 Abs.3 GKG zulässige Beschwerde ist auch in der Sache begründet.

Nach § 4 Abs.1 letzter Halbsatz ZPO bleiben Zinsen und Kosten bei der Wertfestsetzung unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

Kommt es nach einem selbständigen Beweissicherungsverfahren zu einem Hauptsacheprozess, in dem das Gutachten dieses Verfahrens verwertet wird, so handelt es sich nach einhelliger Ansicht bei den Kosten des selbständigen Beweissicherungsverfahrens um Kosten des Rechtsstreits, die nach §§ 91 ff ZPO erstattet verlangt werden können.

Das Landgericht ist daher im Ergebnis zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Kosten des selbständigen Beweissicherungsverfahrens als Hauptsache vorliegend - zumindest zunächst - geltend gemacht wurden. Nicht folgerichtig ist zudem das Landgericht davon ausgegangen, dass in der Antragsumstellung keine teilweise Klagerücknahme liege. Ob eine solche vorliegt oder nicht, bemisst sich nicht nach der Ansicht des Klägervertreters, sondern nach den gesetzlichen Vorschriften. Wäre von einer ursprünglichen Geltendmachung der Kosten des selbständigen Beweissicherungsverfahrens als Hauptsache auszugehen gewesen, hätte in der Antragsumstellung - entgegen der Ansicht des Klägervertreters - eine teilweise Klagerücknahme gesehen werden müssen.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts wurden die Kosten des selbständigen Beweissicherungsverfahrens aber auch bereits in der Klageschrift nicht als Hauptforderung, sondern als Nebenforderung von Kosten gemäß § 4 ZPO geltend gemacht. Nach ganz herrschender Ansicht ist eine Nebenforderung ein Anspruch, den dieselbe Partei neben dem Hauptanspruch erhebt und der sachlichrechtlich von dem Hauptanspruch abhängig ist (vgl. Baumbach-Hartmann, § 4 Rdn. 9 m.w.N.).

Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch z.B. im Falle des § 767 ZPO die Kosten des Vorprozesses als Nebenforderung anzusehen sind ( vgl. BGH NJW 68, 1275). Auch die Kosten des laufenden Prozesses sind Nebenforderungen i.S.d. § 4 Abs.1 ZPO (vgl. BGH NJW-RR 95, 706).

Nichts anderes kann dann im Verhältnis der Kosten des selbständigen Beweissicherungsverfahrens zu dem Hauptsacheverfahren gelten. Auch hier folgt aus dem Grundsatz, dass eine Kostenerstattung nur dann stattfindet, sofern und soweit im anschließenden Hauptsacheverfahren der Kläger obsiegt, dass diese Kosten abhängig von dem Hauptanspruch sind und es sich damit um eine Nebenforderung handelt. Das selbständige Beweissicherungsverfahren stellt eine Art "vorweggenommene Beweisaufnahme" des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens dar, § 493 ZPO. Die Kosten des selbständigen Beweissicherungsverfahrens sind daher entsprechend den Kosten des laufenden Hauptsacheverfahrens zu behandeln.

Handelt es sich aber um eine Nebenforderung, so bleibt dieser Charakter auch dann bestehen, wenn sie der Kläger in den bezifferten Hauptantrag eingerechnet hat ( vgl. Baumbach a.a.O. § 4 Rdn. 13; BGH RR 88, 1199).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 25 Abs.4 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück