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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: 6 U 1014/05
Rechtsgebiete: GmbHG, HGB, BGB


Vorschriften:

GmbHG § 19
HGB § 161
BGB § 242
1. Derjenige, der für einen Dritten, einen Kommanditanteil treuhänderisch hält, haftet der Gesellschaft gegenüber für die Erfüllung der Einlagepflicht, weil er alle Rechte und Pflichten des Kommanditisten hat.

2. Der zur Erbringung einer Einlage-Leistung verpflichtete Gesellschafter hat die Umstände der Erfüllung dieser Pflicht im einzelnen hinriechend genau und nachvollziehbar darzulegen. Hat ein Dritter für ihn die Leistung erbracht und sind dem Gesellschafter die Einzelheiten dieser Erfüllungsleistung nicht bekannt geworden, kann er sich insoweit auf das Zeugnis des leistenden Dritten (z.B. Treugebers) berufen.

3. Da eine Gesellschaft von einem Gesellschafter nicht Auskunft darüber verlangen kann, unter welchen Umständen eine Gesellschafterschuld erfüllt worden ist, steht insoweit ein Auskunftsanspruch auch nicht dem Insolvenzverwalter der Gesellschaft zu.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 1014/05

Verkündet am: 26.04.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. h.c. Bauer, den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Bayer und die Richterin am Oberlandesgericht Reichertz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.3.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen. Gegen dieses Urteil sind Rechtsmittel nicht gegeben, §§ 543, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg, weil der Kläger vom Beklagten die Einzahlung der Kommanditeinlage nicht (mehr) verlangen kann (Hauptantrag), und weil eine Kostentragungspflicht des Beklagten hinsichtlich der Prozesskosten nicht besteht (Hilfsantrag).

I. Der Kläger kann vom Beklagten die Zahlung der Kommanditeinlage nicht (mehr) verlangen.

1. Als Insolvenzverwalter der Kommanditgesellschaft kann der Kläger vom Kommanditisten die Erfüllung noch offener Einlageforderungen der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsvertrag gem. § 80 Abs. 1 InsO fordern. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch der KG i.L. auf Erbringung der Einlage ergibt sich aus §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB i.V.m. § 705 BGB i.V.m. dem Vertrag vom 13.2.2001 (Bl. 99), dort Nr. III 3. Danach wurde der Beklagte als Kommanditist in die Kommanditgesellschaft, die nunmehrige Gemeinschuldnerin, aufgenommen und war zur Leistung einer Bareinlage von 14.400 DM an die Kommanditgesellschaft verpflichtet. An dieser Verpflichtung ändert es nichts, dass der Beklagte nach seinem Vortrag seinen Anteil nur treuhänderisch für einen Dritten, hier für die Zeugin K., halten sollte. Denn auch in einem solchen Fall hat nicht der Dritte, sondern allein der Treuhänder, mithin hier der Beklagte, alle Rechte und Pflichten des Kommanditisten (Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 2001, § 171 Rn. 120).

2. Der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten besteht aber nicht (mehr), weil die Verpflichtung des Beklagten durch Erfüllung erloschen ist (§§ 362 Abs. 1, 267 BGB).

a) Der Senat hält daran fest, dass es Sache des zur Erbringung einer Einlage in eine Gesellschaft verpflichteten Gesellschafters ist, die Umstände des Leistungstransfers hinreichend genau und nachvollziehbar darzulegen.

Die Einlagepflicht kann durch Barzahlung der Einlage an die Gesellschaft erfolgen. Dabei kann mangels gegenteiliger vertraglicher Vereinbarung auch ein Dritter gem. § 267 BGB die Leistung erbringen (Strohn in Ebenroth, a.a.O., § 171 Rn 66).

Der Beklagte hat damit einen zur Erfüllung der Einlagepflicht tauglichen Sachverhalt hinreichend dargelegt, indem er vorgetragen hat, die Zeugin K., geb. Bauer, habe in der Zeit vom 30.6.2002 bis zur Stellung des Insolvenzantrags (September 2002) die vom Beklagten geschuldete Einlage bei der Kommanditgesellschaft in bar eingezahlt.

b) Aufgrund der Beweisaufnahme vor dem Senat ist zur Überzeugung des Senats erwiesen, dass die Zeugin K. die vom Beklagten geschuldete Kommanditeinlage in bar in die Kasse der Kommanditgesellschaft eingezahlt hat.

aa) Die Zeugin hat in sich schlüssig und nachvollziehbar bekundet, sie habe sich in der Pflicht gesehen, die Kommanditeinlage des Beklagten, der für sie als Treuhänder den Anteil von 14.400 DM übernommen habe, einzuzahlen. Da sie selbst aber nicht über entsprechende Mittel verfügt habe, habe sie mehrfach ihre Stiefmutter um Überlassung des Geldes gebeten. Erst als auf ihre Bitte hin auch ihr Vater mit der Stiefmutter über die Sache gesprochen habe, habe die Stiefmutter sich bereit gefunden, der Zeugin das benötigte Geld zu überlassen. Die Zeugin hat weiter glaubhaft geschildert, wie sie die von der Stiefmutter entgegengenommene Summe persönlich in die Verwaltung der KG nach Gießen gebracht und dort in die Kasse gelegt habe. Der Glaubhaftigkeit dieser Angaben steht nicht entgegen, dass die Zeugin sich keine Quittung ausstellen ließ. Angesichts des Umstandes, dass sie selbst für die Buchung zuständig war, erscheint es nachvollziehbar, dass sie auf eine Quittung verzichtete, da sie vorhatte, den Zahlungsvorgang an ihrem häuslichen Arbeitsplatz in die Buchung aufzunehmen. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass es sich bei dem eingezahlten Betrag um den geschuldeten Betrag von 14.400 DM handelte, auch wenn die Zeugin den Betrag, den sie von der Stiefmutter erhalten hatte, nicht mehr genau beziffern konnte. Denn die Zeugin hat bekundet, sie habe sich auch auf Drängen des Herrn Oehlmann immer wieder an ihre Stiefmutter mit der Bitte um Geld gewandt, bis sie schließlich den Betrag erhalten und nach Gießen gebracht habe. Da die Einlageschuld des Beklagten jedoch 14.400 DM betrug, und die Zeugin genau diese Schuld erfüllen wollte, spricht alles dafür, dass der Betrag, den sie erbeten und erhalten hat, der Einlageschuld entsprach. Der Senat hält es für fernliegend, dass sich die von der Zeugin bekundete Einzahlung auf eine eigene Einlageschuld der Zeugin oder auf Einlagenschulden Dritter bezogen haben könnte. Denn insoweit hat die Zeugin als Anlass der Einzahlung die "treuhänderische" Übernahme "ihres" Anteils durch den Beklagten und die Anmahnung der Einzahlung durch den Beklagten genannt. Es wäre nicht erklärlich, weshalb der Beklagte die Einzahlung eines Kommanditanteils der Zeugin oder Dritter anmahnen sollte, insbesondere da er nicht Geschäftsführer der Kommanditgesellschaft war. Der Überzeugung des Senats von der Einzahlung auf die Einlage des Beklagten steht nicht entgegen, dass die Zeugin K. zu Beginn ihrer Aussage bekundet hat, der Beklagte sei bei der Gründung der Bauer -Blumen-Gruppe zur Übernahme des Anteils bereit gewesen. Zwar wurde die Gemeinschuldnerin bereits im Jahre 1999 gegründet, während die Anteilsübernahme durch den Beklagten erst im Rahmen einer Kapitalerhöhung Anfang 2001 erfolgte. Es erscheint angesichts der Vielzahl der Gesellschaften der "Bauer-Blumen-Gruppe" und der damit im Zusammenhang stehenden zahlreichen notariellen Vertragswerke nachvollziehbar, dass die Zeugin insoweit die Gründung und die Kapitalerhöhung verwechselt hat. Sie hat sich aber an die Anteilsübernahme durch den Beklagten erinnert, so dass sich ihre Aussage nur auf die Einlageschuld des Beklagten aufgrund des Vertrags vom 13.2.2001 beziehen kann, weil der Beklagte zu einem früheren Zeitpunkt, insbesondere bei Gründung, nicht an der Gesellschaft beteiligt war. Die Aussage der Zeugin hat den Senat insgesamt überzeugt, weil sie zahlreiche Einzelheiten des Geschehensablaufs benennen konnte, die den Sachverhalt als lebensnah erscheinen ließen. Dass die Zeugin sich an manche Einzelheiten nicht mehr oder nicht mehr ganz genau (vgl. Gründung - Kapitalerhöhung) erinnern konnte, ändert nichts daran, dass sie hinreichend sicher die Einzahlung auf die Einlageschuld des Beklagten be­stätigt hat. Auch der Umstand, dass nach dem Vortrag des Klägers die Einzahlung im Jahresabschluss 2002 nicht enthalten ist, ändert nichts an der durch die Beweisaufnahme gewonnenen Überzeugung des Senats. Denn es ist denkbar, dass die Zahlung entweder unrichtig verbucht oder aber die Buchung im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses nicht berücksichtigt wurde, z.B. wegen Verlusts von Buchungsunterlagen im Rahmen der üblicherweise in zeitlicher Nähe zur Insolvenz auftretenden Nachlässigkeiten in der Verwaltung eines Betriebes. Insofern verweist der Beklagte zutreffend auf S. 4 des vom Kläger vorgelegten Jahresabschlusses (Bl. 254 Band II d.A.), wonach die Geschäftsvorfälle für die Zeit vom 1.7. bis 13.11.2002 im Jahre 2005 extern im Wesentlichen anhand der Zahlungsvorgänge auf den Bankkonten nachgebucht wurden. Der Wareneinkauf in der Zeit vom 1.7. bis 13.11.2002 sei in der Buchführung der Kommanditgesellschaft nicht mehr erfasst worden. Vor diesem Hintergrund erscheint es nachvollziehbar, dass die von der Zeugin nach ihren Bekundungen zu sommerlicher Jahreszeit vorgenommene Bar-Einzahlung und Buchung bereits nicht mehr Eingang in die Buchführung der Kommanditgesellschaft gefunden hat oder jedenfalls bei Erstellung des Abschlusses im Jahre 2005 keine Berücksichtigung gefunden hat bzw. finden konnte.

bb) Der Senat hält die Zeugin für glaubwürdig. Sie hat erkennbar versucht, sich an die Einzelheiten, nach denen sie gefragt wurde, zu erinnern, hat aber auch in vielen Fällen eingeräumt, keine genaue Erinnerung mehr zu haben. So hat sie z.B. zugegeben, die Höhe des von der Stiefmutter erhaltenen und nach Gießen verbrachten Betrags nicht mehr genau zu wissen, obwohl der Zeugin die Relevanz dieses Umstandes klar sein musste. Die Zeugin hat den Eindruck vermittelt, dass die Geschehnisse, soweit es ihr noch möglich war, wahrheitsgemäß wiedergegeben hat. In gleicher Weise hat die Zeugin den Senat davon überzeugt, dass sie es vermeiden will, den Inhalt ihrer Aussage an den als streitentscheidend erkannten Punkten auszurichten und dem gemäß zu präzisieren, ohne sich der Übereinstimmung mit der Wirklichkeit sicher zu sein.

II. Der Beklagte schuldet dem Kläger nicht die Erstattung der Prozesskosten.

1. Der Senat versteht den Hilfsantrag des Klägers, gerichtet auf Feststellung der Kostentragungspflicht des Beklagten, nicht als einen auf die Kostenentscheidung gem. §§ 91 ff ZPO gerichteten Antrag. Aus der Begründung des Klägers für diesen Antrag ergibt sich, dass er eine materiell-rechtliche Kostenerstattungspflicht in Form einer Schadensersatzpflicht des Beklagten für den Fall der Klageabweisung gem. § 280 BGB geltend machen möchte, weil der Beklagte vorgerichtlich eine hinreichende Auskunftserteilung an den Kläger verabsäumt und damit den - letztlich erfolglosen - Prozess veranlasst habe. Der Feststellungsantrag ist auch zulässig, dem Kläger steht insbesondere ein Feststellungsinteresse, § 256 Abs. 1 ZPO, zur Seite, da die §§ 91 ff. ZPO vorliegend keine Möglichkeit bieten, dem Beklagten die Kosten trotz Unterliegens des Klägers aufzuerlegen.

2. Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch in Form eines Schadensersatzanspruchs steht dem Kläger aber nicht zu.

a) Ein Schadensersatzanspruch wegen unrichtiger oder verweigerter vorgerichtlicher Auskunft gem. § 280 BGB setzt eine entsprechende Verpflichtung des Beklagten, mithin einen Auskunftsanspruch des Klägers gegen den Beklagten voraus. Ob ein solcher Anspruch hier bestand, ist bereits zweifelhaft. Zwar wird ein Auskunftsanspruch des Gesellschaftsgläubigers gegen den Kommanditisten aus § 242 BGB hergeleitet (Strohn in Ebenroth, § 171 Rn. 87). Eine solche Pflicht dürfte jedoch gegenüber dem Kläger nicht bestanden haben, da dieser in Wahrnehmung der Rechte der Gesellschaft gesellschaftsvertragliche Ansprüche gegen den Beklagten erhoben hatte. Dies ist dem Fall gleichzuachten, in dem die Gesellschaft selbst die Einlageforderung gegen den Gesellschafter geltend macht. Insoweit besteht kein Anspruch der Gesellschaft auf Auskunft gegen den Gesellschafter über die Frage, ob schon erfüllt ist, weil dieser Umstand in den Wahrnehmungsbereich der Gesellschaft fällt. Auch aus § 97 InsO ergibt sich nach Auffassung des Senats nicht die hier vom Kläger reklamierte Auskunftspflicht, da der Beklagte zwar Gesellschafter des insoweit verpflichteten Insolvenzschuldners, nicht aber dessen gesetzlicher Vertreter ist oder war. Letztlich kann dies aber dahinstehen.

b) Denn jedenfalls ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass der Beklagte durch Verletzung der - unterstellten - Auskunftspflicht den vom Kläger geltend gemachten Schaden in Form der Prozesskosten adäquat kausal verursacht habe. Insoweit trägt der Kläger selbst nicht vor, dass er vom Prozess abgesehen hätte, wenn der Beklagte eine Auskunft erteilt hätte, die inhaltlich seinem Vortrag zur Erfüllung der Einlagepflicht in diesem Prozess entsprochen hätte. Gegen eine solche Abstandnahme spricht insbesondere, dass der Kläger selbst nach dem entsprechenden Vortrag des Beklagten in I. Instanz und der diesen Vortrag im wesentlichen stützenden und das Landgericht überzeugenden Aussage der Zeugin K. in I. Instanz, seinen Anspruch mit der Berufung weiterverfolgt hat. Gegen eine Abstandnahme für den Fall einer entsprechenden Auskunft des Beklagten spricht auch, dass der Kläger im vorgerichtlichen Schreiben vom 15.5.2003 die Übersendung von Nachweisen verlangt, was es nahe legt, dass er lediglich bei Vorlage von schriftlichen Belegen auf einen Prozess verzichtet hätte.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 543, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen.



Ende der Entscheidung

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